Geoutet ! Und doch ist es nicht so einfach.

Hallo, die Geschichten hier haben auch mich dazu ermutigt meine eigene hier zu schreiben und auch vlt. auch den einen oder anderen Rat von euch zu bekommen.

Ich weiß eigentlich schon seit meiner frühesten Jugend das ich auf Männer stehe, wollte es aber nie richtig wahrhaben bzw. akzeptieren.

Meine Frau habe ich schon sehr früh kennengelernt ( wir beide waren 16 ) und wir sind schon seit 30 Jahren zusammen und haben drei Kinder. Eine Zeit mit all ihren Tiefen und Höhen. In dieser zeit habe ich ab und zu mal an Männer gedacht, doch war es für mich im grünen Bereich und ich habe es verdrängt. Familie und Job ließen mir auch nicht wirklich die Zeit dazu.

Vor ca. 10 Jahren merkte ich jedoch das etwas nicht in Ordnung ist, das in mir eine Sehnsucht nach etwas anderem schlummert. Anfangs reichte es mir aus mir im Internet Schwulenpornos anzuschauen, ich gab mich damit zufrieden.

Bis ich dann vor einem Jahr von einem Mann massiv angemacht worden bin. Erst hab ich gedacht: Was will der von mir ?

Doch dann wurde ich neugierig und habe seinem Drängen nachgegeben. Wir haben erst gequatscht, ich habe ihn gefragt warum er mich so anmacht. Er sagte er würde mich nett und sexuell anziehend finden.

Mich sexuell anziehend ?

Hab ich mir gedacht. Mit ein paar Pfunden zuviel auf den Rippen hab ich das nicht so wirklich empfunden. Na ja, es kam wie es kommen musste und er fragte mich ob ich mit ihm schlafen möchte. Ich habe dem zugestimmt und fand den Sex mit ihm ( ist zwar nicht viel passiert ) toll.

Die Tatsache einfach einen Männerkörper zu spüren war schon schön. Nur hat mich dieses Erlebnis doch etwas aus der Bahn geworfen. Ich hatte ein schlechtes Gewissen meiner Frau gegenüber und ich wurde immer wortkarger weil mir immer wieder sehr viele Gedanken durch den Kopf gegangen sind. Ich war total verwirrt.

Meine Frau merkte natürlich das mit mir etwas nicht in Ordnung ist. Sie hat mich immer wieder gefragt und irgendwann habe ich ihr dann erzählt was passiert ist

und das ich glaube das ich schwul bin.

Für sie ist erst mal eine Welt zusammen gebrochen und ich fühlte mich wirklich elend. Ich hatte Angst wie sie reagieren würde. Doch der von mir befürchtete Krach blieb aus. Sie reagierte völlig anders. Wir haben viel miteinander gesprochen, ich hab ihr meine Unsicherheit diesbezüglich geschildert, habe mich aber auch bei GR angemeldet um zu schauen was dort passiert.

Ich habe dort auch jemanden ''geangelt'' bzw. er mich und ich bin zu ihm gefahren. Ein netter Kerl, wir haben immer noch Kontakt aber eher auf freundschaftlicher Basis. Aber auch mit ihm ist, bis auf fummeln, nicht so wirklich viel passiert. Außer das es sehr spät wurde.

Als ich dann nach Hause kam gab es den ersten großen Krach. Meine Frau hat mir Vorwürfe gemacht und ich stand wie versteinert da und konnte nichts sagen. Ich habe zum ersten mal in unserer Ehe nicht im Schlafzimmer geschlafen. Gott war das eine für alle Seiten angespannte Situation. Am nächsten Morgen kam sie dann auf mich zu und sagte sie würde mich über alles lieben und sie würde nicht so schnell aufgeben.

Wir haben uns dann zu einer Paartherapie entschlossen. Ich dachte es würde helfen. Im Gespräch mit der Therapeutin haben wir uns auf ein Zeitfenster von drei Wochen geeinigt in der ich versuchen sollte mit einem Mann richtigen Sex zu haben, um zu schauen ob es auch wirklich das richtige für mich ist.

