Hallo Jana,
darf ich hier als erster etwas dazu schreiben? Ich bin nur ein Mann
, 10 Jahre älter als Du. Und stecke im gleichen Dilemma.
Meine Frau weiß seit zwei Jahren definitiv, dass ich schwul bin, meine mittelgroßen Kinder seit einem Jahr. Geändert hat sich damit nichts, außer, dass der Abstand zwischen meiner Frau und mir immer größer wird, hier zu Hause Kälte eingezogen ist. Alle (nein ich nicht) wollen weiter wie bisher. Aber genau das geht für mich nicht mehr. Ich weiß inzwischen, dass ich das die nächsten Jahrzehnte nicht mehr aushalten kann, dieses Gefühl im falschen Film zu stecken. Ich funktioniere nur noch.
Damit will ich Dich nicht beeinflussen. Jeder muss seinen / ihren eigenen Weg finden, steinig, steil, Gratwanderungen oder vielleicht auch leicht bergab an sprudelnden Quellen vorbei.
Ich kenne einen Mann, der von sich sagt, dass es rund ein Jahr dauerte, die Gefühle in der Familie umzubauen, heftig für seine Frau. Jetzt leben sie noch zusammen unter einem Dach, er und sie hat jeweils einen Freund, die Kinder finden Patchwork toll.
Ich weiß von einem Paar, bei denen die Frau Knall auf Fall aus- und zu ihrer Freundin gezogen ist. Zwei halbwüchsige Töchter von denen eine seitdem mit der Mutter nichts mehr zu tun haben will.
Ich kenne einen Mann, dessen Frau zusammen mit den beiden kleinen Kindern zu ihrer Freundin gezogen ist. Er kommt damit gut klar, hat jetzt freie Bahn für andere Frauen.
Es gibt alles. Vieles davon tut irgendjemandem weh. Aber letztendlich birgt es auch Chancen, die Möglichkeit Glück zu finden. Wenn Du irgendwann sagen solltest, ich kann nicht mehr, dann funktioniert auch Deine Familie nicht mehr, dann dürften die Kinder das merken und leiden. Vielleicht könnten dann deutliche Veränderungen für alle besser sein. Vielleicht. Wir haben halt mit Kindern Verantwortung übernommen, die wir einbeziehen müssen. Vor allem müssen die Kinder wissen, dass es nichts mit ihnen zu tun hat, dass sie in Ordnung sind.
Mein Rat ist, nichts zu überstürzen. Du hast über Jahre entdeckt, was in Dir steckt. Dein Mann braucht Zeit dafür, aber nach meiner Meinung kannst Du von ihm erwarten, sich damit auseinanderzusetzen.
Meine Frau hat mich sehr deutlich an Versprechen bei der Eheschließung erinnert ... bis dass der Tod Euch scheidet. Und dann will sie im Grunde nicht mehr darüber reden. Es heißt aber auch in guten und schlechten Zeiten, man übernimmt Verantwortung für ein Paar und dann kann ich nicht sagen, mein Partner hat zwar ein Problem, aber ich rühre mich nicht.
So, ich schreibe schon zu viel. Ich weiß nur, dass ich Schritte tun muss und fühle mich von tausend Sachzwängen festgehalten. Es hilft aber nichts.
Welche Schritte und in welcher Richtung, muss jede/r für sich selbst empfinden!
Dir alles Gute bzw. Euch alles Gute
LG
Zeev