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Inneres Coming Out mit 46

geschrieben von Nora 
Inneres Coming Out mit 46
30. Juni 2022 22:41
Hallo,
Ich werde als Nora hier schreiben.
Ich bin 46 Jahre alt und seit 22 Jahren mit meinem Mann zusammen, den ich sehr liebe. Wir haben drei wunderbare Kinder und ich dachte immer, dass wir zusammen alt werden. Vor eineinhalb Jahren habe ich mich heftig in eine Frau verliebt. Das erste, was ich merkte war, dass sie in meinen Träumen erschien und wir beide in diesen Träumen ein verliebtes Paar waren und uns heimlich trafen. Als ich sie dann tagsüber überrascht durch meine Träume genauer ansah, und unsere Blicke sich häufiger trafen, bemerkte ich irgendwann, dass ich den Wunsch, mehr als das- ein schmerzhaftes Verlangen habe sie zu küssen, in ihrer Gegenwart fühlte ich mich körperlich elektrisiert und ich dachte Tag und Nacht an sie. Dieses Denken an sie und Tagträumen nahm eine obsessive Qualität an. Ich habe so ein intensives Verlangen für eine Frau noch nie gespürt. Dann gab es diesen einen Moment, in dem ich ihr gegenüber saß und sie lange anschaute, mein Herz raste und im nächsten Moment kam mir plötzlich die Erkenntnis, dass ich lesbisch bin. Es war wie ein Vorhang, der zur Seite geschoben wurde. In den nächsten Tagen erfasste mich diese seltsame Gewissheit lesbisch zu sein mit starker Wucht und beinhaltete auch eine schwere Trauerreaktion um meinen Mann und mich- als ob ich ihn in einem plötzlichen Unfall verloren hätte. Ich bekam Panikgefühle, Bauchschmerzen und hatte keinen Appetit. Der Vorhang, der zur Seite geschoben wurde, führte auch dazu, dass ich plötzlich für hübsche fremde Frauen auf der Straße oder bei Veranstaltungen eine starke körperliche Anziehung für weibliche Brüste, Hüften, Hintern, Körper wahrnahm, die für mich extrem intensiv und überraschend kam. Auch das hatte ich noch nie vorher erlebt, nicht für Männer und nicht für Frauen. Ich stellte mir Zärtlichkeiten, romantische Situationen und Sex mit einer Frau vor. Ich testete meine Reaktion auf Frauen, indem ich mir entsprechende Filme und weibliche Aktfotografien anschaute und wurde bestätigt. Es ging also nicht nur um die eine Frau, es ging um Frauen im Generellen und es ging vor allem um MICH selbst. Um so tiefer diese Erkenntnis sackte, um so schlechter ging es mir. Ich fühlte mich schlecht im Inneren ein Doppelleben zu führen, wurde immer einsamer dabei.

Ich werde meine Geschichte später weiterschreiben.

Nora
Re: Inneres Coming Out mit 46
01. Juli 2022 08:38
Hallo Trine / Nora,

wenn ich Deinen Text so lese und vor allem so gegen das Ende hin, dann habe ich das Gefühl, dass Du gerade anfängst die weibliche Seite in DIR SELBST zu entdeckt und sie lieben zu lernen. Das was Du im Aussen so anziehend und elektrisierend findest hat für mich sehr viel mit Dir selbst zu tun und das drückst Du auch so aus, wenn Du schreibst „… es ging vor allem um MICH selbst.“.

In meinem Leben bin ich sehr vielen Frauen begegnet, die sehr männlich betont waren und die als „Mannweiber“ bezeichnet werden. Dabei konnte ich beobachten, dass diese Frauen ihre weibliche Seite sehr stark verdrängen.

Es entspricht auch der üblichen Werbung im Fernsehen mit der erfolgreichen Karrierefrau, die selbständig und selbstbewusst durchs Leben geht und die Familie eben so nebenher managed.

Alle Menschen, egal ob Frau oder Mann, haben eine linke weibliche und eine rechte männliche Seite und beide Seiten wollen gelebt und integriert werden. Wenn wir über die Jahre hin zurückblicken, so werden wir erkennen, dass die Frauen angefangen haben ihre männliche Seite zu entwickeln, doch leider haben sie dabei oft genug auch ihre weibliche Seite vernachlässigt. Diese will jedoch auch angenommen und geliebt werden.

Es scheint mir, dass Du gerade eine Prozess durchmachst, in dem Du anfängst Dich wieder zu entdecken und die verlorenen Anteile zurückholen möchtest.

