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Ich bin ein Transvestit, Schwul und Ungeoutet

geschrieben von Sandra 
Ich bin ein Transvestit, Schwul und Ungeoutet
08. Dezember 2014 16:23
Hallo, ich habe mich heute hier angemeldet und möchte mich auch euch kurz Vorstellen.
Ich (52 Jahre) nenne mich Sandra bin ein Transvestit und Schwul, lebe auch Ungeoutet und das in einer Kleinstadt in Niedersachsen.
Ich möchte mich zum Thema Outing meine Meinung schreiben:
Im prinzip finde ich es toll wenn sich Frauen, Männer und Transgender sich Outen, oft haben die Menschen eien Starke Familie und gute Freunde und sind in den meisten Fällen Jung aber was ist mit den die alleine sind, keine tolle Familie haben oder Freunde? Ich sehe es bei mir, wie oft wollte ich sagen das ich ein Transvestit und Schwul bin aber schnell Verlor ich den Mut und mit mein Älter werden wurde mein Mut mich zu Outen immer kleiner da ich weis das ich nach mein Outing noch mehr alleine sein werde und ich frage mich oft, muss man sich Outen? Ist es manchmal nicht besser seine Gefühle im geheimen zu lassen und sich weiter Verstecken und Verstellen?
Wie Denkt Ihr darüber?

Ich bin auf eure Meinung gespannt.

Euch einen schönen Monatg
Sandra

P.S. Hätte man einen Partner würde vieles Leichter sein!
Re: Ich bin ein Transvestit, Schwul und Ungeoutet
08. Dezember 2014 22:03
Hallo Sandra,

schön, dass Du zu uns gefunden hast. Deine Spielart der Orientierung ist ja nochmal ein Stückchen anders. Trotzdem denke ich, dass in den Grundsätzen des Coming Out wenige Unterschiede bestehen.

Der erste Schritt, was wir hier manchmal "inneres Coming Out" nennen, betrifft die Frage, ob Du selbst mit Deiner Orientierung im Einklang bist. Da beschleichen mich schon leise Zweifel. Du schreibst zwar

Quote
Sandra
Ich ... bin ein Transvestit und Schwul
aber irgendwie fehlt mir da die Bejahung, die Wärme. Nach meinem eigenen CO kann ich sagen: Ich bin gerne schwul. Ich bin angekommen, wo ich hingehöre. Du auch?

Den zweiten Schritt, es öffentlich zu machen, den erlebt jeder anders. Ich hatte am Anfang ein enormes Bedürfnis, mich mitzuteilen. Trotzdem habe ich mich zurückgehalten und letztlich wissen es aus meinem "normalen" Bekanntenkreis nur einige wenige, die mir wichtig sind. Das sind meine Frau, meine Kinder, meine Schwester, drei oder vier Freunde. Alle anderen sind mir schlicht nicht wichtig. Ob sie es wissen, vielleicht zufällig gehört haben, egal.

Was ich aber getan habe, ist mir einen schwulen Freundeskreis aufzubauen. Nicht hier in meinem 2500-Seelen-Heimatort in Unterfranken. Da geht es mir wie Dir. Hier ist tote Hose. Ich habe nach meinem CO im Alter von 63 angefangen, über die blauen Seiten Kontakte zu suchen und zu knüpfen und bin heute, fast zwei Jahre später, immer noch dabei. Und der Kreis wächst unaufhörlich. Da sind ein paar dabei, mit denen ich täglich chatte, richtig gute Freunde. Die sind alle deutlich jünger als ich, der Jüngste ist gerade 30 geworden. Wir chatten über alles Mögliche, Erfahrungen, Hobbies, Allerweltsdinge, aber natürlich auch Sex. Keiner ist so nahe dran, dass wir uns zweimal die Woche sehen könnten, aber das macht nichts. Wir schätzen uns gegenseitig und die Beziehungen werden immer stabiler.