Das hat mich aber irgendwie unter Druck gesetzt und ich fühlte mich unfähig diesen Schritt zu tun. Dabei blieb es auch und ich kehrte wieder zu meiner Frau zurück. Doch es war nicht vorbei. Ich merkte dann wieder das ich Sex mit einem Mann haben wollte und habe mich wieder bei GR angemeldet. Ich dachte mir: Was soll´s, lebste deine Lust aus, keiner merkt was und gut ist.

Innerhalb eines halben Jahres habe ich dann auch wirklich einige Männer kennengelernt und auch Sex mit ihnen gehabt und es gefiel mir. Doch im Hinterkopf rumorte es gewaltig. Doch ich hatte es unter Kontrolle, konnte die Fassade aufrecht erhalten die ich mir selbst gebaut habe. Alles lief nach meinem Plan. Bis ich Anfang Juli von einem Mann angeschrieben worden bin. Es ging nicht mal um Sex. Er wollte nur was mit mir trinken.
Ich habe dem zugestimmt und wir haben uns getroffen. Wir haben gequatscht und ich merkte ziemlich schnell das er Probleme mit seinem Partner hat, er war aber auch so etwas merkwürdig. Völlig anders als die anderen Typen die ich kennengelernt habe.

Und, im Rückblick betrachtet, glaube ich schon das ich mich am ersten Abend in ihn verliebt habe. Dieser Kerl zog mich einfach an und weckte Gefühle in mir. Wir haben uns ein paar mal getroffen (die Zwischengeschichte mit ihm erspare ich mir hier, sonst wird doch noch ein Roman daraus) und ich merkte immer mehr das ich ihn liebe. Das habe ich ihm auch gesagt. Er hat es mir auch gesagt und ich war happy. Später jedoch sagte er mir das er mich zwar liebt, aber halt anders als seinen Partner.

Na ja, kein tolles Gefühl. Und wie gesagt, er ist ziemlich kompliziert. Trotzdem liebe ich ihn. Natürlich ist dann in dieser Zeit wieder eine Veränderung in mir vorgegangen. Ich zweifelte an mir selbst, zweifelte an der Liebe zu meiner Frau (und wenn ich ehrlich bin war es doch nur eine farce) und war mit der ganzen Situation völlig überfordert.

Und wieder merkte meine Frau das etwas nicht in Ordnung war und hat mich darauf angesprochen. Wie sollte ich es ihr sagen ? Ich hatte mir ja ein Lügenschloss aufgebaut und ihr in der ganzen Zeit was vorgegaukelt. War schon irgendwie schäbig von mir und total unehrlich. Mir und auch ihr gegenüber. Sie wähnte sich in Sicherheit, hat nie was gemerkt. Immer noch unfähig ihr die Wahrheit zu sagen, sagte ich ihr das ich wieder Gedanken an Männer hätte und ich gerne alleine zu unserer Therapeutin gehen würde um mit ihr zu sprechen.

Sie hat zugestimmt. Ich bin hingegangen. Wohlwissend das die Therapeutin an meine Frau nichts weitergeben konnte hab ich ihr alles erzählt. Hab nichts ausgelassen. Habe zu ihr gesagt das ich das nicht mehr möchte, das ich bei meiner Frau bleiben will. Doch in meinem Innersten wußte ich eigentlich schon auf was es hinauslief. Und wieder konnte ich, nach dem Gespräch mit der Therapeutin, meiner Frau nicht die Wahrheit sagen.

Ich hielt sie hin, habe ihr sogar noch Hoffnungen gemacht das alles gut wird und habe ihr noch meine Liebe beteuert. Mein Gott, wie feige von mir.

