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Wenn ich mich nun doch getäuscht hab und nicht "bi" bin?

geschrieben von ameise 
Wenn ich mich nun doch getäuscht hab und nicht "bi" bin?
18. September 2013 20:32
Hallo
Ich möcht mich auch trauen, meine Geschichte kurz zu erzählen, weil ich wirklich ein bisschen Rat brauche von Menschen, die vielleicht ähnliches erlebt haben und schon ein paar Schritte weitergehen konnten als ich bis jetzt.
Ganz kurz zu mir: ich bin Ende 20,2-fache Mama und mit einem Mann zusammen. Eines der ersten Gespräche, das ich mit ihm hatte vor 7/8 Jahren war, dass ich mich gerade das 2. Mal ganz arg in eine Frau verliebt hatte, wobei verliebt kein Ausdruck dafür ist. Es gab nur leider nicht genügend Mut meinerseits ihr ganz deutliche Zeichen zu schicken und ich war zu diesem Zeitpunkt sehr damit beschäftigt, mich mit diesem Gedanken anzufreunden: "Aha, sinds die Männer und die Frauen?". Wie auch immer, es war eines unserer ersten Gespräche, der Umgang damit also sehr offen. Seit7/8 Jahren habe ich den Kontakt zu dieser besagten Frau einfach nicht abbrechen können, mein Herz war noch immer so warm für sie. Nun haben wir uns Anfang 2013 wiedergesehen und wir haben uns endlich allen Mut gefasst und uns offenbart, was wir schon damals empfanden. Welch ein Glück, die Liebe war da, stärker denn je. Ich hatte vorher meinem Mann gesagt, dass ich sie treffen würde und seine Reaktion war ganz wunderbar. Er gönnt es mir, er weiß, wie wichtig mir das ist, er möchte mich da nicht festhalten oder besitzen. Ich war so dankbar und für einige Zeit wie frisch verliebt in ihn. Und nun begann die Liebe zu ihr und ich bemerkte im Laufe der nächsten Monate, dass sich etwas in mir tut, noch so unfassbar, dass ich erst in den letzten Wochen begonnen habe, darüber zu sprechen. "Ich bin angekommen."- das ist der Satz, den ich die ganze Zeit denke und: "Lass mich frei!" - den Satz würde ich ihm gern sagen. Ich merke, dass alles, was sich in unserer Beziehung immer wieder so schwierig für mich anfühlte und was ich eifnach weggedrängt habe, jetzt plötzlich von Licht beleuchtet wird und Sinn macht: mein Fazit des immer wieder kehrenden Streitthemas, wieso ich so "unlustig" bin im Bett, wieso ich so wenig Initiative zeige, wieso ich mich manchmal so vor dem männlichen Geschlecht grusele und mir das alles gar nicht taugt, wieso es so anstrengend ist, zu lieben und auch körperlich sinnlich zu sein...all das liegt jetzt aufgeblättert vor mir und ich glaube, ich komme an dem Punkt an, dass ich sagen kann: Wenn ich mich nun doch getäuscht hab und nicht "bi" bin, sondern die Frauen liebe, nur die Frauen?
Dann stehe ich vor dem Aus für diese Beziehung, dann lasse ich über Kurz oder Lang meinen Mann zurück, dann werde ich meinen 2 kleinen Kindern beibringen müssen, dass es enorme Veränderungen geben könnte mit Auszug usw.
All das macht mir furchtbare Angst und gleichzeitig spüre ich, ich kann nicht zurück. Das erste Mal sind die Dinge so klar vor mir, ich liebe, so wie ich lieben kann: Sie, ich bin so frei, so froh, so leicht in dieser Beziehung zu dieser Frau und spüre immer deutlicher, dass das, was ich für meinen Mann empfinde ein tiefes Vertrauen ist, eine Geborgenheit, Verlässlichkeit, Freundschaft, Unterstützungshaltung. Aber Liebe in dem Sinne?
Wir sprechen viel seit einigen Wochen und gehen durch schlimme Phasen: Hilflosigkeit, Hoffnung, dann Hoffnungslosigkeit, Wut, Verachtung, Leugnen, Schweigen, Schimpfen, Vorwerfen usw.
Ich bin auf der Suche nach einem Weg, einem gehbaren, möglichst schonenden, denn immerhin werden unsere beiden Kinder durch meine "Erkenntnis" Veränderungen in ihrem Leben erfahren und immerhin werde ich meinen Mann (der, um mit mir zu sein, seine erste Familie verließ) auf irgendeine Weise zurücklassen, wenn auch nicht bedeutend: ich lasse ihn allein, er wird mir egal sein. Aber wir werden einen wohl ganz anderen Weg miteinander gehen, als er sich erhoffte (und ich ja auch bis vor einiger Zeit).
Habt ihr ähnliches erlebt? Es sind die Emotionen, die gerade täglich schwanken und sich in Ängste und Freude verwandeln können im Minutentakt und es sind die "Fakten", mit denen umgegangen werden will.
Was tun also?
Re: Wenn ich mich nun doch getäuscht hab und nicht "bi" bin?
19. September 2013 00:27
Hallo Ameise,

