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Köln: Eine Schützenbruderschaft für Schwule und Lesben

geschrieben von martin1975bln 
Köln: Eine Schützenbruderschaft für Schwule und Lesben
10. Mai 2012 13:10


Im September wird ein schwul-lesbischer Vogel von der Stange geschossen: Ein Interview mit Dirk Bachhausen vom ersten queeren Schützenverein Deutschlands.

Von Christian Scheuß queer.de

Ende März gründete sich in einer Kölner Szenebar die erste schwul-lesbische Schützenbruderschaft Deutschlands, "St. Sebastianus und Afra". Und das kurz, nachdem der "Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften" beschlossen hatte, künftigen Schützenkönigen die Begleitung durch gleichgeschlechtliche Partner zu offiziellen Anlässen zu verbieten (queer.de berichtete). Zuvor hatte es in Münster ein schwuler Schützenkönig "gewagt", seinen Mann als "Schützenkönigin" an seine Seite zu stellen (queer.de berichtete). Dirk Bachhausen, 1. Vorsitzender des Vereins über die Absichten, die hinter der Neugründung stecken.

Ein schwul-lesbischer Schützenverein, ist das jetzt etwas schrecklich Spießiges oder etwas ungemein Subversives?

Eher subversiv. Wir sind bereits mit einem Präses im Gespräch, der will nach Eintragung des Vereins ins Register unsere Gründungsurkunde unterzeichnen, damit wir Mitglied beim Historischen Bund werden können. Das ist eine rein formelle Sache, sie können uns nicht ablehnen, wenn wir eine konforme Satzung vorlegen. Sind wir einmal drin, können wir entsprechende Änderungsanträge stellen. Und keinesfalls spießig! Ich bin weiß Gott kein Konservativer, aber Traditionen zu pflegen heißt ja nicht, die Asche aufzubewahren sondern die Flamme am Brennen zu halten.

Afra heißt eine Kartoffelsorte, die ist aber sicherlich nicht gemeint, der Heilige Sebastian ist etwas bekannter. Wer sind die Namenspatrone?

Genau, St. Sebastian ist der Märtyrer aus Mailand, der mit Pfeil und Bogen hingerichtet werden sollte, das aber überlebte und bei seiner erneuten Tötung aufgrund seines Glaubens letztlich in der Cloaca Maxima, dem Abflussgraben der Stadt landete. Er ist nicht nur Schutzpatron von Schützenbruderschaften, er ist auch eine bekannte homosexuelle Ikone. St. Afra ist die Schutzheilige der reumütigen Dirnen. Sie lebte Anfang des 4. Jahrhunderts und soll in Augsburg als Prostituierte gearbeitet haben, wurde aber wegen ihres christlichen Glaubens verbrannt oder enthauptet, da sind sich die Quellen nicht ganz einig.

Müsst ihr denn jetzt noch das Zielen und Schießen lernen?

Witzigerweise sind alle Beteiligten schon in klassischen Schützenbruderschaften aktiv. Einige haben ihre eigenen Luftgewehre, es kann also gleich losgehen. Ich bin, als ich ein Jahr alt war, bereits beim Schützenverein meines Heimatortes angemeldet worden. Also Schützenbruder qua Geburt. Ich kenne es gar nicht anders, meine ganze Familie ist in die Tätigkeiten des Vereins involviert. In vielen kleinen Orten gibt es solche Vereine, die das gesamte Freizeitleben organisieren. Da geht es recht pragmatisch zu. So hatten wir bereits vor 20 Jahren Frauen als Mitglieder, was ja manche Bruderschaften heute noch als Frevel empfinden.

Wenn es an der Basis so locker zugeht, warum spiegelt sich das dann nicht im Dachverband wider?

Die Vereine, die von den alten Zeiten träumen und sich abgrenzen, sind vom Aussterben bedroht, da hat keiner mehr Lust, mitzumachen. Aber die ergrauten Ehrenvorsitzenden werden gerne noch zu den Verbandssitzungen geschickt, und dann kumulieren sich dort die konservativen Meinungen. Der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften hat aber nun mit seinem Beschluss gegen homosexuelle Schützenkönige gegen seine eigene Satzung verstoßen. Laut der nimmt der Verband keinerlei Einfluss auf die Auswahl des Königspaares. Jetzt mischt er sich doch ein, was für uns der Anlass war, eine seit längerem gehegte Idee, einen schwul-lesbischen Verein zu gründen, endlich umzusetzen.

Wann wird es das erste Regenbogen-Schützenturnier geben?

Geplant ist es für Anfang September auf der Schaafenstraße. Wir werden allerdings nicht in pink gekleidet sein, wie die Rosa Funken. Es soll ein lindgrün sein.

Am Ende gibt es dann ein schwules oder lesbisches Schützenkönigspaar. Ist da nicht mit weiterem Widerstand zu rechnen?

Was soll da groß passieren? Ich denke nicht, dass andere Schützenbruderschaften mit Waffengewalt den Zug niederstrecken werden. Wir werden unseren Spaß haben, und darauf kommt es uns an.

Text.- und Bildquelle: Queer.de
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