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Muss man müssen?

geschrieben von Finn 
Muss man müssen?
14. Oktober 2014 13:15
Ich habe gerade mal Victors Wunsch entsprochen und die Diskussion, um das Thema "muss" oder nicht einen eigenen Thread gegeben.
LG Finn



3-mal bearbeitet. Zuletzt am 18.10.14 19:42.
Re: Muss man müssen
11. Oktober 2014 12:04
Hallo Victor,
ich schreibe jetzt einfach mal meine Antwort an Dich hier in Deinen Beitrag, weil es bei Tomtom den Faden abreißen lassen würde.

Wenn Du dieses MUSS brauchst, um voranzukommen und Dich zu motivieren, dann ist das ja vollkommen o.k. Ich möchte nur noch einmal darauf hinweisen, dass es auch anders geht. Ich habe gelernt, das Wort MUSS aus meinem Wortschatz zu streichen. Und nach und nach verändert sich auch das Denken. Sicher kann es wichtig sein, sich von seiner Frau zu lösen. Das kann auch eine Voraussetzung sein, um ein schwules Leben zu beginnen. Aber es ist kein MUSS. Es gibt ja auch die Alternative zu entscheiden sein schwules Leben nicht zu leben, mit der möglichen Konsequenz, dass man unzufrieden wird.
Wenn ich das Wort MUSS streiche, dann ändert sich meine Haltung. Dadurch kann ich auch entdecken, dass es zu dem, was ich vermeintlich tun muss auch Alternativen und andere Möglichkeiten gibt.
Aus dem MUSS ist für mich ein, "Du kannst, wenn Du möchtest", geworden. Und das hilft mir aus vielen Situationen einen Druck herauszunehmen, der mich eher hindert, als fördert.

Aber jeder hat da seinen eigenen Weg.
LG Finn



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 14.10.14 13:21.
Re: Zweiter Teil ...
12. Oktober 2014 10:15
Whow Finn,

das ist ein feinsinniges Stück Semantik, das Du hier ausgebreitet hast und ich danke Dir dafür.

" Kein Mensch muss müssen, und ein Derwisch müsste?
Was müsst' er denn?" (Lessing, Nathan der Weise)

Ich muss, ich kann und ich möchte darüber nachdenken. Du hast völlig recht. Unsere Begriffe, in denen wir denken, bestimmen auch, wohin wir gehen.

Schöne Grüße

Volker
Re: Zweiter Teil ...
13. Oktober 2014 21:02
Hallo Volker,
danke für Deine lieben Worte.
LG Finn
Re: Zweiter Teil ...
14. Oktober 2014 00:32
Hmmm ... manchmal gibt es Voraussetzungen, um ein Ziel oder eine Situation zu erreichen ... und das ist das MUSS.

Kommt eben auf die Zielsetzung an. Ich sehe das Ziel, und weiß, was man dafür machen muss, bzw. welche Alternativen man hat ...

Wer meint, die Entscheidung zu haben, sein Schwulsein zu unterdrücken, der muss sich zwar nicht mit seiner Frau auseinandersetzen und sich nicht von ihr trennen, aber er MUSS seine Bedürfnisse kontrolliere, nachts alleine wichsen, sich rausschleichen, oder es unterdrücken ... oder lügen ... ja, er muss! (denkt er!)

Wie man sein Schwulsein ausleben wird oder möchte, ist wieder was anderes ...

Ich (möchte nicht, aber) muss noch lernen, dass man so blöd sein darf und kann, sein Schwulsein zu unterdrücken, obwohl man es weiß ... und dass man daran zugrunde gehen will und darf ... aber ehrlich, ich werde es nicht verstehen ... ich muss es bloß hinnehmen, akzeptieren, mental wegdrücken ... (ich kann "Leute lesen" und bei manchen ist es grauslig, was man da sieht :-O )

Von daher MUSS, als Voraussetzung für ... oder "strong recommendation" wie der Engländer so schön sagt ...

lg.
Victor

---
im weiteren schlage ich vor, im Cappucino-Forum einen Muss-Thread auf zumachen ... statt bei mir zu diskutieren ;-)
Re: Muss mann müssen
14. Oktober 2014 13:41
Hallo Victor,
für mich ist es ein Unterschied, ob etwas eine Voraussetzung ist oder ob es ein MUSS ist. Das fühlt sich für mich anders an.
Dazu fällt mir ein Bild ein, dass mir mal ein Berater mit auf den Weg gegeben hat. Wenn ich in ein fremdes Land einreisen möchte, dann brauche ich einen Pass und einen Visumsstempel. Das ist die Voraussetzung, um das Ziel zu erreichen. Und jetzt ist die Überlegung, wer kann mir dieses Visum geben.
Mal übertragen auf das Schwulsein. Ich möchte mein schwules Leben leben. Okay, den Pass (meine schwule Identität) habe ich. Aber um es zu leben, wessen Erlaubnis (Visum) brauche ich dafür. Ist es mir wichtig, dass meine Familie dahinter steht, ist es mir wichtig, dass meine Freunde mich mitragen. Und dann ist die Frage, wie bekomme ich dieses "Visum".

Klar kannst Du jetzt überall statt brauchen und Voraussetzung das Wort muss einfügen. Trotzdem bekommt für mich das Ganze dann einen viel höheren Druck. Und ich frage mich, ob es wirklich notwendig ist, den Druck zu erhöhen.
LG Finn



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 14.10.14 18:41.
Re: Muss man müssen?
14. Oktober 2014 16:31
Hmmm, es ist ein Spiel mit Worte, aber Worte machen auch Gefühle ... und da mag die Wortwahl entscheidend sein (brauche ab und zu mal diplomatische Hilfestellung ...)

Ich bin schwul (Identität, Pass), die und den musste ich mir erstmal selbst geben (dürfen!).
(und ich konnte entscheiden, es dem Artzt und der Sprechstundenhilfe sagen, oder die Hepathitis-Impung selbst bezahlen ... müssen brauchte ich nicht ...)