Tja, aber wie sagt man so schön: der Krug geht bis zum Brunnen bis er bricht. Und das tat er dann auch. Ich habe es nicht mehr ausgehalten und habe ihr vor einer Woche (und das noch an ihrem Geburtstag) gesagt das ich mich von ihr trennen möchte und das ich schwul bin. Leider habe ich ihr nicht die ganze Wahrheit gesagt, weil ich ja mal wieder zu feige bin. Es ist im Laufe der Woche fast alles nach und nach ans Tageslicht gekommen und sie fühlt sich zu recht von mir hintergangen und belogen und wenn ich ehrlich bin (auch mir selbst gegenüber) dann habe ich das alles mit Kalkül durchgezogen.

Vielleicht wollte ich auch nur das sie mich hasst, das diese Trennung einfacher wird. Aber sie liebt mich über alles, hat mir sogar den Kompromiss vorgeschlagen das ich in sexueller Hinsicht freie Hand hätte. Ich soll nur bei ihr bleiben. Gott, hat sie sich erniedrigt. Hat um meine Liebe gebettelt. Ich hatte plötzlich Zweifel ob ich das richtige getan habe, habe ihr wieder Hoffnungen gemacht und gestern habe ich sie wieder zerstört in dem ich mich zu meinem Schwulsein deutlich bekannt habe. Natürlich will ich meine Familie nicht verlassen oder verlieren. Dafür lieb ich sie zu sehr.

Dafür hab ich auch die Verantwortung und will mich dieser auch nicht entziehen. Aber ich sehe auch das ein Kompromiss keinen Sinn machen würde. Wir leiden alle unter meinem Outing und es ist die Hölle, in jeder Hinsicht. Ich habe große Angst das sich meine Frau was antut. Das könnte ich mir nicht verzeihen. Sie leidet so weil sie mich liebt, trotz allem was ich ihr angetan habe. Aber ich kann auch nicht mehr in diesem Käfig leben. Ich hoffe so sehr das alles gut wird und wir wieder normal miteinander umgehen können. Es ist echt die schwerste Prüfung in meinem Leben.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 29.10.12 14:11.

Hallo newway,

gut, dass du hier geschrieben hast - jedenfalls finde ich das. Es hat mir immer geholfen Gedanken und Probleme aufzuschreiben, damit zu sortieren und vielleicht abzulegen.

Du hast sortiert, eine klare Richtung in ein Leben gebracht, das auf tönernen Füßen unterwegs war. Ich weiß nicht, wie lange deine Frau schon Bescheid weiß. Meiner Frau habe ich vor zwei Jahren gesagt, dass ich schwul bin (im gleichen Alter wie du). Und was ist passiert? Fast nichts außer, dass es zu Hause kälter geworden ist, immer mehr Anstrengung erfordert. Sie reagiert nicht wirklich auf das, was ich sage.

Damit sind wir vielleicht irgendwie bei deinem Problem. Als Frau in dieser Situation muss man erkennen und bereit sein, sein Leben wieder selbt in die Hand zu nehmen, eigene Wünsche unabhängig von diesem Mann zu definieren und entsprechende Schritte zu tun.

Neulich habe ich gehört, dass Menschen sich nur bewegen, ihren inneren Schweinehund überwinden, wenn es die einfachere Alternative ist. Die aktuelle Situation muss schwerer werden, als die mögliche Änderung. (Als Beispiel wurde genannt, dass mehr Menschen auf den Aufzug verzichten und Treppe laufen, wenn die Aufzugtüren ganz langsam zugehen, die Ungeduld sie die Treppe hoch treibt )

Es steht dir zu, zu sagen, was du kannst bzw. was du nicht mehr kannst. Ich hoffe mit meiner Frau die Wegegabelung zu finden, an der wir vielleicht mit gegenseitiger Hilfe und Achtung getrennt weitergehen können. Bleiben wo ich bin, kann ich auf keinen Fall.
Gut finde ich auch, dass du mit einer Therapeutin sprichst. Gleiches sollte deine Frau für sich tun.

