Hi zusammen,
nun kommt also die "Fortsetzung" des israelischen Films "Yossi und Jagger" in die Kinos, und da Jagger ja im ersten Teil verstarb, heißt er nun folgerichtig nur noch "Yossi".
Wieder führt Eyton Fox Regie und Ohad Knoller über nimmt die Titelrolle. Es sind zehn Jahre seit dem ersten Teil vergangen, Yossi hat noch immer nicht den Tod seines Freundes Jagger verwunden und arbeitet mittlerweile als Arzt. Sein Leben ist festgefahren, er sieht längst nicht mehr so aus, wie er sich im Internet präsentiert und bekommt dies, mehr resignierend denn kämpfend, auch zu spüren. Als er in der Klinik zufällig Jaggers Mutter begegnet, werden dadurch die alten Wunden noch einmal aufgerissen, nach anfänglichem Zögern nimmt er Kontakt zu ihr und ihrem Ehemann auf und wagt ein spätes "Coming Out" des verstorbenen Jaggers.
Bei einem Ausflug trifft Yossi zufällig auf ein paar junge Soldaten, alte Erinnerungen werden aufgerissen und der schwule Tom tritt in sein Leben. Zehn Jahre nach seiner eigenen Militärzeit sieht er, daß man offenbar im Militär intern mittlerweile deutlich lockerer umgeht als noch zu seiner Zeit. Dennoch begegnet er dem einfühlsamen Tom zunächst mit äußerster Zurückhaltung und zieht sich zunächst in sein festgefahrenes Schneckenhaus zurück ...
Wir waren ja gestern mit einer Gruppe des Filmstammtisches in dem Film, bei dem auch zwei CO30er mit dabei waren. Mir gefiel der Film zum einen recht gut dahingehend, daß ich das Thema sehr interessant war. Im Vordergrund stand nicht ein erfolgreicher "Szenetyp", es ging auch nicht um eine Coming-Out-Geschichte, sondern im Mittelpunkt war Yossi, der aufgrund der Trauer um seinen verlorenen Partner und das Zurückziehen in sein Schneckenhaus den Anschluss an das leben aus den Augen verlor. Er lebt in seiner Welt und zieht sich immer wieder auch dann dahin zurück, wenn von außen gerüttelt wird. Eine solche Hauptfigur finde ich sehr spannend, entspricht sie ja vielleicht viel mehr dem "Durchschnitts-Schwulen" als vielleicht so mancher hochgestylter Schönling. Auch behandelt der Film damit andere Schwerpunkte als der erste Teil und ist nicht nur ein bloßes Anhängsel. Die Handlung und die Figur des Yossi wird sehr glaubhaft und einfühlsam erzählt.
Dennoch habe ich mit "Yossi" das gleiche Problem wie mit seinem Vorgänger: ich empfnde angesichts der Langsamkeit der Geschichte, daß der Film dann aufhört, wenn er gerade beginnt zum Laufen zu kommen. Das war auch bei "Yossi und Jagger" so, als Yossi am Ende nach dem Tod seines Freundes zu dessen Eltern kommt und es im Raum steht, daß er diesen von der wahren Natur ihrer Beziehung berichtet. Nun könnte man sagen, daß dies dem Vorstellungsvermögen der Zuschauer überlassen bleibt, wie es weitergeht, die notwendigen Weichen sind ja gestellt. Dennoch hinterlies mich der Film dann am Ende sehr unbefriedigt und ähnliche Stimmen habe ich auch von einigen meiner Begleiter gehört.
"Yossi" ist sicher sehenswert, aber der ganz große Film-Tipp ist es leider für mich nicht.
Dennoch hatten wir einen schönen Kino-Abend mit Sekt-Empfang und netter Ansprache, ich freue mich auf die weiteren Ausgaben der Gay-Filmnacht. Und vielleicht gibt es ja in zehn Jahren einen Film mit dem Titel "Yossi und Tom"?
Liebe Grüße,
Mickey2