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Wie sag ichs?

geschrieben von Tom 
Wie sag ichs?
24. März 2014 00:27
Hallo Erst einmal ich bin der Tom und komme aus der Eifel.

Nun vor wenigen Wochen bin ich 31 geworden und mein Leben ist völlig auf den Kopf gestellt.

Ich stehe nun zu mir und kurz vor meinem Outing, und frage mich wieso ich mich alle die Jahre so versteckt habe.

Aber der reihe nach. Gewusst das ich schwul bin, weiß ich seit ich 24 bin, davor habe ich mich weder für Jungs noch für Mädels interessiert also war ich ein ziemlicher Spätzünder.

Das ich schwul bin hat mich nicht gestört.
Was mich gestört hat war ich selber. Ich bin dick und fühlte mich unattraktiv. Wohl mein Hauptgrund dafür mich nicht selber gemocht zu und akzeptiert habe. Man kennt ja diese Bilder wie ein schwuler auszusehen hat. *Lach*

Hinzu kam das ich mich gerade in einer Ausbildung befand und danach mich voll und ganz auf meinen Job konzentriert habe.

Ich habe wirklich hart gearbeitet und musste mich somit nicht um meine Bedürfnisse und mit meiner Gefühlswelt auseinander setzen.

Das änderte sich schlagartig im November des letzten Jahres. Ich stand kurz vor dem Burn-Out und ging im Dezember in den Urlaub.

Von da an veränderte sich alles bei mir, allerdings in kleinen Schritten. Ich ließ mir einen Bart stehen und setzte endlich mal ein Bild von mir in bestimmte Plattformen ;-) und merkte auf einmal das es einen Markt für mich gibt.

Hört sich komisch an aber es fühlte sich plötzlich so gut an. Gut auf Komplimente von Leute der Blauen Seiten, gebe ich nicht viel. Sex spielte bei mir auch bisher nie eine große Rolle und das ist jetzt eher ein Problem. *Lach* Ich weiß es hört sich vielleicht bescheuert an. Aber ich habe Angst zu versagen.

Aber egal weiter im Text. Ist nur ein Randthema

Im Januar hörte ich von einer Karaokeparty in der Kölner Bärenszene und packte mich beim Schopf und besuchte diese.
*Lach* Ich brauchte mindestens 5 wenn nicht sogar gefühlte 20 Anläufe den Laden zu betreten. Wenn ich gewusst hätte wie schön es dort war, hätte ich mindestens eine Stunde mehr gehabt.

Ich fühlte mich sofort dort Sauwohl. Bis dahin hatte ich mit der Szene nix zu tun gehabt, eben weil ich mich in den anderen ich nenne es mal Szene Linien nicht wohl gefühlt habe.

An diesem Abend hatte ich gleich mehrere Nummern auf dem Handy von Leuten in meinem Alter. Doch die wollte nur das eine. Nur einer war anders. Er suchte mich mindestens zwei Wochen lang und schrieb mich an. Seit dem treffen wir uns jedes Wochenende und meine Gefühle fahren Achterbahn.

Ich glaube ich bin verliebt. Es ist ein Gefühl welches ich bisher nicht kannte und es ist einfach nur Großartig.

Derzeit ärgere ich mich das ich 7 Jahre verloren habe und für mich steht nun fest das ich mich orten will.

Doch nun zu meinen Fragen, klar ein paar wenige wissen es, nun soll es aber auch die Familie wissen.
Das ich bis jetzt nicht den Mut dazu aufgebracht habe liegt daran, das ich mich schäme 7 Jahre lang nichts gesagt zu haben und ich persönlich 31 für recht spät halte.
Auf der anderen Seite weiß ich das es so nicht weitergehen kann und ich das auch nicht will.

Denn ich will nicht das der tollste Mann den ich gerade kennengelernt habe, sich für mich verstecken muss. Das geht für mich gar nicht. Ich glaube wir wären schon ein Paar wenn ich mich nicht so zieren würde.

Doch wie fängt man so ein Gespräch an. Ich habe es am Freitag versucht bei meiner Mutter, aber sprang da gar nicht drauf an. :-(
Oder hilft da nur ein Ich bin schwul und Ende.

Wie gesagt ich will mich outen, und ich explodiere gerade, weil ich mir am liebsten ein Schild um den Hals hängen möchte. Gut das kommt vielleicht. Aber ich will nicht das die Familie es anders erfährt sondern nur durch mich.