ganz großes Kompliment an Dich, dass Du es gewagt hast, hier über Dich zu schreiben.

Eigentlich weißt Du ganz genau, was lost ist ... bloß das "wie" und "was passiert dann" steht noch im Raum.

Ich kenne fast alles was Du erzählst aus eigener Erfahrung.

Auch ich war in einer wunderbaren Heterobeziehung "geparkt", Frau, Kinder, Haus, Hof, alles da, die Musterfamilie schlechthin ... ok, im Bett war trotz meiner "unendlichen Libido" ... schon seit 12 Jahren Flaute ... nach dem 1. Kind hatten wir noch genau 2 Mal Sex ... einmal zum Üben, und noch mal für das 2. Kind ... (danach legte Sie die Verantwortung für meine Befriedigung in meine Hände .... und mir war es egal ...)

Ich surfte dann auf "Männerseiten" und war doch HETERO (oder vielleicht ein Hauch von BI??)

Als ich mich dann unsterblich in einen Kerl verliebte (einsam sehnend, niemanden was gesagt), da musste ich handeln, BEVOR ich den Kerl vor versammelter Mannschaft umarmt und geküsst hätte (und er ahnte davon Garnichts).

Ich hatte 1 Woche Zeit, und in dieser Woche kriegte ich mit Hilfe DIESES Forums die Kurve, es meiner Frau zu sagen ... (klar, die ganzen Bedenken von oben kenne ich nur zu gut).

Allerdings konnten wir dann eins und eins zusammenzählen, und endlich wurde ein Bild draus ... genauso, als wenn man ein Puzzle macht, und am Ende bleibt ein Loch und ein Teil übrig, aber es passt nicht .... tja, und wenn man es dann komplett auseinandernimmt und neu macht, dann sieht das Bild plötzlich anders aus ... und es passt auch das letzte Teil.

Wir haben ein starkes halbes Jahr gerungen ... und haben und letztlich freigegeben ... (Die Lösung brachte u.a. ein getrenntes Schlafzimmer ...)

Verantwortung übernehmen wir im Moment noch gemeinsam für Familie und Kinder ... auf jeden Fall, bis unsere beiden "aus dem Haus" sind ...

Wir haben mittlerweile auch BEIDE einen Freund ... und wissen somit, wie es wirklich ist, wenn man jemanden im Arm hat, auf den man auch körperlich wirklich "scharf" ist ... :-x

Im Moment sieht es so aus, dass wir (meine Frau und ich) uns nicht unbedingt sofort verlassen möchten ... denn wir gehören doch in gewisser Weise zusammen, 20 Jahre Ehe und Freundschaft gehen nicht so verloren. Allerdings bekommt das Leben eine neue Variante, eine neue Version.

