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Meine Story

geschrieben von mutiger 
Meine Story
17. Januar 2014 18:35
Vielen Dank an Volker, der mich ermutigt hat, einen eigenen Thread zu eröffnen! Deine Worte waren bisher eine große Hilfe und co30 ist schon seit längerem ein Trost für mich, da ich hier erlebe, dass ich nicht alleine bin in meiner Situation. Nun aber doch vielleicht noch ein wenig zu meiner Geschichte.

Ich bin 48, mit einer Frau verheiratet und ich habe eine 13jährige Tochter. Bis vor ca. drei Jahren war soweit alles klar für mich in meinem Leben. Ich war nicht besonders glücklich, aber das große Elend war es auch nicht. Was in der Partnerschaft mit meiner Frau lief, erschien mir "normal" - eingeschlafene Sexualität, wenig Leidenschaft - so wie es meine Eltern und viele andere auch gelebt haben und leben. Auch außerhalb der Ehe lief gar nichts. Was mich leider nie besonders beschäftigt hat, war die Frage, warum Sexualität und Nähe mit Frauen nie richtig geklappt haben bei mir. Der Weg zu Männern, den ich jetzt gehen will, schien einfach keine Option.

Dann begannen wieder meine chronischen psychischen Beschwerden und ich habe eine Psychoanalyse begonnen. Die hat fünf Jahre gedauert und hat mir unendlich viel gebracht. Nur eines eben nicht - Glück, vor allem in der Partnerschaft. Das habe ich immer von meinem Therapeuten erwartet - er möge mir den Schlüssel auf einem Silbertablett liefern und ich sage brav "Danke".

Das Thema (unterdrückte oder unerkannte) Homosexualität kam in der Therapie ganz klar zum Vorschein. Doch mir fehlten die Mittel, um das in mein Leben zu holen. Da waren große Ängste. Die Ironie an der Situation ist, dass meine Frau (und andere) das schon lange geahnt hat und mich in jeder Hinsicht in diesem Schritt unterstützt hat - ungeachtet der Kränkung, die das für ihre Weiblichkeit bedeuten könnte. Diese Kränkung, die ich meiner Frau ersparen wollte, ist einer der Punkte (neben der Angst vor einem sichtbar "anderen" Leben und der Tatsache, dass ich doch im Innersten immer eine leise Verachtung für Schwule hatte, so wie sie in meiner Herkunftsfamilie üblich war), weshalb ich das Thema Schwulsein dann wieder komplett verworfen habe.

Das war keine gute Entscheidung. Mir ging es zunehmend schlecht und die Ehe ging auch durch immer schlimmere Krisen. Vor allem wohl auch, weil ich für andere sichtbar eine Nähe zur schwulen Welt behalten habe (in dem was ich lesen, sehe, politisch ausdrücke, wie ich mich verhalte etc.). Ich verstehe heute den Schmerz meiner Frau, die den Weg zu einer Trennung und eine mögliche Zukunftsgestaltung für uns beide (und die Tochter) zum greifen nah sah (das ist fast 2 Jahre her) - um diesen Weg dann von mir wieder genommen zu bekommen. Noch eine wenig ruhmreiche Handlung von mir.

Nun scheint der Moment gekommen, an dem es heißt, Farbe zu bekennen. Für mich und andere. Und da kommt dass große "A" wieder. Angst. Was, wenn meine Tochter sich abwendet? Was, wenn ich keinen Partner finde? Was denken Kollegen und Familie? Was, wenn ich mich täusche und es mit einer anderen Frau doch gut klappen würde und ich eher bi bin? Eine endlose Kette von Bedenken, die mit fast schon wieder den Mut nimmt, den Weg weiter zu gehen. Werde ich die Befreiung und das Sich-richtig-fühlen jemals erleben, von dem andere berichten und nach dem ich mich so sehr sehne?

Ich kenne die Antwort: Ausprobieren und Risiken eingehen. Obwohl ich in Köln wohne, fällt gerade das noch sehr schwer. Einige Beratungstermine bei Rubicon waren sehr hilfreich. Ich kann die nur sehr empfehlen! Darüber hinaus komme ich nicht weiter. Ab und zu im Szene-Cafe - aber auch da passiert natürlich nichts, außer dass ich mich dort wohl fühle.

Meine Vermutung ist, dass ein Austausch mit Menschen, die ähnliches erleben oder erlebt haben, sehr viel bringt. Das merkt man im CO30-Forum schon sehr deutlich. Wer Interesse an einem Austausch hat - gerne auch als PM, E-Mail oder persönlich, soll sich einfach melden. Ich glaube fest daran, dass das Alleine-bleiben mit den vielen Fragen und Zweifeln auf Dauer nicht viel bringt. Ich habe mich außerdem schweren Herzens für die nächste Coming Out Gruppe von Rubicon in Köln angemeldet. Die startet wohl im Mai/Juni 2014. Ist jemand von Euch dabei?



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 17.01.14 23:30.
Re: Meine Story
18. Januar 2014 08:12
Hallo Mutiger,

ganz schön "mutig" hier zu schreiben.

Ich müsste fast alles von Deinem Beitrag zitieren ... und dann dazuschreiben, "bei mir auch!".

