Mein erstes Nicht-Date und mein ersten richtiges Date mit einem Mann:
Vor fast zwei Wochen hat mich der queere Freund aus oben genannter Freundesgruppe zum Filme schauen eingeladen.
Ja, ich weiß, alleine da kommt doch bei jedem gleich "Netflix and chill" in den Kopf. So auch mir. Denn seit unserem Barbesuch ist es ein bisschen komisch zwischen uns. Es gab damals nämlich einige versehentliche(?) aber harmlose Berührungen, die halt ein gewisses Kribbeln in mir ausgelöst haben. Und seither haben sich auch gewisse Fantasien ergeben …
(Anmerkung: besagter Freund hat mir gebeichtet, dass diese Berührungen nicht wirklich versehentlich waren ^^)
An jenem Filmeabend war ich ein nervliches Wrack! Es war zwar amüsant und wir haben wirklich nur Filme geschaut, aber es gab so Berührungen, wie ein Bein auf meinem Oberschenkel, weil das Sofa zu kurz war.
Alleine diese Berührung hat in mir alles mögliche an Gedanken und Emotionen ausgelöst. Ich war gefühlt alle 20 Minuten pinkeln (und normalerweise kann ich stundenlang ohne Klopausen auskommen
). Ständig hatte ich Herzrasen, mein Organismus schien total überfordert, weil ich die ganze Zeit nicht wusste, was dieser Filmeabend bedeutet? Sollte mehr passieren? Wollte ich, dass mehr passiert? Warum springt mir mein Herz gleich aus der Brust?!
Es war eine emotionale Achterbahn. Dabei saß mein Freund die ganze Zeit unschuldig neben mir und hat nicht mal irgendwelche Andeutungen gemacht oder wirkliche Annäherungsversuche unternommen.
Ganze 8 Stunden war ich bei ihm. Ich hab mich ja trotzdem wohl gefühlt und die Filme haben mir auch gefallen. Ich wusste ja, dass das Chaos in meinem Kopf nur wegen mir da ist und hab versucht, es anzunehmen. Tja, geendet hat das Ganze dann in fürchterlichen Magenkrämpfen - hab ich ja toll hinbekommen ^^
Ich bin daraufhin fluchtartig gegangen. Ich hab ihm angesehen, dass er total irritiert war. Ich konnte das dann auch nicht so stehen lassen und hab zu Hause noch ziemlich lange mit ihm geschrieben und ihm von meinen Komplexen und meinem Misstrauen anderen Männern gegenüber erzählt.
In den folgenden Tagen haben wir dann jeden Tag, rund um die Uhr geschrieben und uns gegenseitig sehr tiefe Einblicke in unsere "seelischen Abgründe" gegeben.
Kurzer Einschub: Er hat mir ein wundervolles Buch geliehen - "Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums". Normalerweise gehen mir Bücher nicht nahe. Aber in diesem Buch habe ich mich so sehr in den Hauptcharakter (Aristoteles) wiedergefunden, dass es mir Angst gemacht hat. Da war ich nun - 32 Jahre alt und hatte haargenau dieselben Ängste und Sorgen wie ein fünfzehnjähriger (fiktionaler) Junge. Dem gegenüber stand sein Freund (Dante), der so viel lockerer und zufriedener mit sich selbst war. Und auf einmal war es mir zu blöd, ständig Angst zu haben. Sollte ich etwa nochmal 15 Jahre wegen meiner Sexualität bangen und das Leben an mir vorbeiziehen lassen? Nein, danke.
Daraufhin kanalisierte ich meinen inneren Dante und fragte meinen Freund, ob er schon mal daran gedacht hatte, mit mir auf ein Date zu gehen.
(Anmerkung: so einfach ging es natürlich nicht. Ich habe ungefähr 100 verschiedene Entwürfe vorab verfasst und überarbeitet. Die Frage kam dann aber doch spontaner als ich es von mir erwartet hatte.)
Mein Freund sagte ja und dass er schon bei unserem ersten Treffen vor 2 Jahren daran gedacht hatte, aber er halt nicht wusste, ob ich interessiert bin und weil ich zu dem Zeitpunkt ja noch (scheinbar) glücklich verheiratet war.
Wir verabredeten uns für einen Tag (der ursprünglich später angesetzt war). Nichts besonderes, nur spazieren und quatschen.
Ich war aber ungeduldig und rastlos. Noch zwei Wochen warten? Ich wollte nicht so lange warten!
In meinem Kopf entstanden natürlich die wildesten Fantasien, was bei dem Date alles passieren könnte.