Hilf dir selbst, sonst hilft dir niemand.
Die Veränderung beginnt bei mir selbst.
Liebe ist meine Rebellion.
Re: Inneres Coming Out mit 46
01. Juli 2022 19:21
Hallo Nora,

ich verstehe Dich sehr gut in dieser inneren Zerrissenheit und dem neu entdecken. Du bist damit nicht alleine!

Liebe Grüße
sol
Re: Inneres Coming Out mit 46
10. Juli 2022 01:02
Hallo ihr,

Danke für euren Zuspruch!

Ich schreibe meine Geschichte weiter...

In der Zeit, in der ich gemerkt habe, dass ich eine für mich relativ plötzliche und überraschende starke sexuelle Anziehung für Frauen entwickelt habe, habe ich begonnen viel über meine Vergangenheit nachzudenken, über meine Freundschaften zu Frauen und über meine sexuellen Fantasien. Dabei sind Stück für Stück alte Erinnerungen aufgetaucht, einige davon hatte ich komplett "vergessen". Als ich 13/14 war saß ich im Unterricht neben einem Mädchen, in dessen Gegenwart ich immer sehr aufgeregt war, Herzklopfen hatte und rot wurde, wenn ich mit ihr sprach...ich fand das damals merkwürdig und konnte meine Gefühle nicht einordnen...hielt meine Reaktionen für Selbstunsicherheit....und habe tatsächlich nicht erkannt, dass ich verliebt in sie war! Bereits als Grundschülerin habe ich für eine Arbeitskollegin meines Vaters geschwärmt, nach deren Namen ich mein Tagebuch genannt habe. Ich erinnere mich, dass ich als 15 jährige einen Jungen aus der Ferne "anhimmelte", jedenfalls dachte ich, dass er es wäre, der mich interessiert, wenn ich heute versuche, mich zu erinnern, fällt mir aber nur noch seine Freundin ein, sie kann ich sehr klar vor mir sehen. Und diese Art von Umlenkung meines sexuellen Interesses für eine Frau auf ihren Freund wiederholte sich einige Male. Ich denke nun, dass ich meine frühen Gefühle für Frauen damals nicht erkannt habe, nicht einordnen und benennen konnte...weil ich ganz einfach annahm, dass ich mich -wie alle anderen Mädchen auch - für Männer interessiere. Ein anderes Bild, ein anderes Narrativ gab es für mich damals im Außen nicht.

Die Mädchen, um die es ging, waren alle dunkelhaarig und ähnelten einander vom Typ her. Und sie ähneln tatsächlich der Frau, in die ich seit 1,5 Jahren so extrem verliebt bin, dass es mir manchmal fast übertrieben und obsessiv erscheint. Ich frage mich, ob in dieser Verliebtheit nicht nur die Gefühle für sie drin stecken, sondern auch alle vorherigen, unterdrückten, durch mich nicht erkannten Gefühle aus der Vergangenheit, die sich jetzt Bahn brechen.

Erste reale sexuelle Erfahrungen machte ich dann erst ab dem Alter von 21 Jahren, seitdem aussc TVhließlich mit Männern. Die Beziehungen mit Männern waren schön, auch sexuell befriedigend. Währenddessen pflegte ich immer sehr enge und intensive Frauenfreundschaften mit hoher Emotionalität.

Wenn ich diese Frauenfreundschaften im Rückblick näher beleuchtet, finde ich in einigen von ihnen einen romantischen Aspekt, der über Freundschaft hinauszugehen scheint und vage Anzeichen dafür, dass ich zu diesen Zeitpunkten unbewusste romantische Sehnsüchte für die betreffenden Frauen hatte, während ich offiziell und auch in meiner eigenen Wahrnehmung eine heterosexuelle Beziehung, später Ehe führte.

Bei meinen ersten Erfahrungen mit Selbstbefriedigung und auch jetzt stelle ich mir Frauen als auch Männer vor, wobei mir Frauen in den Fantasien zentraler erscheinen und detaillierter imaginiert werden.

Trotzallem kam ich jahrelang nicht auf die Idee homosexuelle Neigungen zu haben und war auf der bewussten Ebene ganz klar heterosexuell orientiert, dachte ich zumindest...

In der Rückschau denke ich nun, dass ich meine "Liebe zu Frauen", die schon immer da war, gut verpackt und "versteckt" in Freundschaften gelebt habe, eine Art Nebenspur zur Hauptspur -Heterosexuelle Ehe mit Kindern-.

In gewisser Weise erschüttert es mich tief, dass da etwas in mir ein stilles Leben geführt hat, unerkannt durch mich selbst. Da ist auch eine große Traurigkeit, dass ich mein Herz, mich selbst, so viele Jahre nicht erkannt habe.

