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Conchita Wurst - gut oder riskant?

geschrieben von Mickey2 
Conchita Wurst - gut oder riskant?
14. Mai 2014 23:39
Hi zusammen,

in den letzten Tagen dachte ich viel über Conchita Wurst nach und weiß nicht so genau, was ich von ihr halten soll.
Zunächst: der Sieg beim ESC geht für mich in Ordnung, der Song war gut (sehr bond-mäßig), die Stimme auch und der Auftritt ebenso.

Ich muss gestehen, daß ich anfangs mit Conchita Wurst auch Probleme hatte und sie gar nicht meine Favoritin war. Dabei wunderte ich mich über mich selbst. Ich glaube, es liegt daran, daß viele homophoben Länder oder Menschen nun wieder wegen ihr alles zusammen würfeln und denken, "alle Lesben oder Schwulen" seien genau so. Das sei nun das, was sie anstreben. Und das ist eben nicht so. Das ist EINE Form, sich auszuleben, Conchita Wurst ist eine Drag Queen (wen ich es recht verstehe), aber deswegen keine typische Lesbe, kein typischer Schwuler, sie ist weder umoperiert noch sonstwas. Sie ist EINE Variante, sie ist legitim, es ist o.k. und ich finde sie auch ein Stück weit unterhaltsam.
Und wenn ich dann die überzogenen Reaktionen z.B. der Türkei sehe, die ja verkündet, daß sie "nie wieder" am ESC teilnimmt, dann stehe ich wieder voll hinter Conchita Wurst ...

Aber ich treffe gerade auf viele Leute, die, weil ich schwul bin, mir nun auf die Schulter klopfen und sagen: Toll! Ich sage dann: ja, finde ich auch für Conchita Wurst, kann aber keinen Zusammenhang zu mir selbst finden. Ich habe wenig Ambitionen, mir ein Glitzerkleid anzuziehen und mir dazu einen Bart wachsen zu lassen. An Fasnet/Karneval war ich auch schon mal Frau, aber dann eher wegen des Anlasses. Und dort fand ich es o.k.

Wie geht es denn Euch? Fühlt Ihr Euch von Conchita Wurst repräsentiert? Ebnet sie in Euren Auge uns allen den Weg? Oder reizt sie vielmehr die Gemüter und homophone Menschen gewinnen Oberwasser, weil viele Menschen, die ansich ein Stück wiet tolerant sind, dann doch in die andere Richtung kippen?

Ist es derzeit eher klug, noch zu provozieren, oder sollte man der "Welt" zeigen, daß "wir" (wer sind "wir"?) "ganz normal" sind, daß man "uns" nicht fürchten muss und wir einfach zur Gesellschaft gehören. Weckt eine extren schrille Person nicht eher schlummernde Homophobie, statt sie nach und nach verschwinden zu lassen? Ist eine Conchita Wurst nicht Öl in den Mühlen der Gegner des Bildungsplanes? Denken die jetzt nicht: "Jetzt haben sie ihr wahres Gesicht gezeigt"?

Bin da echt hin und her gerissen.

Aber irgendwie bin ich auch froh, daß es Conchita Wurst gibt ;-)

Liebe Grüße,
Mickey2.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 14.05.14 23:55.
Re: Conchita Wurst - gut oder riskant?
15. Mai 2014 00:05
Ein Meinung, die ich gerade bei Youtube fand: [www.youtube.com]
Re: Conchita Wurst - gut oder riskant?
15. Mai 2014 13:36
Hallo zusammen,

seit einiger Zeit wuchs in mir diese Ansicht: Wir sind doch in der Mehrheit ganz normale, bürgerliche Leute, keine Dragqueens, Tunten oder was weiß ich. Die meisten von uns würden sich auch wohl kaum im knappen Höschen oder in Leder auf einen Wagen stellen und an einem CSD teilnehmen.

Sollten wir also nicht dafür eintreten, entsprechend leiser aufzutreten? Uns dafür einsetzen, integriert anstatt herausgestellt zu werden? Zu versuchen, dem Missverständnis, dass die meisten Schwulen so seien, in der Bevölkerung entgegen zu wirken? Auf diese Weise jungen Menschen (und in unserem Forum auch etwas älteren) die Akzeptanz ihrer eigenen Sexualität zu erleichtern?

Das Video oben hat mich eines Besseren überzeugt. Wir sind noch lange nicht da angekommen, wo wir hinwollen. Als kleiner Kommunalpolitiker habe ich eines gelernt: Man muss Botschaften gebetsmühlenartig wiederholen, wiederholen, wiederholen, bis man sie selber nicht mehr hören mag. Dann erst beginnen sie langsam, in der Bevölkerung anzukommen. Und die Botschaften müssen zugespitzt sein, grell, marktschreierisch, sonst gehen sie im der Flut unserer Werbewelt hoffnungslos unter.
Also lasst uns diejenigen unter uns, die den Mut und das Naturell haben, sich zu exponieren, unterstützen. Sie sind unsere Speerspitze. Conchita ist nur eine unter vielen, im Moment halt besonders im Auge der Medien. Aber in ein paar Wochen, ein paar Monaten wird das verflogen sein. Wer spricht noch von Thomas Hitzlsberger? Unsere Zeit ist schnelllebig und das Verfallsdatum von Nachrichten kurz. Wir müssen am Ball bleiben!

