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Warum tut man sich das nur an?

geschrieben von Carlo 
Warum tut man sich das nur an?
16. März 2013 08:16
Hallo liebes Forum,
ich möchte als erstes etwas in Kurzform zu mir schreiben. Bin ende 40, mit einer Frau verheiratet, habe zwei erwachsene Kinder aus erster Ehe und zwei minderjährige Kinder aus zweiter Ehe. Meine erste Frau habe ich nach 4 Jahren Ehe durch einen Verkehrsunfall verloren. Mit meiner zweiten Frau bin ich nun seit fast 17 Jahren zusammen.
Mein grosses Problem, ich brauche immer wieder aufs neue Sex mit Männern. Meine jetzige Frau weiss bescheid und duldet es zumindest ein Stück weit. Ich musste ihr aber versprechen, immer vorsichtig zu sein (mir keine schlimmen Krankheiten weg zu holen), und ihr nie zu sagen wann und wo ich mich mit jemanden treffe. Das heimische Schlafzimmer ist dabei tabu. Es tut ihr ansonsten zu sehr weh, wofür ich auch Verständnis habe. Aus diesem Grunde und weil mir meine Frau (und auch Kinder) viel bedeutet(n), nehme ich bei meinen "Männergeschichten" entsprechend Rücksicht.

Nun kommt für mich dabei das eigentliche Problem. Ich weiss nicht, wie es anderen dabei geht, der Sex mit Männern ist für mich nie wirklich schön oder erfüllend. Ich verabrede mich, treffe mich, habe Sex mit einem Mann und geniesse es manchmal auch ein Stück weit in dem Moment. Das böse Erwachen kommt dann aber grundsätzlich immer hinterher. Schon oft auf der Heimfahrt überkommt mich so eine Art schales Gefühl. Spätestens am nächsten Tag fühle ich mich richtig elend. Es ist irgendwie ein Gefühl als hätte ich etwas schlechtes gegessen oder am Vortag zu tief ins Glas geschaut. Dazu bin ich leicht reizbar und fühle mich sehr unausgeglichen. Schlimmer, als hätte meine Frau ihre schlimmen Tage.

Für dieses "Ekelgefühl" treibe ich oft erheblichen Aufwand, fahre viele hundert Kilometer und bezahle mittlerweile manchmal sogar dafür. (Mit zunehmenden Alter wird es schwieriger passende Sexpartner unter 30 zu finden). Ich muss mir dabei auch immer wieder neue Partner suchen. Männer mit denen ich einmal etwas hatte, mit denen kann ich kein zweites Mal. Sie sind sozusagen verbrannt. Ich könnte diesen Männern nicht einmal wieder begegnen. Sie ekeln oder widern mich dann an (bessere Beschreibung fällt mir gerade nicht ein) Ich fahre meisstens extra weit, um das Risiko einer späteren zufälligen Begegnung zu minimieren. Ich musste schon oft Männer bitter entäuschen, die sich gern ein weiteres Mal mit mir getroffen hätten, oder sich möglicherweise sogar eine (Art) Beziehung gewünscht hätten. Manchmal gibt es dann recht hässliche Reaktionen, wo mir sozusagen Gift und Galle hinterhergespuckt wird. Dabei möchte ich nicht mal jemanden weh tun. Ich habe bloss keine Wahl, weil mein Gefühl es nicht anders zulässt.

Irgendwie verspüre ich in der ersten Zeit nach so einem Treffen, kein Verlangen mich wieder einmal mit einen Mann zu treffen. Bin ja so angewidert. Längstens hält diese "Cleanphase" mittlerweile mal ein halbes Jahr an. Dann jedoch überkommt mich wieder der leidige Trieb und ich muss mir wieder aufs Neue jemanden suchen. Immer in der irrigen Hoffnung es könnte diesesmal für mich gut und vor allem irgendwie "lohnend" ausgehen. Warum nur tue ich mir, meiner Frau meinen Kindern und den Männern das bloss immer wieder an? Könnte ich nicht bis an mein Lebensende einfach "clean" bleiben? Es würde mir so vieles ersparen. All das Leid, all das vertuschen und die Lügen dabei, z.B.wo ist das Geld für die Männer geblieben. Oder warum ist man nur gerade so launisch.