Wenn man über die erste Entscheidung klar ist, kann man zwei Wege einschlagen, ...
... einer führt aus meiner Sicht recht schnell zur körperlichen und mentalen Gesundheit und Wohlbefinden
... der andere verlängert das Leiden ...

für den ersten brauche ich keine Erlaubnis ... die, die das nicht wollen, oder mittragen gehören der Vergangenheit ... weg mit Schaden ...

... für den zweiten Weg mache ich mich abhängig von momentanen Empfindungen, Ängsten, Meinungen anderer Leute (meistens wohlwollende Heteros) die mir zwar wichtig sind, mit denen ich aber über kurz oder lang doch zugrunde gehe, wenn ich mich nach deren primär vorgetragenen Wünschen richte ...

Ich konnte und kann nicht verstehen, dass sich Menschen für den zweiten Weg entscheiden ... die Liebe oder Zuneigung, die sie dadurch zu kaufen erhoffen, bekommen sie nicht ... ich schreib es immer wieder ... am Grab sagen sie ... "hätte er doch garnicht müssen ... hätte er doch bloß"
(wie hießen noch die zwei Sportler, die angeblich Depressionen hatten und Selbstmord begingen ... )

Von daher ... man hat tatsächlich die Wahl ...
Re: Muss mann müssen
14. Oktober 2014 18:50
Hallo Victor,
das Bild mit dem Pass und dem Visum kannst Du ja für viele Situationen anwenden, auch um sich klar zu werden, wo bei mir die Probleme liegen und wie ich sie überwinde.
Und es ist ja tatsächlich so, dass nach einem CO die Probleme nicht weg sind. Schon die Frage, wie treffe ich neue Leute ist ja manchmal nicht ganz einfach zu beantworten. Und wie Dein Beispiel zeigt kann ja auch eine Beziehung in die Brüche gehen. Das schwule Leben nach dem CO hält ja auch noch viele Herausforderungen bereit.
LG Finn
Re: Muss mann müssen
14. Oktober 2014 20:04
Hallo ihr Müsser,

ich zitier mich mal ungeniert selbst:
Quote
Volker
Unsere Begriffe, in denen wir denken, bestimmen auch, wohin wir gehen.

Deshalb, Victor, ist es nicht einfach nur ein Spiel mit Worten. Denn, wie Du selbst sagst,
Quote
Victor
Worte machen auch Gefühle ... und da mag die Wortwahl entscheidend sein

Nehmen wir ein Beispiel, das Wortpaar "schwul" und "bi".

Da stellt sich einer vor den Spiegel und sagt zu seinem Bild: "Ich bin bi!" und mit großer Wahrscheinlichkeit wird er sich dann besser fühlen, als wenn er gesagt hätte: "Ich bin schwul!" Denn er hat die Brücke noch nicht ganz abgebrochen.

Aber man könnte sich auch fragen, ob er mit seinen Begriffen im Kopf noch nicht ganz zurecht kommt. Wie oft sehen wir hier im Forum Hilfesuchende, die mit genau diesen Begriffen kämpfen? Die sich an den Begriff "bi" klammern, weil sie nicht schwul sein wollen? Weil ihre Erziehung, ihre Werte, ihre Umgebung, ja ihre geistige Gesundheit und ihr ganzes Leben auf dem Spiel stehen?

Deshalb, so sehr ich mich an Wortspielen erfreuen kann, ist mir die begriffliche Sorgfalt sehr wichtig. Wir leisten hier Begriffschirurgie in den Köpfen unserer Schützlinge. Wir versuchen, ihnen den Weg zu zeigen, sich selbst akzeptieren zu können. Immer zuerst sich selbst, bevor sie sich Anderen mitteilen können.

Und dann hört es ja nicht auf. Wie Finn richtig sagt:
Quote
Finn76
Das schwule Leben nach dem CO hält ja auch noch viele Herausforderungen bereit.

Recht hast Du. Und die krieg ich nur dann halbwegs in den Griff, wenn ich im Kopf Klarheit habe. Wenn wiederum die Begriffe geklärt sind.
Quote
Victor
Ich konnte und kann nicht verstehen, dass sich Menschen für den zweiten Weg entscheiden

Doch, ich schon. Wenn im Kopf keine Klarheit herrscht, aus welchen Gründen auch immer, dann geraten die Begriffe durcheinander und das Ergebnis ist beklagenswert.

Schöne Grüße

Volker
Re: Muss mann müssen
14. Oktober 2014 21:41
Hallo,
Quote
Finn
Und es ist ja tatsächlich so, dass nach einem CO die Probleme nicht weg sind. Schon die Frage, wie treffe ich neue Leute ist ja manchmal nicht ganz einfach zu beantworten. Und wie Dein Beispiel zeigt kann ja auch eine Beziehung in die Brüche gehen. Das schwule Leben nach dem CO hält ja auch noch viele Herausforderungen bereit.

hm, dem kann ich so leider nicht zustimmen.

Doch, die Probleme, die aus dem nicht schwul sein wollen und dürfen entstehen sind definitiv weg. Ein wenig Selbstbewusstsein, und ich hab mich gern, so wie ich bin, dann geht das.

Die anderen Probleme, Kontakte finden, Beziehungen haben und in die Brüche gehen lassen, das sind ganz normale Alltagsprobleme, die haben alle Menschen dieser Welt, die sich unters Volk mischen, Freunde und Partner suchen, auch Heteros.

Alle Radios sind voll von Liebesschnulzen, 99,8% aller Lieder sind Liebeslieder, sehnend, schmachtend, traurig, wütend ... ich weiß das erst, seit ich Karaoke singe und plötzlich die Texte verstehe, weil ich sie lesen kann :-)

Das Schwule Leben hält ganz genau die gleichen Herausforderungen bereit, wie das Heteroleben.

Wir bleiben auch nicht zu Hause, weil irgendwo ein Auto verunglückt, ein Kind überfahren wird und ein Luftballon platzt ... nee, das sind keine Argumente, um "in Closet" bleiben zu können ... sorry.