Ja, ich fühle mich von Conchita Wurst repräsentiert, obwohl ich mir in so einem Outfit schlicht blöd vorkommen würde.
Am Samstag des ESC habe ich nachmittags das Youtube-Video mit Conchitas Song auf den PC gestellt und meine Frau, die noch nichts davon gehört hatte, gebeten, es sich anzusehen und zu hören. Als Conchitas Gesicht sichtbar wurde, hat sie einmal "Oh mein Gott!" gesagt und dann fasziniert zugehört. Und mich dann angelächelt und gesagt: "Die wird gewinnen!" An dem Abend haben wir beide für sie angerufen. Das sie in Deutschland nur auf 7 gekommen ist, lag an dieser konservativ besetzten Jury.
Aber es hat ja geklappt. Und als der Sieg klar war, hat es mich richtig gepackt, als ob es mein eigener gewesen wäre. Es klingt in mir nach. Es war ein politisches Statement aus ganz Europa: Wir sind auf dem richtigen Weg!

Aber das ist kein Grund, jetzt locker zu lassen!

Schöne Grüße

Volker
Re: Conchita Wurst - gut oder riskant?
15. Mai 2014 14:25
Hallo,

ich denke, es hat beim ESC ein Lied gewonnen, dass bezüglich musikalischer Ausstattung, Bühneneffekten und Gesang die beste Kombination geboten hat.

Wie sagte ein Mitschauer, "das Lied, die Musik, der Rhythmus muss ins Herz gehen, erst dann sehe ich mir die Sänger an" ... recht hat er.

Aus "Gay"-Gesichtspunkten gab es jede Menge "Highlitghts", die ein G (für geil) oder GG oder GGGG verdient hätten ... aber das war es dann auch (Griechenland, Frankreich, oder die Hirten aus Malta ...)

Von den Hetero-Abstürzen, die mit praller Brust auf der Bühne rumkullerten (Polen??) möchte ich garnicht reden :-(

Nein, ich fühle mich von "Concita Wurst" NICHT repräsentiert, und in Sachen "Repräsentation schwuler Männer" bin ich da auch skeptisch.

Noch viel schlimmer war diese "aufgetakelte" rumstelzende Transe in der deutschen "After-Show", die der Schöneberger mit dem Brust-"Enhancer" in der Hand vollmundig verkündete, "jetzt geht nichts mehr ohne Schwule" ... (oder so ähnlich)

NEIN, sowas will kein "normaler" schwuler Mann sein ... auch nicht schlank, im Glitzerkostüm, ohne Brüste, mit Langhaarperücke und sehr dezemtem Vollbart ... ein Traum zum ansehen, aber nicht zum SEIN!

Leider landen in den Medien immer diese "Karnevallskostüme", die aufgetaktelten Transen, oder die bunten Kerle mit Regenbogenoutfit und Handtäschchen ...

Diese öffentliche Darstellung parkt alle "normal schwulen" Männer und Jungs in ihrem Versteck ... die wollen nämlich Lachen, Raufen, Theater spielen, Tanzen, Ausgehen, und mit einem Jungen oder einem Mann flirten ... ohne Karnevalsoutfit, und ohne Klimbim, nicht drüber reden, sondern es sein (aber das ist wohl schwer darzustellen)

Ist die Frage, ob Concita Wurst auch gewonnen hätte, wenn er als gut gestylter Mann aufgetreten wäre ... eben nicht als Bond-Girl, sondern als BOND (oder Bond-Boy) :-)

Liebe Grüße
Victor
Re: Conchita Wurst - gut oder riskant?
15. Mai 2014 14:58
Ja, so geht es mir auch ... Mir ging es so, daß ich mich freue, daß Conchita Wurst gewonnen hat und damit auch ein wenig für eine bestimmte Personengruppe geworben hat. Dafür hat sie meinen absoluten ungeteilten Respekt. Aber ich habe nur bedingt das Gefühl, daß sie FÜR MICH geworben hat.
Ich habe da echt viel in den letzten Tagen drüber nachgedacht, weil ich mir WÜNSCHTE, daß ich mich von ihr repräsentiert fühlen würde, aber ich tue es nicht. Ich tue es immer nur dann, wenn ich homophobe Kommentare höre, die alles in einen Topf werfen und nun gegen alle Nicht-Heterosexuellen Menschen wettern. Dann fühle ich mich negativ angesprochen. Und ich stehe in dem Fall auch voll und ganz zu Conchita Wurst, weil ich nicht möchte, daß jemand diskriminiert wird.
Aber ich stünde auch neben einem mißhandelten Kind, neben einem behinderten Menschen, neben einem Ausländer etc. etc. etc. Ich möchte einfach nicht, daß in unserer Gesellschaft jemand diskriminiert wird.
Aber wenn ich nun mal Drag Queens sehe, dann finde ich diese oft schön, spannend, mutig, engagiert ... alles mögliche denke ich über sie, aber eigentlich nie, daß sie was mit mir zu tun haben.
Ich fühle mich eher als "Normalo", ich bin schwul, aber ansonsten mag ich gar nicht sooooo auffällig sein. Da bin ich vielleicht manchen Hetero näher als manchem Paradiesvogel (im positiven Sinne) aus der "Szene".
Nur mein Kopf sagt mir dann: Du musst Dich auch diesen Leuten zugehörig fühlen ... Aber ich tue es nicht ... So sehr ich mir das immer einrede.