Ich hatte schon sexuelle Kontakte mit mit Männern bzw Jungens, bevor ich das erste Mal mit einer Frau etwas hatte. Es war auch damals schon im nachhinein abstossend. Auch in der Zeit zwischen meinen Frauen genau das Gleiche. An einem Schuldgefühl der Partnerin gegenüber könnte es also meiner Meinung nach nicht (oder nur sehr wenig) liegen. Den Sex mit den Frauen hingegen fand und finde ich zwar längst nicht so erregend, aber immer wieder schön und "in Ordnung".

Ich hoffe, ich verstosse mit meinem Problem nun nicht gegen irgendeine zu erfüllende Forennorm. Gelegendlich musste ich mir herbe Kritik von schwulen Männern anhören, denen ich mich geöffnet hatte, "An Männern wie dir krankt die ganze schwule Szene" oder ähnlich. Ich habe es mir so nicht ausgesucht. Es quält mich!

Carlo
Re: Warum tut man sich das nur an?
16. März 2013 13:42
Hallo Carlo,

zuerst mal meinen Glückwunsch, dass Du es überhaupt geschafft hast, Dich hier zu melden. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer das ist.

Ich erinnere mich an meine Mittzwanziger, als ich eine schwere Zeit durchlebte, weil mein bester Freund und Studienkollege (hetero, habe nie was mit ihm gehabt), mit dem ich mir eine Studentenwohnung teilte, eine Freundin hatte. Ich erinnere mich an die Abscheu und das stille Entsetzen, das ich empfand, wenn ich sein Bett anschaute und mir bewußt wurde, dass es der Ort des Geschehens mit seiner Freundin war. Ich war damals sehr aufgewühlt und besorgt darüber, dass ich zu einem natürlichen Vorgang ein so verqueres Verhältnis haben konnte.

Deine Beschreibung hat die Erinnerung an die damaligen Gefühle wieder geweckt, ich fühlte mich spontan daran erinnert. Wer oder was hat Dir denn diesen Ekel eingepflanzt? Hat der Ekel mit einer bestimmten schwulen Sexualpraktik zu tun? Du kommst mir vor wie jemand, der sich zutiefst schuldig fühlt dafür, dass er seinem Verlangen nachgegeben hat. Hat Dir Deine Erziehung eine tiefe Abneigung an alles Schwule mitgegeben?

Du schreibst Du hättest Sex mit anderen Männern. Das scheint mir sehr flüchtiger Sex zu sein, nicht wahr? Oder hast Du mal einen Partner gefunden, der sich mehr Zeit genommen hat als bis zum Höhepunkt (viele nennen das sehr abwertend Abspritzen, was ich eigentlich furchtbar finde) und bei Dir geblieben ist, um die Wärme danach mit Dir zu teilen, Dich zu streicheln, zärtlich zu sein und zu reden? Ich habe beides erlebt, den flüchtigen Sex und die Wärme und ich weiß, was ich davon brauche und was nicht. Aber die Abscheu, die ich damals beim Anblick eines Hetero-Bettes erlebt habe, habe ich bisher nie beim Zusammensein mit einem Mann erfahren, nicht dabei und auch nicht später.

Für uns Studenten stellte damals die Uni eine psychotherapeutische Beratung zur Verfügung, die ich aufsuchte und die mir auch geholfen hat. Vielleicht könnte das für Dich ein Weg sein, Dich einem Therapeuten anzuvertrauen?

