Hallo,
ich habe dieses Forum beim Stöbern im Internet gefunden, traurigerweise mit den Stichpunkten Schwul + unglücklich. Mir gefällt das Forum sehr gut und ich habe auch schon gute Anregungen gefunden.
Zu meiner Geschichte:
Ich bin jetzt 40 Jahre alt, schwul und hatte noch nie einen Freund.
Ich bin sehr behütet in einem großen Dorf aufgewachsen und hatte immer viele Freunde. Ich hatte eine schöne Kindheit.
Zum ersten mal depressiv wurde ich in meiner Pubertät, so mit 13 Jahren. Dass muss man jetzt nicht überbewirten, da Jugendliche häufiger mal so eine Phase haben. Ich erwähne es trotzdem schon einmal, weil es für später noch wichtig sein kann.
Als meine Freunde dann anfingen, sich für Mädchen zu interessieren, da habe ich mir noch nichts bei gedacht. ‚Ich bin halt ein Spätzünder‘ dachte ich mir, dass wurde mir auch so von außen gesagt. Ich hatte damit auch kein Problem, denn Freunde hatte ich immer noch und in der Clique habe ich mich wohlgefühlt.
Ich hatte in den Grundschule zwar mal so was wie eine Freundin, aber das war natürlich nur Freundinnen, mit den man ‚gespielt‘ hat. (und jetzt bitte spielen nicht falsch verstehen, man hat sich früher halt zum Spielen verabredet.)
In der Pubertät ab 13 habe ich aber an fast nur noch mit anderen Jungs verabredet.
Ich fand starke Männer schon immer irgendwie fasziniert. Als ich das später analysiert habe, steckte das schon ewig in mir drin. Es hat mich fasziniert, wenn ein Mann stärker war als ein anderer.
Dann ging es so langsam los, dass mich Muskelmänner erregt haben. Ich hab das sehr lange nicht ernst genommen. Es war halt so. Die klassischen Herkules- und Sandalenfilme der 60 Jahre waren wie ein Porno für mich. Internet gab es noch nicht, also waren diese Sandalenfilme oder Bodybuilder-Zeitschriften meine einzige Quelle. Die Zeitschriften zu kaufen war ein Riesenakt für mich. Ich weiß heute gar nicht warum, aber ich hatte panische Angst, dass mich beim Kaufen der Zeitschriften jemand sehen könnte und das dann rumerzählt. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt (13, 14 15, Jahre) noch nicht, das sich schwul bin, aber mir war das trotzdem peinlich.
Ich sollte noch erwähnen, dass ich immer, und auch heute noch, sehr schüchtern war. Ich war immer akzeptiert und hatte Freunde, aber schüchtern. Ich habe mich z.B. alsKind und Jugendlicher nie geprügelt.
Mit 16/17 wurde ich dann depressiv und ich musste eine Klasse wiederholen. Mit 13 Jahren war ich auch schon einmal sehr down. Nur für eine kurze Phase, aber es war ein ähnliches Gefühl wie mit 16/17. Der Auslöser war kurioser Weise eine Zeichentrickserie, ich glaub ich hatte so etwas wie eine Identitätskrise. Ich wollte jemand sein aus dieser Serie. Das alles zu beschreiben würde jetzt den Rahmen sprengen, ich war kurz Therapie bei meinem Hausarzt.
Das alles hat mein späteres Leben dennoch sehr geprägt. Ich wollte schon immer gerne etwas mit Tieren machen, in der Serie gings auch um Tiere, also war mein Plan nach dem Abitur Zoologie zu studieren.
Nach dem Sitzenbleiben ging es mir dann bis zum Abitur und beim Zivildienst sehr gut. Ich habe dort Freunde fürs Leben getroffen, heisst, mit dreien habe ich immer noch regelmäßig Kontakt. Erzählt von meinen Neigungen habe ich denen aber nichts. Ich hab meine Freunde fasst täglich neben dem Zivildienst getroffen. Manchmal heute frage ich mich ob 10 Monate Bund nicht besser für mich gewesen wären, aber das nur am Rande erwähnt.
Vielleicht ging es mir auch nur gut, weil ich Freunde um mich hatte.
