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Mein Leben ein Scherbenhaufen

geschrieben von graz-neu 
Mein Leben ein Scherbenhaufen
14. September 2013 20:55
Ich muss etwas ausholen um meine Situation zu erklären.
Bin jetzt 40 und hatte noch nie eine Liebesbeziehung oder war jemals verliebt.
Ich bin in einem Elternhaus aufgewachsen, das von der Geisteskrankheit meines Vaters bestimmt war.
Mein Vater hatte einen totalen Verfolgungswahn, dass die ganze Welt sich gegen ihn verschworen hat und ihn und die ganz Familie brutal zu Tode foltern wollen. Homosexualität war das Böse schlecht hin aber auch Frauen waren gefährlich, da diese einen nur Verführen wollen, damit dann ein anderer Mann Sex mit einem haben kann.
Wir haben z.B. mehrere Monate unser Wasser aus der Waschküche geholt, weil mein Vater der Meinung war, dass das Wasser vergiftet wird.
Ein Großteil unsere verstorbenen Verwanden und Bekannten wurden nach seiner Meinung brutal ermordet. Mir wurde mehrfach erzählt, dass ich Opfer eines Sexualverbrechen mit Todesfolge werde.
Ich hatte als Jugendlicher zwei Suizidversuche unternommen, die meiner Familie nicht einmal aufgefallen sind.
Meine Mutter hat sich in Esoterische Fantasiewelten begeben, und ist der Meinung mein Vater sei ein Engel der auf Welt gekommen ist um allen mitzuteilen, das Homosexuelle des Todes sind und das Außerirdische Meister die Welt lenken.
In der Rückschau hatte ich schon immer Interesse an Männer, allerdings nur ganz im Verborgen, da meinen Vater mir angedroht hat mich zu töten sollte ich schwul sein. Ich hatte kaum bis gar keine Freunde.
Ich hatte einen recht guten Job bis meine Mutter mich gewarnt hat, das jemand in der Arbeit hinter mir her sei und ich den Job aufgegeben habe. Seit dem habe nicht mehr richtig in der Arbeitswelt Fuß fassen können und bin jetzt schon länger arbeitslos.
Ich könnte noch Seitenweise weiter über den Wahnsinn in meiner Kindheit, Jugend und auch später berichte, aber ich glaube es genügt.
Mein Vater ist seid ein paar Jahren Tod und ich versuche mein Leben einiger Massen in den Griff zu bekommen.
Die Angstzustände, Panikattacken und Alpträume treten zum Glück nur mehr sehr selten auf. Die depressiven Stimmungen dagegen werden leider immer stärker.
Die paar Mal wo ich in meinem Leben Sex mit einer Frau hatte beschränken sich auf ca. 20 Besuche bei Prostituierte.
Seit einem Jahr versuche ich mit Männern was anzufangen (in der Sauna handjobs) aber trotz Viagra bekomme ich keine Erektion (Das Problem hatte ich teilweise auch bei den käuflichen Damen). Bei der Selbstbefriedigung ist es dagegen kein Problem. Zwei mal habe ich es als passiver Part mit einen Typen, den ich im Internet kennengelernt habe, probiert, aber das ist für mich weder geil noch angenehm - hatte auch keinen Höhepunkt.
Ich bin seit letztem Jahr bei mehren Therapeuten gewesen, aber keiner konnte mir mit meinem Erektionsproblem helfen. Die Einsamkeit und dass fehlen jeglicher Zärtlichkeit, die ich auch schon als Kind nie bekommen habe, bringen mich langsam um. Suizidgedanken sind meine ständigen Begleiter. Nur die Erinnerungen an ein die paar glückliche Momente in meinem Leben (hauptsächlich Reisen in die USA) halten mich ab den endgültigen Schritt zu unternehmen.
Ich hoffe ich habe euch mit meiner Lebensgeschichte nicht zu sehr genervt. Ich habe sie hauptsächlich geschrieben um aufzuzeigen, was man einem Kind antut, dass in einem Haushalt aufwachsen muss indem einer oder beide Elternteile geisteskrank sind.

MFG
Robert
Re: Mein Leben ein Scherbenhaufen
14. September 2013 22:24
Lieber Robert,

wie alle anderen vor Dir bist Du herzlich willkommen. Dies ist ein Ort, an dem viele, auch ich, ihre Geschichte niedergelegt haben, um in ihrem Kopf Ordnung und Klarheit zu bekommen. Aber bei den Geschichten geht es nie um solche massiven seelischen Probleme.

Homosexualität ist keine Krankheit. Sie ist, nach allem was wir wissen, eine angeborene Veranlagung. Nur die gesellschaftliche und religiöse Tabuisierung macht ein Problem daraus.