Denn offensichtlich bist Du zwischen den zwei Welten, hetero und homo, hin und hergerissen. Du bist immer noch gerne mit Deiner Frau zusammen. Dann packt Dich wieder das Verlangen und Du ziehst los, um es zu besänftigen. Anschließend bestrafst Du Dich selbst mit Ekelgefühlen und einer Kontaktsperre mit Deinem letzten Partner obwohl wir doch wohl alle wissen, dass man sich auch für guten Sex aufeinander einlassen, sich Schritt für Schritt besser kennen lernen muss, um zu erreichen, was wirklich ein HÖHEpunkt genannt werden kann. Das aber verbietest Du Dir anscheinend.

Ich habe mich damals als krank empfunden, denn sich vor Sex zu ekeln, gleich welcher Art, ist uns nicht angeboren. Und ich habe Hilfe gesucht und gefunden. Ich weiß nicht, ob dieses Forum der Ort ist, an dem Du für so ein Problem Hilfe finden wirst, aber wir können Dich begleiten und stützen, wenn Du sie woanders findest.

Ich gebe ungern einen Rat, denn ich fühle mich bei Deinem Problem überfordert und deshalb ist mein einziger Rat an dieser Stelle: Lass Dir von einem Profi helfen.

Und wenn Du wiederkommst, um uns davon zu erzählen, werden wir da sein.

Schöne Grüße

Volker
Re: Warum tut man sich das nur an?
16. März 2013 14:28
Lieber Carlo,

auch von mir ein herzliches Dankeschön, daß Du es hier in's Forum geschafft hast. Das war sicher nicht einfach.

Dennoch: die Frage, die Du Dir stellst, stelle ich mich auch ... "Warum tust Du Dir das an?"
Wenn Du Männer offenbar gar nicht liebst und höchstens Sex mit ihnen haben möchtest, diesen dann aber noch nicht einmal zu genießen vermagst, sondern ihn danach auch noch abschreckend findest, wenn Du dadurch Deine Frau mehr oder weniger "betrügst" (auch wenn sie es weiß) und diese dann auch noch leidet - mir fällt da leider ganz wenig als Rat ein außer: dann lass es doch einfach!
Hättest Du neben dem Sex mit Deiner Frau auch Sex mit anderen Frauen und Deine Frau würde dadurch leiden, dann stünde doch das Urteil auch fest: Du solltest nicht fremd gehen oder aber Deine Liebe bzw. Deine Zuneigung zu anderen Frauen überprüfen.

Ganz ehrlich: es fällt mir auch oft schwer, nicht mit diesem oder jenem Sex zu haben, aber aus diversen Gründen geht das dann nicht, weil der andere einen Partner hat oder sonstwas. Dann ist das so und ich muss da zurückschrauben. Das ist aber ein Stück weit normal, denke ich.

Das nur so als erste Gedanken zu Deiner Geschichte.
Daß Du natürlich den Sex nicht wirklich genießen kannst, mag natürlich daran liegen, daß Du weißt: Deine Frau leidet darunter und Du willst es nicht wirklich, weil es nicht in Deinen Lebensentwurf passt. Oder Du bist gar nicht wirklich schwul bzw. hast eine bi-Ader? Keine Ahnung. Irgendetwas scheint Dich ja davon abzubringen, die Situation, für die Du ja extrem viel investierst und Deiner Frau damit auch eine große Leidensfähigkeit abverlangst, einfach zu lassen. Du fährst weite Wege (warum das eigentlich?) und fühlst Dich danach schlecht.

Ich meine das alles - sorry, wenn das so rüberkommen mag - nicht vorwurfsvoll. Aber auch ich wundere mich darüber und frage: Warum das alles?

Sorry, daß ich Dir nicht mehr dazu sagen kann ...

Ich hoffe, Ihr findet Du einen guten Weg, Euch alle in Zukunft besser zu fühlen!