Quote
Folk
Begriffliche Sorgfalt

Die Selbstwahrnehmung braucht sicherlich diese BI-Täuschung ... ich hatte sie auch ... ich hätte jedem Berater und jedem Fragebogen anvertraut, dass ich zu 100% Hetero sei, noch ein paar Monate vor meinem Coming-Out war ich maximal einen Hauch von BI.

Ich wäre mit Sicherheit am Boden zerstört gewesen, wenn es mir jemand ins Gesicht gesagt hätte, Du bist doch schwul ... aber das macht niemand. Tatsächlich wäre ich danach aufgestanden, zerstrubbelt, aber erleichtert ... ja, dann bin ich eben schwul ... prima, wenn das das einzige Problem ist

(Bekannte von mir haben es schon viel früher gesehen ... GayDar ... und sie hatten recht!)

Von daher bekommt jeder von mir eine offene Antwort, so wie ich das einschätze ... auch wenn es nicht in den Kopf passen will ... korrekt ist es allemal! (wenn auch nicht politisch oder psychologisch)

Wie gesagt, die diplomierten Herrschaften sind da auch nicht viel erfolgreicher, als dieses Forum mit seinen Facetten ... direkt ... diplomatisch ... proaktiv ... betreuend und kümmernd ... genau die Mischung ... da kommt keine Beratungsstelle ran ...

Weiter so!

lg.
Victor
Re: Muss mann müssen ?
15. Oktober 2014 16:22
Hallo zusammen,
klar sind viele Herausforderungen nach dem CO mit denen anderer Heteros vergleichbar, aber das macht sie ja nicht kleiner. Aber ich glaube trotzdem, dass es nach dem CO auch Herausforderungen gibt, die sich nur Schwulen stellen. Wenn ich als schwuler Mann ein Kind haben möchte, dann ist das eben komplizierter als bei einem Hetero Mann.

Dem Satz von Folk kann ich mich nur anschließen. "Begriffe, in denen wir denken, bestimmen auch, wohin wir gehen."

Zum Forum kann ich nur sagen, dass es mir auch in vielen Frage geholfen hat. Aber hier das Forum gegen Therapeuten oder Beratungsstellen auszuspielen, halte ich dann für falsch.
In bestimmten Fällen kann sicher der Austausch mit anderen Betroffenen weiterhelfen. Wenn es darum geht, jemanden zu ermutigen, Infos auszutauschen, Beispiele aus dem Leben zu geben, Kontakte zu knüpfen. Und es gibt ja viele Beispiele, wie das Forum und die vielen Leute, die sich hier rege beteiligen, helfen konnten.
Aber warum soll es daneben nicht auch Beratungsstellen geben? Ich selbst war auch mal in einer schwulen Beratungsstelle und habe da einige Termine wahrgenommen und davon profitiere ich noch heute. Für manchen ist es gut, wenn es einen Ort gibt, wo sie hingehen können und dort einen geschützten Raum haben und dort einfach mal ihre Probleme besprechen können. Nicht jeder möchte seine Probleme im www ausbreiten. Und zwischen einem Berater und mir kann sich ja auch ein gutes Vertrauensverhältnis bilden.
Aber auch Therapeuten sind wichtig. Klar gibt es immer wieder den Fall, dass man nicht den passenden Therapeuten findet. Aber in manchen Fällen ist eben eine therapeutische Begleitung wichtig. Das Forum, aber auch eine Beratung kann das in einigen Fällen nicht leisten. Therapie ist ja eine sehr intensive Beschäftigung mit sich selbst mit dem Ziel mit seinen Problemen aber eben auch Krankheiten besser zurecht zu kommen. Z.B. Depressionen sind eine Krankheit und da sind dann auch Fachleute wie Therapeuten und Ärzte gefragt.
Ich finde es immer wichtig die Möglichkeiten eines solchen Forums zu sehen und auszuschöpfen, aber auch die Grenzen zu erkennen und aufzuzeigen.
LG Finn
Re: Muss mann müssen ?
17. Oktober 2014 21:27
Depressionen sind aus meiner Sicht Symptome von irgendwas. Leider wird oft versucht, sie erst mal (oder sogar nur) zu lindern, aber eigentlich muss die Ursache behandelt werden ...

Ich habe es mehrfach erlebt, dass einfach nur "Mittelchen" gegeben werden ... ohne nachzusehen, woher es kommt.

Viele verdeckte Schwule leiden unter Depressionen ... da wäre ein wie immer geartetes Coming-Out die Lösung. Fast alle Probleme, die man sich vorstellt, gibt es nicht. Klar, man ist dann nicht problemlos glücklich, aber wenn Kinderkriegen das einzige Problem ist, was Schwule von Heteros unterscheidet, dann sind wir schon ziemlich weit.

Natürlich soll und muss es Beratungsstellen, Diagnose- und Therapieangebote geben.
Wichtig ist da auch die "vorsichtige Hinführung" zu einer Lösung (ich bin da eher der Holzhammer ...)

Wer hier schreibt, hat die volle Auswahl ... Rat und Tipps von hier ... und vom Therapeuten, Berater, Pfarrer etc.

Aber Beratungsstellen und Therapeuten sind aus meiner Sicht nicht ausreichend, denn sonst wäre ich nicht hier, wären viele andere nicht hier gelandet. (und ich bin froh, nicht bei einem Therapeuten gelandet zu sein, meinem Ex Freund hat der erste Beratungs- oder Therapiersuch das Leben versaut ...)

(meine Sicht, meine Erfahrung, meine Ratschläge!)

lg.
Victor
Re: Muss mann müssen ?
18. Oktober 2014 08:33
Hallo Victor,
Du nimmst auch einen Holzhammer um eine Schraube einzudrehen ;-)
LG Finn
Re: Muss mann müssen ?
19. Oktober 2014 23:34
Es gibt mittlerweile Schrauben, die man mit dem Hammer reinhaut :-D

Beim Biegen von Metall und Draht muss man auch etwas weiter biegen, als es später mal sein soll ...
Re: Muss man müssen?
08. November 2014 17:29
Hallo zusammen,
bevor ich den Thread von Zeev sprenge, schreibe ich hier mal. Ich habe darüber heute viel nachgedacht und bin zu ein paar Schlüssen gekommen, die ich hier kurz zusammenfassen möchte.