Ich denke, das kannst Du auch. Und dann musst Du halt raus aus Deiner Kleinstadt. Das geht mir genauso. Ich habe in Bars in der Großstadt ein paar wunderbare Transvestiten gesehen. Es ist nicht meine Richtung, aber ich kann schon den Aufwand und Geschmack bewundern, mit dem sie gekleidet und aufgemacht sind. Coming Out bedeutet sicher nicht, in so einem Aufzug in Deiner Heimatstadt über den Marktplatz zu schlendern. Selbst in so mancher Schwulenkneipe bist Du eine Ausnahmeerscheinung. Es bedeutet eher, von Leuten wie mir bewundernd, aber ohne Vorurteil und Wertung angeschaut zu werden. Und ich denke, da sind dann auch potentielle Partner dabei.

Quote
Sandra
Ist es manchmal nicht besser seine Gefühle im geheimen zu lassen und sich weiter Verstecken und Verstellen?

Nein, nie! Nie mehr wieder! Auch meine Gefühle waren bis zu meinem CO massiv zurückgedrängt. Ich hab mich manchmal gewundert, ob ich gefühlskalt bin, weil nichts an mich rankam. Das hat sich völlig geändert. Ich habe plötzlich tiefe Gefühle, ich war unglücklich in einen Mann verliebt, so macher Song zieht mir den Teppich weg und lässt mich in Tränen zurück. Ich war letzten Samstag einfach glücklich, mit einem Freund in Frankfurt im Schweijk zu sein, einen ganzen Laden voller Schwuler vorzufinden, die alle gut drauf waren und ihn aus einer Laune heraus in den Arm zu nehmen und zu küssen.

Nein, draußen auf der Straße und bei Tageslicht würde ich das nicht machen. Noch nicht! Aber beim Abschied, in der U-Bahnstation haben wir es doch getan, und es war mir scheißegal!

Schöne Grüße

Volker
Re: Ich bin ein Transvestit, Schwul und Ungeoutet
08. Dezember 2014 22:50
Hallo Sandra,
willkommen hier im Forum. Die Frage, ob man sich outen möchte, kann nur jeder für sich selber beantworten. Und nicht jeder erlebt ein Glücksgefühl dabei. Ich kann nicht sagen, dass mich die Erkenntnis und das anschließende Outing beglückt hätte, obwohl ich wirklich durchweg positive Reaktionen erlebt habe. Und Outing heißt ja auch nicht, dass ich mir ein Schild umhänge auf dem steht: Ich bin schwul, sondern man kann das ja auch ein wenig steuern. Meine Sexualität habe ich auf der Arbeit nie thematisiert, aber aus meine Erzählungen konnte man schon schließen, dass ich schwul bin. Und auch Kolleginnen, die mich auf dem CSD bezeichnenderweise mit einem Schild mit der Aufschrift "Out at work" gesehen haben, haben das auch mir gegenüber nie thematisiert. Auf der Arbeit hatte ich aber auch sehr viel mit Menschen muslimischen Glaubens zu tun, für die schwul sein sehr sehr negativ besetzt war.

Aber zurück zu Deiner Frage. Ich glaube nicht unbedingt das es notwendig ist, dass Du Dich derzeit in Deinem Umfeld outest. Viel wichtiger ist es glaube ich, dass Du mal schaust, wo es in Deiner Region oder der nächsten größeren Stadt Gruppen oder andere Möglichkeiten gibt, dass Du Dich einfach mal mit anderen Leuten austauschen kannst, die in einer ähnlichen Situation sind.
Für Hannover findest Du hier eine Übersicht:
[www.hannover.de]
Wenn ich das richtig gesehen habe, gibt es dort auch eine Gruppe für Transvestiten.
In Melle scheint es auch eine Selbsthilfegruppe zu geben:
[www.shg-dazwischen.de]
Und dass Du dann einfach mal all Deinen Mut zusammennimmst und dort hinfährst und mal schaust, wer da alles ist und wenn Du Dir da ein kleines Umfeld aufgebaut hast, dann kannst Du Dich ja immer noch da outen, wo Du es möchtest.
Ich wünsche Dir ganz viel Mut bei der Erkundung der schwulen Welt.
LG Finn



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 08.12.14 23:06.
Re: Ich bin ein Transvestit, Schwul und Ungeoutet
09. Dezember 2014 02:12
Hallo Sandra,

herzlich willkommen ... auf jeden Fall bist Du hier angekommen und aufgenommen, wie man lesen kann.

