Hallo, die Geschichten hier haben auch mich dazu ermutigt meine eigene hier zu schreiben und auch vlt. auch den einen oder anderen Rat von euch zu bekommen.
Ich weiß eigentlich schon seit meiner frühesten Jugend das ich auf Männer stehe, wollte es aber nie richtig wahrhaben bzw. akzeptieren.
Meine Frau habe ich schon sehr früh kennengelernt ( wir beide waren 16 ) und wir sind schon seit 30 Jahren zusammen und haben drei Kinder. Eine Zeit mit all ihren Tiefen und Höhen. In dieser zeit habe ich ab und zu mal an Männer gedacht, doch war es für mich im grünen Bereich und ich habe es verdrängt. Familie und Job ließen mir auch nicht wirklich die Zeit dazu.
Vor ca. 10 Jahren merkte ich jedoch das etwas nicht in Ordnung ist, das in mir eine Sehnsucht nach etwas anderem schlummert. Anfangs reichte es mir aus mir im Internet Schwulenpornos anzuschauen, ich gab mich damit zufrieden.
Bis ich dann vor einem Jahr von einem Mann massiv angemacht worden bin. Erst hab ich gedacht: Was will der von mir ?
Doch dann wurde ich neugierig und habe seinem Drängen nachgegeben. Wir haben erst gequatscht, ich habe ihn gefragt warum er mich so anmacht. Er sagte er würde mich nett und sexuell anziehend finden.
Mich sexuell anziehend ?
Hab ich mir gedacht. Mit ein paar Pfunden zuviel auf den Rippen hab ich das nicht so wirklich empfunden. Na ja, es kam wie es kommen musste und er fragte mich ob ich mit ihm schlafen möchte. Ich habe dem zugestimmt und fand den Sex mit ihm ( ist zwar nicht viel passiert ) toll.
Die Tatsache einfach einen Männerkörper zu spüren war schon schön. Nur hat mich dieses Erlebnis doch etwas aus der Bahn geworfen. Ich hatte ein schlechtes Gewissen meiner Frau gegenüber und ich wurde immer wortkarger weil mir immer wieder sehr viele Gedanken durch den Kopf gegangen sind. Ich war total verwirrt.
Meine Frau merkte natürlich das mit mir etwas nicht in Ordnung ist. Sie hat mich immer wieder gefragt und irgendwann habe ich ihr dann erzählt was passiert ist
und das ich glaube das ich schwul bin.
Für sie ist erst mal eine Welt zusammen gebrochen und ich fühlte mich wirklich elend. Ich hatte Angst wie sie reagieren würde. Doch der von mir befürchtete Krach blieb aus. Sie reagierte völlig anders. Wir haben viel miteinander gesprochen, ich hab ihr meine Unsicherheit diesbezüglich geschildert, habe mich aber auch bei GR angemeldet um zu schauen was dort passiert.
Ich habe dort auch jemanden ''geangelt'' bzw. er mich und ich bin zu ihm gefahren. Ein netter Kerl, wir haben immer noch Kontakt aber eher auf freundschaftlicher Basis. Aber auch mit ihm ist, bis auf fummeln, nicht so wirklich viel passiert. Außer das es sehr spät wurde.
Als ich dann nach Hause kam gab es den ersten großen Krach. Meine Frau hat mir Vorwürfe gemacht und ich stand wie versteinert da und konnte nichts sagen. Ich habe zum ersten mal in unserer Ehe nicht im Schlafzimmer geschlafen. Gott war das eine für alle Seiten angespannte Situation. Am nächsten Morgen kam sie dann auf mich zu und sagte sie würde mich über alles lieben und sie würde nicht so schnell aufgeben.
Wir haben uns dann zu einer Paartherapie entschlossen. Ich dachte es würde helfen. Im Gespräch mit der Therapeutin haben wir uns auf ein Zeitfenster von drei Wochen geeinigt in der ich versuchen sollte mit einem Mann richtigen Sex zu haben, um zu schauen ob es auch wirklich das richtige für mich ist.
Das hat mich aber irgendwie unter Druck gesetzt und ich fühlte mich unfähig diesen Schritt zu tun. Dabei blieb es auch und ich kehrte wieder zu meiner Frau zurück. Doch es war nicht vorbei. Ich merkte dann wieder das ich Sex mit einem Mann haben wollte und habe mich wieder bei GR angemeldet. Ich dachte mir: Was soll´s, lebste deine Lust aus, keiner merkt was und gut ist.
Innerhalb eines halben Jahres habe ich dann auch wirklich einige Männer kennengelernt und auch Sex mit ihnen gehabt und es gefiel mir. Doch im Hinterkopf rumorte es gewaltig. Doch ich hatte es unter Kontrolle, konnte die Fassade aufrecht erhalten die ich mir selbst gebaut habe. Alles lief nach meinem Plan. Bis ich Anfang Juli von einem Mann angeschrieben worden bin. Es ging nicht mal um Sex. Er wollte nur was mit mir trinken.