Ja, an Fasnet ging ich als Frau zu einem Ball, aber das war für mich nicht die Erfüllung eines Bedürfnisses, sondern ein Gag, eine Verkleidung. Ich kann mir genausogut vorstellen, nächstes Jahr als - was weiß ich - Indianer zu gehen o.ä. Sicher ist es noch ein besonderer Gag, sich als Frau zu verkleiden, es verlangte mir auch etwas mehr Mut ab, als daß ich mich als Indianer verkleidet hätte. Aber das wars dann auch ...

Und ich fühle mich als Schwuler voll als Mann, ich verbiege keine Handgelenke, rede nicht höher (ganz im Gegenteil), ich treffe gerne andere Männer, aber eben, weil sie Männer sind.

Und ich habe auch das Gefühl, daß "nicht-extreme" Schwule auch in unserer Gesellschaft weitgehend akzeptiert sind (nicht ganz, das ist mir bewußt). Probleme gibt es oft, wenn man zu schrill ist, zu auffällig oder wenn man provoziert. Aber ich kann auch gut mit Heteros, nerven tun sie mich, wenn sie nur noch anderen Frauen hinterherpfeifen, proletenhaft auftreten, ihre Sexualität zu stark herausstellen. Dann reagiere ich manchmal auch und sage: "Muss das sein."

Ich denke oft: vielleicht muss sich die Gesellschaft auch erst einmal "an uns" gewöhnen, "wir" müssen Normalität für sie werden. Die Heteros müssen merken: Oh, ich kenne ja sogar einige Lesben und Schwule, und mir fiel das gar nicht sofort auf. Heteros sollten ja keine "Berührungsängste" mit uns haben. Dann kommt das Verständnis und die Toleranz schon hinterher - hoffe ich.
Aber das braucht Zeit, wir können nicht alles sofort erreichen. Wenn ich sehe, was in den letzten 25 Jahren in Deutschland alles erreicht wurde, dann finde ich das schon gut. Klar darf es nicht dabei bleiben, aber ich finde es auch wichtig, daß wir das Erreichte erstmal abspeichern und sichern.

Wenn in unserer Gesellschaft Schwule, Lesben, Transmenschen etc. "ganz normal" mit Heteros leben, dann kann das auch ein Beispiel für Ländern und Völker sein, die heute noch skeptisch bis homophob agieren. Änderungen in den Köpfen können nur durch Überzeugung und Vertrauen erreicht werden, nicht durch Zwang. Das geht selten gut.

Aber nochmal: ich freue mich über Conchita Wurst und bewundere auch den Mut, das Engagement von ihr/ihm. Und ich weiß auch, daß er/sie einen völlig anderen - auch legitimen - Ansatz hat. Es gibt ja auch sicher nicht nur einen Weg.
Aber ob der seltsame Lehrer aus dem Schwarzwald und seine Kumpanen, die gerade so vehement den Bildungsplan in Baden-Württemberg bekämpfen, durch Conchita Wurst von ihren Vorurteilen geheilt wurden, wage ich zu bezweifeln. Vielmehr fürchte ich, daß die Front größer wird und noch mehr unsichere Homophobe in ihren Arme flüchten. Die Türkei macht es ja gerade leider vor ...

Liebe Grüße,
Mickey2 :-)
Re: Conchita Wurst - gut oder riskant?
15. Mai 2014 18:11
Gut oder riskant ? Warum "oder" ?

Conchita Wurst ist ein politisches Statement !!! Sowas ist immer riskant winking smiley

Ganz ehrlich, am Anfang dachte ich bei ihr: "Warum nennt sich so jemand so dämlich, wenn er/sie ernst genommen werden will ? Erst als ich ihre Interviews dazu gesehen hatte, habe ich denn Sinn dahinter verstanden.
Machen sich ihre Gegner diese Mühe auch...natürlich nicht, tun sie nie. Aber ich fand's konsequent und schlüssig.
Ich gehe da also mit Volker und dem Herrn im o.g. Video: "Solche Statements müssen laut und bunt sein um gesehen bzw. gehört zu werden."