Sind eure Kinder schon erwachsen, aus dem Haus? Wissen sie davon, ist ihnen klar, dass es ein Problem der Eltern ist und nicht ihres?

Hast du nicht eine gute Basis um weiter zu gehen, so weiter zu gehen, dass deine Frau sich von dir unterstützt fühlt ohne, dass Zweifel daran besteht, was du nicht mehr willst und kannst?! Ich meine deine Erfahrungen im schwulen Leben. Du weißt, worauf du dich einlässt. Soweit bin ich nicht.

Letztendlich, dein Name ist Programm! Alles Gute dabei.

LG
Zeev

Hallo zeev,

danke für Deine Rückmeldung.
Auch ich habe erkennen müssen das es sich lohnt seine Gedanken niederzuschreiben. Es hilft ungemein.

Nun, seit gestern hat sich aber auch viel getan.
Meine Frau und ich haben noch mal miteinander geredet und ich äußerte noch mal meine Zweifel an ihrem Vorschlag den sie mir gemacht hat. Ich habe vorher aber auch ein bischen im Netz recherchiert und habe feststellen müssen das wir nicht die einzigen sind, die sich darauf einlassen. Es scheint aber bei vielen zu funktionieren. Sie meinte dann das es ja nur der sexuelle Aspekt wäre und das das nichts mit unserer Liebe zu tun hätte. Und sie sagte auch das es für sie akzeptabel ist und das es ihr nichts ausmachen würde. Wenn ich ehrlich bin ( auch zu mir selbst ) hatte das was ich getan habe etwas von Flucht an sich. Eine Reihe von Faktoren ( der größte ist wahrscheinlich eine midlife-crisis ) führten dazu das ich mich so verhalten habe. Ob ich schwul bin ? Ich weiß es nicht wirklich, eher bisexuell und ja ich stehe darauf Sex mit Männern zu haben. Ich habe allerdings auch das Glück eine Frau zu haben die es versteht und toleriert. Ein wirkliches Sauglück. Wir wollen jetzt einen Neuanfang starten. Mal gucken wie es wird, ich werde berichten. Und ich denke das es schon ein Outing meinerseits gewesen ist, wenn auch ein anderes.
Klar haben wir auch unseren Kindern erzählt was los ist. Sie haben ganz toll reagiert und wir waren beide stolz auf sie.

Lieber zeev, leider kann auch ich Dir keinen wirklich guten Rat geben die Deine derzeitige häusliche Situation bessert. Ich kann nur für Dich hoffen das Deine Frau irgendwann mal geprächsbereit ist und ihr beide zusammen alles klären könnt. Mir haben schon die paar Tage an Spannung gereicht. Mann, wie mußt Du Dich da erst mal fühlen. Also Kopf hoch und nicht verzagen. Dein Tag wird schon kommen, Du wirst sehen.
Nur Mut und ich würde mich freuen wieder was von Dir zu hören

Liebe Grüße
newway

Hallo newway,

schön wieder von dir zu lesen. Danke. Und vor allem schön, dass es bei euch besser geht.

Letztendlich ist jede Situation anders. Ich weiß von verschiedenen, die mit ihrer Frau noch ein liebevolles Verhältnis haben, die sogar noch in einem Haus zusammen wohnen, wobei jeder seinen eigenen Bereich hat.
Ich kann nicht alles nachvollziehen, weil ich das, was ich unter Liebe verstehe mit meiner Frau nie erfahren habe. Das Gespräch mit ihr soll mir auch dazu dienen, ein nettes Verhältnis zu halten, sonst rutschen wir in Wut und Verachtung ab. Das tut mir vor allem mit Blick auf die Kinder weh.