Jungs waren keine Option ... (hingeguckt habe ich schon ... aber es war ja ihrgendwie nicht erlaubt) ... und das mit den Mädels ... naja ... abgucken, wie man eine bekommt, kann man ... richtig funktioniert hat es nur bei einer einzigen (und wohl auch nur, weil sie sehr sehr wollte ...)

Das mit den "Szenen einer Ehe" ... eingeschlafene Sexualität ... keine Zärtlichkeit ... aber ansonsten einigermaßen funktionierender Haushalt ... das kannte ich von zu Hause auch ... und in Film Funk und Fernsehen sieht man es ja auch, dass da eben nicht mehr viel läuft ...

Irgendwann wurde der Drang nach "Sexualität" mehr, und das aufkommende Internet bot einige Möglichkeiten ... aber Hetero-Pornos (uahhhh wie scheußlich), das war nicht mein Ding ... uuups, da war der Link zu "Gay-Porno" ... ich habe "ganz vorsichtig" draufgeklickt ... und das was ich dort sah, ließ mich nie wieder los (und Heteroseiten habe ich niemals wieder freiwillig angeklickt).

Dann kam die Zeit des Surfens, des Bilder- und Filmchensammelns ... und ich hatte doch Frau und Kinder ... also war ich doch HETERO (oder maximal einen Hauch von BI ...)

Ok, irgendwann kam der Punkt, an dem alles zu spät war, ich hätte einen Kerl auf offener Straße umarmen und küssen können ... mir war alles egal (offensichtlich muss man ganz unten ankommen ... 10 Jahre ohne Sex und Zärtlichkeit sind einfach zuuuu viel ...)

Allerdings wollte ich nicht, dass es meine Frau "hintenrum" erfährt, also sammelte ich eine Woche hier Kraft, um es ihr zu sagen ... das Schicksal und die Regie arrangierten die Umstände so kitschig, dass die Pilcher neidisch wäre ... Sonnenuntergang im Park auf einer Bank ... ähhh ja, egal.

Die Gedanken, die Du hast, was passiert mit Frau und Kindern, die waren mir da schon egal ... notfalls hätte ich einen Rucksack und ein paar Euro genommen, ab in die S-Bahn und weg ... so weit war ich (und aus der Ferne dafür bezahlt, dass zu Hause alles weiterlaufen kann ... ohne mich).

Zum Glück kam alles anders als befürchtet ... von daher weiß ich, dass es den befürchteten WORST-CASE wahrscheinlich nicht gibt, nie gegeben hat, und niemals geben wird (für keinen schwulen Ehemann).

Klar, die Frau erkennt plötlzlich, was war, alle Vorstellungen über weiteres Eheleben landen im Mülleimer, die Kinder brauchen Zeit, es zu verarbeiten (ok, dann gibt es eben 1 Jahr ein etwas unterdurchschnittliches Zeugnis ... dafür holen die das in den nächsten Jahren locker auf ... und das stimmt!!!!)

Kurz gesagt, das Coming-Out ist eine der besten Investitionen in meinem Leben. Wenn ich das nicht gemacht hätte, wäre ich so nach und nach verschimmelt ... zu Hause gesessen ... vielleicht irgendein introvertiertes Hobby ... aber das entspricht nicht wirklich meiner Persönlichkeit ...


Das mit dem "Rausgehen", und sich im schwulen Umfeld (Kneipe, Club) wohlfühlen, das kenne ich. Auch wenn man bloß da sitzt, was isst oder trinkt, die Atmosphäre ist irgendwie anders, das Personal ist anders, das Publikum ist anders ... aber wohltuend anders.

Das mit den "neuen Kontakten" ist so eine Sache (über alte Kontakte verfügte ich sowieso kaum ... und um die, die verloren gehen, ist es nicht wirklich schade ...)

Ich habe es gewagt, einfach ALLEINE auszugehen ... mit meiner Frau sind wir niemals weggegangen in 20 Jahren.

Damals, direkt nach dem CO, bin ich ausgegangen, Clubbing, Tanzen, schwule Kneipe, Party ... DO, FR, SA ... ich habe das Nachtleben für mich entdeckt ... tatsächlich habe ich mittlerweile jede menge flüchtige "Grüß"- und "Bussi"-Bekannte ... :-)

Weiterhin habe ich die schwule Welt über GR (Gay-Romeo) erkundet ... dort kann man unfallfrei "Leute anchatten" oder "anmachen" ... üben, wie man Komplimente verteilt, Komplimente entgegennimmt, Dates "absagt" etc. ich finde das wirklich eine gute virtuelle Möglichkeit, sich auszuprobieren.

Tatsächlich hatte ich mein erstes Date über GR ... WAHNSINN, was man mit einem unbekannten Mann alles erleben kann ... :-o

Jeder hat seine eigenen Prioritäten, es gibt schwule Gruppen, Sportvereine etc. dort bekommt man auf jeden Fall Kontakt ...

(Noch ein Geheimnis, wenn mir nach Sex oder Körperkontakt ist, gehe ich einfach in die Gay-Sauna ... dort schickt mich auch meine Frau hin, wenn ich "rappelig" werde ...)