Dieses Ziel hat Frau Wurst zu 100% erreicht ! Daumen hoch dafür. Ich habe einige Heteros gesprochen die meinten: "Der Transvestit hat gewonnen, das war wegen Putin !" Und die fanden das gut !!!"
Ich sag nur : "Gehört und verstanden - gut so !" Natürlich polarisiert so etwas, aber das tut es halt immer.

Aber Conchita ist auch anders, als so manche ...die ich kenne. Sie hat Stil und sie ist nicht blöd winking smiley
Sie repräsentiert mich einerseits, weil ...sie ist anders. Sie repräsentiert mich auch wieder nicht, weil... ich bin kein Transvestit, keine Kunstfigur, ich bin real.

Dagegen kann ich auch all die anderen Argumente nachvollziehen.
CSD vor 2 Jahren in Dresden: Motto "Gleiche Pflichten- gleiche Rechte".... volltrunkene Schwule die ihren nackten Arsch vom Festwagen runter in die Kamera halten...repräsentiert mich das ? NEIN !!!...ist das irgendein Statement ? vermutlich auch...aber nicht MEINS !!! Bringt uns das weiter in der Akzeptanz in der Normalo-Bevölkerung...wohl kaum !!!
Tüdelü (schwulesbitrans* Stadtfest) in Chemnitz 2013. Zwei Transvestiten auf der Bühne "überzeugen" mit ihren obszönen Witzen und Anmachen die vorbeilaufenden Besucher von "unserer Normalität"? ...what the f... ???

Manchmal verstehe ich die queere Szene nicht !!! Da bin ich dann voll bei Mickey.

Fazit: Ich weiß es auch nicht spinning smiley sticking its tongue out

LG Billy
Re: Conchita Wurst - gut oder riskant?
15. Mai 2014 20:50
...ich habe mir gerade mal das Interview bei Stern-TV angesehen.


[rtl-now.rtl.de]
Re: Conchita Wurst - gut oder riskant?
15. Mai 2014 21:33
und wie findest du's ?

Ich hab's mir auch gerade angesehen (danke für den Link) da ich das Original verpasst habe...

...und jetzt finde ich sie noch sympathischer. Sie ist clever und sie nutzt die Gunst der Stunde um ihre/unsere !!!
Anliegen der breiten Masse mit einem charmanten Lächeln auf den Tisch zu knallen.
NETT winking smiley



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 15.05.14 21:35.
Re: Conchita Wurst - gut oder riskant?
18. Mai 2014 15:02
So wie Hape Kerkeling den Horst Schlemmer dargestellt hat, glaubhaft überzeugend, stellt Tom Neuwirth Frau Conchita Wurst dar. Im normalen Leben lebt er aber als Mann mit einem Mann zusammen und ist auch wie ein Mann angezogen. Wurst ist nur eine Kunstfigur für die Öffentlichkeit, die für Toleranz kämpft und zwar nicht nur gegenüber Homosexualität.

Ich finde das Statement von Frau Wurst genial. Ich erwarte mir nicht, dass sie mich repräsentiert. Sie ist ein Star, der eine Botschaft hat. Als Tom Neuwirth himself, der übrigens optisch viel schöner als die Wurst ist, wäre weder Botschaft noch Songcontestgewinn erreicht worden. Daher ist es ganz toll was hier passiert ist.
Re: Conchita Wurst - gut oder riskant?
18. Mai 2014 22:34
Ja, er sieht privat ganz gut aus, finde ich auch :-)

Würde aber die Welt genauso gut reagieren, wenn eine 80jährige für rüstige Rentner beim ESC werben würde? Oder eine Mensch mit spastischer Lähmung (wie meine Schwester) für ihre Behinderung? Vielleicht ... Oder würde die Menschen dann sagen: das ist ein Gesangswettbewerb, das gehört nicht hierher?

Ich bin mir nicht so sicher ... obwohl ich es ja gut finde, was dieser Typ aus Österreich so schaffte. Aber mich sorgt eben auch, daß die Homophobei vieler Menschen dadurch eher wieder größer wird, und genau dagegen arbeite ich halt täglich in meinem bescheidenen Umfeld.
Re: Conchita Wurst - gut oder riskant?
19. Mai 2014 05:56
Hallo Mickey,

Quote
Mickey2
Aber mich sorgt eben auch, daß die Homophobei vieler Menschen dadurch eher wieder größer wird, und genau dagegen arbeite ich halt täglich in meinem bescheidenen Umfeld.

Das tue ich doch in meiner Weise auch. Dennoch sind die schrillen Elemente ein wichtiger Anteil des Gesamtpaketes an Aktivitäten. Das menschliche Gehirn wird durch Wiederholung eines intensiven Reizes an ihn gewöhnt, man nimmt ihn nicht mehr als intensiv wahr. Aber ohne die intensiven Reize werden wir nicht wahrgenommen. Und solange wir legitime Forderungen haben, die nicht umgesetzt sind, müssen wir wahrgenommen werden.

