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Was denkt ihr?

geschrieben von jana 
Was denkt ihr?
21. September 2012 08:50
Nach einiger Zeit, die ich alleine mit meinen Gedanken und Gefühlen verbracht habe, muss ich nun endlich mal die Meinung, den Rat anderer Menschen hören, die sich in meine Situation evtl. einfühlen können.

Zu meiner Person: Ich bin 37 Jahre alt, weiblich, verheiratet, zwei Kinder und stehe mitten im Leben (eigentlichconfused smiley). Ich habe bis zu meinem 34 Lebensjahr komplett heterosexuell gelebt, mit Ausnahme einem Ereignis so mit ca 13 Jahren, kann den Zeitpunkt nicht mehr genau bestimmen. Ich habe immer Beziehungen mit Männern gehabt und habe mich auch in sie verliebt. Was wiederkehrend im Rückblick auffällt ist, dass ich meist nur in der Anfangszeit Spaß am Sex hatte. Nach einiger Zeit verließ mich die Lust auf meinen Partner. Mit meinem Mann ist es auch so. Wir haben zwar regelmäßig (mehr oder weniger, je nach Zyklusstand) Sex, aber er ist für mich eher eine mechanische Sache, und geht nicht bis in den Kopf, wenn ihr wisst was ich meine?!

Nun habe ich schon seit einigen Jahren Gedanken an Frauen gehabt und habe diese einfach benutzt um mein Sexleben zu pushen. Vor ca 3 Jahren wurde aber die Neugier auf Frauen und das Bedürfnis, sie zu berühren so groß, dass ich mich in einem Forum angemeldet habe. Das alles geschah mit Wissen und sogar Unterstützung meines Mannes. Ich knüpfte also Kontakte zu Frauen und machte meine ersten Erfahrungen.

Vor zwei Jahren lernte ich über meinen Mann ein Mädel kennen und es kam mit sehr langer Anbahnung dazu, dass wir atemberaubenden, für mich noch nie so intensiv erlebten Sex hatten. Das lief über ca ein halbes Jahr, bis sie sich verliebte (in einen Mann) und unser Verhältnis von heut auf morgen wieder unter Frauenfreundschaft lief. Ich habe diese Zeit sehr genossen, doch sie hat auch Türen, nein Tore aufgestoßen zu etwas, was ich mir nie hätte vorstellen können.

Seit dieser Zeit schaue ich Frauen hinterher, denke beim Sex oder Masturbation ausschließlich an Frauen, und in letzter Zeit stelle ich mir sogar vor, wie eine Beziehung zu einer Frau wäre. Ich habe kaum noch Lust auf Sex mit meinem Mann, der sehr häufig möchte. Das setzt mich momentan sehr unter Druck und ich fühle mich bedrängt und eingeengt.

Ich habe bis vor Kurzem gedacht, ok du bist bi und lebst es dank supertoleranter Beziehung aus. Aber ich habe seit einiger Zeit Angst, dass es sich damit nicht hat. Ich habe Angst lesbisch zu sein, nicht weil ich die Tatsache schlimm fände, im Gegenteil! Aber mein ganzes Leben ist ein komplettes hetero Leben, in der lesbisch sein keinen Platz hat. Ich habe einen Mann, Kinder, den Rest klammere ich aus. Aber diese kleine Gruppe von Menschen sind mein Zuhause, meine Familie. Ich kann mir nicht vorstellen meinem Mann oder den Kindern so viel Leid zuzufügen. Mein Mann käme nämlich gar nicht klar. Wenn er sich freundschaftlich von mir trennen könnte, wäre da noch ein Funken Hoffnung. Aber er würde absolut abstürzen und sein Leben als gescheitert betrahten! Wir haben uns ein Leben zusammen aufgebaut, in dem nach außen nichts fehlt. Es hägt so viel daran. Wir würden alles verlieren. Uns, unser Haus, unsere Freunde....