Und trotzdem habe ich in diesen selben Jahren geliebt und gelebt, mit meinem Mann, hatte soviel Glück...unsere wunderbaren Kinder....das war und bin auch ich...

Nora
Re: Inneres Coming Out mit 46
10. Juli 2022 10:25
10.07.2022 EinsamerWolf

Hallo Nora,

oh ja!

„Ich denke nun, dass ich meine frühen Gefühle für Frauen damals nicht erkannt habe, nicht einordnen und benennen konnte...weil ich ganz einfach annahm, dass ich mich -wie alle anderen Mädchen auch - für Männer interessiere. „

Ein Muster, das ich seit Jahren auch bei mir so erkannt habe, nur eben anders herum. Es lag wohl auch an der Zeit, in der die Gesellschaft die NORMEN vorgegeben hatten, nach denen sich gefälligst JEDER ZU RICHTEN hatte. Wir wurden durch sie geprägt und etwas anderes kam nie in Frage. Hinzu kommt, dass bis ins Jahr 1994 hinein Homosexualität strafbar war.

„Die Mädchen, um die es ging, waren alle dunkelhaarig und ähnelten einander vom Typ her.“

Es ist ein interessantes Phänomen, dass wir unbewusst einen bestimmten Typ als „Beuteschema“ haben, während uns Menschen die davon abweichen nur mässig anziehen oder vollkommen kalt lassen. Trotz meiner intensiven Forschungen ist mir bisher noch keine plausible Erklärung dafür bekannt.

„Bei meinen ersten Erfahrungen mit Selbstbefriedigung und auch jetzt stelle ich mir Frauen als auch Männer vor, wobei mir Frauen in den Fantasien zentraler erscheinen und detaillierter imaginiert werden.“

Da ich eine rege Fantasie habe, waren es bei mir fast ausschliesslich solche mit einem männlichen Gegenüber. Ich denke, dass unsere Fantasie uns auch sehr klar zeigt, was wir wirklich wollen.

„Trotzallem kam ich jahrelang nicht auf die Idee homosexuelle Neigungen zu haben und war auf der bewussten Ebene ganz klar heterosexuell orientiert, dachte ich zumindest…“

Ja, das kann ich total nachvollziehen. So ähnlich erging es mir auch und mein inneres coming-out hatte ich auch mit 46 Jahren.

„Und trotzdem habe ich in diesen selben Jahren geliebt und gelebt, mit meinem Mann, hatte soviel Glück...unsere wunderbaren Kinder....das war und bin auch ich…“

Hierzu kann ich Dir nur mitteilen: SEI DANKBAR DAFÜR!

Das ist keineswegs selbstverständlich. Mein Weg bei Beziehungen war bisher IMMER leidvoll, wobei ich nie wirklich eine Beziehung hatte und selten einmal das Gefühl hatte zu lieben, geschweige denn geliebt zu werden.

Hilf dir selbst, sonst hilft dir niemand.
Die Veränderung beginnt bei mir selbst.
Liebe ist meine Rebellion.
Re: Inneres Coming Out mit 46
10. Juli 2022 16:16
Hallo Nora,

ja, auch das sind wir!

Und gleichzeitig finden wir irgendwann zu uns selbst.
Geprägt und aufgewachsen in unserer heteronormativen Gesellschaft. In der es keine entsprechenden Vorbilder gab. Und es selbst-verständlich ist, dass… .

Langsam aber sicher werden wir sichtbar. Werden die anderen sichtbar. Und dieses Gefühl damit nicht alleine zu sein gibt Kraft…. Kraft den eigenen Lebensweg und den der eigenen Familie -mit ihr zusammen - neu zu formen.

Ich wünsche Dir ganz viel Kraft auf Deinem Lebensweg.

Liebe Grüße
sol
Re: Inneres Coming Out mit 46
27. Juli 2022 07:22
Hallo Nora..
Ich habe erst jetzt deine Geschichte gelesen und sie erinnert so sehr an meine eigene..Besonders was die plötzlich verändert klaren Erinnerungen an die Kindheit angeht..aufeinmal sieht man es ganz klar und man fragt sich warum erst jetzt..
Ich wäre gespannt wie deine Geschichte weitergeht und hoffe du lässt uns weiter teilhaben.
Ganz besonders würde es mich interessieren wie du nach einem Co bei deinen Freundinnen dich fühlst..Ich habe das Gefühl sie schauen mich jetzt mit anderen Augen an..Ich bin nicht mehr die die sie in mir sahen und das ist etwas bedrückend weil man ja soviele Jahre sich doch blind vertraut hat.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 27.07.22 07:26.
Re: Inneres Coming Out mit 46
12. August 2022 21:48
Hallo Nora