Unsere Kinder finden es viel cooler als "normal getrennt" ... *grins*

Gleiches und Ähnliches ist vielen hier passiert ... mal mit mehr, mal mit weniger Trubel, mal mit mehr mal mit weniger schwarzen Wolken und schmutziger Wäsche.

Dass ich finanziell irgendwann ein wenig draufzahlen werde, ist mir klar ... aber auch egal, denn für mich waren wir immer eine Gemeinschaft, eine Familie, die nur zusammen ihren Weg geht ... das gehört also auch im Alter oder bei Trennung berücksichtigt ...

Da ich noch vor meine CO in Erwägung gezogen hatte, einfach so zu verschwinden (mal eben zum Edeka und dann mit einerm Rucksack und 100 Euro in die S-Bahn), fühle ich mich heute befreit und glücklich zugleich, da viel von meine alten Leben übrig geblieben ist ... auch das Verhältnis zu meinen Kindern und nicht zuletzt zur Schwiegermutter :-)

Meine Erfahrung und mein Rat: Solange man es nicht weiß, wird man bewusst nichts vermissen, also kann man eine Weile so weiterleben. Wenn man erstmal erkannt hat, was fehlt, wie es "richtig" wäre, muss man danach handeln. Wer darauf verzichtet, fügt sich und auf jeden Fall auch seinem "ach so geliebten" Partner viel seelischen Schmerz und Leid zu (denn trotz "pseudo Rücksicht" merkt der auch, dass da was schief läuft) ... und ehrlich, ein Doppelleben packen auf die Dauer nur die wenigsten ....

Ich wünsche Dir Kraft und Mut, Deinen Weg zu finden und zu beschreiten.
Und auch das Quentchen Glück, dass Deine Familie zu Dir steht, und dass Dir ein paar gute Freunde erhalten bleiben.

Ganz liebe Grüße
Victor
Re: Wenn ich mich nun doch getäuscht hab und nicht "bi" bin?
20. September 2013 17:14
Liebe Ameise,

ganz herzlich willkommen und meine Gratulation dass Du diesen Schritt gewagt hast. Auch ich weiß nur zu gut, wie schwer das ist.

Bi oder nicht bi, ist das entscheidend? Entscheidend ist doch Dein Gefühl, dass Du angekommen bist. Ich weiß, wie sich das anfühlt, nur bei mir ging es um einen Mann.

Auch ich habe eine Ehepartnerin, die ich frühzeitig und mit intensiver Betreuung durch Mitglieder dieses Forums ins Vertrauen gezogen habe. Sie hat mich nicht hinausgeworfen, sondern gesagt: "Dann wirst Du es wohl ausleben müssen!"

Wir sind immer noch zusammen und ich hoffe, das wird auch weiter so bleiben. Wie hast Du das geschrieben: "...und spüre immer deutlicher, dass das, was ich für meinen Mann empfinde ein tiefes Vertrauen ist, eine Geborgenheit, Verlässlichkeit, Freundschaft, Unterstützungshaltung. Aber Liebe in dem Sinne?" Das spiegelt sehr genau auch meine Situation gegenüber meiner Frau.

Ähnlich wie Victor haben meine Frau und ich uns gegenseitig "freigegeben". Das kann bedeuten, dass sie irgendwann einen neuen Partner haben wird, ich weiß es nicht. Für mich bedeutet es, dass ich die Freiheit habe, meiner Veranlagung nachzugehen, die ich vollständig akzeptiert habe.

Es bringt alle jene Überrlegungen und Ängste mit sich, die Du auch hast. Die Frage nach der Zukunft, was wird aus mir im Alter, müssen wir irgendwann den Haushalt trennen ... es ist nicht einfach. Aber Zweifel, wo ich hingehöre, ob es nur eine vorübergehende Anwandlung ist, die habe ich nicht mehr. Und so, wie Du es beschreibst, solltest Du sie auch nicht haben.

Schöne Grüße

Volker
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