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Komplizierte Welt der Frauen

geschrieben von Butterfly_09 
Komplizierte Welt der Frauen
27. Februar 2023 09:47
Hallo ihr lieben,
seit ein paar Wochen lese ich eure Beiträge und habe jetzt endlich den Mut, auch Mal über meine Geschichte zu schreiben.
Ich bin 33, seit 14 Jahren mit meinem Mann zusammen bzw. seit 9 Jahren verheiratet und wir haben ein 6-jähriges Kind zusammen.
Mein Leben ist gezeichnet von vielen negativen Dingen, die mir vor allem in der Kindheit und in der Jugend passiert sind. Entsprechend war es für mich schon immer schwierig einzuordnen, was jetzt wahre Gefühle sind und was nur die Idealisierung einer bestimmten Person. Mein Mann kam 2009 in mein Leben, als dieses völlig im Chaos versunken war. Er hat mich dort heraus geholt und war seitdem meine stabile Basis und mein Anker. Entsprechend habe ich auch alles nach seinen Vorstellungen ausgerichtet, die auch nie schlecht waren. Er hat versucht ein Leben mit mir aufzubauen, was mich glücklich macht. Trotz aller materiellen Dinge, Hochzeit und einem bezaubernden Kind, sitze ich nun hier und werde mich von ihm trennen. Mit 33 Jahren ist mir nun klar, dass ich lesbisch bin, schon immer war und mir nichts sehnlicher wünsche, als mit einer Frau zusammen zu sein.
Als ich 15 war, hatte ich eine gute Freundin, die damals schon lesbisch war und irgendwie hat mich das fasziniert. Sie war die erste Frau, die mich geküsst hat. Ich war damals eigentlich in einer Beziehung mit einem Mann, aber wollte sie immer und immer wieder küssen. Das war viel schöner, als alles was ich bisher mit Männern erlebt hatte. Weiter als küssen wollte ich aber nicht gehen. Das konnte ich mir damals nicht vorstellen.
Als ich mit meinem jetzigen Mann zusammen gekommen bin, habe ich ihm diese Geschichte erzählt und auch, dass ich das gern nochmal mit einer Frau erleben möchte. Er war da völlig offen und meinte, dass wir uns auch gern eine Frau für ein Erlebnis zu dritt suchen könnten. Die Idee verlief dann aber im Sande, da es für uns zu der Zeit wichtigere Dinge gab.
Als ich 24 war, habe ich den Arbeitsplatz gewechselt und dort eine Kollegin bekommen, die genauso alt war wie ich. Mit ihr verstand ich mich auf Anhieb super und wir unternahmen auch viel in der Freizeit zusammen. Auf einmal hatte ich Träume von ihr, in denen wir uns küssten. Da sie sehr offen für alles war, setzten wir irgendwann den Traum in die Tat um. Eigentlich sollte es nur aus Spaß werden, damit ich wieder ruhig schlafen kann. Aber der erste Kuss veränderte alles. Mir hat er förmlich den Boden unter den Füßen weg gezogen. Heute weiß ich, dass ich total in sie verliebt war. Wir trafen uns in den folgenden Wochen fast täglich, um uns zu küssen und miteinander zu kuscheln. Alles heimlich, da ich nicht wusste wie mein Mann reagieren würde. Zumal wir 2 Wochen vorher erst geheiratet hatten. Dann gab es einen Streit mit ihr, Funkstille und dann ein paar Wochen später ein Comeback. An diesem Abend küssten wir uns in meinem Auto und konnten unsere Hände nicht bei uns lassen. Hätte ich zu dieser Zeit nicht diverse Frauenprobleme gehabt, wäre es definitiv noch weiter gegangen und wir hätten "richtig" miteinander geschlafen. Ihr wurde das Ganze allerdings zu viel, da sie ja eh immer das 5. Rad am Wagen gewesen wäre (ihrer Meinung nach). Also beendete sie Affäre, Freundschaft und zog weg. Für mich der absolute Genickbruch, der mich ein paar Monate später zur Selbsteinweisung in eine psychiatrische Klinik brachte.
Dort war ich 8 Wochen lang, um mich wieder zu stabilisieren und wieder meinen Alltag meistern zu können. Ich habe auch dort erst heraus gefunden, was in meiner Kindheit alles schief gelaufen ist und warum ich so ein großes Bedürfnis nach körperlicher Nähe habe. Mein Interesse für Frauen kam zum ersten Mal an die Oberfläche, wurde aber vorerst nicht großartig besprochen. Nach meinem Aufenthalt in der Klinik habe ich eine ambulante, tiefenpsychologische Therapie begonnen, die ich Dank glücklicher Umstände bis heute durchgehend wahrnehmen konnte. Mein Mann hat mich auch in dieser Zeit immer unterstützt und auch für die Affäre hatte er Verständnis. Ich glaube er wusste damals schon mehr über mich, als ich selbst. Er war ja der erste Mann, mit dem ich richtigen Sex hatte. Vorher hatte ich aufgrund meiner Erlebnisse immer Angst. Aber mit ihm war es angenehm. Es musste allerdings immer nach dem selben Schema ablaufen, damit ich nicht verunsichert werde.