Du und ich, wir kennen ja bei Dir im Süden ein Paar, die da sehr aktiv sind. Mich würde mal interessieren, wie die davon denken. Denn auf ihre Art sind die selbst überhaupt nicht leise. Aber sie sind voll geoutet, leben in der Öffentlichkeit, konfrontieren ihre Umgebung jeden Tag mit ihrem Schwulsein und formen sie so langsam in die richtige Richtung. Oder Du mit Deinen Filmprojekten. Aber das erreicht in der Regel begrenzte Kreise, die auch schon aufnahmebereit sind.

Aber wir brauchen auch die gelegentlich schrillen Töne, weil sie über die begrenzten Kreise hinaus durchdringen und gelegentlich den Wahrnehmungsschleier zerreißen, den die meisten gerne über uns legen. Diejenigen für einen Augenblick zu sehen zwingen, was sie nicht sehen wollen.

Schöne Grüße

Volker
Re: Conchita Wurst - gut oder riskant?
19. Mai 2014 09:17
Hallo
Quote
Mickey2
Würde aber die Welt genauso gut reagieren, wenn eine 80jährige für rüstige Rentner beim ESC werben würde? Oder eine Mensch mit spastischer Lähmung (wie meine Schwester) für ihre Behinderung? Vielleicht ... Oder würde die Menschen dann sagen: das ist ein Gesangswettbewerb, das gehört nicht hierher?

sorry, das ist aus meiner Sicht die falsche Richtung ... es geht wieder um allgemeine Toleranz etc.

Das Ganze war ein "Gesangs- und Musikwettbewerb". Aus guten Gründen treten da nur Leute auf, die irgendwie singen können oder zumindest eine Art von "angenehmer Musik" produzieren und darbieten können.

Die Omis aus einem "östlichen Land" vom letzten Jahr sind dafür ein Beispiel. Keine Ahnung, ob ein Mensch mit spastischer Lähmung Musik so darbieten kann, dass er "Punkte" bekommen würde. Im klassischen Fach gibt es einen Bariton, der trotz Behinderung (Contergan) eine Art Karriere gemacht hat.

Von daher stehen auch den polnischen busenschwenkenden Mädels ihre Punkte zu, wenn ihre musikalische Darbietung gefallen hat.

Unter dem Aspekt, dass sowieso viele Künstler eine "Kunstfigur" darstellen und von Managern und Medien dazu gemacht werden, ist Concita Wurst für sich genommen eigentlich unabhängig von Homosexualität oder Geschlecht.
(In der Historie gab es berühmte Sänger, Kastraten, die waren ja auch irgendwie eine "Kunstfigur" ... ohne etwas gesellschaftspolitisch darstellen zu wollen oder zu müssen ...)

Von daher gönne ich es "ihr" (oder Ihm), ohne ihren (oder seinen) Erfolg oder Werdegang auf mich oder schwule oder homosexuelle Menschen zu beziehen.

lg.
Victor
Re: Conchita Wurst - gut oder riskant?
19. Mai 2014 11:27
Hi Victor,

ist mir unheimlich, aber ich bin da ganz Deiner Meinung. Es ist zum einen ja auch mein Problem, daß ich nicht sicher bin, ob man einen Musikwettbewerb unbedingt nutzen sollte, um auf irgendwelche Gruppen in der Gesellschaft oder politische Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen. Jetzt schreien viele Nicht-Heterosexuelle Menschen jubilierend auf, weil einer "von uns" gewonnen hat. Ich will das Conchitta Wurst auch nicht absprechen, ich finde es toll, daß sie gewonnen hat und ihr Song war in meinen Ohren auch gut. Aber ich hoffe, daß sie nicht deswegen gewonnen hat, weil sie eben eine Mischung aus Frau und Mann war. Bestenfalls finde ich es bemerkenswert, daß sie es TROTZDEM geschafft hat.

Meine Frage war ja dahingehend, ob "wir" auch so tolerant und begeistert wäre, würde sich da eben andere Gruppen der Gesellschaft präsentieren? Und wenn der ESC dann plötzlich nur noch politisch würde oder eine Plattform von "Den Gegnern zeigen wir es mal". Was ist gut daran, daß die Türkei zum Beispiel nun gar nicht mehr mitmacht und dadurch auch nicht mehr "erreichbar" ist? Wenn am Ende nur die Länder dabei bleiben, die eh relativ tolerant sind und sich dann nur bestätigend auf die Schulter klopfen? Wenn die Homophoben sich dadurch andererseits auch nur noch bestätigt fühlen und noch mehr zu machen?

Es ist sicher gut, daß man auch mal schrill ist, keine Frage. Das war und ist sicher sehr wichtig. Ich finde es aber genauso wichtig, zu zeigen, daß z.B. wir Schwulen und Lesben keinen Aliens sind, sondern mit heterosexuellen Menschen eigentlich das meiste gemein haben, nur daß wir eben das eigene Geschlecht anziehender finden als das andere. Ich will ja ZUSAMMEN mit allen anderen Menschen leben und nicht in einem Ghetto und nur unter Lesben und Schwulen etc.