Ich habe dem zugestimmt und wir haben uns getroffen. Wir haben gequatscht und ich merkte ziemlich schnell das er Probleme mit seinem Partner hat, er war aber auch so etwas merkwürdig. Völlig anders als die anderen Typen die ich kennengelernt habe.
Und, im Rückblick betrachtet, glaube ich schon das ich mich am ersten Abend in ihn verliebt habe. Dieser Kerl zog mich einfach an und weckte Gefühle in mir. Wir haben uns ein paar mal getroffen (die Zwischengeschichte mit ihm erspare ich mir hier, sonst wird doch noch ein Roman daraus) und ich merkte immer mehr das ich ihn liebe. Das habe ich ihm auch gesagt. Er hat es mir auch gesagt und ich war happy. Später jedoch sagte er mir das er mich zwar liebt, aber halt anders als seinen Partner.
Na ja, kein tolles Gefühl. Und wie gesagt, er ist ziemlich kompliziert. Trotzdem liebe ich ihn. Natürlich ist dann in dieser Zeit wieder eine Veränderung in mir vorgegangen. Ich zweifelte an mir selbst, zweifelte an der Liebe zu meiner Frau (und wenn ich ehrlich bin war es doch nur eine farce) und war mit der ganzen Situation völlig überfordert.
Und wieder merkte meine Frau das etwas nicht in Ordnung war und hat mich darauf angesprochen. Wie sollte ich es ihr sagen ? Ich hatte mir ja ein Lügenschloss aufgebaut und ihr in der ganzen Zeit was vorgegaukelt. War schon irgendwie schäbig von mir und total unehrlich. Mir und auch ihr gegenüber. Sie wähnte sich in Sicherheit, hat nie was gemerkt. Immer noch unfähig ihr die Wahrheit zu sagen, sagte ich ihr das ich wieder Gedanken an Männer hätte und ich gerne alleine zu unserer Therapeutin gehen würde um mit ihr zu sprechen.
Sie hat zugestimmt. Ich bin hingegangen. Wohlwissend das die Therapeutin an meine Frau nichts weitergeben konnte hab ich ihr alles erzählt. Hab nichts ausgelassen. Habe zu ihr gesagt das ich das nicht mehr möchte, das ich bei meiner Frau bleiben will. Doch in meinem Innersten wußte ich eigentlich schon auf was es hinauslief. Und wieder konnte ich, nach dem Gespräch mit der Therapeutin, meiner Frau nicht die Wahrheit sagen.
Ich hielt sie hin, habe ihr sogar noch Hoffnungen gemacht das alles gut wird und habe ihr noch meine Liebe beteuert. Mein Gott, wie feige von mir.
Tja, aber wie sagt man so schön: der Krug geht bis zum Brunnen bis er bricht. Und das tat er dann auch. Ich habe es nicht mehr ausgehalten und habe ihr vor einer Woche (und das noch an ihrem Geburtstag) gesagt das ich mich von ihr trennen möchte und das ich schwul bin. Leider habe ich ihr nicht die ganze Wahrheit gesagt, weil ich ja mal wieder zu feige bin. Es ist im Laufe der Woche fast alles nach und nach ans Tageslicht gekommen und sie fühlt sich zu recht von mir hintergangen und belogen und wenn ich ehrlich bin (auch mir selbst gegenüber) dann habe ich das alles mit Kalkül durchgezogen.
Vielleicht wollte ich auch nur das sie mich hasst, das diese Trennung einfacher wird. Aber sie liebt mich über alles, hat mir sogar den Kompromiss vorgeschlagen das ich in sexueller Hinsicht freie Hand hätte. Ich soll nur bei ihr bleiben. Gott, hat sie sich erniedrigt. Hat um meine Liebe gebettelt. Ich hatte plötzlich Zweifel ob ich das richtige getan habe, habe ihr wieder Hoffnungen gemacht und gestern habe ich sie wieder zerstört in dem ich mich zu meinem Schwulsein deutlich bekannt habe. Natürlich will ich meine Familie nicht verlassen oder verlieren. Dafür lieb ich sie zu sehr.
Dafür hab ich auch die Verantwortung und will mich dieser auch nicht entziehen. Aber ich sehe auch das ein Kompromiss keinen Sinn machen würde. Wir leiden alle unter meinem Outing und es ist die Hölle, in jeder Hinsicht. Ich habe große Angst das sich meine Frau was antut. Das könnte ich mir nicht verzeihen. Sie leidet so weil sie mich liebt, trotz allem was ich ihr angetan habe. Aber ich kann auch nicht mehr in diesem Käfig leben. Ich hoffe so sehr das alles gut wird und wir wieder normal miteinander umgehen können. Es ist echt die schwerste Prüfung in meinem Leben.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 29.10.12 14:11.