Meine Kinder haben eine Weile gebraucht, um zu aktzeptieren, dass Papa ein wenig das Klamottenoutfit gewechselt hat, Schmuck trägt etc. Weiterhin haben sie sich daran gewöhnt, dass ich abends noch weg gehe. Ich mache das nicht heimlich, sondern verabschiede mich offiziell (22:00 oder 23:00 oder schon früher), sage, das ich weggehe, sage ggf. gute Nacht oder bespreche noch kurz, was für "morgen" so ansteht ... denn bis ich wiederkommen schlafen alle längst ... ;-)))

Es ist sowas von entspannend, nicht LÜGEN zu müssen ... dass ich morgens um 4:00 aus einer Besprechung im Büro komme, glaubt sowieso kein Mensch.

(Mittlerweile hat meine Frau seit ein paar Jahren einen Freund ... und auch ich durfte 2 Jahre erleben, wie es ist, einen Partner zu haben ... inclusive Trennung :-( .... aber das ist wieder eine Erfahrung, die mir aus Jugendzeiten fehlte ... also habe ich sie nachgeholt ... und wenn ich das richtig beurteile, wird es mir (hoffentlich) noch mal passieren ...)


Von daher stehen die jede Menge Möglichkeiten offen, Dich neu zu entdecken und zu entfalten.

Klar, geht es erstmal noch durch ein Tal, es gibt schwarzen Rauch und schmutzige Wäsche, bis das mit deiner Familie alles wieder auf neuer Basis läuft ... ich denke, das ist es wert, und auch ein Zeichen der Achtung und Wertschätzung.

Ich wünsche Dir viel Glück auf Deinem Weg!

Ganze liebe Grüße
Victor
(P.S. wenn Du mal nach Frankfurt kommst ... melden!)
Re: Meine Story
18. Januar 2014 14:39
Hallo Mutiger,

ich schreib das mal groß, auch wenn Du es klein geschrieben hast. Du hast Dir das verdient! smiling smiley Und steig mal mitten ein:

Quote
mutiger
Die Ironie an der Situation ist, dass meine Frau (und andere) das schon lange geahnt hat und mich in jeder Hinsicht in diesem Schritt unterstützt hat - ungeachtet der Kränkung, die das für ihre Weiblichkeit bedeuten könnte.
Deine Frau ahnt etwas, sie unterstützt Dich. Das ist so eine zentrale Feststellung! Die meisten Verheirateten hier wären dankbar, sowas von ihrer Frau sagen zu können!

Bitte erzähle uns, wie sich diese Ahnung Deiner Frau ausdrückt. Habt ihr davon gesprochen, einmal, mehrmals? Wie hat sie reagiert?

Du schreibst
Quote
mutiger
weil ich für andere sichtbar eine Nähe zur schwulen Welt behalten habe (in dem was ich lesen, sehe, politisch ausdrücke, wie ich mich verhalte etc.).
Das heißt doch, dass Du auch offen damit umgehst. Was hindert Dich, den nächsten Schritt zu machen? Ist es ...
Quote
mutiger
... diese Kränkung, die ich meiner Frau ersparen wollte ...
Willst Du sie ihr ersparen? Ist es Liebe, auch trotz erloschenem Begehrens, die Dich hindert? Oder ist es wirklich der Sprung ins Ungewisse, den Du selbst thematisierst?

Ich denke, das müssen wir hier auch weiter herausarbeiten. Du hast Deine Frau, Deine Tochter und Dich selbst zu einer Existenz des Leidens verurteilt, warum? Du schreibst selbst, dass Deine Frau auf eine Trennung gehofft hatte, weshalb gibst Du sie ihr nicht? Weil Du nicht loslassen kannst? Wenn Du Deine Frau liebst oder wenigstens respektierst, dann lass sie gehen. Und wenn Du das nicht mehr tust, dann lass sie erst recht gehen!

Du schreibst von Ängsten, aber Du beschreibst Furcht: vor Einsamkeit, vor dem Verlust der Tochter, vor der Reaktion Deiner Verwandten, Deiner Umgebung.

Meine Situation war viel schwerer. Vor meinem CO hatte ich keine Ahnung, wie meine Frau reagieren würde. Mich zu überwinden, es dennoch zu tun, war das Härteste, was ich jemals getan habe. Wie meine Töchter reagieren würden, war ebenso eine Unbekannte, wie die Reaktion von Schwester und Freunden. Und doch ist alles gut gegangen. Du bist doch schon viel weiter!

Ich hatte nach meinem CO nie Probleme, hinauszugehen und neu anzufangen, neue Kontakte, neue Erfahrungen zu suchen. Ich habe seitdem vielfältige Erfahrungen in der schwulen Welt gemacht, weil ich sie gesucht habe. Tust Du das denn? Oder sitzt Du im Schwulencafé einsam an einem Tischchen und versteckst Dich hinter einer Zeitung? Ich habe in den Foren nicht nur Partner für ONS gefunden, sondern auch gute Freunde, Leute mit denen ich sehr wohl über Sex rede, aber auch über alles andere. Wenn ich allein in eine Schwulenkneipe gehe, setze ich mich an die Bar, denn da trifft mann Leute. Es sei denn, ich will da nur ein Bier trinken. Ja, ich habe auch ein paarmal ins Klo gegriffen. Das fällt unter Lehrgeld. Es tangiert mich nicht.