Das mögen andere anders sehen, und das ist legitim, aber dennoch fühle ich mich selbst nur bedingt wohl dabei, daß mir gerade nette Heteros auf die Schulter klopfen und sagen: "Hey, super. Eure Conchita hat gewonnen. Finde die auch toll." Denn es ist eben nicht "meine", ich schaute die genauso verwundert und irritiert an wie mancher Hetero. Ich neige nicht im Ansatz dazu, so auszusehen. Ich finde das Aussehen nicht schlimm. Ich neige aber auch nicht dazu, Chinese sein zu wollen, aber das ist nichts gegen Chinesen. Oder, oder, oder ...

Und der ESC ist in erster Linie ein Gesangswettbewerb, die Pornodarstellerinnen (auch wenn es Männer gewesen wären) bei den Polen hätte es für mich auch nicht gebraucht. War lustig und wir haben beim Schauen auch darüber geredet, aber auch der Song war o.k. Und der zählte für mich.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 19.05.14 15:20.
Re: Conchita Wurst - gut oder riskant?
19. Mai 2014 15:07
Hallo Mickey,

da hast du was wares gesagt.

Auch die Porno-Mädels aus Polen waren gesanglich nicht so schlecht, da landeten manche "geilen Buben" auf den hinteren plätzen.

"Intern" oder für mich wollte ich Concita nicht auf einen vorderen Platz wählen. Allerdings im Schnelldurchlauf wurde klar, dass der Song wirklich gut war, und sie/er wirklich gut singen konnte. Andere Darbietungen ließen da zu wünschen.

Von daher von mir erst "Punkte" nachdem das Thema des Abends "erfüllt" war, nämlich Musik und Gesang auf einem der vorderen Plätze.

Ich hoffe, das sehen viele so!

lg.
Victor

P.S. allerdings kräht musikalisch schon jetzt kein Hahn mehr nach den Darstellern und den Musikstücken aus dem ESC, ist genauso, wie in fast allen Jahren vorher ... interessiert später keinen Menschen mehr :-)
Re: Conchita Wurst - gut oder riskant?
24. Mai 2014 19:16
Dieses Thema ist eines von solchen, wo ich einerseits weiß was ich will, andererseits dann doch nicht die passenden Worte finde, ich versuche es daher einfach mal.

- Mir persönlich ist es gleich wer es tut. Solange wie der gewählte Weg legitim ist, die Botschaft verstanden wird und die, welche gegen uns sind, merken dass wir nicht aufgeben bis wir unsere Ziele erreicht haben (was bekanntlich noch nicht der Fall ist).

- Die Überschrift sollte gut und riskant! lauten.
Re: Conchita Wurst - gut oder riskant?
25. Mai 2014 01:53
Ja, ich denke auch, daß "wir" - wer auch immer das sein mag - nicht aufgeben dürfen. Aber ich habe auch Angst davor - große sogar! -, daß bereits schon Erreichtes verloren geht, weil die Homophoben immer mehr Anhänger finden.
Ich denke nach wie vor, es muss in den Köpfen der Menschen ankommen, daß es hetero, homo und trans gibt, daß keiner vor dem anderen Angst zu haben braucht und dadurch niemand zu schaden kommt - und die Welt deshalb auch nicht ausstirbt. Aber Akzeptanz kommt in meinen Augen von Vertrauen, Verstehen und einem Miteinander. Indem man skeptische Menschen stets schockt, gewinnt man sie nicht. Man will ja keinen Krieg und ihnen dann einen andere Meinung aufzwingen. Wir sollten versuchen, ihnen zu beweisen, daß "wir" "wie sie" sind, daß wir keine Aliens und Schreckgespenster sind, sondern daß wir alle zusammen die Gesellschaft bilden.
Was bringt es, wenn sich ganze Länder wie viele im Osten oder in Afrika zurückziehen?
Was bringt es, wenn die Türkei einfach gar nicht mehr beim ESC mitmacht und wir gar nicht mehr "friedlich demonstrieren" können? Wie soll man die Menschen dort erreichen? Facebook und Twitter sind ja auch kaum noch zugänglich dort?
Ich bin ja ab und an z.B. in Russland oder russlandfreundlichen Ländern und Gesellschaften, und es war schon mal in Sachen Homosexualität "lockerer" dort. Da ist viel verloren gegangen, und Conchita Wurst ist zwar ein netter versteckter Durchhalte-Gruß für die Homosexuellen dort, gleichzeitig werden die Schwulen und Lesben aber noch mehr von ihren Nachbarn verachtet, weil diese denken: in Wahrheit sind meine Nachbarn auch kleine Conchitas ... Wenn in solchen Ländern "normale Schwule und Lesben" hinter einer schrillen Figur verschwunden, haben sie kaum eine Chance, zu beweisen, daß man sie eben nicht als "schräg" empfinden muss.
Und in Deutschland denke ich, daß wir schon sehr weit sind. Klar: es muss weitergehen, aber es ist viel erreicht und nun sollten wir vielmehr der Gesellschaft Zeit lassen, das Errungene zu verdauen, damit wir nicht wieder Errungenes verlieren. Vor Letzterem habe ich eher Angst, wenn ich die Demos in Frankreich oder auch in Stuttgart mitbekomme.

