Sexuelle Orientierung am Arbeitsplatz bekannt geben oder geheim halten ?

Hallo zusammen,

bei mir ist alles noch komplett frisch. Ich bin 35 Jahre, weiblich und nun lesbisch oder bi, dass ist alles noch nicht so klar.
Was mir aber klar ist dass ich wenn meine berufliche Wiedereingliederung nach langer Krankheit rum ist (das wird Anfang August sein) ich einen Arbeitgeber will und brauche bei dem ich kein Doppelleben führen muss. Dazu bin ich nicht bereit, ich habe eine 2 gradige schwere Depression hinter mehr weshalb ich auch 2013 in der Klinik war und dort ein komplett neues Leben begonnen habe, was für mich beinhaltet dass ich zu 100 % zu mir stehe, keine Versteckspielchen, die hatte ich bis dahin genug, weil ich Angst hatte wenn ich, mit anderen Themen oute, dass man mich auslacht, mich meidet, hinter meinem Rücken tuschelt usw.
Jetzt habe ich 2 Bücher über sexuelle Orientierung gelesen: "Wie wir begehren" von Carolin Emcke und "Endlich fühlt es sich richtig an" von Helga Boschitz und bin zu dem Schluss gekommen, dass für mich entschieden nicht in Frage kommt mich mit meiner sexuellen Orientierung zuverstecken.
Meine Therapeutin meinte dazu allerdings dass es erstmal so stehen lassen soll und mich nicht eingrenzen was das die Bewerbungen betrifft. Da es gut sein kann dass ich später bei einem großen katholischen Arbeitgeber arbeiten könnte. Sollte ich beim Vorstellungsgespräch oder danach auf meine sexuelle Orientierung angesprochen werden bräuchte ich nicht weiter darauf eingehen und wenn sie mir mit Kündigung drohen kann das ein Fall fürs Arbeitsgericht werden.

Meine Frage an Euch wie geht ihr mit eurer sexuellen Orientierung am Arbeitsplatz um ?

Ich freue mich über einen Austausch
LG
Tic Tac



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 29.05.16 18:13.

Hallo Tic Tac,

nun, man muss die sexuelle Orientierung nicht auf der Stirn tragen.
Es reicht, sie zu leben, und sie ggf. mal beiläufig zu erwähnen, wenn alle vom Wochenende erzählen ... "war mit (m)einer Freundin da und da".

Im Bewerbungsgespräch darf nicht danach gefragt werden ... das kann man übergehen.

Bei den meisten Firmen ist es mittlerweile egal, mit wem man nachts das Bett teilt.

Allerdings solltest du nicht des Geldes wegen bei einer erzkatholischen Organisation anfangen.
Auch wenn ein Arbeitsgerichtsprozess gute Chancen für dich hätte ... das würde dich in deiner Entwicklung und Depressionsgeschichte meilenweit zurückwerfen ...

... von daher ... wenn du keine Märtürerin sein möchtest und kein Exempel statuieren ... dann such die Arbeit dementsprechend aus ;-))

liebe Grüße
Victor

Hallo Tic Tac,

willkommen im Forum.


Ich arbeite auch in einem eher konservativen Umfeld und habe bisher noch keine negativen Erfahrungen gemacht. Ich handhabe es für mich so, dass ich nicht mit meiner Homosexualität hausieren gehe, aber wenn jemand fragt bekommt er eine aufrichtige Antwort. In den Bewerbungsunterlagen steht bei mir "ledig" von daher kommt da öfter mal die Frage nach einer Freundin, ich berichtige dann immer und sage das ich einen Freund habe. So mache ich es auch immer wenn jemand fragt. Ansonsten läufts ähnlich wie bei Victor wenn man nach Urlaub, Wochenende etc. gefragt wird.

Wie du das handhabst kann ich dir nicht sagen.

Im Bewerbungsgespräch wird sich wohl kein Arbeitgeber direkt nach der sexuellen Orientierung fragen, das AGG ist mittlerweile auch bei denen angekommen. Sollte die Frage trotzdem kommen, musst du sie nicht beantworten, bzw. darfst Lügen. Was die Kündigung etc. bei kirchlichen Einrichtungen angeht, ist das immer so eine Sache, Stichwort "Tendenzbetrieb"

Grüße,

Flo

Hallo Tic Tac,

zunächst - ich kenne dich nicht, soll heißen, du musst tun, was DU tun musst.

Ich bin der zurückhaltende Typ Mann, jedenfalls was Privates auf der Arbeit betrifft. Bei Verwandten und Freunden war mir das Outen wichtig, habe ich gute Erfahrungen gemacht.
Aber auf der Arbeit weiß seit Jahren keiner von meinem neuen Leben etwas. Zudem habe ich eine perfekte Tarnung: meine Frau arbeitet auch dort .

Wir sind unsere Dinge am klären, so dass über früh oder lang ein Lauffeuer durch die Firma gehen wird, macht mir nichts aus, meiner Frau schon. Wenn sich irgendjemand negativ äußern wird, werde ich ganz nett sehr deutlich sein. Bis jetzt reicht es mir, bei homophoben Witzen z. B. grinsend nachzufragen, ob sie soviel Angst haben .

Jeder ist anders. Ich kenne auch eine Frau, die in den letzten Jahren hunderte von Bewerbungen hinter sich brachte und vielleicht 10 Arbeitsstellen. Sobald ihr etwas nicht passte, hat sie neuen Kollegen und Chefs ihre Meinung gesagt - und wurde wieder gekündigt.
Ich bin in der Luxussituation mit über 20 Jahren beim gleichen Arbeitgeber - meine Position kenne ich, ich fühle mich ziemlich unabhängig von der Meinung der anderen.
Aber in einer neuen Stelle wäre ich viel vorsichtiger, da hat der Chef im Zweifel immer recht.

Ich wünsche dir viel Gelassenheit und Erfolg bei der Arbeitssuche. Und vergiss nicht - du sucht eine Arbeit und keine Lebenspartnerin. Ich würde private Fragen weglächeln bzw. mit netten Gegenfragen beantworten.

LG
Zeev