Hallo Victor,
ich frage mich schon seit Wochen, was Dich eigentlich antreibt hier immer wieder Kommentare zu verfassen, die sich in meinen Augen vor allen Dingen dadurch auszeichnen, dass sie provozieren. Einmal durch die Art und Weise, wie Du schreibst. Klar kannst Du hier den Holzhammer schwingen. Aber ich frage mich, wem das nützen soll? Ich kann nur von mir sagen, dass mich persönlich das sehr abschreckt hier über eigene Probleme zu schreiben, wenn dann gleich mit dem Holzhammer drauf gehauen wird. Mir hilft das bei der Problemlösung überhaupt nicht. Im Gegenteil es schadet mir. Was mir bei der Problemlösung hilft sind Menschen, die mir zuhören. Denen ich auch von meinem Gefühlen erzählen kann. Und Gefühle sind nun mal sehr widersprüchlich und mit dem Verstand nicht zu fassen. Und ich kann mir tausendmal verstandesgemäß sagen, dass diese Gefühle jetzt nicht angebracht sind, aber sie sind eben trotzdem da. Und bei der Bewältigung hilft mir da auch nicht immer wieder zu sagen, dass ich sie nicht haben darf.

Wenn ich Deine Beiträge lese, so bekomme ich den Eindruck, dass sie eigentlich etwas ganz anderes erzählen, als ich zunächst wahrgenommen habe. Deine Beiträge richten sich gar nicht so sehr an andere, sondern sind eigentlich ganz große Hilfeschreie.
Da schreit ein Mann, um Hilfe der von seiner großen Liebe verlassen wurde. Er sucht die Schuld dafür bei Beratern und Therapeuten und der Frau seines geliebten Mannes. Ich glaube, wenn Du Victor anderen schreibst, sie sollen loslassen, dann meinst Du Dich selber. Denn Dir fällt es gerade schwer den geliebten Mann loszulassen. Wenn ich mit diesen Überlegungen noch mal einige Deiner Beiträge lese, dann wird mir das immer klarer, dass Du in Deinen Gefühlen tief verletzt bist, aber das nur schwer ausdrücken kannst. Du bist eben ein sehr kopfgesteuerter Mensch. Mit Gefühlen umgehen ist nicht so Deine Sache. Und wie soll man von jemanden, der mit seinen eigenen Gefühlen nicht umgehen kann Mitgefühl für andere erwarten? Denn das ist es, was ich in vielen Deiner Beiträge vermisse: Einfühlungsvermögen in die Situation anderer. Und ich glaube auch, dass Einfühlungsvermögen eine Voraussetzung dafür ist, den anderen zu verstehen. Und so bleiben Deine Beiträge vielleicht logisch richtig, aber sie entbehren eines tieferen Verstehens, das eben erst durch Einfühlung entstehen kann.
Und genau das ist ja auch das Anliegen dieses Forums Menschen eine Anlaufstelle zu bieten, in der sie sich gut aufgehoben fühlen und wo ihnen mit Einfühlung begegnet wird. Für viele ist das hier ja das erste Mal, dass sie sich jemandem anvertrauen. Warum diese Menschen mit dem Holzhammer wieder abschrecken? Das läuft doch den Zielen dieses Forums total entgegen.
Und nun wechsele ich mal in den victorianischen Stil, damit Du mein Anliegen auch verstehst: Bevor Du hier weiter mit Ratschlägen (Ratschläge sind auch Schläge), um Dich wirfst, solltest bitte Deine eigene Situation mal klären. Du kannst das ja gerne hier im Forum darstellen, aber dann bitte unter Deiner eigenen Geschichte. Wem soll es helfen, dass Du hier im Liebeskummer alle mit dem Holzhammer niederschlägst?
Und nun schreibe ich wieder auf Finnisch. Lieber Victor, das ist schon ganz schön hart, wenn man von einem geliebten Menschen verlassen wird. Und da spielen die Gefühle manchmal ganz schön verrückt. Liebeskummer ist nun mal ein ganz schwieriges Gefühl. Vielleicht hilft es Dir ja darüber hier im Forum darüber zu schreiben und wir können alle daran teilhaben, wie Du dieses Gefühl überwindest und wieder offen für neue Erfahrungen bist und auch die Gefühle anderer besser nachfühlen kannst.
LG Finn



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 08.11.14 17:38.
Re: Muss man müssen?
09. November 2014 18:28
Hallo liebe CO30-Gemeinde,

als einer der Oldies (Lebensalter und auch Zugehörigkeit zu CO30) möchte ich mich mal zu Wort melden.

Das System jemandem Ratschläge zu erteilen funktioniert selten sehr gut. Es sei den derjenige will es explizit.

Das und ein besseres System habe ich bei einer Schulung für Selbsthilfegruppenleiter gelernt. Übrigens die Schulung war im Waldschlösschen.
Nur so Nebenbei, ein Besuch im Waldschlösschen lohnt sich immer !

Was für jemand im CO (und bestimmt auch in anderen Lebenslagen) viel besser oder Wertvoller ist, ist folgendes System:

Grundsätzlich gibt mann keinen Rat von sich, sondern erzählt wie es einem in einer gleichen oder ähnlichen Situation ergangen ist, und wie mann diese gemeistert oder auch nicht gemeistert hat.
Wenn dies mehrere Teilnehmer/ Schreiber tun, kann der Hilfesuchende entscheiden (oder auswählen), ob es für ihn zutrifft und/ oder ihm hilft.
Wie viel er dann davon selber umsetzt oder seine Schlüsse daraus zieht ist seine Sache. Letzt endlich kann sich nur jeder selber aus dem Schlamm ziehen. Aber alleine schon die Erkenntnis das mann mit seinem Problem / Problemen nicht alleine ist, kann schon sehr hilfreich sein.
Mir hat es jedenfalls fast immer geholfen.