Das Wichtigste am schwul sein (oder ggf. Transvestit Sein) ist mir, dass man es LEBEN kann.

Sicherlich muss man dann an irgendeinem Ort auch dazu stehen, so aussehen und Leute kennenlernen, die einen mögen. .... ob das am bisherigen Heimatort, Zu Hause (???) sein muss, das halte ich nicht für sooo wichtig.

Ich bin seit fast 6 jahren "out" vor mir, meiner Frau, meinen Kindern, engen Freunden und der Familie.

In meinem kleinen "Dorf" gehe ich nicht schwul aus, auch nicht in der Kleinstadt nebendran.

Ich fahre in die nahegelegene Großstadt, dort gehe ich in Szene-Bars, -Kneipen, -Clubs, auf Partys, in die Sauna etc.
Ich bin auch schon mit Bekannten und mit meinem damaligen Freund Hand in Hand am Mainufer spazieren gegangen ...

Auf der Straße gibt es immer mal wieder Leute, die mich kennen und wissen, was und wie ich bin ;-)

Ich schrieb schon mal, dass mich plötzlich in der Fußgängerzone der Kassierer von einem Club lauthals begrüßte und umarmte ... und ich hatte meine Frau im Schlepptau :-o

Auf jeden Fall kann ich sagen, dass ich LEBEN kann ... und zwar sogar soweit, dass wir oft am Wochenende zwei Personen mehr zu Hause hatten (nämlich den Freund meiner Frau und meinen Freund). Keine Ahnung, was die Nachbarn, Bekannten und die Leute im Edeka oder sont vom Dorf denken ... ist uns auch egal ... mobben tun sie uns jedenfalls nicht.

Deinen "Fetisch", wenn ich das mal so nennen darf, könntest Du auf jeden Fall in Bars oder Clubs ausleben, da könntest Du sogar recht auffällig und "grell" auftreten.

Ich weiß nicht, wie Du es bevorzugst ... vielleicht in der täglichen Öffentlichkeit einfach "Crossgedresst" gehen, ohne sehr viel aufzufallen ... wäre auch 'ne Möglichkeit für Dich, das auszuleben.
Aber wahrscheinlich besser in der näheren größeren Stadt oder Großstadt (wie schon Folk andeutete)

Schwul sein oder "anders" sein ist eben etwas teurer, auf jeden Fall hat man Fahrtkosten zu der Lokation, wo man es "lieber" leben möchte, als im Häuslichen Umfeld.

Perseus hat auch schon ein paar Andeutungen gemacht, wo und wie man es machen könnte.

Denke, Du solltest den Versuch wagen, Dir "neue Kreise" zu erschließen, und sei es nur ein paar mal, zum Üben oder Schauen wie es funktioniert oder ausgeht ... (auf jeden Fall besser, als bis 85 zu Hause zu sitzen, und zu überlegen, ob man es machen soll ...)

Auf Geht's!

lg.
Victor
Re: Ich bin ein Transvestit, Schwul und Ungeoutet
11. Dezember 2014 13:04
Hallo Sandra, beim ersten überfliegen deines Beitrages habe ich den Begriff Transvestit übersehen und bin bei Transgender hängen geblieben. Ausserdam hat mich stutzig gemacht, dass Du dich Sandra nennst. Liegt hier eine Verwechslung der Begrifflichkeiten vor? Meinst Du Transident bzw. Transsexuell ?
Bleiben wir beim Begriff Transvestit , denn das ist ein Fetisch den aber auch Heterosexuelle ausüben wie eben auch Schwule. Eigentlich muss ich dem von Volker,Finn und Victor geschriebenen nichts hinzufügen. Auch ich habe mich in jungen Jahren heimlich geschminkt oder Frauenkleider angezogen. Aber nicht öffentlich, zum Fasching bin ich schon mal als Frau verkleidet gewesen. Als Comedynummer oder Parodie habe ich bei Feiern auch schon mal als Frau agiert.
Solltest Du aber transident meinen, dann verstehe ich auch die Nennung des weiblichen Vornamens und dann ist das Outen wesentlich komplexer und schwieriger.
LG Rudolf
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