Aber Du bist bereits einsam, wenn Du im Schwulencafé sitzt und nichts passiert. Der Verlust der Tochter steht Dir womöglich kurz bevor, wenn Du Deine Familie solchen Spannungen aussetzt. Deine Verwandten, Deine Umgebung haben Deine "sichtbare Nähe zur schwulen Welt" längst wahr genommen und reagieren bereits. Haben sie Dich deshalb etwa zurück gestoßen? Ich glaube nicht.

Also mach Dich auf den Weg!

Schöne Grüße

Volker
Re: Meine Story
19. Januar 2014 14:31
Hallo Volker,

Quote
Folk0207
ich schreib das mal groß, auch wenn Du es klein geschrieben hast. Du hast Dir das verdient!

Vielen Dank für die netten Worte! thumbs up

Quote
Folk0207
Deine Frau ahnt etwas, sie unterstützt Dich. Das ist so eine zentrale Feststellung! Die meisten Verheirateten hier wären dankbar, sowas von ihrer Frau sagen zu können!
Bitte erzähle uns, wie sich diese Ahnung Deiner Frau ausdrückt. Habt ihr davon gesprochen, einmal, mehrmals? Wie hat sie reagiert?

Tja, hier wird's etwas seltsam... Als im Rahmen meiner Psychoanalyse eine unterdrückte Homosexualität zur Sprache kam (also per Deutung des Analytikers, ich wäre nie drauf gekommen - daher schwebt über dem ganzen für mich immer noch etwas leicht 'Fremdes') und ich nach langem Ringen meiner Frau Andeutungen dazu gemacht habe, war sie so erleichtert. "Endlich!" beschreibt ihre Gefühle am besten. Sie hatte früher sogar mit einem bekannten schwulen Paar schon über mich gesprochen und einer von den beiden meinte, dass er auch etwas Schwules an mir wahrnehmen könne. Davon erzählte mir sie mir erst später.

Nach diesem ersten Zursprachekommen des Themas Schwule Anteile hatten wir ein paar wunderbare Tage. Wir haben uns als Freunde richtig gut verstanden und ich konnte endlich mit ihr ohne Hemmungen und Abwehrhaltung reden. Das ist dann leider schnell wieder gekippt, weil ich ein Komplettrückzieher gemacht habe. Ich war völlig überfordert und hatte Angst, in etwas reinzuschlittern, dass ich nicht mehr kontrollieren kann. Betonen möchte ich in dem Zusammenhang, dass ich zu dem Zeitpunkt und auch bis heute keinerlei konkrete sexuelle Erfahrungen mit Männern gemacht habe. Ich bewege mich also in einem "optionalen" Raum und ich muss gar nicht fühlen oder anderen mitteilen, dass ich schwul bin, weil ich es noch nicht so lebe.


Quote
Folk0207
Das heißt doch, dass Du auch offen damit umgehst. Was hindert Dich, den nächsten Schritt zu machen?
Ist es ...
Quote
mutiger
... diese Kränkung, die ich meiner Frau ersparen wollte ...
Willst Du sie ihr ersparen? Ist es Liebe, auch trotz erloschenem Begehrens, die Dich hindert? Oder ist es wirklich der Sprung ins Ungewisse, den Du selbst thematisierst?

Eine sehr kluge Frage, Volker! Eine, deren Beantwortung mir nicht leicht fällt. Es wäre falsch, wenn ich meine Frau vorschiebe als Begründung für das Nicht-weiter-aktiv-werden. Sie hält mich für schwuler, als ich es selber fühle - verkehrte Welt, oder? Nein, es ist die Angst vor einem sozialen "Aus", vor einer nicht mehr zu beherrschende Situation. Ich weiß, dass ich viel gewinnen kann, wenn ich den Weg weiter gehe, aber dennoch ist die Hürde für mich zur Zeit unüberwindbar. Da spielt so viel mit rein. Auch mein Selbstbild. Ich bewundere Euch, wie Ihr das hingekriegt habt, eine neue Identität zu leben. Ich weiß, dass Euch das auch nicht leicht gefallen ist, aber bei mir ist der Rückzug immer wieder das Leichtere. Darunter leide ich sehr. Mir fehlt einfach der Mut (passt nicht zu meinem CO30 Usernamen...). Auf einer gewissen Eben will ich nicht "schwul" sein. Ich bin der krasseste Homophobe wenn es es um mich selber geht - bei anderen sehe ich es mit Neid und Respekt. Da liegt der Hund begraben, glaube ich.

Quote
Folk0207
Du hast Deine Frau, Deine Tochter und Dich selbst zu einer Existenz des Leidens verurteilt, warum? Du schreibst selbst, dass Deine Frau auf eine Trennung gehofft hatte, weshalb gibst Du sie ihr nicht? Weil Du nicht loslassen kannst? Wenn Du Deine Frau liebst oder wenigstens respektierst, dann lass sie gehen. Und wenn Du das nicht mehr tust, dann lass sie erst recht gehen!

Aua, der sass! Du legst den Finger genau in die Wunde. An dem Punkt bin ich tatsächlich kein guter Partner oder Freund meiner Frau. Das Nichtloslassen hat egoistische Motive. Wenn ich einen neuen Partner hätte, würde ich es sicher eher schaffen. Der Weg aus der Kleinfamilie in ein offene und unbestimmt Zukunft, in der ich alleine viel gestalten und riskieren muss, schreckt mich ab. Wir wollen dieses Jahr in zwei Wohnungen umziehen. Leider ging bisher von mir in der Sache kaum Initiative aus.

