[
www.youtube.com] wie Bonn
Der junge Mann in der S Bahn
gibt einem anderen einen Kuss auf die Wange
das ist nicht schwul, wir Moslems machen das so...
wann wird die Menschheit verstehen?
B wie Bad Honnef
Ich unterrichte Französisch.In Bad Honnef. eine Kursteilnehmerin kommt
aus Baden. Sie erzählte mir in vertraulichem Tone:
Mein Verlobter mag kein Französisch. Er sagt, das sei eine Schwulensprache.
Ich versuche, der jungen Frau, die nach Burundi gehen will, um dort in einem Waisenheim zu arbeiten, klar zu machen, dass man Sprachen zu respektieren hat.
Aber ich lasse das Schwule in der Diskussion weg. Französisch klingt weich, feminin,
also schwul. Das Weibliche ist also schecht., weniger wert.
Meine chinesischen Schüler hatten folgende Variante zu bieten
Deutsch ist eine Männersprache, Französisch eine Frauensprache.
L wie Logrono
Meine Angst , in das schwule Lokal neben LOS TRONCOS zu gehn.
Angst vor Homophobie? Ja, sie kennen mich schon , bei den TRONCOS.
Hallo, Angst, miedo,paura.. Paura,. das klingt so harmlos auf Italienisch…
Hallo, Angst, ja mei , du willst mich schützen… aber ich komm nicht in die Bar.
irgendwann habe ich mich dann doch getraut.
Freitags nach Mitternacht.. Die TRONCOS hatten schon zugemacht.
Ich ging in die Bar und sah das provinzielle Elend.
H wie homófobo
Ja, es hatte homophobe Anmache gegeben in einem Café in der GRAN VIA.
Ich hatte zu lange am Tresen auf einen Mann geschaut, der mich auch fixierte.
als ich mit meinem Kaffee zu einem Tisch gehen wollte, hörte ich , wie er zu seiner
blonden Freundin sagte: mira el maricón… ich setzte mich und spürte so eine Wut
auch auf mich ,weil ich nicht in der Lage war, ihm Paroli zu bieten.
Ich seh mir Männer so lange an wie ich will.
F wie Frankfurt/ Main
Am Südbahnhof
Ich sitze in einem Internetcafé am Südbahnhof in Frankfurt.
Im Nichtraucherraum stehen fünf Computer nebeneinander.
Ich beginne zu surfen. Auf meinem Bildschirm erscheinen Fotos
von zwei halbnackten Männern. Sofort stelle ich mir vor, dass
es meinen orientalischen Nachbarn stören könnte, schlimmer ,dass
es ihn aggressiv macht. Wird er reagieren? Er tut nichts.
Es ist alles in meinem Kopf. Reflexartig stelle ich mir vor, dass
ich etwas falsch mache. Nein, ich klicke keine zweite Seite an.
Das soll er aushalten. , sag ich mir:
Nichts ist selbstverständlich.
Mir fällt eine Lehrerin ein, die sich mal so über mich geärgert hatte, dass
sie mir ins Gesicht sagte: Ja, meinst du , es wäre selbstverständlich, dass sich
hier in der Provinz jemand mit Schwulen abgibt? Ich solle doch dankbar sein,
dass es Leute wie sie gebe, die Schwulsein akzeptieren!
R - wie Regionalbahn.
Sitze im Regionalzug Richtung Koblenz.
Ein junger Magrebiner hat sich neben mich gesetzt und aus seiner
Plastiktüte eine Flasche Wodka rausgeholt und Saft. Zum Vorglühen halt.
Jedes Mal wenn er die Wodkaflasche ansetzt, verzerrt er sein Gesicht.
Ob ich verheiratet sei? Ich werde immer nervös, wenn man mich das fragt.
Stelle mir dann vor, dass mein Gesprächspartner mich dann in eine Schublade
stecken will. Stelle mir vor, dass Ledigsein wie eine nicht erbrachte Leistung angesehen wird.
Er habe immer gesagt, er wolle nie heiraten., sagt er zu meiner Überraschung.
Aber seine Eltern hätten ihm Druck gemacht, die Freunde, Verwandten , alle.
Da hätte er nachgegeben. Seine Frau ruft an. Er spricht ein hartes kantiges Arabisch,
seine Stimme ist viel lauter.als wenn er Deutsch spricht.
Ich versteh nicht ,was er sagt. Er scheint sich , rechtfertigen zu müssen.