Ok auch eine Erfahrung (auch in diesem Forum): Mir hat in meiner CO-Zeit mal jemand hier im Forum verbal dezent in den Popo getreten, immer nach dem Motto "komm doch mal in die Hufe". Auch dies war sehr hilfreich, danach bin ich zu einem C=30-Treffen gefahren.
Aber bitte nicht mit dem Holzhammer !
Schließlich sagt mann uns Schwulen doch ein eher zartes Seelchen nach *smile*

Ok natürlich gilt auch für diese Zeilen, wem sie nicht gefallen oder zusagen, möge sie sofort wieder vergessen. Ich möchte keinen in irgend einer Form ändern oder zu nahe treten.

Liebe Grüße
Fred
Re: Muss man müssen?
10. November 2014 16:44
Hallo Finn,

klar habe ich Liebeskummer ... und sowas von ... ich finde, ich darf das, ist schließlich der erste in meinem Leben.

Mein Kopf will loslassen ... mein Bauch hält fester, als es mir lieb ist. Ich hatte das mit einer "vorsorglichen Trennung" schon mal probiert, weil ich wusste, was passieren würde ... ich musste einen Rückzieher machen, sonst wäre ich zugrunde gegangen ... mit dieser zweiten Tour geht es mir auf jeden Fall besser.

Zum Thema Ratschläge und müssen, denke ich von mir, dass ich viel mehr genau das mache, was Queerman propagiert, nämlich, von meiner eigenen Situation zu erzählen (auch das passt vielen nicht ... immer das selbe)

Im Gegensatz zu manchen hier, die "nicht in die Hufe" kommen, bin ich zumindest durch eine 3 jährige Beziehung durch (was für schwule Kreise ziemlich lang sein soll), und jetzt habe ich eben Liebeskummer ...

Meine Meinung zu bestimmten Themen, die im Beitrag von Finn auf meinen Beziehungskummer "geschoben" werden, hatte ich schon vorher (habe ich bestimmt schon zu geschrieben ...)
Allerdings verwahre ich mich gegen bestimmte Unterstellungen und Verkürzungen in Finns Beitrag, ohne da näher drauf eingehen zu wollen ... grenzt schon ein wenig an persönliche Verunglimpfung, was ich niemals gemacht habe, und was mir sehr negativ auffällt.

Queerman hat recht: es ist tatsächlich so, dass man ab und zu mal einen Tritt in den Allerwertesten braucht, nehme mich da nicht aus.

Finn: Nein, ich muss nicht meine eigene Situation klären BEVOR ... (dann dürfte wohl kaum einer hier schreiben).

Wer von Euch Erkenntnisse und Tips zum Thema Liebeskummer hat ... vielleicht könnten wir ja einen eigenen Faden dazu öffnen ... :-)

lg.
Victor
Re: Muss man müssen?
10. November 2014 17:22
Hallo nochmal,

leider vermisse ich in Finns Beitrag alles das, was er anfordert ... es ist kein Verstehen, keine Reflektion meiner Gefühle ... und vor allem fehlt seine Erfahrung, die Botschaft, "so habe ich es gemacht, überleg mal, ob das nicht was für Dich wäre". ...

Liebeskummer habe ich in Abstufungen seit etwas über einem Jahr, meine Beiträge waren vorher nicht anders als nachher und heute.

Finn, ich nehme Deine Einschätzung meiner Situation hin (ohne sie hier korrigieren zu können ...).
Ich weiß selbst recht genau, was ich bin, was ich habe, was aber nicht heißt, damit immer perfekt umzugehen (zumindest aus der Sicht von Anderen).

Tatsachen und Folgerungen sind kein Holzhammer, manche empfinden es vielleicht so, wenn ich beim Wiederaufkommen des gleichen Themas, manchmal die Formulierung etwas anders wähle ...

Wie Queerman schreibt: Es steht jedem frei, meine Beiträge zu ignorieren ... :-)

lg.
Victor



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 10.11.14 17:24.
Re: Muss man müssen?
10. November 2014 18:33
Hallo Victor,
es tut mir leid Du musst mir da helfen. Ich kann nicht erkennen, wo mein Beitrag an persönliche Verunglimpfung grenzen soll?
Klar darfst Du Liebeskummer haben und klar kannst Du hier Deine Ratschläge und Ansichten herausschreien, aber genauso habe ich hier auch das Recht dazu Stellung zu nehmen. Und Du kannst ja meine Beiträge gerne ignorieren. Das steht Dir frei.
Im übrigen sind alle Zeilen, die ich schreibe aus persönlicher Erfahrung geschrieben, auch wenn ich die Hintergründe, wie Du treffend bemerkt hast, nicht immer offenlege, aber das tust Du ja auch nicht immer....
LG Finn
Re: Muss man müssen?
11. November 2014 13:22
Hallo Victor, hallo zusammen,
hier noch ein kleiner Nachtrag:
ich finde an dem Briefwechsel zwischen mir und Victor kann man gut sehen, dass jeder Beitrag Wirkungen hervorbringt. Beabsichtigte Wirkungen, aber eben auch unbeabsichtigte Wirkungen. So liegt mir nichts ferner als Victor in irgendeiner Weise zu diffamieren. Meine Absicht ist es, sich mit den Wirkungen auseinanderzusetzen, die Victors Beiträge auf mich haben. Klar kann ich diese Wirkungen ignorieren oder mich nur hier zu Hause für mich darüber ärgern. Das habe ich schon oft getan, in letzter Zeit habe ich aber versucht an den Stellen an den ich eine andere Meinung habe, das auch darzustellen. Für mich ist diese Auseinandersetzung mit Victor aber auch eine grundsätzliche Frage, darüber:
Wie kann mir das Forum bei der Bewältigung meiner Probleme helfen? Und da vetrete ich eine andere Meinung als Victor. Mir hilft es, wenn ich Ermutigung bekomme, Beispiele von Menschen die ähnliche Situationen durchlebt haben (und da hat sicher auch Victor eine Menge positiver Beispiele beigetragen) , aber eben auch auf Anlaufstellen hingewiesen werde. Auch den Beitrag von queerman finde ich da sehr aufschlussreich.
Mir hilft es nicht, wenn jemand schreibt: DU MUSST LOSLASSEN. Da würde mich eher interessieren, wie schaffe ich es loszulassen.
Und insofern finde ich auch die Beiträge von Zeev und Folk sehr spannend, die sehr detailliert einen Prozess des Loslassens beschreiben. Ein Loslassen, das den ehemaligen Partner nicht fallen lässt. Ich finde das sehr ermutigend, wenn sowohl Zeev als auch Folk ihre ehemaligen Frauen nicht einfach fallen lassen, sondern in einem nicht immer leichten Prozess darum ringen, wie verschiedene Bedürfnisse verbunden werden können. Aber eben auch beschreiben, was sie sich noch an Entwicklung wünschen. Sehr spannend finde ich dann auch die Einschätzung von Frauen zu lesen, die von ihren Männern verlassen wurden. Das schafft eine sehr breite Sicht auf die Problematik.
Und weil das Forum hier so viele Sichten und Erfahrungen bietet, lese und schreibe ich hier immer wieder gerne.
LG Finn
Re: Muss man müssen?
11. November 2014 20:26
Hi Finn,