Quote
Folk0207
Aber Du bist bereits einsam, wenn Du im Schwulencafé sitzt und nichts passiert. Der Verlust der Tochter steht Dir womöglich kurz bevor, wenn Du Deine Familie solchen Spannungen aussetzt. Deine Verwandten, Deine Umgebung haben Deine "sichtbare Nähe zur schwulen Welt" längst wahr genommen und reagieren bereits. Haben sie
Dich deshalb etwa zurück gestoßen? Ich glaube nicht.Also mach Dich auf den Weg!

Dieses letzte Zitat macht mich sprachlos und betroffen. Danke für die schonungslose Ehrlichkeit! Das muss ich erst mal verdauen.
Re: Meine Story
19. Januar 2014 17:34
Hallo Mutiger,

Quote
mutiger
Das muss ich erst mal verdauen.

Ja, das kann ich mir vorstellen! Ich kenne das aus meiner eigenen Geschichte. Aber es wird hoffentlich helfen.

In der Zwischenzeit sind allerdings durch Deinen letzten Post noch ein paar neue Fragen aufgetaucht. Für mich ist es sehr wichtig, herauszufinden, ob und wie sehr Du Dich sexuell zu Männern hingezogen fühlst. Mir reicht es nicht, dass Dein Analytiker eine "latente Homosexualität" feststellt. Und mir reicht es nicht, dass Deine Frau Dich für schwul hält.

Was und wie fühlst Du selber?

Ich fang mal mit meiner Frau an. Als ich ihr letzten Februar eröffnete, dass ich schwul sei, fiel sie aus allen Wolken. Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt seit 18 Jahren keinen Verkehr mehr mit ihr gehabt hatte, war ihr DER Gedanke nie gekommen. Wie ist das mit Deiner Frau? Gibt es da etwas, was hinter verschlossenen Türen in Eurem Schlafzimmer geschehen ist, was sie auf diese Idee gebracht hat? Oder wie ist sie darauf gekommen?

Und Du selber: Wie fühlst Du? Du sprichst von eingeschlafener Sexualität. Zieht Deine Frau Dich noch an? Hat sie Dich jemals wirklich angezogen? Denkst Du an Männer, wenn Du mit ihr zusammen bist? Wenn Du Dich selbst befriedigst, hast Du dann Männer-Fantasien?

Ich persönlich mag Pornos. Allein dadurch hätte ich es seit Jahren erkennen können, denn meine Auswahl an Pornos war immer eindeutig schwul. Wie ist das bei Dir?

Mir ist es enorm wichtig, zu etablieren, was Mutiger selbst ist und zu sein begehrt.
Quote
mutiger
Sie hatte früher sogar mit einem bekannten schwulen Paar schon über mich gesprochen und einer von den beiden meinte, dass er auch etwas Schwules an mir wahrnehmen könne.
Man kann sich das auch einreden lassen. Hier bei uns, in diesem Forum, wird niemandem aufgedrückt, er/sie sei schwul, lesbisch oder was auch immer.

Also: wo siehst Du Dich selber?

Schöne Grüße

Volker
Re: Meine Story
20. Januar 2014 13:03
Victor - vielen Dank für Deinen ausführlichen Beitrag! Ich habe erst auf Volkers Beitrag reagiert, weil er auch schon eine PM geschrieben hat, die mich aufgerüttelt hat.

Ich bewundere, wie Du Deinen Weg gegangen bist und wie du das mit der Familie geregelt hast. Man sieht die Brüche, aber insgesamt strahlst Du sehr viel Freude am neuen Leben aus. Das finde ich super und Du bist sicher ein positives Vorbild für viele hier (und sicher auch in Deinem Umfeld). Dein Engagement bei CO30 kann ich nur würdigen!

Auf mich bezogen wirkt das alles allerdings noch sehr "fern". Mir sagte schon der Berater bei Rubicon neulich, dass ich es auch wirklich fühlen muss. Wenn ich zu schwulen Anteilen stehe, dann kann ich auch diesen Teil in mein Leben holen. Solange ich nicht ganz klar fühlen und sagen kann, dass ich schwul bin und auch offen so leben möchte, wird das nichts. Darum geht auch in Volkers letztem Post (siehe oben).

ONS, Sauna, gayromeo etc. sind alles Dinge, die so fern liegen und ich weiß auch nicht, ob das meine Welt wäre. Ich bin moralisch total blockiert in solchen Dingen. Nicht für andere, aber für mich. Ich weiß im Moment wirklich nicht, wie ich weiter machen soll. Es spricht einfach verdammt viel dafür, dass ich in einem schwulen Leben glücklicher wäre und doch erscheint es mit immer wieder abwegig. Kennst Du (oder kennt Ihr) auch dieses Hin-und-Her in einer frühen Phase Eures schwulen Lebens?

Nochmal vielen Dank für Dein Engagement und allen bei CO30 herzliche Grüße!
Re: Meine Story
21. Januar 2014 11:07
Hallo Mutiger,

Quote
mutiger
Kennst Du (oder kennt Ihr) auch dieses Hin-und-Her in einer frühen Phase Eures schwulen Lebens?