Vielleicht beruhigt er sie. Vielleicht hat sie Angst, dass er untreu wird.
Ich steige aus. Er fährt weiter zu den Kumpel.
P wie Paralleluniversum
Neues aus dem Paralleluniversum
Dort sind sie schon ein paar Lichtjahre und viele Generationen
und Lernprozesse weiter.
Das Bürgerliche Familienmodell ist inexistent.
Kinder sind frei in ihrer Geschlechteridentität, frei in
ihrer Partnerwahl. Wann wirst du endlich heiraten?
fragten meine Verwandten immer wieder. Ichwar beschämt, blockiert.
Ich stand mal in einer Telefonzelle , als mein Onkel zum X ten Mal fragte
Wann Wirst du heiraten und ich traute mich nicht zu sagen: ich will nicht.
Aber weil ich es so leid war, gefragt zu werden: rief ich
Ich hör nichts. Die Leitung ist kaputt.
N wie Nazis
Und ? glaubt Tante Eva noch an den Endsieg? fragte ich ironisch
noch Ende der 80er Jahre. Wie sie schon da saß, immer steif mit geradem Rücken, ihre Hornbrille, ihr strenger Blick. Sie saß auf Omas Geburtstagen immer in der Wohnstube
neben all den anderen Gästen. Sie zischelte:
Der Sowieso aus Siegen. Das ist doch ein 175er. Ein 175 er , ein Perverser also
ein Abnormaler, ein widernatürlicher Irrer.Eine Schicht aus Scham und Angst legte sich über meine Seele. Wie kann man auch nur das Glück haben. auf einem Bauernhof in der
tiefen Provinz aufzuwachsen und zu merken, dass man schwul ist. Jahrzehnte lang habe
ich geglaubt, dass ein Bauer nie nie nie schwul sein konnte. Das war nicht vorgesehen.
Die Mauer aus Scham war aufgerichtet . Und ich war unfrei immerdar.
A wie Aljoscha
Berlin Mitte
heute fand ich seine Muskeln nicht so beeindruckend. Einige dicke Adern quollen auf seinen
Oberarmen hervor. Sah nicht so gut aus. Aber sehen ist eins und fühlen ist was Anderes. Er gab mir wieder einen Kaffee aus. Warum macht er das? was genau mag er an mir?
O wie Outing
nun sieht es so aus, als hielten die Nicht-Geouteten den Schwarzen Peter in der Hand.
Feige sind sie schon. heute ist doch alles so liberal. so aufgeklärt.
Einige Journalisten meinen, die Schwulen hätten Phantomschmerz, denn es gebe
ja faktisch schon keine Repression mehr.
Ich bin ein Held. Ich habe so viele Leute geschont, ich habe ihnen das Gefühl gegeben,sie leben in einer normalen, bürgerlichen Welt, JA , habe ich signalisiert , ich bin auch ein HETERO, ich gehöre auch zu euch, damit ihr eure Ruhe habt. und ich meine.
Aber will ich das? Ist da nicht etwas in mir ; das sagt: ich steh auf Männer, da , der mit den Locken, der sieht sweet aus.. Ist das nicht noch eine Instanz in mir ,die sagt: he, ich bin ein kleiner Anarchist, ich zeig euch, dass EURE Normalität ein Wahnsinn ist.
Schade, dass ich mich nicht früher outete, sagte,der Fußballspieler im kanadischen Fernsehen und dann weint er.
Da ist er also , dieser große, starke blonder Mann, der davon erzählt,wie viel Energie es
kostet, sich im hochleistungssport zu verleugnen. Stöndige Selbstkontrolle, Wem sage ich was? Wer weiß es? wer darf es wissen? ich bin ein Sprachenlehrer und weiß genau , was er meint. Man meint die Anderen schonen zu müssen. Ich behellige den Normalo mit meinem Anderssein. Und man will auch nicht die hundertste diskriminierende oder kleinkarierte Äußerung hören.
V- Verfolgungswahn
Jeden Tag kommt einmal oder zwei mal der Gedanke:
jetzt werde ich eingeordnet: Richtig gepolt, falsch gepolt. Jeden Tag wird mich jemand einordnen, kategorisieren, abstempeln, diskriminieren.
Jemand wird sich ein Bild machen. Das große Energiefeld der heterosexuellen Lebensweise
bestimmt die Norm. Der Hetero will sich wohl fühlen in dieser Normalität.
M wie Moslems
Die Osmanische Herberge , ein Haus am Rande eines Eifeldorfes.