Du kommentierst mein "Schreiben" unter meinem Liebeskummer-Aspekt. Die, die mich aus der Vergangenheit kennen wissen, dass ich schon vorher so geschrieben habe.

Jeder hier hat sein Päckchen zu tragen, es beeinflusst sicherlich auch das "Geschreibsel". Bis jetzt haben wir außer dem Schwulsein, Problemen mit Frauen, Kindern, Umgebung , Arbeitsplatz, Familie meistens keine weiteren Privaten oder beruflichen Probleme gewälzt, obwohl jeder von uns gewiss weitere Hürden und Aufgaben zu bewältigen hat ... wenn dann jemand eine davon "öffentlich macht", ist es sehr unpassend (*Zurückhaltung*) sie als Vorwurf zurückzugeben (lös das erstmal)... von daher "Daumen runter".

Natürlich darf ich schreiben, "DU MUSST LOSLASSEN", weil dies aus meiner Sicht der einzige Weg ist, damit klarzukommen

Bei mir trennt sich das in "Erkenntnis", DAS etwas so ist, oder so gemacht werden muss (LOSLASSEN), und den Lösungsweg "wie lasse ich los, unter bestimmten Prämissen und Nebenbedingungen.

Wenn dann jemand fragt: "Wie denn" ... könnte man darauf antworten.
Wie die Abstufungen dabei sind, kann man gut bei mir, bei Zeev, bei Folk und bei den beiden Mädels lesen ...
(hatte das von Dir jetzt nicht im Fokus ... von kann ich von Dir auch nicht die Frage nach dem wie einordnen, denn sie ist theoretischer Natur ... aber wenn das Dein Thema ist ... kannst Du ja mal was dazu schreiben)

Loslassen ist ja ein Prozess, nirgendwo hat das Wörtchen "ganz" oder "total" gestanden, denn das ist auch nicht gemeint. Es kommt immer auf die Abstufung an.

Und manchmal führt schon die Bereitschaft, es notfalls GANZ zu machen dazu, dass etwas passiert, sich die Situation ändert, und man mit einer Zwischenstufe klarkommt.

Zum Thema "Holzhammer" fällt mir noch ein:
Ich kenne Zeev schon "seit Jahren", wir haben eine oder zwei Nächte persönliche Gespräche hinter uns. Ich habe ihn erlebt. Er weiß, wie er meine Worte einzuordnen hat ... ich akzeptiere sein Verhalten und das was er macht, seinen Weg, den er geht.

Ich alleine weiß, was er von dem, was ich damals gesagt habe, bisher umgesetzt hat, was von dem passiert ist, was damals als nie und nimmer möglich und undenkbar galt.

Mittlerweile hat er einen Freund, wohnt woanders ... uuups ... kriegt man so nebenbei mit ... Bingo!
Und wenn er seinen Klamottenstil nicht geändert hat ... ok, damit kann ich leben ;-))

Sein Lebensbild, seine Lebensgeschichte, sein Ablauf ist Teil meiner Erfahrung geworden ...
Ich habe keinen, Grund einen Satz, einen Ratschlag, einen Hinweis, den ich ihm gegeben habe zu bereuen oder zu widerrufen, auch wenn er für manche zu früh oder zu heftig gekommen sein mag.

lg.
Victor
Re: Muss man müssen?
11. November 2014 20:48
Hi zusammen,

da kann ich Finn nur zupflichten, da auch ich (bin nun seit 2002 oder 2003 glaube ich im Forum) von CO30 sehr viel Kraft, Energie und auch Antrieb bekommen war. Es ist richtig: manchmal auch durch einen Fußtritt, aber die meiste Zeit eher dadurch, daß mir diverse Modelle präsentiert wurden, wie andere mit der einen oder anderen Situation umgegangen sind, wie sie noch hadern und nicht weiterkommen, wo sie sich vielleicht auch mal verrannrt haben etc.
Der Holzhammer mag mal eine Notlösung sein, ggf. ist er ab und an auch tatsächlich angebracht, aber das sollte in meinen Augen nicht die Regel sein. Wäre ich als Noch-Nicht-Geouteter auf manchen Kommentar hier gestoßen, wäre ich wohl bis heute nicht geoutet.
Gerade bei Menschen, die eben Angst haben, sie zu outen, die Angst vor einer Welt haben, die ihnen schrill, schräg und falsch erscheint, muss man eher an die Hand nehmen und das eine oder andere zeigen, erklären. Man muss sie ermutigen, nicht schubsen.

Auf gar keinen Fall sollte man Menschen drängen. Ich schreibe (das kann man in über zehn Jahren, da ich hier schreibe auch bei den meisten meiner Beiträge im Bereich COMING OUT nachlesen) fast immer dazu: "Nur meine Meinung, andere mögen es anders sehen. Lies Dir auch die anderen Beiträge durch und schau, was für Dich passt." Denn weder ich noch jemand anderes hier hat die Weisheit mit Löffeln gefressen. Wir sind in aller Regel keine Psychologen, sondern tauschen Erfahrungen aus. Nichts ist falsch - auch nicht Victors/Deine Meinung -, aber es ist eben nur eine Ansicht und nicht Jede/r ist jede/r Meinung gewachsen.

