Hallo relay!
Ich kann deine Enttäuschung total nachvollziehen!
Natürlich hab ich einen anderen Hintergrund als du - wobei ich mir selbst wohl damals auch eine Sozialphobie zugeschrieben hatte (was mein ziemlich großer Freundes- und Bekanntenkreis sicherlich mit Unglauben kommentiert hätte - aber nur weil man viele Leute um sich hat, heißt das ja nicht, dass man sich selbst nicht isoliert und total einsam fühlt. Vor allem wenn man sich ständig verstecken muss und jeder soziale Kontakt wie ein Kraftakt wirkt.)
Auch bei mir verliefen bis jetzt alle Coming-outs problemlos und das hat mich anfangs auch recht unterwältigt zurückgelassen. Ich hatte doch soooo lange Angst davor und musste so viel Mut aufbringen und dann verläuft es so … unspektakulär.
Meine Erklärung ist, dass wir dem Ganzen so viel Bedeutung gegeben haben, aber die anderen ja gar nicht nachempfinden können, wie es sich für uns angefühlt hat. Meine große Sorge war oft, dass jemand verärgert reagieren würde, weil ich so viele Jahre ein Schauspiel dargeboten habe. Und doch zeigten alle Verständnis dafür.
Ich schätze, da wir es uns selbst so lange schwer gemacht haben, sind wir es nicht gewohnt, wenn etwas reibungslos vonstatten geht und daher wirkt es auf uns womöglich „unbedeutend“.
Lass mich dich aber darin bestärken, dass all deine Schritte, von Therapie bis Outing, alles andere als unbedeutend waren! Alleine dafür bejubel ich dich und steh von mir aus auch gerne mit Ponpons neben dir und leg eine (tollpatschige) Cheerleader-Choreografie hin
Aufregend wird es ohnehin erst dann, wenn du dich aus deinem gewohnten Radius hinaus wagst. Ich hab schon vor meinem Outing immer gehofft, dass mich das queere Leben durch ein Szenario a la Hollywood zu sich holt. Tja … das wäre dann ja zu einfach gewesen. Nein, dieses Leben musste ich selbst betreten und dabei einige Ängste überwinden. Ich beschreibe einiges davon in meinen Beiträgen, aber die Realität war nochmal um vieles beängstigender.
Finde dein eigenes Tempo und versuche die „leichten“ Momente zu genießen - du hast ein Recht darauf, dass es auch mal leicht zugeht! Hürden werden immer wieder kommen, aber vielleicht werden auch diese mit der Zeit leichter und vielleicht auch enttäuschend, weil die Angst davor viel größer war, als sie hätte sein müssen
Ich wünsche dir alles Gute für deinen Weg!
Wenn du Fragen hast oder Austausch suchst, kannst du dich gerne melden, auch über Privatnachricht!
Liebe Grüße