Erhoffe mir hier ein paar Tipps für einen Gesprächsanfang.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 24.03.14 00:32.
Re: Wie sag ichs?
24. März 2014 11:51
Hallo Tom,

Willkommen in unserer Runde! Immerhin, Dir muss mann nicht mehr zum Mut gratulieren, hier zu schreiben. Du hast schon ganz anderen Mut bewiesen! Finde ich toll, Deine Geschichte!

Aber Deine Frage ist nicht ganz leicht zu beantworten. Ich habe den Mitteilungsdruck selbst kennen gelernt, das ist richtig hart. Aber Du brauchst auch eine entsprechende Situation. Wie war denn das?

Als ich mit meiner Frau gesprochen habe, waren wir zu zweit beim Italiener. Nach dem Essen und bei einem Glas Wein habe ich es ihr dann gesagt. Dadurch hatte ich ihre volle Aufmerksamkeit.

Du brauchst die ungeteilte Aufmerksamkeit Deiner Mutter oder wem auch immer Du es sagen willst. Und dafür musst Du die Situation herbei führen. Mehr kann ich dazu im Moment nicht sagen.

Schöne Grüße

Volker
Re: Wie sag ichs?
24. März 2014 12:19
p.s.

jetzt am Wochenende ist Usertreffen bei unserem Moderator maks. Schau mal in der Cappucino-Lounge.
Wäre das nicht was für Dich? Jemand wie Du, der ohne Begleitung in eine Kölner Bärenkneipe geht?

Dort würdest Du jede Menge Gesprächspartner finden!

Schöne Grüße

Volker
Re: Wie sag ichs?
24. März 2014 14:27
Hallo Tom,

willkommen hier bei UNS!

Ist ja schon Wahnsinn, was da bei Dir läuft ... Du "Spätzünder" ... :-)

Offensichtlich bist Du aber "allein", so dass Du Dein Leben leben kannst, ohne einen Partner, der noch von gewissen anderen Voraussetzungen ausgeht.

Ich kenne das Gefühl, bevor man zum ersten mal eine "Szene-Kneipe" oder sowas in Angriff nimmt.
Meilenweit weg geparkt, stundenlang im Auto gesessen und mit sich gehadert ... gehe ich rein oder nicht ...
... und dann, ... man geht irgendwann doch ... dann interessiert es keinen Menschen (ok, reingehen sehen dich alle, aber es ist auch egal und normal ...) ... und plötzlich ist man in einer Umgebung, die einen fast "umarmt".

Man fühlt sich wohl, auch wenn man erstmal nur dasitzt und zuschaut ... Höhepunkte sind dann freundliche Kellner, oder Smalltalk mit dem Nachbarn an der Theke ... (ich denke, Dir geht es wie mir, Du gehst da nochmal hin!!)

Zum Thema Outing kenne ich das Gefühl, es herausschreien zu wollen ... aber das muss nicht wirklich sein. (Eigentlich interessiert es niemanden auf wen oder was Du stehst, und was Du Dir im Schlafzimmer vorstellst).

Mir war es wichtig, es den Leuten selbst zu sagen, die es nicht hintenrum aus zweiter oder dritter Hand erfahren sollten.

Dazu gehörte bei mir meine Frau und die Kinder. Gesagt habe ich es dann noch einem sehr engen Jugendfreund, meiner Schwester und einem befreundeten schwulen Schuldirektor.

Da meine Mutter und mein Bruder nicht bei mir am Ort wohnen, habe ich das lange "hinausgezögert"winking smiley.

Die Zeit wusste, wann sie reif war. Die Situation mit meiner Mutter habe ich herbeigeführt, oder "entstehen lassen" ... November, Kerze in der Küche, Tee, Kaffee, Stück Kuchen ... Mutter und Sohn plaudern ... "und übrigens ..." ...

(und dann als alles raus war, kam mein Bruder "zu besuch", völlig aufgebracht weil er es gerade von seiner Frau erfahren hatte ...)

Der Kommentar meiner Schwester hat mich umgehauen: "Wir haben uns damals schon gewundert, dass Du doch noch eine Frau abgekriegt hast ..." BUM, PENG, PLATSCH!

Ich sehe das wie Volker, nimm Dir Zeit für Deine Mutter ... und am Besten ist es, wenn noch "LIIIEEEBE" im Spiel ist, da werden die Frauenherzen weich :-))))))))

Ganz liebe Grüße
Victor
Re: Wie sag ichs?
24. März 2014 19:17
Hallo Tom,

freut mich, dass du so ehrlich deine Geschichte und deine Selbstvorwürfe aufgeschrieben hast.

