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Coming Out und nun...

geschrieben von philom 
Coming Out und nun...
07. Dezember 2014 11:05
Hallo Forumleser !

Ich habe es getan: Bei einer Vorstellungsrunde innerhalb eines Seminars habe ich mich als schwul geoutet. Wir waren etwa 20 Leute in dieser Gruppe.

Was geschah dann ? Absolut nichts, letztendlich - diese Erkenntnis - das es im Grunde genommen egal ist ob man schwul oder hetero ist. Verschiedene Meinungen der Leute gibt es immer. Egal um welches Thema es geht.

Das entscheidende ist: wie gehe ich mit mir selbst um: Bin ich selbstbewusst und fühle mich in meiner Haut wohl? Oder stelle ich mein Tun in Frage ?

Diese Stärke ist es - so denke ich - die den Unterschied macht. Sobald man sich rechtfertigt, wird man unsicher. Ist mir jedenfalls so passiert. Sicherlich habe ich lange gebraucht um an diesen Punkt zu gelangen (Jahre). Aber meine falschen Vorstellungen bisher (Kopflastig !), haben mich daran gehindert.
Ein Teil meines Outing´s liegt hinter mir. Weiter geht´s ....


"Besser auf neuen Wegen etwas stolpern, als auf alten Pfaden auf der Stelle treten"

In diesem Sinne

Herzliche Grüße

Philom
Re: Coming Out und nun...
07. Dezember 2014 14:38
Hallo Philom,

ich stimme dir voll und ganz zu!

Der Punkt zu sich selbst zu stehen - egal was die anderen sagen könnten - war für mich der wichtigste Schritt im CO.

„Ich bin schwul, und das ist gut so!“ Diesen Satz sage ich des Öfteren innerlich vor mich her und spüre ihm nach. Das gibt mit sehr viel Selbstbewusstsein.

LG Kai
Re: Coming Out und nun...
07. Dezember 2014 17:39
Hallo Philom und willkommen!

Du hast es getan ...

Wie läßt Shakespeare Macbeth sagen: If it were done when ’tis done, then ’twere well it were done quickly!
(Wär' es getan, so wie's getan, wär's gut, 's wär schnell getan.)

Aber das ist nur ein Teil des Vorganges Coming Out. Es ist nicht damit getan, anderen zu sagen: Ich bin schwul. Denn die Anderen müssen die Information verarbeiten. Das, wozu Du Monate und Jahre gebraucht hast zu akzeptieren, dafür brauchen Sie Zeit. Dann wirst Du merken, wie sie wirklich reagieren.

Es ist heute politisch korrekt, Andere in ihrem Anderssein zu akzeptieren, auch wenn wir selbst so nicht sein wollen. Deine Seminarteilnehmer (was für ein Seminar war das denn?) hatten eigentlich keine Wahl, als erst mal eine neutrale Miene aufzusetzen. Sonst hätten sie sich vielleicht als intolerant geoutet und das wollten sie nicht. Äußere Zwänge sind stark, aber was erzähle ich Dir da? Das weißt Du selbst.

Quote
Philom
Das entscheidende ist: wie gehe ich mit mir selbst um: Bin ich selbstbewusst und fühle mich in meiner Haut wohl? Oder stelle ich mein Tun in Frage ?

Das sehe ich genau so. Und da wird es vielschichtig. Ich persönlich fühle mich in meiner Haut wohl. Ich hatte eine ziemlich aufwühlende Übergangszeit, aber auch in der habe ich immer zu meiner Homosexualität gestanden. Jetzt, wo die Dinge etwas ruhiger werden, kann ich sagen: Ich bin gerne schwul. Mein Adventskalenderblatt zum 23. Dezember sagt eigentlich alles.