Liebe Grüße,
Mickey2.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 16.03.13 20:18.
Re: Warum tut man sich das nur an?
16. März 2013 16:38
Hallo Carlo,

Volker hat bereits besser das geschrieben, was ich zu Deinem Beitrag dachte: du bestrafst dich selbst. Da sind ein paar Regeln felsenfest in deinem Kopf, die dein Bauch ab und zu verletzt - bong, der FI-Schalter fliegt raus und es ist erst mal dunkel.

Bei der Suche nach den Regelkreisen und Kurzschlüssen könnte ein Fachmann oder -frau helfen, jedenfalls bin ich bei Elektrizität immer vorsichtig smiling smiley

Andererseits hast du offensichtlich einiges an Lebenserfahrung und verfügst über Kraft und Fantasie - da ist viel Potential um nach der Erkenntnis eigener Teufelskreise Haltepunkte und Seitenwege zu finden, z. B. hast du hier geschrieben.

Ich wünsche dir weiterhin Glück.

LG
Zeev
Re: Warum tut man sich das nur an?
16. März 2013 20:31
Lieber Carlo .
Toll dass Du den Mut gefunden hast hier im Forum von Dir zu schreiben. Nur finde ich es nicht gut, dass hier gleich der moralische Zeigefinger gehoben wird. Ich muss dazu sagen ich gehöre hier im Forum auch zu den „Bösen“ ich habe meine Frau über ein Jahrzehnt „betrogen“ ich bin „fremdgegangen“. Ich bin aber der Meinung dass man diese Begrifflichkeiten vom Heterosexuellen nicht 1:1 übernehmen kann. Genau wie Du habe ich mich über die Jahre von einem Date, von einem ONS zum nächsten gehangelt. Ebenfalls teilweise mit nachträglichem Ekel ich habe meinen Trieb befriedigt und für Tage und Wochen war Ruhe, bis ich wieder um die „Häuser zog“. Ich konnte dann meine Neigung und den Trieb nicht unterdrücken. Ab einem bestimmten Zeitpunkt war mir klar dass ich eigentlich einen Freund bräuchte mit gleichen Interessen und gleicher Neigung. Den Freund fand ich auch nach längerem Suchen über die blauen Seiten. Aber es kam wie es kommen musste, ich musste mich meiner Frau gegenüber outen. Meine Frau reagierte anders als ich erwartet hatte sie akzeptierte meine Neigung und gestand mir auch zu diese auszuleben. Aber auch war es tabu den Sex zu Hause auszuleben und im Ehebett schon gar nicht. Auch über Ort und Zeit haben wir nicht gesprochen. Aber meine Frau wollte den Freund und Mann persönlich kennenlernen. Meinen jetzigen Freud findet sie sehr sympathisch er war schön öfter zum Kaffee und Essen bei uns. Ich liebe meine Frau und meine Tochter, aber ich liebe auch meinen Freund. Ich kann über das alles mit meiner Frau sprechen . Eigentlich bin ich mit der gegenwärtigen Situation sehr zufrieden.
Was Du machen musst , musst Du selbst wissen. Die anderen Beiträge zeigen andere Möglichkeiten auf.
Ich wünsch Dir alles Gute
Rudolf
Re: Warum tut man sich das nur an?
16. März 2013 21:44
Hallo Carlo ...

das Meiste ist hie schon gesagt worden! Möchte mich auch nicht wiederholen ...
Erst einmal ist das ein Wunschtraum von vielen hier, dass die Ehefrau es weiß und toleriert! So auch für mich!

Aber im Gegensatz zu dir finde ich im Sex mit Männern die vollkommene Erfüllung, es macht micht glücklich und zufrieden.
Am liebsten mit meinem - nennen wir es "Dauerverhältnis" - ein sehr lieber Mann in meinem Alter, der mir inzwischen richtig ans Herz gewachsen ist und von dem mir der Abschied nach wenigen Stunden zunehmend schwerer fällt !