"Wann ist der richtige Zeitpunkt?" Die Antwort ist schwer. Bei jedem ist es anders. Mir ging es ähnlich wie dir: Schon vor Jahren gemerkt, habe es verdrängt und zwei Jahre später als du gemerkt: So geht es nicht weiter. Ich gehe daran kaputt.

Die Gespräche mit der nahen Familie sind besonders wichtig. Sie kosten Kraft und Zeit. Genau wie du sagst, sollten es diese wichtigen Menschen von dir erfahren, nicht über andere. Jetzt Vollgas geben, bringt dich vielleicht schneller ans Ziel - vielleicht auch zum Unfall mit Totalschaden. Sag deiner Mutter/Familie/Freunde, dass du ihnen etwas Wichtiges sagen möchtest, vielleicht an einem Ort, wo ihr ungestört seid und Zeit habt. Die Situation wird ganz anders sein, als du sie dir jetzt vorstellst. Die Worte, die du jetzt bereitlegst, sind dann unpassend. Ruhe und Ehrlichkeit sind dann wichtig. Sag, wie du dich dann in dem Moment fühlst, was dir vor einigen Wochen aufgefallen ist und dass du jemanden kennengelernt hast. Erklär nicht zu viel, lass den anderen Raum für Fragen. Warum so spät, fragst du dich? Vor sieben Jahren warst du noch nicht so weit wie heute. Das ist eine ehrliche Begründung für dich selbst und für andere.

Ich wünsche dir Erfolg. Viele Grüße!
Re: Wie sag ichs?
05. April 2014 06:02
Hallo Tom,
das mit dem Zeitpunkt ist eine schwierige Sache. Ich habe mehr als 20 Jahre gebraucht (bin 48) zu sagen: Hört mal zu, ich stehe nicht auf Frauen, Männer sind mir wichtiger. Natürlich stehts nicht auf der Stirn, aber mir wichtigen Menschen habe ich es gesagt. Und wenn das einmal raus ist, merkst Du, die Reaktionen sind im wesentlich super positiv. Man ist ja nicht krank oder so. Seit dem ich das gemacht habe, geht es mir super gut, ich habe ein total neues Selbstwertgefühl, schaue mich auch gern wieder im Spiegel an, denn mir erging es ähnlich wie Dir. Also viel Erfolg. Glaub so einem "alten" Menschen wie mir: Es lohnt sich, Du bist da frei wie ein Fisch im Wasser.
LG
Andre
Re: Wie sag ichs?
24. April 2014 01:30
Hallo ich noch mal.
Sorry das ich nicht geantwortet habe, aber zumindest habe ich die Beiträge alle gelesen ;-)
Auch nach einen intensivem Gespräch mit einer Transfrau bin ich zum Entschluss gekommen, das ich erst mal Ruhe bewahren sollte und mich sortieren sollte, weil alles so neu für mich wäre, was es ja auch war.

Wie gesagt war es wichtig das meine Mutter es erfährt. Es gab leider nie den Punkt, wo ich es hätte abscheiden können. Ständig war noch jemand dabei und ich wollte ja das sie es alleine erfährt.

Am Ostermontag war es dann soweit, ich war von ihr zum Essen eingeladen wurden. Und hatte mir schon Tage vorher Gedanken dazu gemacht. Ja da werde ich es ihr sagen. Hatte zuvor auch meinem mittlerweile schwulen Bekanntenkreis von meinem Entschluss erzählt, und die hatte mir alle Mut zugesprochen so das ich eigentlich nicht herum kam dies zu tun.

Ich kann euch sagen für mich war das Essen die reinste Horrervorstellung. Ich wollte schon wieder unverrichteter Dinge gegangen sein.

Aber ich wollte es loswerden, also blieb ich und blieb und blieb. Wir spielten Karten. Irgendwann meinte Sie da ist doch noch was.

Und ich ja aber ich suche noch nach den Worten.
Ob ich etwas angestellt hätte oder ob es etwas schlimmes wäre was ich getan hätte.
Ich sagte nein aber ich kann es nicht so einfach sagen.