Trotzdem wollte ich nicht sooooooo lange darauf warten!!!
Und dann ergab es sich, dass ich schon eine Woche früher Zeit hatte. Ich sagte es ihm, weil auch er schon mehrmals geäußert hatte, dass ihn das Warten störte - und Schwupps! war unser Date vorgeschoben. Ohne wirklichen Plan, weil das Wetter auch in Österreich zu der Zeit seinen eigenen Willen hatte.
Ich war super aufgeregt und fühlte mich aber auch richtig mutig. Ich wusste, dass ich unbedingt einen Kuss haben wollte. Ich nahm mir sogar vor, ihn gleich beim Begrüßen zu küssen, damit das Eis gebrochen ist und wir nicht wie zwei schüchterne Jungs nervös darauf warten, bis es passiert. Ich war mir auch bis kurz vor seiner Haustür sicher, dass es so ablaufen würde.
Tat es aber natürlich nicht ^^
So wie er die Tür öffnete, übermannten mich sämtliche Ängste und Komplexe.
Es war dann anfangs ein sehr konservatives Date
wir spielten Schach. Ja, richtig. SCHACH!
Wir tranken auch ein bisschen Wein und der half zum Glück. Die Tage davor hatten wir über WhatsApp eine sehr ehrliche und offene Kommunikation und der Wein half, diese nun auch ins persönliche Gespräch einzubringen.
Wir fragten uns dann, was wir uns von diesem Abend vorgestellt hatten. Wir waren uns einig, dass wir mit Allem oder auch mit Nichts rechneten.
Ich erzählte ihm, dass ich Schwierigkeiten mit Nähe hatte und dass das bloße Nebeneinandersitzen mich schon aus dem Konzept brachte.
Dann lagen wir auf dem Sofa und er fragte, ob er seinen Kopf an meine Schulter lehnen durfte, was ich bejahte. Irgendwann berührte er meine Hand und nahm sie in seine, weil sie so kalt war (was immer der Fall ist, wenn ich furchtbar nervös und angespannt bin). Es fühlte sich gut an und das sagte ich ihm auch.
Und dann schien der Wein wieder meinen inneren Dante zum Vorschein zu bringen. Was ich plötzlich sagte, war aber alles andere als sexy oder Hollywood-reif
Ich sagte: "Wollen wir uns in dein Bett legen und uns berühren?“
(Anmerkung: Kurz vorher hatten wir darüber gesprochen, wie sehr wir trotz unserer Ängste körperliche Nähe bräuchten und uns das viel zu selten zugestehen. Daher kam dann meine sehr ungeschickte Frage
)
Es sorgte für kurzes Kichern. Mein Freund stimmte aber zu.
So, und genau wo es spannend wird, beende ich aber meine Schilderungen und überlasse den Rest der Fantasie.
Das Ergebnis des Ganzen ist jedoch, dass ich richtig viele Knutschflecken am Hals habe und das ist mir furchtbar unangenehm. Besonders, weil ich danach noch mit dem Zug nach Hause fahren musste ... Zum Glück hatte ich einen Hoodie mit Kapuze mit
Was ich aber nicht vorenthalten will, ist die anschließende Unterhaltung mit meiner Frau.
Ich war beim Heimweg so überfordert von all den Eindrücken und Erlebnissen, dass ich ihr gleich schreiben musste und ich sie auch wegen der Knutschflecken vorwarnen wollte. Ich hatte ziemlich große Schuldgefühle. Es fühlte sich an, als hätte ich sie betrogen.
Wie durch ein Wunder war sie noch war (es war immerhin schon 23:30) und sie antwortete mir, wie sie es als meine neue beste Freundin eben tat: "Duuuuuuu Luuuuuder!“
Sie meinte, dass sie sich total für mich freute und wollte unbedingt alles wissen.
In der Früh haben wir weitergesprochen. Ich habe mich gewunden, wie ein Regenwurm am Trockenen. Es war so unglaublich seltsam meiner Frau von dem Date zu erzählen. Und sie freute sich ehrlich für mich. Sie sagte, wäre es mit einer anderen Frau passiert, hätte es sie vermutlich schon gestört.
Sie umarmte mich und war wirklich wie eine beste Freundin, die den neuesten Gossip hören will ^^
Mein Fazit zum Date: es war wirklich wunderbar. Und die Fantasie kann noch so aufregend sein, die Realität ist um vieles aufregender
Wir werden uns auch weiterhin treffen, aber ich habe auch klar gesagt, dass ich jetzt keine Beziehung oder andere Verpflichtungen eingehen möchte. Wir wollen das locker angehen und nur mal genießen.