Ich hatte auch schon einige "Quickies" mit den von dir präferierten Männern um die 30 - einer sagte es wie es ist - er stehe halt auf Dad/Sohn Geschichten und speziell auf Männer, die aussehen, als wären sie Lehrer ... the finger smiley
Ich fand dieses "sich mal austoben können" auch ganz nett, aber das Verhältnis zu dem gleichaltrigen Mann ist ein intensiveres und für mich innerlich erfüllenderes ...

Ich überlege - ob man diese Schuldgefühle bekommt, weil es die Ehefrau weiß und man sich selber vollkommen im klaren darüber ist, dass sie jetzt, wo ich mit einem Mann schöne Stunden verbringe, zu Hause alleine in Panik sitzt!

Zum anderen ist es bei dir auch das Verlangen nach jungen Männern unter 30 ... für die man irgend wann bezahlen muss - dieses Gefühl - nicht wirklich begehrt zu werden ? Ein Teil meines neuen Ichs ist ja gerade die Tatsache, dass meine Partner meinen Körper begehren, mich berühren möchten ...
Ein Partner, der dafür Geld nimmt, macht das mechanisch - sagt mal jeah jeah wie im billigen Porno, das war es dann.
Es ist die Kognitive Dissonanz, dass man den Sex braucht aber weiß, der andere macht das nicht freiwillig ...
Versuch einmal, dich etwas zu verlieben ... oder dich an einen Mann heranzutasten, ihn nach jedem mal etwas mehr lieb zu haben und eventuell wird es sogar Liebe ... Das ist meine Faszination an der Sache, genau das möchte ich nicht mehr missen!
Viele Männer reduzieren "schwul sein" auf Sex - das ist aber keinesfalls so - das ist viel mehr. Wenn aber nicht alle Faktoren bedient werden, dann bleibt eben etwas auf der Strecke ...

Für mich sind die Berührungen, die Vertrautheit mit dem Körper des Anderen, ein "sich auf diesen Körper, diese Hände, dies Füße etc. freuen" viel wichtiger als der reine Akt ...

Liebe Grüße und viel Glück
Tido
Re: Warum tut man sich das nur an?
17. März 2013 05:59
Hi lieber Rudolf,

ein Stück weit finde ich den moralischen Zeigefinger nicht ganz falsch, da auch andere Personen von den Entscheidungen betroffen sind. Ich finde zum Beispiel, daß es recht unfair der Frau gegenüber ist, wenn man sie dazu überredet, daß man sie dauerhaft mit anderen Männern betrügen "darf". Es mag sein, daß die Frau aus Verlustängsten heraus dem zustimmt, aber ich finde es falsch, zumal wenn die Frau darunter leidet.

Was mich zusätzlich ärgert - das ist aber nicht so entscheidend -, daß manche Schwule in der Rolle eines Heteros oft ihr Hetero-Leben demonstrativ extremer leben als nötig und es so manchem schwulen Bekannten schwerer machen als nötig. Und PLÖTZLICH wollen sie doch ihre Leidenschaft ausleben und meinen, nun muss aber alles nachgeholt werden, egal wen es verletzt. Unter dieser Konstallation litt ich schon öfters. Daher bin ich da eher kritisch.

Liebe Grüße,
Mickey2.



4-mal bearbeitet. Zuletzt am 17.03.13 13:51.
Re: Warum tut man sich das nur an?
17. März 2013 16:04
Hallo zusammen,
vielen herzlichen Dank für die vielen Antworten. Mit so vielen habe ich garnicht gerechnet. Ich will nun keine Wertung machen welche nun wertvoller ist und welche nicht. Irgdwie kann ich aus jedem etwas für mich herausziehen.