Auf einmal meinte Sie, ob ich ihr sagen wollte, ob ich schwul sei?
Ich wurde kreide bleich und wollte schon Nein sagen, was ja auch nicht ging weil ich mir ja hätte etwas anderes einfallen lassen hätte müssen.
Und während ich noch überlegte, meinte sie ganz locker mit ihren fast 70 Jahren, ach mein Junge das weiß ich doch schon.

Ich woher denn?
Sie meinte dann das hätte sie Gefühlt und gespürt. *Lach*
Seit Montag fühle ich mich 100 KG leichter, und das zuvorgewonne + an Selbstbewusstsein wächst nun noch weiter.

Es ist das beste und befreienste was ich je hätte tun können, gut sie hat es mir abgenommen, aber es ist nun endlich Raus.

Das heiß jetzt bin ich offiziell Schwul *lach* und es fühlt sich gut an. Auch weil ich nach ihren Worten weiterhin ihr Sohn bleiben würde.

Und selbst wenn nicht glaube ich das es dennoch gut gewesen wäre. Aber so wie es jetzt ist, ist es natürlich noch besser.

Danke an euch und eure Ratschläge und Mutmachworte.

Eurer Tom
Re: Wie sag ichs?
24. April 2014 08:52
Hallo Tom,

herzlichen Glückwunsch! Du hast es geschafft.

Aber nicht alleine ... beinahe hätten die "selbstgemachten" Ängste gesiegt ... aber zum Glück hast Du eine ganz tolle Mutter !!!

Es zeigt sich wieder, dass es meistens (oder fast immer) viel viel besser läuft, als befürchtet :-))

Wünsche Dir alles alles Gute!

Liebe Grüße
Victor
Re: Wie sag ichs?
24. April 2014 10:33
Ja Leider hätten sie fast wieder die Oberhand bekommen. Aber jetzt heißt es nach vorne schauen.
Re: Wie sag ichs?
24. April 2014 11:38
Mensch Tom, Klasse!

Der zentrale Stolperstein ist weg.

Ich hab beim Lesen richtig die Luft angehalten und ein beklemmtes Gefühl gehabt, aber gleich am Anfang auch ein Bauchgefühl, wie es ausgehen würde.

Toll ist das! Jetzt raus ins Leben! Und pass auf Dich auf!

Schöne Grüße

Volker
Re: Wie sag ichs?
24. April 2014 13:06
Hi Tom,

Quote
Tom
(Befürchtungen)
Ja, leider hätten sie fast wieder die Oberhand bekommen. Aber jetzt heißt es nach vorne schauen.

Diese Gefühle und Befürchtungen hatten wir alle mal.

Auch ich raffte mich erst auf, als ich der Meinung war "schlimmer geht nimmer" ... und ich war auf das Schlimmste gefasst ...

... und dann war zwar nicht alles sofort heile Welt, aber viel viel einfacher und angenehmer, als ich jemals gedacht hatte ... :-)))

Wünsche nochmal Mut und Selbstbewusstsein für DEINEN Weg!

lg.
Victor
Re: Wie sag ichs?
24. April 2014 15:25
Es ist ja nicht so das ich all das Selbstbewusstsein nicht mal gehabt habe, doch es ist irgendwo verloren gegangen und als ich mir Ende letzten /Anfang diesen Jahres so einiges bewusst gemacht habe, kam es auf langsamen Schritten wieder.

Und ja jetzt geht alles viel einfacher und ich habe etwas festgestellt ich laufe viel Aufrechter und nicht mehr gebückt und bedrückt durch die Gegend.
Und habe schon 12 Kg verloren, nicht das ich das bewusst darauf angelegt hätte, sondern weil ich nicht mehr das Bedürfnis habe meinen Frust in Essen umzuwandeln. *Lach*



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 24.04.14 15:29.
Re: Wie sag ichs?
24. April 2014 15:27
Aber vielen Dank. Es gibt so viele tolle Menschen mit denen ich in den letzten Wochen Monaten geschrieben und gesprochen habe. Und ein Teil davon seit auch ihr gewesen. Auch wenn ich mich erst jetzt wieder gemeldet hatte. Es fühlt sich so gut an zu wissen das man doch nicht der einzige ist.
Re: Wie sag ichs?
28. April 2014 12:27
Lieber Tom,
ich bin stolz auf Dich, weil ich und sicher auch die anderen wissen, wie schwer das ist/war. Aber ich schrieb ja schon, Du bist jetzt frei wie ein Fisch im Wasser. Alles Gute
Andre
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