Ich wundere mich auch oft, mit welcher Vehements hier Leute schreiben, die erst davon erzählen, da sie z.B. zunächst eine Beziehung mit einer Frau hatten und sich erst sehr viel später zu ihrer Homosexualität bekannten. Ich gestehe jeder/jedem zu, daß er sich mal einige Zeit verlaufen hat und das kann passieren, vor allem, wenn man eben lange Zeit Angst davor hatte, zu sich selbst zu stehen. Aber ich denke auch, daß man dann mit diesem "Fehler" leben muss und nicht nur sagen darf: Jetzt bin ich aber mal dran. Soll doch meine Frau lernen, damit zu leben.
Man hat nun mal lange Zeit einen Teil verdrängt, hat es damit übrigens anderen Schwulen um sich herum nicht einfacher gemacht, da man ja hetero-er war als mancher Hetero. Und dann macht es KLICK und alle sollen plötzlich akzeptieren, daß man nun eben doch schwul ist.
Die Jahre davor sind aber nicht ausgelöscht, die gehören zu eigenen Biografie dazu.
Ich will nicht sagen, daß mein Weg besser war, aber ich habe zumindest schon früh erkannt, daß ich eher nicht auf Frauen stehe und habe es auch nie einer Frau zugemutet, daß ich es mal mit ihrer probiere (obwohl es da durchaus Angebote gab). Und da ich mit meiner Homosexualität haderte, hatte ich auch nie was mit Männern, sondern hatte eben mit niemanden Sex oder gar eine partnerschaftliche Beziehung. Das geschah, weil ich eben Angst hatte, heute weiß ich, daß das falsch war. Wenngleich auch für mich diese Zeit sehr wichtig war, sie gehört ebenfalls heute zu meiner Bio. Aber ich habe mich weder anderen noch mir gegenüber verstellt. Keine Ahnung, ob das nur gut war.

Aber nur, weil ich damals eben auf meine Mitmenschen Rücksicht nahm (was nie nötig gewesen wäre, weil dann alle gut reagiert haben - ausnahmslos), mag ich mich dann auch nicht später - wie es hier schon passiert ist (ist schon eine Weile her) - mit dem Holzhammer behandeln. Es war damals genauso mein Weg wie es für andere war, die eine Beziehung mit einer Frau hatten. Ich stehe dazu. Und so, wie ich jene akzeptiere, sollten andere meinen Weg akzeptieren, Man kann daraus lernen, das fine ich gut. Aber weder der eine noch der andere Weg war falsch oder richtig, sondern es war der mögliche zu jener Zeit.

Was mir aber dann oft hier passiert ist, daß mich Leute versuchten zu schubsen, die lange Zeit eben in einer scheinbaren Hetero-Beziehung festsaßen, dann daraus ausbrachen und denken: Nun weiß ich aber alles und nur der aktuelle Schritt ist richtig! Warum dann die ganze Zeit des Verdrängens? Immerhin kann ich für mich sagen, daß ich die wenigste Zeit meines Lebens nicht meine Homosexualität verdrängt habe, sondern ich habe sie nur nicht ausgelebt und damit auch - was FÜR MICH falsch gewesen wäre - andere mit hineingezogen.

Jeder hat seinen Weg. Jeder Weg ist anders. Mancher Weg ist uns näher, ein anderer ferner. Lasst uns die Wege erzählen und jede/n selbst auswählen, welcher Weg für den einen / die eine besser ist und welcher schlechter. Lasst uns niemanden schubsen, wenn überhaupt, sollten wir einander ermutigen. Denn das hilft - NUR MEINE MEINUNG - mehr als jemanden was aufzudrängen.

Naja, das waren so ein Gedanken zu dem Thema. Bin etwas abgeschweift, sorry. Aber vielleicht interessiert jemanden ja das Geschriebene. Ansonsten: schnell wieder vergessen :-)))

Liebe Grüße,
sendet
Mickey2.
Re: Muss man müssen?
12. November 2014 03:45
Hallo Victor,
ich verstehe es einfach nicht. Du musst mir jetzt mal die Unterschiede erklären. Wenn Du jemanden sagst "er soll loslassen", dann ist das ok. Aber wenn ich bei Dir diese Methode einfach mal aufgegriffen habe und Dir sage, es wäre wichtig zu schauen, wie Du Deinen Freund loslassen kannst, dann ist das nicht ok. Finde ich einfach nur merkwürdig, wenn die Methoden die Du auf andere anwendest, wenn ich sie mal auf Dich anwende, nicht mehr ok sind. Und da sind wir wieder bei meinem Thema: Welche Wirkungen haben Beiträge, die hier geschrieben werden. Da komme ich einfach ins Grübeln, ob die von Dir verwandte Methode wirklich so effektiv ist. Wenn Du total beleidigt bist, wenn ich sie mal auf Dich anwende. Und Du dann sehr ähnliche Reaktionen zeigst, wie andere sie auf Deine Beiträge zeigen. Und auf diesen Aspekt wollte ich Dich mit meinen Beiträgen hinweisen.
LG Finn



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 12.11.14 04:02.
Re: Muss man müssen?
12. November 2014 13:37
Hallo Finn,
nein, ich bin nicht beleidigt, dazu kennen wir uns zu wenig.

Wenn ich gefragt hätte ... was soll ich machen, mit meinem Freund, dann wäre ein Ratschlag "loslassen" nicht falsch ... aber ich habe nicht gefragt, und es ist kein Liebeskummerforum (die Leute dort, dürfen das schreiben!)

Zu Hause habe ich eine Frau, einen Sohn und eine Tochter, bin da also mit Ratschlägen gut eingedeckt.
(im Gegensatz zu verdeckten Schwulen, die zu Hause meist niemanden haben, um zu reden)

---

Du benutzt meine Liebessituation, die ich ab und zu mal einfließen lasse, um meine Beiträge "mies zu machen", das mag ich nicht.