Ich will nicht "kneifen", sondern "Verschnaufen Lassen", um in Wahrheit weiterzukommen.
Ich erlebe es ja auch bei Menschen, die schwul sind und sich nicht trauen, sich zu outen, weil sie eben auch von den schrillen Bildern geprägt sind und nicht von den "Normalos". Deswegen habe auch ich mich lange nich geoutet, weil ich dachte, ansonsten werde ich auch schrill und bunt.
Ich brauchte lange um zu begreifen, daß ich mit vielen Schwulen nur eine Sache gemeinsam habe, das hat mich viel Zeit, viele Tränen und viel Kraft gekostet. Heute weiß ich, daß ich nicht schrill sein muss, um schwul zu Leben, ich habe auch viele schwule Freunde, die ebenso empfinden und leben, aber das dies so möglich ist, war mir nicht klar.

Eben deshalb bin ich unsicher, ob Conchita nur gut ist.

Aber - das bestreite ich - in vielerlei Hinsicht ist sie auch gut, keine Frage. Und es ist mutig und toll, daß sich manche Menschen in dieser Art für viele andere einsetzen. Und es zeigt NATÜRLICH, das deren viele Wege sind, wie Akzeptanz erreicht werden kann.
Re: Conchita Wurst - gut oder riskant?
25. Mai 2014 14:51
Hallo Mickey,

Quote
Mickey2
Eben deshalb bin ich unsicher, ob Conchita nur gut ist.

Nein, das ist sie natürlich nicht. Wie so viele Dinge, hat auch Conchitas Sieg mehr als eine Seite.

Und was bei uns womöglich einen positiven Effekt auslöst, kann z.B. auf die Türkei oder Russland bezogen negativ sein. Wenn ich bei jeder Aktion aber immer alles berücksichtigen will, wird mich das lähmen und ich werde zum Schluss gar nichts tun. Ich denke, wir müssen vor unserer eigenen Tür kehren. Weiter reicht unser Einfluss nicht.

Was das angeht ...
Quote
Mickey2
Aber ich habe auch Angst davor - große sogar! -, daß bereits schon Erreichtes verloren geht, weil die Homophoben immer mehr Anhänger finden.

Eigenartig, ich seh das gelassen. Gesellschaftliche Vorgänge sind immer wie Pendelbewegungen, mal hin, mal her. Wir müssen uns der Gegenbewegung entgegen stämmen, keine Frage, aber ich sehe Homophobie in Deutschland (und weiter will ich hier nicht argumentieren) als den Ausdruck einer kleinen, lautstarken Minderheit. Lass sie lärmen, es ist ihr gutes Recht. Sie tragen das Thema in die Öffentlichkeit und die sich entwickelnde Diskussion ist zu unseren Gunsten. Untersuchungen zeigen, dass ein Großteil der Deutschen mit Glaube und Kirche nicht mehr viel am Hut hat. Da werden Leute, die fanatisch christlich und mit der Bibel in der Hand argumentieren, schnell als nicht gerade zeitgemäß betrachtet.

Ich versuche aber, auch die andere Seite zu verstehen. Wenn man in einem festgefügten Wertekanon lebt (wobei die meisten Werte ja völlig akzeptabel sind) und dann merkt, dass der Rest der Welt eine andere Richtung einschlägt, dann fühlt man sich nicht mehr wohl und versucht, das auch öffentlich klar zu machen und abzuwenden. Sind wir also nicht auch intolerant gegenüber deren Ansichten?

Es ist ein typischer Kampf zwischen beharrenden Kräften und dem anscheinend unaufhaltsamen Prozess in eine höher entwickelte Welt. Sonst wären wir immer noch Jäger und Sammler und lebten in Strohhütten. Es hat Rückschläge gegeben, ja. Der Kampf hat die Entwicklung verlangsamt, ja. Er hat so manche Entwicklung modifiziert. Aber nie aufhalten können.

Wir haben uns zu einer hochdifferenzierten, reichen, individualistischen Gesellschaft entwickelt. Ein zentraler Wert ist die freie und volle Entfaltung individueller Eigenschaften und Talente. Und plötzlich stellen wir fest, dass das über manuelle und intellektuelle Fähigkeiten hinausreicht und auch den Bereich der Sexualität einschließt. Und dass wir in einem Widerspruch zu Jahrtausende alten Moralvorstellungen stehen, die sicher einmal ihre historische Rechtfertigung gehabt haben. Die sich aber zum Teil überlebt haben, auch deshalb, weil wir heute Erkenntnisse haben, die unsere Vorfahren nicht haben konnten. Ich spreche da nicht nur von Inhalten der Bibel. Ich spreche auch davon, wie wir unsere Kinder erziehen, wie wir selbst über Andere denken und reden.