Jedes Jahr gibt es dort an einem Wochenende Sufimusik.
Ute kam auf die Idee, einen der Scheiche zu Thema Homosexualität zu befragen.
Der Scheich, ein ehemaliger deutscher Manager aus Köln ,begann seine Rede
ungefähr so. Verbrecher, Gewalttäter , die Natur hat uns so viel beschert,
so auch Homosexuelle. Der Koran spreche nur von Mann und Frau.
Wir standen neben der Bühne und ich war sprachlos. . Hatte er mich mundtot gemacht oder war ich einfach zu stolz, auf derlei Dummheiten zu reagieren? Es machte mir auch Angst,ich bin eben ängstlich.
Später saßen wir im Auto und fuhren wieder zurück nach Bonn.
Wie oft werden Homosexuelle eigentlich pro Tag beleidigt ? fragte
Ute.
-----------------------
M wie dieser schöne Mund
In der Kantine: Lloyd schaut mich an Ich schaue ihn an. Seine weichen ,wachen Augen
sein sinnlicher Mund, er will nach Madagaskar gehn. Er könnte auf Männer stehen, denke ich.
Ich spüre einen innerlichen Druck. Ist die Situation unbotmäßig?
Marion sitzt neben mir.
Was sie wohl denkt? Woher kommt diese Idee, dass sie Gedanken hat, die man
homophob nennen könnte. Erzeugt das diesen Druck , diese Unsicherheit in mir?
Schwules Verhalten vor aller Augen in einer deutschen Kantine? Nein, selbstverständlich ist das nicht in der Provinz.Die Angst vor homophoben Reaktionen ist unterschwellig immer da.
Ist es erlaubt , am Arbeitsplatz zu flirten?
-----------------------
K wie Kosovar
Es ist vier Uhr morgens. Ein Flugzeug brummt über das Haus in R. hinweg.
Ich denke an Ramadan , meinen Schüler aus dem KOSOVO.
Ich stelle mir sein Profil vor. Seine feinen Wimpern, die krumme Nase stört nicht
in seinem ebenmäßigen Gesicht. Ich denke an seine braunen Augen. mit 15 Jahren stellte er sich die Aufgabe, alle Romane von Ismael Kadare zu lesen. Manchmal streichle ich
seine Oberarme. Meine Manie , nach den Oberarmen der Männer zu greifen.
--------------------------
E wie Englischlehrer
Uwe ist verheiratet. Er ist Wachmann und hat 2 Söhne. Er hat große Ringe um seine
wasserblauen Augen. Das Baby hat mal wieder zu lange geschrien in der Nacht.
Wir sprechen über Sprachen. Er habe einen homosexuellen Lehrer gehabt, der seiner
Klasse das britische Englisch habe schmackhaft machen wollen.
Es ist klar, er will sagen, er hört das affektiert klingenden Queen’s Englisch nicht gern
Ich versuche , etwas Gescheites zu sagen. Dein Lehrer war also nicht das perfekte Rollenmodell , nicht wahr?
das Wort homosexuell hat etwas klinisches, etwas Medizinisches, Biologisches.
-----------------
G wie Gestikulieren
klar, der P. ist nicht der männlichste unter den Lehrern. Seine Gestik wird von
vielen als feminin wahrgenommen. Er ist dünn ,kein Muskelkerl.
Er trägt einen Ohrclip. Während der Unterrichtszeit komme ich an seinem Raum
vorbei . Ich sehe ihn durch das Fenster.
Da sitzt sein Schüler. und der P. gestikuliert vor sich hin.Der Schüler hat die Arme verschränkt. Es ist sein erster Tag mit P. Every picture tells a story.
Ich deute das so: Ps Schüler findet das Feminine an P. peinlich.
Irgendwie muss er demonstrieren, dass er nicht so feminin ist.
die Angst der Männer vor dem Weiblichen in sich selbst.
----------------
M wie Männer
Klaus, Isabel und ich sitzen im Foyer, sehen zusammen fern,
Klaus versteht Isabel nicht ; anstatt seinen Ellbogen auf den Tisch zu stützen, setzt er sie auf meinem Knie auf. Bemerkt er das nicht? Ich sage nichts.
Sein Ellbogen bleibt auf dem Knie.
Vorher hatten wir drei in der Kantine gemeinsam an einem Tisch gesessen.:
klaus sprach mit mir. Dann meinte Isabel : habt ihr gar nicht gemerkt, dass ich euch
eine Frau aut Wiedersehen gesagt hat.