Ja, freilich. Ich hatte so mit 16-17 verschiedene Erlebnisse mit Mitschülern. Aber nie so richtig eindeutig schwul, eher interpretierbar als ein Austesten der eigenen Orientierung. Die habe ich konsequent ignoriert.
In der Tanzschule habe ich dann gemerkt, dass ich ein Kontaktproblem mit Mädchen hatte. Das wurde unter der Rubrik "schüchtern, verklemmt" abgelegt.
Mit Mitte 20 hatte ich immer noch mit keinem Mädchen geschlafen, aber einen Freundeskreis aufgebaut, denen es alles ähnlich ging (gleich und gleich gesellt sich gern). Abends haben wir uns regelmäßig beim Bier getroffen und da auch drüber gesprochen. Aber den Gedanken "schwul" wollte keiner an sich heran lassen.
Da ist es einmal zu einem intensiven Kontakt gekommen. Bei einer Privatparty bin ich einem dieser Freunde sehr nahe gekommen. Wir haben geknutscht, was das Zeug hielt und uns gegenseitig durch die Hose massiert. Dann habe ich ihn nach Hause abgeschleppt und wir sind ins Bett. Das war mein erstes, richtig schwules Erlebnis. Mein Partner war am nächsten Tag ziemlich verstört und wollte nicht mehr. Aber ich schon! Aber dann habe ich es bei Seite geschoben und bin in den alten Trott zurückgefallen. Ich wollte nicht schwul sein!
Während des Studiums hatte ich immer wieder intensive Freundschaften mit Männern, aber total berührungsfrei. Heute würde ich sagen, ich war da verliebt. Ein einziges Mal habe ich mich getraut, es einem dieser Kerle zu sagen. Das war in einer Disko in Gießen. Aber er hat mich angelächelt und mir gesagt, es sei so nicht veranlagt. Er war ganz freundlich und überhaupt nicht abgestoßen. Aber er wollte nicht.

Während meiner Doktorarbeit war ich mit einem anderen Wissenschaftler eng befreundet und bin es immer noch. Hetero, verheiratet, im Verlaufe unserer Freundschaft zweimal Vater geworden.
Ich war abends bei ihm zu Hause (seine Frau hat das immer mit Misstrauen gesehen) und wir haben am Küchentisch gesessen, Bier getrunken, was geraucht winking smiley . Seine Frau war an dem Abend aus, Squash spielen. Und dann hatte ich plötzlich unter dem Tisch seine Hand auf dem Oberschenkel. Sanft, tastend, ein paarmal auf und ab ... ich war wie zu Eis erstarrt! Es war total überraschend und ich war außer Stande, darauf einzugehen. Aber gleichzeitig wunderbar, ich habe gewartet, gehofft, das die Hand höher gehen möge ... dann war es vorbei. Es ist auch nicht mehr passiert und wir haben nie drüber geredet. Aber ich spüre sein Hand, als ob es gestern gewesen wäre ... wenn ich ihn wiedersehe, beim nächsten Besuch, werde ich ihm sagen, wo ich heute stehe.

Und wiederum habe ich den Gedanken an Schwulsein zurück gedrängt. Und das ging so weiter. Irgendwann hatte ich dann auch mal ne Freundin, zwar nur für kurze Zeit, aber mich hat keiner zwingen müssen, mit ihr zu schlafen! Das hat schon Spaß gemacht. Da stehe ich auch dazu. Natürlich haben diese paar wenigen Erlebnisse mit Frauen für mich einen Anker in der Heterowelt bedeutet.

Nach dem Studium bin ich nach England und habe eine Weile in London gelebt, aber der Schwulenszene habe ich mich nicht genähert. Nur einen schottischen Kollegen, den fand ich so toll, dass ich es ihm gesagt habe. Aber der fand das garnicht gut ... der Kontakt ist danach abgerissen. Wir konnten das beide nicht verarbeiten. Und selbst dann habe ich mich an Ideen von Bisexualität geklammert, nur bitte nicht schwul sein. Da war ich dann schon 34. Und zwei Jahre später habe ich meine spätere Frau kennen gelernt. Mit 37 habe ich sie geheiratet. Sie war die zweite Frau überhaupt in meinem Leben. Mit 40 das erste mal Vater geworden, 15 Monate später das zweite Mal. Und dann begann der lange Rückzug ...

Soviel zu Deiner Frage von Hin und Her.

Schöne Grüße

Volker
Re: Meine Story
25. Februar 2014 21:25
Hallo Mutiger!

Ich "schleiche" seit Tagen um dieses Forum herum und Dein Beitrag hat bei mir nun mal den letzten Anstoß gegeben, mich hier anzumelden.
"Unterdrückte Homosexulität" - das zu lesen bringt mich gleichzeitig zum Weinen, wie es mich auch erleichtert. Ich habe es geschafft 25 Jahre mich selbst zu verleugnen und mich bis in eine Ehe geflüchtet, weil ich immer wieder wie Du im Inneren diese Einstellung hatte, das es nicht "in Ordnung", quasi eine "Störung" sei, die man behandeln könne. Der Unterschied zwischen uns ist nur, dass ich eigentlich wusste, was los ist, es aber nie wahrhaben wollte.