Und jetzt schaue ich doch noch mal über den Tellerrand: Wenn das schon bei uns zu so einem Hin und Her führt, wie ist es dann mit weniger entwickelten Gesellschaften? Gesellschaften, wie Russland, die gerade erst aus dem 19. Jahrhundert hervorkommen? Die seit Jahrhunderten in Unterdrückung und Knechtschaft gelebt haben? Für die Toleranz und Minderheitenschutz ein Fremdwort ist? Oder Gesellschaften in Afrika, die zwischen Moralvorstellungen von Naturvölkern (von denen wir hier überhaupt nichts wissen!), Christentum und Islam hin und her gerissen werden? Und für die auf Grund der Stammesstrukturen Demokratie überhaupt nicht in den Köpfen verankert ist?

Die einzige Methode, wie wir denen dort helfen können ist, unseren Laden in den Griff zu kriegen und mit gutem Beispiel voran zu gehen. Womit ich wieder am Anfang angekommen wäre

Schöne Grüße

Volker
Re: Conchita Wurst - gut oder riskant?
25. Mai 2014 17:04
Ich denke, wir waren bei uns auf einem guten Weg. Das Outing von Thomas Hitzlsperger hat z.B. stellvertretend für andere das Thema Homosexualität mitten in die Gesellschaft geschoben. Man sah, daß ein Fußball-Idol, der immer sehr sympathisch und "normal" wirkte, auch schwul ist - und deswegen niemals ein Alien z.B. in der Bundesliga und der Nationalmannschaft war. Mir erschien es so, als ob es nun an der Zeit war, eben zu zeigen, daß Lesben und Schwule keine Enklave der Gesellschaft, sondern ein Teil der Gesellschaft darstellen.
Ich denke wirklich, daß wir in Deutschland sehr weit sind.
Klar, eine 100%ige Toleranz wird es nie geben, aber ansich erscheint mir das Thema halbwegs in einem guten Bereich (mit Luft nach oben selbstredend).
100% wird es nie geben, denn ...
... ich dachte auch mal, Ausländerfeindlichkeit sei passé, und dann höre ich doch fremdenfeindliche Äußerungen.
... ich dachte, Behinderte (wie meine Schwester) seien akzeptiert, und dann höre ich doch Sätz wie: "Bei Hitler wären die weggebracht worden." - Poar!!!!!
... ich dachte, Frauen seien gleichberechtigt, und dann gibt es an Stadt- und Staatstheatern doch unterschiedliche Gagen für Männer und Frauen (Frauen weniger).
Überall sind wird sicher weiter als noch vor ein paar Jahren, aber dennoch: es wird immer Leute geben, die andere nicht verstehen. Ich verstehe selbst auch manches in unserer Gesellschaft nicht und muss selbst oft Toleranz üben. Ich glaube, jeder von uns hat manche Gruppen in unserer Gesellschaft, die große Probleme haben, nicht auf dem Schirm.
Aber eine Gleichstellung ist ja inzwischen in greifbarer Nähe, in 10 - 15 Jahren denke ich, sie ist weitgehend da. Jetzt sollte es keine Grabenkämpfe mehr geben, sondern ein miteinander.

Russland ist leider in meinen Augen ein extremer Sonderfall, Herr Putin muss ein riesigen Land zusammenhalten, das nicht zwingend immer zu bändigen ist. Ich denke nicht, daß alle Menschen in Russland unterdrückt werden. So erfahre ich es nicht bei meinen russischen Bekannten. Aber sie werden fehlinformiert. Und um das Land zusammenzuhalten, werden oft gerne mit den Muskeln gespielt und Minderheiten dafür geopfert. Das ist schlimm, aber Herr Putin ist nicht dumm. Ich glaube nicht, daß er selbst Probleme mit Schwulen hat (zumindest nicht so, wie er es erscheinen läßt). Er weiß aber, daß er mit Homophobie einen Großteil der ländlichen Bevölkerung Russlands hinter sich bringen kann, er eint sie lieber bei diesem Thema als bei anderen wichtigen politischen Diskussionen. Denn dort ist es eher unmöglich. Und er macht das (leider) sehr geschickt. Ebenso macht er es, wenn er die "Russen in der Ukraine rettet". Das stärkt ihn bei der Bevölkerung, auch wenn wir es im Westen zumeist schlimm finden.
Was nun einen Herrn Erdogan wieder geritten hat, bleibt mir jedoch ein Rätsel. Homophobie hat leider viele Gesichter. Vor allem aber ist Homophobie ein Ausdruck von Angst, deshalb sehe ich in vertrauensbildenden Maßnahmen langfristig mehr Chancen denn in Provokation.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 26.05.14 23:40.
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