Und Oberlehrer, die mal eben was auf mich anwenden, von dem sie glauben, dass ich das gerade eben auch gemacht habe, kann ich überhaupt nicht leiden.

Ich würde Deine "Fußpilzsitutation" auch nicht umfunktionieren, um Deine Beiträge in anderem Licht darzustellen oder um Mäßigung oder was anderes zu bitten. (hast ja auch nicht danach gefragt, ist ja nicht das Fußpilzforum)

---

Dass ich immer den Holzhammer schwinge stimmt auch nicht.

Mir hat es geholfen, als damals jemand die Situation auf den Punkt brachte und einfach sagte ... "und??? was wäre jetzt wirklich so schlimm daran, wenn es so käme, wie Du denkst" ... genauso ist es, der Worst-Case ist im Coming-Out-Fall fast immer ganz nahe am Best-Case ... der Worst-Worst-Case ist immer im eigenen Kopf ... die Leute gewöhne sich ziemlich schnell an einen jetzt schwulen Kumpel oder Vater, wenn er es nur konsequent genug lebt, und keinen Schiss vor sich selbst hat.

Die Mischung machts, die einen schubsen, die anderen "pflegen", niemand kann beides gleich gut. Jeder schätzt die Situation anders ein. Dafür ist es ein Forum ... und viele kommen zu Wort :-)

Mittlerweile weiß ich aber auch, dass manche Leute gar keine echte Lösung suchen, sondern sich an ihrem Problem noch eine Weile hochziehen möchten, sich selbst bedauern, und von "wissenden" anderen bedauern lassen ... ok, kann ja jeder machen und suchen wie er möchte ... aber dieses "Berufsbedauern" ist nicht meine Sache ...

Und wenn es bei einigen lange oder länger dauert ... ist das bestimmt nicht auf eine Antwort oder ein Forumsmitglied zurückzuführen.

lg.
Victor



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 12.11.14 13:52.
Re: Muss man müssen?
12. November 2014 23:29
Hi Victor,

Du hast recht, beides kann helfen: "Holzhammer" und "Pflegen" - und alles dazwischen. Aber es ist manchmal gut, den Holzhammer nicht als zu zerschmetternd wirken zu lassen. Vielleicht ist da Deine Absicht sehr gut, aber kennzeichne sie vielleicht zumindest ansatzweise so, daß man dennoch das Gefühl hat, man hat selbst noch eine Wahl.
DU weist, daß Du es auch gut meinst, aber vielleicht eine Person, die sich wahnsinnig überwinden muss, um hier zu schreiben, die manchmal gar nicht weis, ob sie nicht schon zu viele Schritte nach vorne gemancht hat, die ist sich dessen vielleicht nicht bewußt. Und es ist schade, wenn die Leute manchmal ihren Kopf wieder völlig aus der Türritze ziehen, wohinein sie sich gerade mal gewagt haben.

Du hast recht: bei manchen Leuten denkt man schon, die wollen vielleicht nur jammern und ich las auch schon die Geschichten mancher "Schüttelkandidaten" und dachte: Mensch, nun gib Dir mal einen Ruck.
Aber bei Vielen habe ich auch bemerkt, daß sie halt noch nicht soweit sind. Ich wußte bei mir ja auch, wann der Zeitpunkt war, einen weiteren Schritt zu machen. Einer war sehr früh, da erzählte ich es meinem besten Freund. Dann geschah lange nichts, dann outete sich ein anderer Freund bei mir und ich mich natürlich dann auch zurück. Dann dauerte es wieder, bis ich den inneren Drang hatte, mich bei einem weiteren guten Freund zu outen. Und danach rutschte es nach und nach.
Aber es dauerte wiederum zwei Jahre, bis ich es meiner Mutter sagte.
Ich glaube, die Pausen brauchte ich, um nachzukommen und den genügenden Leidensdruck zu haben. Ich glaube, wäre ich jeweils vorher in eine CO-Situation geraten, wäre ich gefühlstechnisch überfahren gewesen. Allerdings war es auch wichtig, den "Punkt" nicht zu verpassen. Aber in den meisten Fällen war es eben an mir, diesen Punkt zu erkennen. Von außen konnte mich niemand stoßen, das hätte bei mir nicht funktioniert.

Ich kann daher nachvollziehen, daß hier im Forum manchen gerade noch hineinspringen, dann aber erstmal an der Forumskante - wie auf einem Floss nach einem Schiffsbruch - liegenbleiben und sich von der ersten Aktion, hier zu lesen und schreiben, erholen. Klar, sie müssen dann irgendwann wohl weitermachen, aber ggf. müssen sie gefühlstechnisch erstmal das verarbeiten, was sie schon geschafft haben. Das mag dann von außen frustrierend wirken, wenn so gar nichts weiter passiert und diese noch ihre Wunden lecken, aber das braucht es vielleicht manchmal.

Wie gesagt: manchmal ist ja ein Ermutigen dann auch gut. Und ein Begleiten. Und ich bin mir sicher, daß Du es wie wir alle nur gut meinst. Mache das, was Du ja selbst schreibst - daß Du es ja auch nur als EINE gut gemeinte Möglichkeit meinst, doch einfach noch kenntlicher. Das würde manchmal helfen, glaube ich.

Liebe Grüße,
Mickey2.
Re: Muss man müssen?
13. November 2014 13:38
Hallo zusammen,
neben dem "Müssen", den Wirkungen von Beiträgen, war auch das "Loslassen" ein Thema dieses Threads. Nun möchte ich diesen Thread loslassen, weil ich alles, was mir wichtig ist, gesagt habe. Ich danke allen für die Anteilnahme und die kritische Auseinandersetzung, sei es hier im Forum, per PN oder in meinem Freundeskreis, oder aber auch einfach durchs Lesen.

Möge jeder aus diesem Thread das nehmen, was ihm gut tut und das liegen lassen, was ihm nicht gut tut.
LG Finn
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