Momentan geht es mir so ähnlich, wie Viktor es geschrieben hat, dass ich am liebsten meine Sachen packen und einfach weglaufen möchte. Aber bei mir kommt auch ein wenig die Angst vor meinem Mann als Grund dazu, Kinder haben wir Gott sein Dank keine.

Auch ich habe eine große Angst "eine neue Identität zu leben". Ich kann nicht genau sagen, ob es die Angst vor gesellschaftlicher Ablehnung ist oder die Angst, endlich das wahre Ich zu leben, dass ich 25 Jahre lang unterdrückt habe. Es tut mir so unendlich weh, mir einzugestehen, was ich mir über einen so langen Zeitraum angetan habe und wie viel ich mir dadurch im Leben kaputt gemacht habe. sad smiley

"Rückzug ist immer wieder das Leichtere." Das kann ich sooooo gut verstehen. Manchmal kommt in mir deswegen Abscheu gegen mein feiges Selbst auf, aber das verwerfe ich immer wieder ganz schnell. Eine homophobe Gesellschaft, für die ich nichts kann, hat mich so werden lassen. Ich bewundere jeden, der schon von Jugend an den Mut hat, offen zu seiner Homosexualität zu stehen, aber ich verstehe auch jeden, der Panik davor hat es sich auch nur selbst einzugestehen.

"Ich bin der krasseste Homophobe, wenn es um mich selber geht - bei anderen sehe ich es mit Neid und Respekt."
Das kann ich nur unterschreiben. Es ist, als hättest du meine eigenen Gedanken aufgeschrieben.

An Alle: Danke für Eure Beiträge, danke überhaupt für dieses Forum!
Re: Meine Story
26. Februar 2014 07:53
Hallo Thalia,

willkommen bei uns! Schön, dass Du Dich hast durchringen können!

Quote
Thalia
Ich habe es geschafft 25 Jahre mich selbst zu verleugnen

Ja, da bist Du nicht allein. Bei mir waren es eher 45! Aber das ist egal. Hauptsache, Du hast den Anfang gemacht. Gleich zu Anfang mal eine direkte Frage:

Quote
Thalia
... dass ich am liebsten meine Sachen packen und einfach weglaufen möchte. Aber bei mir kommt auch ein wenig die Angst vor meinem Mann als Grund dazu ...

Musst Du denn Angst vor ihm haben? Um noch direkter zu fragen, solltest Du in ein Frauenhaus gehen? Vielleicht habe ich Deine Bemerkung ja überinterpretiert. Aber sie hat mir Gedanken gemacht.

Quote
Thalia
Auch ich habe eine große Angst "eine neue Identität zu leben".

Natürlich hast Du das. Als ich vor einem guten Jahr bei meiner Frau saß und ihr gestand, dass ich Männer bevorzuge, gähnte vor mir ein Abgrund an Ungewissheit. Wie würde sie reagieren? Würde sie ihre Sachen packen und mich verlassen? Wir sind finanziell nicht besonders gut aufgestellt, wie würde das weiter gehen? Was würden unsere Töchter daraus machen? Würde es ihre Berufsausbildung (Studium) gefährden? Wie würden unsere Freunde, die erweiterte Familie reagieren? Würde es denn andere Männer geben, die sich mit einem 64-jährigen noch einlassen wollen? Würde ich einsam sein? ... Das ließe sich noch lange fortsetzen.

Eine Antwort ist nicht leicht zu geben. Zeit ... es braucht Zeit. Neulich hatte ich im Chat einen Besucher, der war ganz am Anfang. Wir haben ihn ermuntert, zu Maks' Treffen zu gehen. Aber er war total verschüchtert. So viele Schwule auf einem Haufen ... [Hallo M..c, wenn Du das lesen solltest: Trau Dich!] Es muss im Kopf reifen, habe ich gesagt. Das sage ich zu Dir auch. Es geht nicht über Nacht, es geht nicht auf einen Schlag. Wir sind dafür nicht gemacht.

Baue es in kleinen Schritten auf. Hier zu schreiben war nicht der erste, aber ein wichtiger Schritt. Du hast Dein Problem zu "Papier" gebracht. Jetzt kannst Du es lesen und Dich damit konfrontieren. Zusammen mit den Antworten wirst Du darauf aufbauen. Auch Rom wurde nicht an einem Tag erbaut.

Zum Schluss eine kleine Bitte: Damit wir "mutiger's" Thread nicht mit Deinem vermengen, machst Du ein eigenes Thema auf? Du wirst sehen, das hilft Dir auch.

Schöne Grüße

Volker
Re: Meine Story
26. Februar 2014 14:34
Hallo Thalia,
Hallo Mutiger

Quote
Folk
Eine Antwort ist nicht leicht zu geben. Zeit ...

doch, eine Antwort ist relativ leicht zu geben ... aus der Gegenwart, in die Vergangenheit geschaut ... kommt es fast NIEMALS so schlimm, wie man es sich vorgestellt hat. ... Ok, es kommt ANDERS, als es war, und auch ANDERS als man befürchtet hat.

Oft ist der WORST-Case eigentlich der BEST Case.

Ich habe dieses "Spielchen" vor meinem CO gemacht, nach dem Motto:

- ich mache das und dann passiert:
-- a, dies (gut)
-- b, das (schlecht, aber nicht unwahrscheinlich)

... und dann fragt man sich: " Was hat -- b eigentlich wirklich für eine Auswirkung auf mich und mein Leben" ... und meistens kommt man zu dem Schluss ... es kostet vielleicht etwas mehr Geld ... aber ansonsten ... "auc nicht sooo schlecht".

