Lieber Victor,
wenn Du mich ab und an mal hier gelesen hast, wirst Du sicher wissen, daß ich hier schon seit Jahren oft und gerne immer wieder beklage, daß z.B. anläßlich eines CSDs immer wieder "nur" die "Paradiesvögel" fotografiert werden, seltener die "Normales". Das wurmt mich oft, da ich mich damit dann nur ganz wenig identifizieren kann. Gerade bei "Conchitta Wurst" hatte ich das Problem geschildert.
Dennoch - das mag für Dich ein Widerspruch sein - finde ich es nicht falsch, daß es ab und an auch Travestiekünstler gibt, die als Männer - manchmal als Homosexuelle, machmal gar als Heteros - in Frauenkleider schlüpfen, um zum einen Kunstfigur zu schaffen, zum anderen auch eine gewissen Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu schaffen.
Bei Betty BBQ ist es ein wenig so, daß sie der Freiburger Szene seit einem Jahr ein gewisses "Gesicht" gibt. Die Szene ist nicht klein, aber so richtig greifbar war sie auch nicht. Betty BBQ nimmt nun etwas den Platz der "Mutti" der Freiburger Szene ein, sie moderiert Veranstaltungen, organisiert Party, kümmert sich um Menschen, die Probleme habe, hält ihr Gesicht in die Kamera, kämpft für die Rechte der Schwulen, wird ab und an deswegen auch verfolgt, verprügelt, bekommt Morddrohungen und lebt nicht ungefährlich.
Auch wenn ich es nicht begrüßen würde, wenn es nun nur noch Drag Queens gäbe und ich als "Normalo" mich kaum vertreten fühlen würde, so sehe ich in diesem Fall - stellvertretend für andere Personen - nicht die Gefahr, daß durch eine solche eindeutige Kunstfigur alle anderen Lesben und Schwulen in Mißkredit kämen. Ich selbst bemühe mich in den Projekten, die ich beeinflussen kann, stets darum, eben nicht "extrem schwul" zu wirken und stets zweideutig.eindeutige Bemerkungen zu machen. Aber so ein bißchen ist so ein "Eisbrecher" wie eine Drag Queen auch wichtig, um aufzufallen und ich glaube auch, so ganz kommen wir ohne so einen "Hingucker" noch nicht aus.
Trotz vieler Probleme ist Betty BBQ auch eine Art Botschafterin, tritt auch in Heterokreisen bei Veranstaltungen auf und ein Stück weit nimmt sie sich auch nicht ernst. Und das finde ich gut so.
Mag Dir anders gehen, aber - wie gesagt - ein Stück weit verstehe ich auch Dich und argumentiere auch oft in Deine Richtung. Aber zumindest bei Der Kunstfigur Betty BBQ hatte ich das Glück, auch andere Seiten erleben zu dürfen. Und diese fand ich alles andere als abschreckend.