Also habe ich eine Wahl? Wenn ich wirklich lesbisch sein sollte, wie ertrage ich diese Zerissenheit? Warum hab ich das nicht schon vor 20 Jahren festgestellt, als noch alle Wege offen waren? Ich fühle mich wie auf einer Einbahnstraße. Ich kann nur weiterlaufen, ob ich will oder nicht. Ein Zurück gibt es nicht.

Gibt es unter euch welche, die ähnliches mitmachen erleben oder bereits solche unlösbaren Dilemma doch gelöst haben? Was war der Preis? war er gerechtfertigt oder doch zu hoch?

Ich wäre dankbar für eure Gedanken zu meiner Situation!

Liebe Grüße
Jana
Re: Was denkt ihr?
21. September 2012 19:54
Hallo Jana,

darf ich hier als erster etwas dazu schreiben? Ich bin nur ein Mann smiling smiley, 10 Jahre älter als Du. Und stecke im gleichen Dilemma.

Meine Frau weiß seit zwei Jahren definitiv, dass ich schwul bin, meine mittelgroßen Kinder seit einem Jahr. Geändert hat sich damit nichts, außer, dass der Abstand zwischen meiner Frau und mir immer größer wird, hier zu Hause Kälte eingezogen ist. Alle (nein ich nicht) wollen weiter wie bisher. Aber genau das geht für mich nicht mehr. Ich weiß inzwischen, dass ich das die nächsten Jahrzehnte nicht mehr aushalten kann, dieses Gefühl im falschen Film zu stecken. Ich funktioniere nur noch.

Damit will ich Dich nicht beeinflussen. Jeder muss seinen / ihren eigenen Weg finden, steinig, steil, Gratwanderungen oder vielleicht auch leicht bergab an sprudelnden Quellen vorbei.
Ich kenne einen Mann, der von sich sagt, dass es rund ein Jahr dauerte, die Gefühle in der Familie umzubauen, heftig für seine Frau. Jetzt leben sie noch zusammen unter einem Dach, er und sie hat jeweils einen Freund, die Kinder finden Patchwork toll.
Ich weiß von einem Paar, bei denen die Frau Knall auf Fall aus- und zu ihrer Freundin gezogen ist. Zwei halbwüchsige Töchter von denen eine seitdem mit der Mutter nichts mehr zu tun haben will.
Ich kenne einen Mann, dessen Frau zusammen mit den beiden kleinen Kindern zu ihrer Freundin gezogen ist. Er kommt damit gut klar, hat jetzt freie Bahn für andere Frauen.

Es gibt alles. Vieles davon tut irgendjemandem weh. Aber letztendlich birgt es auch Chancen, die Möglichkeit Glück zu finden. Wenn Du irgendwann sagen solltest, ich kann nicht mehr, dann funktioniert auch Deine Familie nicht mehr, dann dürften die Kinder das merken und leiden. Vielleicht könnten dann deutliche Veränderungen für alle besser sein. Vielleicht. Wir haben halt mit Kindern Verantwortung übernommen, die wir einbeziehen müssen. Vor allem müssen die Kinder wissen, dass es nichts mit ihnen zu tun hat, dass sie in Ordnung sind.

Mein Rat ist, nichts zu überstürzen. Du hast über Jahre entdeckt, was in Dir steckt. Dein Mann braucht Zeit dafür, aber nach meiner Meinung kannst Du von ihm erwarten, sich damit auseinanderzusetzen.
Meine Frau hat mich sehr deutlich an Versprechen bei der Eheschließung erinnert ... bis dass der Tod Euch scheidet. Und dann will sie im Grunde nicht mehr darüber reden. Es heißt aber auch in guten und schlechten Zeiten, man übernimmt Verantwortung für ein Paar und dann kann ich nicht sagen, mein Partner hat zwar ein Problem, aber ich rühre mich nicht.

So, ich schreibe schon zu viel. Ich weiß nur, dass ich Schritte tun muss und fühle mich von tausend Sachzwängen festgehalten. Es hilft aber nichts.
Welche Schritte und in welcher Richtung, muss jede/r für sich selbst empfinden!

Dir alles Gute bzw. Euch alles Gute

LG
Zeev
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