Mir sind immerhin nun Gedanken gekommen, woran es liegen könnte, dieses "Unbehagen danach". Es könnte z.B. an einer emotionalen Überforderung der Situation gegenüber liegen. Ich denke da an Volkers Unbehagen dem benutzten hetero-Bett gegenüber. Da war nun eine völlig neue Situation, die erst einmal begriffen und verarbeitet werden musste. Wie schnell kann es da zu einer sozusagen " Überforderung" kommen. Meine ersten "Beziehungen" mit Jungens haben mich ehrlich gesagt zwischenmenschlich sehr überfordert. Zum einen war ich noch recht jung (14) und irgendwo auch überrumpelt. Zum anderen konnte ich nicht verstehen, warum ich nur für Sex interessant war und sonst kein weiteres menschliches Interesse bestand. Das hat mich innerlich irgendwo ein Stück weit verletzt und sehr entäuscht. Daraufhin stellte sich promp diese Abneigung und der Distanzwusch ein. Irgendwie ist dieser Mechanismus der Reaktion (auslösende Sicherung) aber anscheinend mittlerweile fest in mir verankert, und wiederholt sich, wenn nicht einmal unbedingt Anlass dazu besteht.

Ich denke eine Lösung könnte vielleicht tatsächlich ein anderes Beziehugskostrukt als bisher sein. Also ersteinmal versuchen eine menschliche Nähe aufzubauen und dann erst in die "Kiste springen". Mit Männern unter 30 sicherlich nicht so einfach zu bewerkstelligen. Ältere Männer sind blöderweise für mich so unerotisch wie eine Kuh auf der Weide. Da bekomme ich nicht einmal eine Erektion. Und ich wüsste auch nicht, wie ich das mit meiner Familie vereinbaren könnte. Eine feste Beziehung nebenher könnte meine Fau garantiert nicht mit tragen und ertragen. Andererseits weiss ich gewiss, das ich es nicht dauerhaft schaffen würde, meine Neigung zu Männern nicht zu leben. Gibt es da überhaupt einen goldenen Mittelweg? So viele Hindernisse dabei.

Vielleicht zerbreche ich mir nun aber auch zu sehr den Kopf für den Moment. Ich habe nun immerhin eine Idee wie meine Gefühle ursprünglich entstanden sind und wohl auch immer wieder entstehen. Wenn der Wolf mal einen Namen hat, ist er schon halb gezähmt. Wie gut, wenn man mal andere Lebenserfahrungen hört. Daran wird für mich am meisten deutlich, und es regt in der Tat auch meine Kreativität an.
Das können einen die Psychologen leider garnicht bieten. Wie denn auch, wenn sie fast ihr ganzes Leben nur hinter Büchern verbringen, und theoretisch lernen, wie sich etwas möglicherweise anfühlen müsste (Weltfremd)? Ich habe schon zwei Anläufe bei Psychologen gemacht. In einem Fall hieß es "so ein Problem wie sie haben, das gibt es garnicht, das bilden sie sich nur ein". Im anderen Fall wurde mir erst einmal ein entspannendes Fussbad angeboten, damit der Gesprächsfluss besser in Gang kommt. Für die Lernschwierigkeiten meines Sohnes wurde mir gar empfohlen ein Pferd zuzulegen. Da denkt man doch "mich tritt gerade ein Pferd". Fusskrank war ich übrigens auch noch nie.
Und "diese Leute" werden dafür zu allem Überfluss noch von der Krankenkasse durchgefüttert. Ich schweife nun aber zu sehr vom Thema ab. Ich werde mir die Beiträge in den nächsten Tagen sicher noch mehrmals durch den Kopf gehen lassen.

Vielen Dank noch einmal für die Bemühungen! Ich habe nun das Gefühl ein kleines Stückchen weiter zu sein. Das ist doch etwas winking smiley

Carlo



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 17.03.13 16:08.
Re: Warum tut man sich das nur an?
17. März 2013 16:34
Hi Carlo,

vielen Dank für die zweite Nachricht, die es für mich einfacher macht, Dich zu verstehen. Es erklärt so manches, wenn ich Deine Erfahrungen schon mit 14 Jahren lese. Und Du bist ja auch gerade dabei, Dich und Dein Verhalten zu verstehen. Auch schade, daß die Therapeuten Dir nicht viel helfen konnten. Das höre ich oft, daß man da keine große Hilfe bekommt oder womöglich Ratschläge, die eher generell sind und dann nicht wirklich die richtigen sind (natürlich gibt es auch andere Fälle!).