Letztens habe ich ihr gesagt, dass ich hier krank bin und werde und dass ich meinen eigenen Bereich brauche. Ich halte das im gemeinsamen Schlafzimmer nicht mehr aus, so weh es mir auch tut, ihr das klar zu sagen, ihre Art von Verzweiflung darüber aushalten zu müssen. Ich weiß, dass ich unten angekommen bin, auch wenn sie es nicht nachvollziehen kann.
Es kann danach nur besser werden. Wenn ich etwas für mich bekomme, dann kann ich auch etwas geben.
Im Moment bin ich so weit zu sagen, dass ich nur meinen Bereich brauche, ein Mann ist nicht wichtig. Da vermischt sich im Zweifel einiges mit normalen Eheproblemen und vielleicht auch midlife-crisis.

Überzeugt bin ich davon, dass Schritte wichtig sind, egal welche, Hauptsache man bleibt nicht stehen. Und man muss sie selbst tun, ich bin für mich verantwortlich. Das gilt auch für meine Frau ohne die jeweilige Verantwortung für einander und für die Kinder dadurch zu vernachlässigen.

So, jetzt habe ich nur von mir geschrieben, dabei wollte ich dir alles Gute wünschen für euren Weg Bisher wart ihr als Ehe im Kopf auf einem Pfad unterwegs, habt euch idealerweise im Arm und an den Händen gehalten, wenn der Grat zu schmal war oder der Urwald undurchdringlich.
Jetzt hat jeder seinen eigenen Pfad in Sichtweite des anderen. Man kann sich zulächeln, zurufen und auf die Schönheit der Welt aufmerksam machen. Ab und zu trifft man sich abends in der gleichen Hütte und kann klönen.
Meine Vorstellung ... wobei ich wie gesagt nicht alles nachvollziehen kann.

LG
Zeev

Lieber newway,

wie schön, daß Du hierher gefunden und uns Deine Geschichte so far mitgeteilt hast.

Zuallererst: ich habe großen Respekt vor Deiner Geschichte, Du hast einen heftigen Kampft mit Dir und Deinen Gefühlen beeits hinter Dir und der ist noch nicht beendet. Und klar, Du hast auch "Fehler" gemacht, aber soooo heftig und unentschuldbar finde ich diese gar nicht. Ich habe schon anderen Fälle gelesen und/oder kennengelernt, da war sehr viel mehr "Feigheit" (meine ich nicht in dieser Härte) und Kalkül dahinter, aber das sehe ich bei Dir kaum. Du und Deine Frau habt Euch früh kennengelernt, Ihr habt ein enges Band und auch eine Familie. Es ist doch völlig normal und o.k., daß das bindet und es schwer fällt, dieses auch nur ein kleines bißchen zu lockern.
Und daß es dann auch ein schwieriger Weg ist, sich in diesem Band auch noch nach und nach einzugestehen, daß Du vielleicht schwul bist, das finde ich ebenfalls sehr verständlich. Und (!) Du warst dann doch sehr schnell relativ ehrlich zu Deiner Frau. Klar, es war immer hinterher, aber immerhin.Das schafft nicht Jeder. Und Du hast versucht, an Dir und an Euch zu arbeiten. Du hast Deine Frau bislang immer "mitgenommen", sie war nie lange un Ungewißheit. Sei da mal nicht päpstlicher als der Papst mit Dir! Nochmal: Ich kann Dich sehr gut verstehen - auch wenn meine Geschichte etwas anders ist.

Ihr seid gerade vielleicht in einer sehr entscheidenden Phase: Ihr versucht gerade zu definieren, was Ihr denn nun (auf Euch selbst bezogen) seid. Das ist extrem heftig! Und da man den anderen ja auf jeden Fall mag, liebt etc., schankt man da oft und man will ja auf keinen Fall einen geliebten Menschen verletzen oder gar verlieren. Das zeigt auch, was für wertvolle Menschen Ihr Beide seid!