Mit 26 bin ich dann schwanger geworden. Die Pille hatte ich schon länger abgesetzt, weil wir dachten, dass uns ein Kind zu unserem Glück fehlt. Durch die harte Arbeit in der Therapie war das völlig in Vergessenheit geraten und die Schwangerschaft kam ann doch etwas unerwartet. Aber ich habe mich dafür entschieden und unser Kind hat mir bis heute sehr geholfen, den Sinn im Leben nicht zu verlieren. Die Geburt und die Monate danach waren sehr traumatisch für uns. Mein Mann hat dann beschlossen, dass er keine körperliche Nähe mehr zu mir möchte, also keinen Sex, kein kuscheln und auch keine Küsse. Ich konnte es zwar nicht verstehen, habe es aber hin genommen. Ich dachte, das gibt sich schon wieder. Wir haben dann auch angefangen in getrennten Betten zu schlafen, weil sein schnarchen immer schlimmer wurde. Das war vor 6 Jahren und an all dem hat sich bis heute nichts verändert.
Vor 4 Jahren hatten wir eine Paartherapie gemacht. Seitdem leben wir zumindest wieder harmonisch miteinander und er schafft es auch, mich Mal in den Arm zu nehmen oder mir einen Kuss auf die Stirn zu geben. Im Rahmen meiner Therapie habe ich mich enorm weiter entwickelt, habe jetzt ein gesundes Selbstbewusstsein und nehme meinen Körper ganz anders wahr. Heißt auch - ich habe so viel Lust auf Sex, wie mein ganzes Leben nicht. Entsprechend kleide ich mich auch viel weiblicher und körperbetonter und bekomme entsprechendes Feedback. Nur von meinem Mann nicht. Er hat vor 6 Jahren auch jegliches Interesse an Sex eingestellt, auch mit sich selbst.
Als ich letztes Jahr im Rahmen meines Studiums ein Semester am anderen Ende von Deutschland gemacht habe, war ich das erste Mal in meinem Leben allein. Und es hat sich gut angefühlt. Also habe ich mich in Dating Apps angemeldet und meiner Lust freien Lauf gelassen. Ich hatte in der Zeit 4 ONS und habe mich endlich wieder als Mensch bzw. als Frau gefühlt. Meinem Mann habe ich davon erzählt und er meinte, dass das OK für ihn ist und wir gern die Beziehung öffnen können.
Irgendwas hat mir aber trotzdem gefehlt. Also habe ich angefangen Frauen zu daten. Nach ein paar "Fehlgriffen" habe ich im Oktober dann eine Frau kennen gelernt, die alles verändert hat. Wir hatten schon vor unserem ersten Treffen eine sehr gute Verbindung, nahezu täglich geschrieben und trotz verschiedener Lebensstile viele Gemeinsamkeiten. Mitte November haben wir uns das erste Mal getroffen und die Chemie hat auch in der realen Welt gestimmt. Irgendetwas lag in der Luft, was ich damals nicht einordnen konnte. Wir waren uns einig, dass wir uns schnell wieder sehen müssen und dann auch in einem ungestörten Umfeld. Also kam sie Ende November zu mir und um es kurz zu fassen: der erste Sex mit einer Frau war für mich der beste, den ich je erlebt habe! Auch danach waren wir uns einig, dass wir uns wieder sehen wollen. Leider kamen dann viele Krankheiten oder nicht verschiebbare Termine dazwischen. Außerdem ist es bei zwei Frauen ja eh etwas schwieriger, da man ja gleich 2 Zyklen beachten muss. Je länger ich sie nicht sehen konnte, desto mehr habe ich mich in die Sache hinein gesteigert. Sie hatte mir erzählt, dass sie schon viel Erfahrung mit Frauen hat, aber immer trotzdem mit Männern zusammen war, weil sie Kinder wollte. In ihrer jetzigen Beziehung ist sie aber trotzdem nicht glücklich. Aus meiner Sicht hält sie das Ganze auch nur wegen dem gemeinsamen Kind aufrecht. In meinem Kopf war also klar, diese Frau fühlt sich bei dir wohl und du willst sie am liebsten jeden Tag an deiner Seite haben - also lass uns zusammen sein. Ein Gespräch in diese Richtung gab es nie, nur Andeutungen. Jetzt ist es Ende Februar und wir haben uns bis heute nicht wieder gesehen. Auch die Nachrichten sind sehr wenig geworden bzw. würde es gar keinen Kontakt mehr geben, wenn ich nicht immer Mal schreiben würde. Ich habe langsam das Gefühl, dass sie mir aus dem Weg geht, einfach um mir keine Hoffnung zu machen. Den Schritt, den ich jetzt gehen möchte, ist sie (noch) nicht bereut. Vielleicht will sie mir auch helfen mich weiter zu entwickeln und nicht von einer Person mein ganzes Leben abhängig machen. Fakt ist aber, dass ich mich verliebt habe und es gerade sehr schmerzt, dass diese nicht erwidert wird. Ihr Leben ist völlig chaotisch und es ist mir klar, dass sie da mit mir nicht noch mehr Chaos herein bringen kann. Deswegen werden wir nie zusammen sein.
Ich habe mich versucht etwas abzulenken und mit anderen Frauen geschrieben. Aber es ist halt keine wie sie. Aber allgemein finde ich es schwierig als Frau eine tolle Frau kennen zu lernen. Außerhalb des Internets sehe ich die Chancen gleich null. Ich habe auch immer Angst einen Korb zu bekommen. Und die Frauen, auf die ich stehe, sind eh meistens Hetero. Deswegen fühle ich mich zur Zeit so hilflos. Jetzt weiß ich endlich, dass ich lesbisch bin und versuche mein Leben komplett umzukrempeln, mit Trennung, Umzug usw. und dann kann ich trotzdem nicht glücklich sein, weil das passende Gegenstück fehlt.
Vielleicht habt ihr ja ein paar Tipps für mich. Ich würde mich jedenfalls sehr darüber freuen!
Re: Komplizierte Welt der Frauen
27. Februar 2023 19:30
Liebe Butterfly_09,

