Erstmal: ich bin froh, dieses Forum gefunden zu haben und freue mich, bei euch zu sein. Schön, dass es euch gibt.
So, und jetzt zu meiner Geschichte:
Ich bin 58 und lebe seit 18 Jahren mit meinem Lebensgefährten auf Teneriffa. Auch davor hatte ich zwei langjährige Beziehungen mit Männern. Schon immer habe ich mich zu Frauen hingezogen gefühlt und das auch während meiner 2. Beziehung, so mit 30 etwa, ausgelebt und mich ab und zu mit einer Frau getroffen.
In einer Beziehungspause von fünf Jahren, kurz bevor ich ausgewandert bin aus Deutschland, habe ich mich in Swingerclubs ausgetobt und auch dort immer wieder Bifrauen gesucht. In Frankfurt besuchte ich damals öfter eine Lesben-Kneipe, machte aber immer wieder einen Rückzieher, wenn sich dort eine Frau wirklich in mich verliebt hatte.
Dann kam ich auf die Insel, lernte meinen jetzigen Lebensgefährten kennen und schwups - habe ich meine Gefühle für Frauen vergessen – besser gesagt, sehr erfolgreich verdrängt.
Vor vier Jahren begann ich, Erotikbücher - hauptsächlich über Coming-out von Männern! zu schreiben und zu veröffentlichen. Durch heftige 3 Jahre, in denen wir unsere Existenz verloren haben etc. konnte ich dann gar nicht mehr schreiben. Vor 5 Wochen hat es mich wieder gepackt, ich schreibe gerade an einem Buch. Wieder sind es zwei Männer, die mir ihre Geschichte erzählen, die ihre große Liebe gefunden haben. Ich wurde immer wieder gefragt, warum ich über Schwule schreibe, konnte es aber selbst nicht wirklich beantworten. In meinem Bekanntenkreis gibt es schon seit Jahrzehnten immer wieder Schwule und Lesben. Das Thema ist mir also durchaus nicht fremd.
Vor drei Tagen saß ich mit meiner besten Freundin, mit der ich über alles rede, in einem Café. Wir kamen - vermutlich über mein Buch - zum Thema Bi. Ich erzählte ihr von meinen Bi-Erfahrungen. Sie staunte, weil wir uns sonst alles erzählen. Aber ich hatte es ihr nicht verheimlicht, sondern schlicht und ergreifend verdrängt. Auch meine Freundin sagte: Jetzt ist mir einiges klar! Sie hatte wohl vor 7 Jahren, als wir uns kennenlernten, auf Anhieb gedacht, ich könnte eine Lesbe sein. Das gleich hat mir ein schwuler Arbeitskollege schon vor fast vierzig Jahren mal gesagt. Ich habe in der ganzen Zeit kaum eine Frau an mich herangelassen - also freundschaftsmäßig. Diese Freundin ist wirklich die einzige, die ich habe.
18 Jahre hatte ich nicht einen Gedanken daran – und jetzt fällt es mir wie Schuppen von den Augen – ich bin total verwirrt.
Plötzlich wird mir so vieles klar. Ich war in keiner der 3 Beziehungen wirklich glücklich, dachte immer, das kann es nicht gewesen sein, es fehlt etwas. Ich war sexuell sehr aktiv mein ganzes Leben, aber mit Männern war es nie befriedigend und jetzt weiß ich, dass ich immer auf der Suche war …
Seit gestern suche ich im Internet Gay- und Lesbenhotels auf den Kanaren. Gerade Gran Canaria ist ja bekannt für die Gayszene. Ich habe noch nicht gebucht, ich weiß nicht, ob ich mich traue. Dabei geht es mir weniger um sexuelle Erlebnisse mit Frauen, sondern einfach darum, Klarheit zu bekommen. Mein Mann liebt mich abgöttisch, obwohl wir seit Jahren kaum noch Sex haben und ich von Tag zu Tag kühler werde. Jetzt weiß ich warum. Es wird ihm das Herz brechen, wenn ich …
Ich bin froh, dass ich hier Geschichten von reiferen Menschen lese, weil auch mein erster Gedanke war: Mädel, du bist jetzt 58! Muss das jetzt noch sein?
Ich weiß nicht einmal, warum ich das hier schreibe. Vielleicht weil es einfach raus muss und ich hier keine Gleichgesinnten habe, mit denen ich drüber reden kann. Meine Freundin ist eine ganz große Hilfe, aber eben nicht im Thema drin, sie fühlt es nicht.
Ich bin total verwirrt und weiß im Moment nicht, wohin das jetzt führt.
Lieben Dank fürs Lesen - ist wieder ein Roman geworden
Eure Ela