Hallo lieber Toni,
danke dass Du Deine Geschichte mit uns teilst und ich kenne Deine Situation nur zu gut, dass ist fast so ein Thema meines Lebens ... ;-)
Zunächst einmal glaube ich - und ich sage das nicht als "Wunschdenken", dass Dein Freund zumindest bi (wenn es das gibt) oder schwul ist. Wäre er rein hetero, gäbe es wohl gar keinen Grund, "nur Sex" mit einem anderen Mann zu haben bzw. ihn zumindest zu begehren. Ich denke, er hat sich in seine Hetero-Beziehung reingesteigert, weil sie mehr zu seinem Lebensentwurf passt und ein Leben als schwuler Mann wohl nicht für ihn in Frage kommt - dennoch sehnt er sich ggf. danach. Der Drang, ein "normales" Leben zu führen, kann sehr groß sein, dass habe ich bei guten Freunden schon oft erlebt. Ein Freund von mir war mit einer Frau verheiratet, traf sich auch fast nur im Kreise ihrer Freundinnen und fand das alles ganz o.k. und gut. Und hätte sie sich nicht irgendwann mal von ihm (!) getrennt, wäre das vielleicht so weiter gegangen.
Für mich war das nie ein Modell, aber es mag Menschen geben, die damit gut leben können - zumindest sehr lange. Wie weit ihnen das selbst bewusst ist, dass sie ihr wahres Ich verdrängen, weiß ich nicht.
Aber normalerweise haben eigentlich Heteros keinen schwulen Sex, sicher können sie aber gute Freundschaften haben. Aber es kommt mir sehr seltsam vor, dass Dein Freund "nur Sex" haben will.
Aber wenn er in seiner Hetero-Welt ist, wird er wohl auch nur schwer da rauskommen, wenn ihm dieses Leben vom Kopfe her so wichtig ist. Das mag sehr viel Zeit kosten, bis er sich da anders orientiert. Und vielleicht bist Du irgendwann auch "der Böse", wenn Du zu sehr an seiner Traumwelt rüttelst? Die Gefahr besteht, denn Du erinnerst ihn ja immer an seinen "heimlichen bösen Triebe", denen er daheim bei seiner Frau "entfliehen" kann.
Alles nur Gedanken, das muss alles nicht so sein.
Was solltest Du nun machen? Ich bin eigentlich in meinem Leben so ein "Künstler", der Menschen, in die er verliebt war oder ist zu "besten Freunde" macht. Das sind z.T. auch Heteros. Ich muss auch sagen, ich habe dadurch sehr sehr gute Freundschaften gewonnen und irgendwann ist das auch zu 70 - 80 Prozent gut bis super. Aber es ist auch eine große Leidensbereitschaft dabei, dann nämlich, wenn man den anderen auch begehrt und das völlig ausblenden muss. Oder wenn der andere sich verliebt bzw. eine Freundin oder eine Familie hat. Man ist nie das Gleiche für den anderen wie er es für einen selbst ist. Es kommt auch darauf an, wie sehr es der andere heraushängen läßt. Ein guter Hetero-Freund von mir zeigt oft sehr deutlich vor meinen Augen, wie verliebt er in seine Frau ist (mit der ich auch super befreundet bin). Das tut oft sehr weh. Es geschieht sicher auch nie als böser Absicht, aber mein Leiden ist dann schon oft groß.
Ein anderer guter Hetero-Freund dagegen stellt es nie sehr heraus, dass er ja Familie hat und vor meinen Augen passiert da nichts.
Ähnlich ist es auch bei einigen guten Freunden, die schwul sind, das Prinzip ist das gleiche.
Wie gesagt: bei mir überwiegt bei meinen besten Freunden das Positive, aber es ist schon oft ein Nachjustieren, ich muss oft emotional sehr kämpfen. Ich weiß, ich habe bei de anderen in Sache Partnerschaft keine Chance und ich will das auch nicht erzwingen, aber es ist oft mühsam und schmerzvoll, zum Glück aber bringen mir diese Freundschaften auch sehr viel mehr Gutes und Angenehmes, Sicherheit und ein Stück weit Glück.
Ich finde, es lohnt sich für mich.
Dennoch suche ich natürlich auch nach dem Partner für mich, einen Partner, wo ich halt nach einem tollen Tag nicht heim geschickt werde.
Ich versuche auch nicht, meine Freundschaften zu ersetzen, aber ich möchte sie gerne noch ergänzen.
Ich weiß aber auch, dass andere Schwule, die ich kennen, mit meinem Modell nicht klar kommen, bei ihnen funktioniert das nicht und das Negative überragt deutich das Positive, wenn sie die Freundschaften pflegen. Ich kann es für mich nicht nachvollziehen, aber muss akzeptieren, dass es eben Anderen anders ergeht. Diese Freunde leiden seit Jahren und können eine Verliebtheit nicht in eine Freundschaft umwandeln.
Du musst da ein Stück weit sehr in Dich hinein horchen, ob Du Deine Liebe zu einer superguten Freundschaft umwandeln kannst oder nicht. Und Du solltest es nicht nur tun, weil er sich vielleicht in zehn Jahren mal umentscheidet.
Vielleicht solltest Du auch tatsächlich noch einmal das Gespräch mit ihm suchen? Wenn er Dich schon - böse gesagt - als "Sexobjekt" "mißbraucht", kann er dazu auch was sagen: was will er? Warum macht er das? Und ist Eure Freundschaft dann "sexfrei" oder nicht? Wie geht das dann neben seiner Freundin/Frau? Und wenn sexfrei, wie kann er Dir dann helfen, dass Du Dich nicht blöd fühlst und darunter leidest? Was bist Du für ihn? Eine "Versuchung", der er dann letzten Endes doch entsagen will? Oder arbeitet da was in ihm? Oder sieht er Dich als engen und guten bis besten Freund? Was für Aussichten hat diese Freundschaft?
Wenn Du ihm wichtig bist, sollte er dazu auch in einem guten Gespräch was zu sagen haben.
Ich weiß nicht, ob ich Dir mit allen diesen Gedanken was helfen konnte? Nimm Dir nur soviel heraus, wie Du benötigen kannst, was nicht passt, vergiss gleich wieder.
Du kannst mir auch gerne privat schreiben, falls Du magst.
Nun wünsche ich Dir ganz viel Erfolg und auch alles Glück der Welt, auf dass Du den richtigen Weg (auch mit Deinem Freund) findest.
Liebe Grüße
Mickey2