in dem was Du mit uns teilst, hast Du viel erlebt. Es ist viel Zeit vergangen, bis Du nun definitiv weißt was Du möchtest.
Es braucht alles seine Zeit.
Vielleicht braucht es auch seine Zeit, bis Du innerlich frei bist.
Auch wenn Du nicht gerade im Moment vor Dir Dein passendes Gegenüber siehst, so kannst Du ganz bestimmt Frauen kennenlernen… und dabei die Richtige finden. Es gibt auch im Offline-Leben Veranstaltungen und Orte, an denen sich Frauen treffen, tanzen, wandern, reden, sich kennenlernen. Möglicherweise findest Du die Orte und die Veranstaltungen aber online :-)

Liebe Grüße
Stephanie



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 27.02.23 19:52.
Re: Komplizierte Welt der Frauen
28. Februar 2023 08:25
Hallo liebe Stephanie,

vielen Dank für deine aufbauende Worte! Ja ich denke auch, dass es besser ist im realen Leben jemanden kennen zu lernen. Da muss ich nur noch lernen Frauen anzusprechen. Im Alltag fällt mir das nicht schwer, aber wenn ich jemanden attraktiv finde, weiß ich einfach nicht, wie ich das Gespräch beginnen soll. In meinem bisherigen Leben kamen auch alle Partner oder Liebschaften auf mich zu. Deswegen konnte ich das nie lernen oder üben. Und natürlich ist nach der letzten Geschichte auch immer die Angst da, dass ich wieder verlassen werde. Vermutlich muss ich erst einmal lernen, allein klar zu kommen, damit ich eine Trennung nicht mehr so sehr als Verlust sehe.

Liebe Grüße!
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