Ich bekam ein Studienplatz für Biologie in Frankfurt zugewiesen von der ZVS (Zentrale Vergabe von Studienplätzen). Ich war nicht begeistert, da mir Frankfurt nicht gefiel, bin trotzdem nach Frankfurt gezogen. Mir ging es dort nicht gut und ich habe schnell die Reißleine gezogen und schon nach einem Semester abgebrochen. Ich hatte schreckliches Heimweh nach meiner Heimat, Freunden und Familie. Auch das Studium gefiel mir nicht so gut.
Dann bin ich wieder bei meinen Eltern eingezogen und habe mich für ein Semester auf Lehramt eingeschrieben in einer Stadt nahebei. Mir gings richtig gut. Ich konnte jeden Tag zur Uni mit Auto fahren, nebenbei jobben und habe sehr oft meine Freunde getroffen.
Ich wollte aber kein Lehrer werden, dass war ja nicht mein Traum. Mein Traum war wilde Tiere zu erforschen. Und habe mich dann gleich wieder zum Wintersemester in einer größeren Stadt eingeschrieben. Ich habe das geschickt angestellt, und habe Biologie im Nebenfach gewählt. Als Hauptfach Asiatische Sprachen, dass hatte ein Grund, der aber jetzt nicht so wichtig ist.
Ich bin diesmal in eine WG gezogen und das hat besser geklappt. Die Uni war dicht genug an meiner Heimat, so dass ich ohne Probleme am Wochenende nach Hause fahren konnte. Nach meinen Grundstudium bin ich sogar 2 Semester im Ausland studiert, was mir gut getan hat, es war ein Abenteuer. Aber in der gesamten Zeit hatte ich nie einen sexuellen Kontakt zu Männern. An Frauen war ich ohnehin nicht interessiert.
Da mein Muskelfetisch sehr ausgeprägt ist, hatte ich sowieso Probleme, ein geeigneter Kandidat zu finden. Und selbst wenn, wäre ich viel zu feige gewesen, etwas zu unternehmen.
Bei meinen Freunden habe ich mich erst nach meinem Auslandsjahr geoutet und das hat ganz viel Überwindung gekostet. Bei meinen Eltern und Geschwistern erst Jahre später mit 30. Alle haben das sehr gut aufgefasst und unser Verhältnis nicht verändert.
Ich habe mein Studium dann auch abgeschlossen. Ich muss sagen, richtig gefallen hat es mir nie, aber ich wusste einfach nicht was ich sonst tun sollte. Das ist auch ein ganz großes Problem das ich heute habe. Ich weiß nicht, wo ich hingehöre, wo mein Platz ist und was ich mit meinem Leben anfangen soll. Am Ende meines Studiums habe ich mich zum ersten Mal mit anderen Schwulen getroffen. Es war zwar ganz okay, aber wohlgefühlt habe ich mich da auch nicht richtig. Wegen meines Fetischs war keiner der Männer für mich interessant, und für meine Interessen und Unternehmungen hattee ich ja meine Freunde. Was ich suchte war ein…was ich genau gesucht habe, weiß ich nicht. Ein Partner, ein Seelenverwandten.
Ich hab es auch über Gayromeo versucht, hat aber auch nicht funktioniert. Schwule Bodybuilder suchen meistens ihresgleichen und ich war damals zwar athletisch und habe viel Sport gemacht, aber kein Muskelpaket. Und selbst wenn ich ein attraktiven Bodybuilder gefunden hätte, es hätte mich eventuell sexuell befriedigt, aber was wäre mit dem Zwischenmenschlichen gewesen?
Und wenn ich mich mal mit einem ‚Normalsterblichen‘ über Gayromeo verabredet habe, wollte er gleich etwas von mir. Sehr schmeichelhaft
, aber das wollte ich eigentlich nicht. Ich wollte nur Freunde kennenlernen. Ich habe das dann eingestellt, weil ich immer gehofft habe, ich finde schon irgendwann jemanden. Beim Sport oder Arbeit, aber Pustekuchen.