Vielleicht gelingt es Dir ja, zu Männern auch eine bessere Beziehung aufzubauen und sie nicht "nur" als "Sex-Objekte" zu sehen, was Dir ja dann hinterher auch gar nicht gefällt. Das ist ja eine wichtige Aussage, daß Dir das JETZT nicht behagt. Ich finde es echt gut, daß Du was ändern möchtest.

Mir geht es so, daß ich natürlich "mechanisch" schon mit Männern, die ich nicht kenne, was haben könnte, aber es reizt mich wenig. Mich interessiert der "ganz Mann", ich mag was mit ihm unternehmen, ihn kennenlernen etc. Gut: Theorie und Praxis klaffen da oft auch weit auseinander, aber ich weiß eben, daß ich Männer mag und liebe und viel mit ihnen zu tun haben möchte - unabhängig vom Sexuellen.
Es mag sein, daß Deine Grundsituation diese Seite gar nicht so gut erlaubt und Dich da sehr hemmt, denn Du hast ja Deine Frau und Familie und sicher auch im Hinterkopf, daß es Deiner Frau mit Deinen ONSs nicht so gut geht. Könnte mir gut vorstellen, daß das das schale Gefühl "danach" hervorruft.

Also nochmal: ich finde es toll und gut und bewundrungswürdig, daß Du das nun angehen möchtest!!! Ich wünsche Dir und Euch da ganz viel Erfolg, Kraft und die richtigen Entschlüsse, damit Du Dich bald wohler fühlst.

Liebe Grüße,
sendet der
Mickey2 :-)
Re: Warum tut man sich das nur an?
17. März 2013 18:39
Hallo Carlo,

ich muss Dich jetzt doch mal fragen, wie denn diese Erfahrung mit 14 gelaufen ist. Warst Du damit einverstanden oder bist Du verführt worden? Wieviel älter war Dein Partner? Wie oft ist das passiert?

Es wundert mich nicht, dass Du verletzt bist, weil Du offensichtlich rücksichtslos gebraucht, oder sollte ich sagen, missbraucht wurdest! Ich kann mir denken, das sind schmerzhafte Erinnerungen, aber du solltest Dich ihnen stellen.

Liebe Grüße, Volker
Re: Warum tut man sich das nur an?
20. März 2013 15:37
Hallo zusammen,
Entschuldigung, ich komme erst jetzt wieder ins Internet. Ich habe Wochentags einfach zu viel um die Ohren. Vielen Dank Mickey für die guten Wünsche!

Nein Volker, ich bin nicht wirklich missbraucht worden. Der Junge damals war gerade mal ein Jahr älter. Ich war rückblickend betrachtet, sogar auch ein wenig in ihn verschossen. Ich kannte diese Gefühle nur bis dahin noch nicht und konnte sie auch nicht so recht einordnen. An Sexualität dachte ich bis dahin nur kaum. Mit einem Jungen, das wäre mir wohl noch nicht wirklich in den Sinn gekommen. Ich war in diesen Dingen eben noch sehr sehr unreif. Das wirklich schlimme für mich war, das er schon am anderen Tag vor meinen Augen mit einem Mädel rumknutschte und mich nicht mehr weiter beachtet, ja sogar gemieden hat. Das alles, diese völlig neuen, (ja auch schönen) Gefühle, und diese menschliche Missachtung, haben mich damals sehr überfordert. Ich hätte nicht einmal mit jemanden darüber reden können. Ich war wie schockiert von dem erlebten. Es gab keine Worte dafür, fast so wie eine Art-Lähmung. Ich hoffe ich konnte es nun ein wenig deutlicher machen.

LG Carlo
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