Dennoch: habe auch im Blick, was möglicherweise die Tatsachen sind und wohin wohl der Weg geht. Natürlich ist das nun von mir eine Ferndiagnose, ganz klar. Aber so, wie Du es schilderst, ist das mit den Männern nicht eine kleine Nebenleidenschaft von Dir. Wir reden nicht davon, daß Du keine Schokolade essen sollst, aber Du schleichst nachts dennoch zum Kühlschrank. Ich würde schon sagen, daß Du mindestens bi, eher aber schwul bist. Ob und was Du bist, weißt natürlich nur Du ganz alleine. Aber so wie Du es schilderst, sind Männer nicht nur ein kleiner Zeitvertreib und eine Schwäche für Dich. Du sprichst nämlich auch von ihnen mit Respekt, das klingt zumindest aus Deinen Worten. Mir scheint es so, als sei es nicht nur der Sex, da ist schon mehr Anziehungskraft. Und das, obwohl dies ja stets bedeutet, daß Dir heftige Gespräche und Folgen drohen.
Du hast ja, so wie Du es schilderst, eine extrem verständnisvolle Frau, wenn es Dich dann - so sensibel, wie Du mir erscheinst - doch zu den Männern zieht, dann ist das sicher keine Skrupellosigkeit Deinerseits, sondern echte Zuneigung.

Du hast dennoch, das spürt man auch aus Deinen Zeilen, eine tiefe (freundschaftliche?) Beziehung zu Deiner Frau, und das kann extrem stark sein. Du hast mit ihr etwas aufgebaut, Du kennst sie schon 3/4 Deines bisherigen Lebens, Ihr habt zusammen eine Familie etc. etc. Das bindet sehr sehr stark. Aber (!!!) bist Du ganz sicher, daß Du Deiner Frau tatsächlich dauerhaft das bieten kannst, was sie wirklich möchte? Wenn Ihr wie bislang zusamen bleibt, könnt Ihr ein Leben zusammen als Familie führen, ohne daß Ihr Euch beide total verbiegt? Leidet Ihr nicht in Wahrheit irgendwann beide unter der Situation?
Daß Du das vielleicht jetzt, ebensowenig wie Deine Frau, noch nicht in dieser akuten Situation beantworten und entscheide könnt, das ist völlig klar. Ihr leidet doch gerade sehr! Und Ihr mögt/liebt Euch, Ihr seid Euch teuer. Aber ist es nicht gerade deswegen wichtig, eine FÜR EUCH BEIDE gute Lösung zu finden? Und für Eure Kinder? Ist es nicht besser, die Situation weiter zu analysieren und dann zu schauen, was für annehmbare bis gute Alternativen es auch geben könnte? Vielleicht könnt Ihr langfristig Eure Beziehung als gemeinsame Elternteile auf eine eher sehr vertraute Freundschaft ummünzen? Das geht nicht von heute auf morgen, das ist völlig klar. Das kostet viel Kraft, Tränen und Gespräche, aber möglicherweise könnte das ein Ziel sein? Denkt nur mal theoretisch darüber nach, ob das eine Option sein könnte? Und denkt vielleicht auch darüber nach, ob es tatsächlich eine gute Idee wäre, "nur" aus einer Art "Verpflichtung" heraus als Paar zusammen zu bleiben? Stell Dir vor, eine gute Fee käme und böte Dir an, Dein Leben - ohne daß Du jemanden verletzt - umzuverwandeln: wie würdest Du es Dir einrichten? Das wäre dann nämlich das Ziel, auf daß Du hinarbeiten solltest! Denn als unglücklicher "newway" bist Du sicher langfristig kein idealer Ehemann.

Egal, was Ihr entscheidet: auch Deine Frau braucht natürlich Hilfe und Gesprächspartner. Vielleicht solltest das auch nicht immer Du oder die Therapeutin/Beraterin sein, sondern Freund/innen. Wie schlimm muss alles für sei sein, da ja auch sie nichts für die Situation kann und solltest Du schwul sein, ist es ja nicht ihr Fehler (und Deiner natürlich auch nicht).