Ich habe im Studium schon realisieren müssen, dass ich mein Ursprüngliches Ziel nicht mehr erreichen werde oder wollte, so dass ich nach meinem Studium große Probleme hatte, in Arbeit zu kommen. Ich hatte mich sogar noch bei der Polizei bei der Kripo beworben. Ich habe sogar alle Aufnahmetests bestanden und wurde angenommen. Ich hatte mich in mehreren Bundesländern beworben, in einem hat es geklappt. Ich hatte dann aber große Angst alleine in eine fremde Stadt zu ziehen. Dachte an Frankfurt. Ich habe auch heute noch, sehr große Angst alleine zu sein. Ich hatte dann auch plötzlich die Befürchtung, mein Leben wird ein Versteckspiel, wenn ich mich nicht trauen sollte, mich bei Kollegen zu outen. Ich hatte auch Angst, dass ich ewig in dem Bundesland bleiben müsse, wenn ich nach der Ausbildung keinen Tauschpartner für ein anderes Bundesland finde.
Ich habe mich dann dagegen entschieden. Ich frage mich dann und wann heute, ob das ein großer Fehler war.
Ich bin dann schließlich in der IT Branche gelandet und hatte Glück in meiner Heimat bleiben zu können. Der Beruf sollte nur ein Einstieg sein. Es war damals wichtig für mich, in Arbeit zu kommen.
Heute stecke ich immer noch in den gleichen langweiligen IT Job fest. Ich wollte immer etwas Besonderes machen, etwas Außergewöhnliches. Ich habe oft drüber nachgedacht mich weg zu bewerben, dass geht aber nicht, wenn man nicht weiß, worauf man sich bewerben soll.
In meinem Umfeld hat sich über die Jahre viel getan. Meine Freunde haben jetzt alles- bis auf einen - eine Familie gegründet und leben ihr Leben. Auch wenn wir weiterhin Kontakt haben, füllt mich das nicht aus. Ich wohne jetzt bei meinen Eltern, ausziehen traue ich mich nicht vor der Angst jeden Abend alleine nach Hause zu kommen. Ich hatte die ganzen Jahre immer noch einen guten Freund. (Alle meine Freunde waren immer hetero), mit dem ich viel unternommen habe, aber das wird jetzt leider immer weiniger, so dass ich mich zum ersten mal in meinem Leben das Gefühl habe, keine, bzw. nicht genug Freunde zu haben.
Alle paar Jahre, wie auch jetzt gerade fühle ich mich depressiv, dann geht’s wieder und ich lebe mein Leben weiter. In diesen Phasen nehme ich mir jedes Mal vor, etwas zu ändern. Wenns mir dann aber besser geht, sind die vielen gute Vorsätze vergessen. Diesmal nicht. Diesmal will ich was ändern!
Auslöser für diese temporären Depressionen sind fast immer Filme, bei denen es um Freundschaft, Abenteuer, Zusammenhalt und so weiter geht.
Ich weiß, dass mein Fetisch gar nicht so selten ist. Ich habe sehr viel im Internet nach Ursachen gesucht. Gefunden habe ich keine. Es trat so richtig in die Phase das Erwachsen wird auf. Vielleicht suche ich nur jemanden der mich beschützt. Ich weiß es nicht.
Ich habe das Gefühl, mein Leben verschwendet zu haben. Auch wenn ich mir immer wieder sage, dass 40 noch kein Alter ist und ich noch sehr viel tun kann.
Was ich jetzt vorhabe. Ich habe mir ein Coach gesucht, der mir hilft, beruflich auf die Sprünge zu kommen. Der Coach ist auch Psychologe und hat mir schon mal vor Jahren geholfen.
Ich werde mich mit anderen Schwulen treffen. Mal wieder in die Disco gehen, einfach was versuchen. Einfach nur, um neue Leute kennen zu lernen.
Ich habe auch schon über eine Therapie nachgedacht. Aber so richtig halte ich davon nichts ich habe auch ein wenig die Befürchtung, dass dies meine Situation verschlimmern könnte und versuche selber aus dieser Scheisse zu kommen. (Sorry für den Ausdruck)
Zusammengefasst. Ich bin 40 fühle mich einsam. Suche nach einem Seelenverwandten, suche nach einem Sinn im Leben, und ich würde gerne die Zeit zurückdrehen.
Entschuldige für diesen langen Post. Ich wollte mich eigentlich kurz zu fassen. Ist vielleicht nicht alles wichtig. Beim Schreiben erschein mir das aber eben wichtig.
Für Anregungen und Kommentare wäre ich euch sehr dankbar,