Trotzdem ist der Prozess noch nicht vorbei. Kürzlich habe ich für 3 Tage einen guten, schwulen Freund besucht. Drei Tage habe ich wie ein Schwuler gelebt, seinen Alltag und sein Bett geteilt und habe mich frei von allen Einschränkungen gefühlt, die mein Umfeld, meine Familie mir auferlegen, gefühlt oder tatsächlich. Damit meine ich öffentliche Zurückhaltung, Diskretion, Rücksichtsnahme auf deren Gefühle, solche Sachen. Da habe ich dann gefühlt, dass ich aus dem "closet" noch längst nicht draußen bin.

Ob ich da jemals raus will, ist ein Abwägungsfrage. Ich liebe ja meine Familie auch, ich bin gerne in meiner normalen Umgebung.

Quote
Philom
Besser auf neuen Wegen etwas stolpern, als auf alten Pfaden auf der Stelle treten

Schönes Motto! Ich hab auch eins. Es steht ganz oben in meinem Profil auf den blauen Seiten:

Courage, given time, will turn your fears to memories ...
Mit der Zeit wird Mut Deine Furcht in Erinnerungen verwandeln ...


(das stammt übrigens nicht von mir, sondern findet sich im Abspann eines Videos von Doug Strahm Better this way)

Schöne Grüße

Volker



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 07.12.14 17:40.
Re: Coming Out und nun...
08. Dezember 2014 12:17
Hallo,

Quote
Folk
Kürzlich habe ich für 3 Tage einen guten, schwulen Freund besucht. Drei Tage habe ich wie ein Schwuler gelebt, seinen Alltag und sein Bett geteilt und habe mich frei von allen Einschränkungen gefühlt, die mein Umfeld, meine Familie mir auferlegen, gefühlt oder tatsächlich. Damit meine ich öffentliche Zurückhaltung, Diskretion, Rücksichtsnahme auf deren Gefühle, solche Sachen. Da habe ich dann gefühlt, dass ich aus dem "closet" noch längst nicht draußen bin.

Ob ich da jemals raus will, ist ein Abwägungsfrage. Ich liebe ja meine Familie auch, ich bin gerne in meiner normalen Umgebung.

hmmm ... man muss es ja nicht rausschreien, kein Mensch erzählt jemand anderem ... "meine Hobbys sind Reiten, Lesen und ich bin schwul" ... :-O ... nee, das macht man nicht.

Aber "Abwägen" und "Rücksicht auf deren Gefühle" ... ich finde das grenzwertig, denn die Gefühle, auf die man Rücksicht nimmt, kennt man meistens garnicht. Also sind es eher EIGENE Gefühle und EIGENE Beschränkungen, auf die man "vermeintlich" Rücksicht nimmt. Die Leute sind viel robuster, als man selbst denkt.

Nach meiner Erfahrung gibt es fast garkeine Überraschungsmomente, die "andere Leute" nicht überleben. Auch meine Frau hat es damals verkraftet, als mich der Kassierer von einem Club mitten auf der Fußgängerzone in Frankfurt lauthals begrüßte und umarmte und "busselte" ... :-D

Das einzige, wo ich Rücksicht nehme ist, dass ich nicht jeden Tag einen anderen Kerl (Date) mit nach Hause nehme ... und beim Frühstück sitzen habe ... Sollte sich allerdings jemand als "regelmäßig" entpuppen und auf dem Wege zur Freundschaft oder Partnerschaft sein, dann darf er natürlich mit Frühstücken oder mit mir in der Kirche sitzen.

(habe mal von einem Kerl gelesen, der hat sich nur geoutet, damit er endlich jede Woche einen anderen Freund haben konnte ... ach ja, der ist ja schwul ... von daher kann das auch erleichternd sein ...)

Mein Freund ist futsch, dafür war der Freund meiner Frau mit zu meiner Mutter zum Adventskaffe ... und da passiert auch nichts, wenn mein Bruder mit seinem Sohn und dessen Freundin auftaucht ... man plaudert nett mit einander ... klar, vorher oder nachher wird sicher erklärt, wie das passt und wer zu wem gehört. Interessanterweise muss man niemals selbst was dazu sagen, das regeln "die" unter sich :-))))

Von daher, einfach aufhören, zu viel Rücksicht zu nehmen.

lg.
Victor
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