spätes coming out meiner Ehefrau - dennoch zusammenbleiben?

Hallo,

ich bin ein 39-jähriger verheirateter Familienvater mit drei Kindern (6, 8 und 11) dessen Frau im Moment ihr spätes coming out hat. Dass sie bi ist war uns schon immer bekannt und stellte auch kein Problem für uns dar. Auch dass sie seit 1,5 Jahren eine Freundin nebenbei hat schaffte die Beziehung. Nun aber stellte sich heraus, das ihre Homosexualität noch viel intensiver ist und sie Berührungen von mir nicht mehr zulassen kann, geschweige denn welche an mir.
Der Übergang weg vom bi-sein trifft uns beide unvorbereitet und hart. Wir beide möchten uns nicht trennen, lieben uns nach wie vor und lieben unsere Kinder. Auf Sexualität kann ich aber nicht verzichten, so wie sie es sich nicht mehr mit mir vorstellen kann.
Dies stellt uns vor unlösbare Probleme und macht gerade mich extrem hilflos.
Leider weiß ich derzeit nicht mehr weiter wie ich nun damit umgehen und wie man die Partnerschaft fortsetzen kann.
Alle Internetrecherche bringt mich immer wieder zu dem Punkt, dass die Partner sich trennen. Aber ist das denn wirklich immer nötig? Gibt es keine sinnvollen Alternativen Lebensmodelle in dem wir dennoch als Familie glücklich zusammensein können und jeder seine Sexualität ausleben kann? Funktioniert Liebe in einer Paarbeziehung ohne Sex?
Ich hoffe es gibt irgendjemanden, der einen ähnlichen Weg beschritten hat und mir nun auf meinem bzw. unserem helfen kann...

Hallo Christoph,

hier müsste eigentlich meine Frau antworten, denn sie hat das ganze schon erlebt.

Zusammenfassend möchte ich feststellen, wenn die "Freundschaft" und Partnerschaft der beiden sich nicht nur aufs Bett beschränkte, dann gibt es eine gute Chance, die gemeinsamen Interessen auch nach einem Coming Out weiter auszuüben.

Es gibt viele WGs, in denen Leute unterschiedlichster sexueller Orientierungen zusammen leben. Wichtig hier bei ist die Abstimmung der Kehrwoche und der Badezimmernutzung, nicht wer mit wem wann und warum Sex hat.

Wenn Du "loslassen" kannst, und bereit bist, deine Bedürfnisse nach Nähe und Sex bei anderen Gelegenheiten oder mit einer neuen Freundin auszuleben, dann sieht es gut aus. Besonders, wenn Deine Frau das auch akzeptiert.

Meine Frau und ich hatten parallel jeder einen Freund ... die beiden gehörten quasi zur Familie ... (dass wir beide jetzt wieder "Single" sind ist eine andere Geschichte).

Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen, das weitere Leben kameradschaftlich zusammen zu verbringen ... liegt aber auch an Deiner Frau, wie exclusiv sie ihr Verhältnis zu ihrer Freundin sieht.

Viel Glück
Victor

Lieber ChristophW,

denke ich kann das einigermaßen nachvollziehen , eure Situation.
Nur das ich halt die Ehefrau mit dem späten CO bin. Mein Mann und ich sind seit 40 Jahren zusammen, haben 2 erwachsene Kinder . Als mir meine "andere "Seite bewusst wurde hat uns das auch erstmal in eine Krise gestürzt.
Ich wollte mich damals trennen , weil ich dachte ich kann keine ehrliche Beziehung mehr mit meinem Mann führen , angelogen habe ich ihn nie . Dachte nur eben ich enthalte ihm ja dann auch ein erfülltes Sexualleben vor , wenn ich keinen Sex mehr mit ihm möchte.
Wir haben 3 Jahre getrennt gelebt , uns aber immer als Eltern unserer Kinder gefühlt und als Lebensgefährten .
Heute leben wir zusammen in einem Haus , jeder hat eine eigene Wohnung . Wir lieben uns ......was hat Sex mit Liebe zu tun ? ....heute denke ich nicht viel. In sexueller Hinsicht kann jeder eigene Wege gehen , ich habe seit 5 Jahren eine Fernbeziehung mit meiner Partnerin.
Wenn du mich fragst was heute zwischen uns anders ist als früher .....vom Partnerschaftsgefühl her ....muss ich sagen ....NICHTS....ausser das wir keinen Sex miteinander haben . Es passt zwischen uns , und der Rest passt auch .

In erster Linie war das Kopfsache.......man kann auch einen anderen Weg gehen , als den "normalen " .
Meine Eltern haben sich allerdings bis heute nicht mit dem neuen Lebensmodell angefreundet .

Insofern glaube ich nicht das man sich trennen "muss" , nur weil man bi oder homosexuell ist , wenn der Rest für alle passt ? Warum nicht mal was neues probieren ? Solange es zwischen euch Respekt und Vertrauen gibt .... warum denn nicht ?
EIns ist jedenfalls auch klar, egal wie es ausgeht mit euch ...eure gemeinsame Verbindung bleiben eure Kinder , die sind Teil von euch beiden . Meine Tochter hat mal im Spaß gesagt wir sind eine Familien GmbH ......die Zusammenarbeit läuft hervorragend im Leben . Warum soll man das wegwerfen ?

Liebe Daniela, lieber Victor,

ich danke Euch sehr für Eure Antworten. Es sind die ersten die nicht gleich "Trennung" rufen und Mut machen, dass man es vielleicht auch anders gemeinsam schaffen kann.

Vielen Dank dafür.

Hallo Christoph,
Das ist wirklich vertrackt bei Euch. Bei uns hatte sich schon lange eine Entwicklung abgezeichnet. Wir können uns beide eine Beziehung ohne Sex nicht vorstellen und auf Dauer hat das uns die Trennung dann erleichtert. Wir schätzen uns Beide immer noch - aber irgendwie war das für uns beide okay , das ganze als Freundschaft zu definieren , und die Freieheit zu haben andere Partner zu suchen. Mir ist die Trennung der Familie schwer gefallen. Unsere Kinder sind nicht mehr klein und sie gehen schon immer mehr eigene Wege - diese Trennung wäre also sowieso gekommen, nun eben noch dazu. Es gibt allerdings auch Beziehungen ohne Sex, Liebe ohne Sex - allerdings ohne Berührung... ??? Ich glaube, wir sind in der Abstandsphase - und ich hoffe, dass es dann auch wieder eine Annäherungsphase gibt.
Ich wünsche viel Kraft, aber denke auch an Dich und nicht nur an die Familie und die Kinder. Ich bin in eine Männerrunde gegangen - MRT ( Männer Radikale Therapie) Männer helfen Männern.

Grüsse Alex