Am nächsten Tag steht ich vor klaus Zimmer: er fertigt mich an der Tür ab. Er steht
da in russischer Träiningshose und im Unterhemd. Mein Blick wandert von seinen Schultern zu seinen Augen. Mein Blick wandert auf seine Oberarme. Was denkt er jetzt?
----
Gestern Abend war ich wieder in der Kantine. Ich fühlte zweierlei. Klaus hatte
mir gegenüber Platz genommen.
Etwas sagte mir: er ist auf Abstand. Etwas suchte seine Nähe.
ich sah
in sein blasses Gesicht
er saß
mir gegenüber
ich wollte seine
Augen sehn
ich sah
nur die Unruhe
das Ungehaltensein
ich sah auf meine Finger
sie berührten meinen Teller..
sie streichelten den glatten Tellerrand
und ich sah zu ihm hinüber und
etwas in mir
war bitter
---------------------
A wie Aussiedler
richard
#
So nennen wir einen aus Tadschikistan stammenden Aussiedler im besten Mannesalter, mit breiten , wuchtigen Schultern. Richard saß an der Rezeption und war dabei ,einen schnöseligen
Trainer abzuwimmeln. Anscheinend war ihm dieser hagere , dem bürgerlichen Milieu entstammende Mann unheimlich und er rief in meine Richtung
Da kommt ja mein Sohn
Nun kommt es nicht alle Tage vor, dass ein blauäugiger , verschmitzt lächelnder Aussiedler um die 35 Jahre einen rund 55 JAhre alten Mann Sohn nennt.
Ich warf ihm ein paar russische Sätze zu
M wie Montreal
Ein Fußballspieler aus Montreal outet sich im Herbst 2011im kanadischen Fernsehen.
Das weiß ich über tetu. ich bin mit www.tetu.com vernetzt und Tetu schickt mir
Artikel und Videos.
Da ist er also , der große, blonde Mann, breitschultrig. Er erzählt davon, wie viel Energie es kostet, sich im Hochleistungssport zu verleugnen, ständige Selbstkontrolle. Ständig bedenken: wem sage ich was - wem habe ich was gesagt?
Wer weiß es? Wer darf es wissen? Ich bin Sprachlehrer und ich weiß genau ,was er meint.
Man meint , die Anderen schonen zu müssen. Man hat das Gefühl ,es sei unangenehm ,peinlich, wenn man seine Mitmenschen mit seinem Anderssein behelligt.
Man will auch nicht die X te diskriminierende Bemerkung hören.
K wie kommunistisches China
Als ich in Beijing ankam, tauchte ich in einen mir gänzlich fremden Alltag ein.
Ladenschilder konnte ich nicht lesen. Die Chinesen waren mir zuerst fremd, fremd ,fremd
Nun bestehe ich aus einem seltsamen Gemisch aus Schüchternheit und Neugierde.
Lange Wochen wohnte auf dem Campus der BISU, die damals noch 2. Beijing Fremdsprachenuniversität hieß. Er Wei. Schon am dritten Tag sprach mich ein südchinesischer Student an. Er wolle unbedingt nach Deutschland, dort sei Schwulsein ja etwas völlig
Normales.Ich war baff. Sollte ich ihm um den Hals fallen und sagen: ja, Sweetheart so ist es?
Ich war aber nun auch erst einmal Deutschlehrer und hielt es für ratsam in der Hauptstadt des kommunistischen Chinas mit Schwulsein nicht hausieren zu gehen.
Im alten China soll Homosexualität kein großes Tabu gewesen sein.
Ein amerikanischer Historiker behauptet, Westler hätten die Chinesen derart beschämt,
dass so ein Tabu entstanden ist.
Es vergingen Wochen , bevor ich etwas Attraktives an den chinesischen Männern entdeckte.
Aber dann war die Faszination sehr stark. Ich war im Zentrum von Peking gewesen und war auf
dem Nachhauseweg in einen Bus eingestiegen. Ich hatte mich hinter einen Mann mit pechschwarzen Haaren gesetzt. Die Hautporen auf seinem Nacken bildeten ein Muster wie sich
kräuselndes Wasser. Da sagte ich mir: also, sie sind ja doch attraktiv.
Ähnliches geschah mit den Augen. Es dauerte seine Zeit, bis ich begriff, dass ein asiatisches Lächeln pure Magie ausstrahlen kann…