Lieber Manuel,
es ist völlig normal, was du beschreibst. Ich musste schmunzeln, als ich den Satz las, dass du damals dachtest, jeder Mann hätte solche Phantasien. Ich habe mich darin so wiedererkannt, und ich konnte damals überhaupt nicht verstehen, dass das offenbar nicht so war.
Ich habe gerade begonnen, das Buch Pageboy von Elliot Page zu lesen. Er schreibt: „Queersein ist nicht linear, ist ein verschlungener Weg. Zwei Schritte vor und einer zurück. Ich habe den Großteil meines Lebens damit verbracht, mich an meine Wahrheit heranzutasten, in ständiger Angst zusammenzubrechen, wenn ich ihr zu nahe komme.“
Auch diese Erfahrung kann ich nur unterstreichen.
Analysiere nicht zu viel, was dich bewegt, sondern nimm es an. Vieles wird dir erst später in einem Rückblick klar werden. Sieh es vielleicht als einen neuen Abschnitt deines Lebens an, in den du jetzt kommst, den du entdecken und ausgestalten darfst, der dich herausfordern und vielleicht auch ab und zu enttäuschen wird - auch das gehört dazu. Zwei Schritte vor, einen zurück. Dieser Weg ruft dich jetzt, warum erst jetzt, das ist es nicht wert, sich den Kopf zu zerbrechen. Nimm ihn an und lerne dich selbst kennen, deine Wahrheit, die du leben darfst. Und lege dich nicht zu schnell auf Schubladen fest. Ich war mit meinem Coming Out nach 19 Jahren Ehe in der festen Überzeugung gestartet, schwul zu sein, um dann am Ende meine Bisexualität zu verstehen und dann nach Monaten innerer Zerrissenheit endlich zu akzeptieren. Meine Frau ist diesen Weg tapfer mit mir gegangen und wir sind gerade dabei, unsere Beziehung neu zu gestalten mit dem Ziel zusammenzubleiben. Jeder hat seinen eigenen Weg und ich wünsche dir alles Gute auf deinem!
Liebe Grüße
Pascal
3-mal bearbeitet. Zuletzt am 15.09.23 22:55.