Das so ein paar Gedanken von mir. Das müssen nicht die richtigen Ideen sein, vielleicht hörst Du ja noch weitere Ideen, Ratschläge und Gedanken. Aber ich dachte, ich schreibe mal meine ersten auf Deinen Beitrag hin auf. Wie gesagt: sei nicht so streng mit Dir, Du bist kein Unhold, aus jedem Satz liest man, daß auch Du nur auf der Suche nach Dir selbst bist und daß Du niemanden verletzten möchtest. Es geht hier auch nicht um Verletzten, sondern um eine Lösung aus dieser nicht guten Situation gerade - für Dich und für alle. Aber eben auch für Dich!

Und ich würde mich freuen, wenn Du uns etwas auf dem Laufenden hältst :-)))

Liebe Grüße, viel Kraft und alles Gute,
sagt und wünscht der
Mickey2.

Lieber Mickey2,

vielen Dank für Deine Nachricht.
Auch ich habe Deine Geschichte gelesen und fand Deinen ''Kampf'' mit Dir über viele Jahre hinaus sehr interessant. Erstaunlich, wie lange so was manchmal dauern kann, aber ich kann Deine Gründe sehr gut nachvollziehen. Schade und traurig ist es nur das Du bisher noch keinen lieben Partner gefunden hast.
Sicherlich ist eine Partnerschaft nie eine einfache Sache, man muß immer ( mehr oder weniger ) Kompromisse enigehen, dennoch solltest Du ein wenig mutiger sein und Deine Selbszweifel diesbezüglich überwinden. Wie heißt es immer so schön: wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Natürlich ist man hinterher immer schlauer wenn es nicht klappen sollte, aber man hat es immerhin versucht. Verstehe meine Worte bitte als Aufmunterung. Ich wünsche Dir jedenfalls viel Glück dabei. Ich bin davon überzeugt das Du Dein Leben lang nicht allein bleiben möchtest.
Ich habe bisher eigentlich nur nette Männer kennen gelernt, auch wenn es nur um das sexuelle ging. Ok, der eine in den ich mich verguckt habe ist ja schon ne andere Nummer. Für sein Herz kann man ja nichts. Nüchtern betrachtet jedoch weiß ich das daraus nichts wird. Er ist zu kompiziert und ich würde es auf Dauer nicht aushalten immer wieder verletzt zu werden. Also muß und werde ich Distanz halten. Mal schauen ob es mir gelingt. Und ich gebe dir recht: Männer haben schon eine hohe Anziehungskraft für mich. Ich bin überrascht, wie gut Du zwischen den Zeilen lesen kannst. Respekt. Ich gebe Dir auch recht bezüglich der Tatsache was ich nun wirklich bin. Ich weiß es noch nicht wirklich, aber ich denke im Laufe der Zeit werde ich das für mich herausfinden.
Die Tatsache das meine Frau mir bei meinen amourösen Abenteuern freie Hand läßt entbindet mich allerdings auch nicht von dem Zweifel wie lange sie das auch mitmacht. Ich habe ihr ja versprochen, sie zumindest zu informieren wenn ich unterwegs bin zu einem Date. Nur, wie wird sie reagieren wenn sie weiß das ich mit einem Mann im Bett gewesen bin und mich dann zu ihr lege ? Keine Ahnung.
Wir haben, zumindest vorerst, eine für uns mögliche Konstellation gefunden und ich bin ihr auch sehr dankbar dafür. Es gibt halt diesen starken inneren Band zwischen uns und ich glaube auch nicht das es je anders sein wird. Noch bin ich ja glücklich in dieser Situation und es gibt ja nur leise Zweifel.
Dennoch werde ich auch berichten wie es weitergeht.
Dir lieber Mickey2 wünsche ich allen Mut und auch die Kraft sich auf eine Partnerschaft einzulassen, so schlecht ist es manchmal dann doch nicht.

Viele Grüße und ich würde mich freuen wieder was von Dir zu hören.

newway

Hi lieber newway,

vielen Dank für Deine Zeilen. Habe Dir privat was zurück geschrieben.

Liebe Grüße,
sagt der
Mickey2 :-)