Körperliche Gewalt stand bei mir und uns niemal zur Debatte (also musste weder meine Frau über Frauenhaus, noch ich über Männerhaus nachdenken ...)

Aber Dinge ... die Kinder bei mir oder bei ihr ... ok, bei ihr auch nicht schlecht ... eigene Wohnung ... teuer aber, wenns sein muss ... kein Platz für alte Möbel und Andenken ... ok "weg mit Schaden" ... Eltern, Geschwister, Freunde wenden sich ab ... hmmm ... nicht prickelnd der Gedanke ... aber eigentlich sieht man sie sowieso nicht sooo oft ... von daher .. ."Tendenz zu egal"

Ich habe aufgehört, mich darüber zu definieren, wie andere mich sehen ... ich sehe mich selbst ... ziehe das an, was ich will, benehme mich daneben oder nicht ... was die anderen sagen ist mir egal ... habe meinen Freund (jetzt ex) beim Absetzen am Bahnhof vor "laufender Kamera" geküsst ... JEDES MAL und war es noch so ein "Kaff-Bahnhof" ... ist das mein Problem ??? NEIN, NEIN, NEIN!

Quote
mutiger
Mir sagte schon der Berater bei Rubicon neulich, dass ich es auch wirklich fühlen muss. Wenn ich zu schwulen Anteilen stehe, dann kann ich auch diesen Teil in mein Leben holen. Solange ich nicht ganz klar fühlen und sagen kann, dass ich schwul bin und auch offen so leben möchte, wird das nichts.

nun, das ist vom Berater sehr diplomatisch ausgedrückt und auf DICH gespiegelt ... mir würden da zwei Alternativen weiterhelfen, zwischen denen ich entscheiden könnte ... so wie oben -- a oder -- b ... was ist schlimmer oder besser.

Ich habe niemals einen Mann vorher angefasst, außer, dass mich EINER zur Begrüßung umarmte ... und ich es erst peinlich fand ... und nach ein paarmal einfach nur GENOSS! ... und mich dann verliebte.

Ich hatte garkeine Chance "es erst zu fühlen" und eigentlich braucht man das auch garnicht ...
Mutiger: alles was Du schreibst ist sowas von eindeutig! Raff Dich auf (... lasse jetzt einen Ratschlag weg, der nur zu Turbulenzen führen würde ...) ... sag es den Menschen, die es niemals hintenrum erfahren dürfen ... und dann fang an zu leben!

Quote
mutiger
ONS, Sauna, gayromeo etc. sind alles Dinge, die so fern liegen und ich weiß auch nicht, ob das meine Welt wäre. Ich bin moralisch total blockiert in solchen Dingen. Nicht für andere, aber für mich.

Die Schranken und Scheren sind in DEINEM Kopf, über Jahre durch Erzieung, Pfilm, Pfunk, Pfernsehen ... DEINE Gedanken beschäftigen Dich viel mehr, als sich andere Leute Gedanken über DICH machen.

Bei mir hat sich herausgestellt, wenn ich eine klare Antwort gebe: "Ja, das ist so" ... ist Schweigen im Walde, es wird ein leises "ok" gehustet ... und dann geht man zur Tagesordnung über ... und über sowas habe ich mir Monate und Jahre Gedanken gemacht ...

Von daher ... ich habe ALLES ausprobiert und nachgeholt, was ich in meiner Pubertät verpasst habe ... und die "Regie" hat nichts gemacht, kein Blitz, kein Donner, der Vorhang im Tempel zerriss NICHT ... entweder schaut sie einfach zu ... oder es ist ihr egal ... ich tendiere zu letzterem :-X

Wünsche Euch viel viel Glück und Erfolg auf Eurem Weg zu EUCH selbst.

lg.
Victor
Re: Meine Story
03. März 2014 12:12
Liebe Thalia,

erst einmal Glückwunsch für den Schritt in die Öffentlichkeit - eine wohlwollende und abgeschirmte "Öffentlichkeit"! Das ist ein wichtiger Schritt! Wie Du siehst, bist Du mit Deiner Geschichte nicht alleine. Mir hat das erst einmal sehr viel bedeutet. Lange dachte ich, ich sei ein Einzelfall...

Auch an die beiden großen "V" des Forums - Victor und Volker - vielen Dank für Eure stete Aktivität, die Aufmunterung und das eingehen auf fremde Geschichten.

Thalia, ich habe Dir auch eine Private Nachricht geschrieben. Solltest Du auch einen eigene Thread eröffnen, können wir da sicher noch einiges schreiben. Im Moment kann ich Dir nur sagen, dass ich Dich wohl gut verstehen kann. Auf der einen Seite steht die unterdrückte und nicht gelebte Identität, die unsere Geschichte noch ausmacht. Und auf der anderen Seite steht die Welt, die viele hier beschrieben - eine post-CO Welt, auf die ich mit viel Sehnsucht schaue.

Gib nicht auf. Das Alter oder die vielen Jahre, die Du bereust, sind kein Grund zum Resignieren - auch wenn das der Impuls ist.

Bis bald und liebe Grüße an Thalia und alle anderen hier.
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