Bei Dir ist ja noch nicht einmal eine klare Präferenz erkennbar. Schwule gehen in der Regel nicht zu Prostituierten, oder vielleicht einige wenige Male, um zu erkennen, dass es nicht ihre Sache ist. Aber ich glaube doch, dass Deine Problematik viel tiefer geht als sexuelle Orientierung. Du brauchst auch keinen Therapeuten, der Deine Erektionsprobleme löst, Du musst mit Deinen Kindheitserlebnissen ins Reine kommen. Deine Geschichte läßt mich hilflos den Kopf schütteln. Ich bin da überfordert.

Ich denke, dass Du in psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung gehen solltest. Du hast tiefe seelische Wunden, die Dir Deine Eltern zugefügt haben und nur ein guter Therapeut wird Dir helfen können, sie mit der Zeit zu schließen.

Das bedeutet nicht, dass Du nicht hierher kommen und uns von Deinem Fortschritt erzählen könntest. Da bist Du jederzeit gerne gesehen. Aber unser Forum kann eine solche Behandlung nicht ersetzen. Vielleicht allerdings können wir Dich ein wenig stützen, Dich ermutigen, diesen gewiss schmerzhaften Weg zu gehen.

Schöne Grüße

Volker
Re: Mein Leben ein Scherbenhaufen
15. September 2013 08:25
Mir ist jetzt völlig klar das Homosexualität keine Krankheit ist, sondern eine ganz normale Spielart der Sexualität ist.
Ich bin wohl bi da ich bei der Selbstbefriedigung im Gedanken sowohl mit Männern als auch mit Frauen Sex habe.
Das ich hier keine Behandlung bekommen werde war mir von Anfang klar. Ich weiß auch nicht ganz so genau wieso ich meine Geschichte hier veröffentlicht habe.
Wie ich geschrieben habe bin ich seit einem Jahr in psychotherapeutischer Behandlung (bei bisher 3 Therapeuten, die mir nach einigen Sitzungen mitgeteilt haben, dass sie mir nicht wirklich helfen können und mich zu jemanden neues geschickt haben), bei der natürlich meine Kindheit und Jungendzeit die zentrale Rolle spielt, aber wirklich geholfen hat mir das bisher nicht.

MFG
Robert
Re: Mein Leben ein Scherbenhaufen
15. September 2013 13:39
Hallo Robert,

da ich auch kein Fachmann für persönliche Probleme bin - hier nur meine Gedanken zu deinem Aussagen.
Die Sache mit der Hilfe - ich finde Therapeuten gut, wenn sie gut sind. Letztendlich gehe ich davon aus, dass man sich selbst helfen muss, der Therapeut sollte einem Richtung geben, Denkanstöße setzen, einen vielleicht auch mal verwirren, damit man selbst offener für andere Möglichkeiten wird. Das Leben ist so bunt, fast alles ist möglich.

Zu den Erektionsproblemen wollte ich noch etwas schreiben. Hast du nicht bisher ein Leben der maßlosen Selbstkontrolle hinter dir? Ständig darauf achten, wie die Eltern drauf sind, wie du ihnen entgehen kannst, wie du ihren Erwartungen entsprechen kannst um nicht Predigten und Strafen aushalten zu müssen? Dazu die Einflüsterungen über die Schlechtigkeit der Homosexuellen, vielleicht auch der Prostituierten, der ganzen Welt! Da bleibt bei jeden Kind etwas hängen, manchmal soger ganz viel.

Wie sollst du dich jetzt einfach fallen lassen können, die Kontrolle über deinen Körper einem anderen Mann überlassen? Bei der Selbstbefriedigung hast du die Kontrolle, das bist du gewöhnt. - Nur ein Gedankenanstoß.
Ich kenne das von mir selbst. Als schwuler Vater und Ehemann hat man die Kontrolle der eigenen Emotionen und Verhaltensweisen automatisch drauf. In den letzten Jahren, in denen es noch ehelichen Sex gab, ging bei mir nichts mehr ohne Kopfkino und auch das immer schlechter. Jetzt musste ich mich erst mal daran gewöhnen, dass bei meinem Freund kein Kopfkino nötig ist - eine erstaunliche Erfahrung mit der ich noch nicht ganz klar komme.

Es könnte aus meiner Sicht bei dir besser werden, wenn du deinen Eltern die Rolle zuweisen kannst, die ihnen gebührt: nur Eltern, die ein Kind erziehen durften.
Jetzt bist du erwachsen. Wenn du willst, frag deine Mutter, wie es ihr geht, sieh nach dem Grab deines Vaters und lebe dein Leben, wie du es für richtig hältst! Deine Meinungen und Einstellungen sind nämlich viel besser und für dich viel wichtiger als die Meinungen und Einstlellungen deiner Eltern.

Tja, ich bin kein Fachmann und versuche mein eigenes Leben im Griff zu halten smiling smiley

Dir alles Gute.
LG
Zeev

PS: Scherben finde ich sehr interessant. Wenn man sie zusammen klebt kann es Überraschungen geben oder einfach nur eine spannende, manchmal wunderschöne Geschichte mit Patina.
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