Mir erging es auch so, dass ich nach meinem inneren Coming-out so klar sah in welche Frauen ich mich im Laufe meines Lebens verguckt hatte. In meinem Leben als Frau, die sich den heterosexuellen Normativen unterworfen hatte, war mir das nicht so deutlich. Ich dachte damals, ich schau den Frauen hinterher, weil ich deren Frisur cool fand. Ich bin überrascht, wie vernebelt ich war. Am intensivsten war eine Erinnerung, die so tief vergraben war, dass sie mir erst 2 Jahre nach meinem Coming-out hochkam. Ich war verknallt in ein Mädchen in der 2. Klasse. Plötzlich sah ich alles ... das Klassenzimmer, die Tafel, das Mädchen, ihre Frisur ... ich könnte alles aufmalen, so detailiert.

Wie geht es dir nun? Hast du mit deinem Mann darüber gesprochen?

Es grüßt . Beera
Re: Inneres Coming Out mit 46
06. Dezember 2022 22:08
Hallo, ich habe schon lange nicht mehr geschrieben. Es ist ein wenig Zeit vergangen. Ich glaube, ich hatte noch gar nicht berichtet, dass ich meinen Mann recht "früh", nach einigen Monaten meines Bewusstwerungsprozesses eingeweiht habe. Er hat verständnisvoll reagiert, das ist jetzt ein Jahr her. Seitdem habe ich psychotherapeutische Gespräche in Anspruch genommen und vor etwa einem halben Jahr meine allerbeste Freundin eingeweiht. Mit der Psychotherapeutin und mit ihr über meine Situation zu sprechen ist eine eine Art Rettung gewesen in der allerschwersten Zeit. Die Gespräche mit meinem Mann sind schwierig, traurig, manchmal unmöglich, bringen uns oft auch näher zusammen, aber eine "Lösung" haben wir nicht. Wir haben beide Angst vor der Zukunft. Meine Gefühle fahren weiter Achterbahn. Es ist ein Wechsel zwischen Verzweiflung, Traurigkeit, Verlustgefühlen, Unsicherheit, Trauer, Schuldgefühlen, manchmal auch Glücksmomente (wenn ich mir einbilde, dass die Frau, in die ich verliebt bin, ähnlich empfindet). Mir fällt der Alltag inzwischen schwer, alles scheint zu viel zu sein, ich fühle mich kraftlos und erschöpft von all den Gefühlen und Ängsten...ich stecke fest...tröstlich sind Momente, wenn ich es schaffe mir zu sagen, dass meine Gefühle für Frauen trotzdem richtig und wichtig sind, dass ich froh bin sie entdeckt zu haben trotz der Schwere, die diese Erkenntnis mit sich brachte....ich frage mich, wie lange es bei mir dauern wird bis ich wieder glücklich sein kann, bis ich sicherer werde darüber, wer ich bin und was ich will und wie ich dorthinkomme. Vielleicht wünsche ich mir gerade einfach eine Pause von diesem ganzen Inneren-Coming-Out-Chaos..... Viele Grüße, Nora

.
Re: Inneres Coming Out mit 46
07. Dezember 2022 07:41
Hallo Nora,

danke für das Teilen des Updates smiling smiley

Die Gefühle, die du beschreibst, kann glaube ich jeder nachvollziehen.
Die Coming-out Phase ist für jeden anders, aber immer anfangs belastend, weil man z.B. das Gefühl hat, man verrät seine Liebsten.
Auch wenn es sich noch nicht so anfühlt, möchte ich dir Mut machen. Diese Phase wird tatsächlich irgendwann vorbei sein und du wirst dich frei fühlen, zurück schauen und denken "Warum hab ich es mir so schwer gemacht". Bis dahin ist es aber erstmal beschwerlich.

Ich finde dein Gedanke von einer Pause vom Coming-out sehr charmant. smiling smiley
Mach das doch einfach mal!

Dazu hier ein Gedanke, der dir helfen könnte:

Deine sexuelle Orientierung ist ein Teil deiner Identität. Aber eben auch nur genau das: Ein Teil, nicht deine gesamte Identität.
In Phasen der Krise und des Coming-outs machen wir diesen Teil so überlebensgroß, dass er zeitweise unsere gesamte Identität einnimmt.
Du bist aber soviel mehr. Du bist Frau, Mutter, Partnerin etc...

Also gönn dir wirklich mal eine Auszeit und ruf dir ins Gedächtnis, was du über deine sexuelle Orientierung hinaus noch alles bist.
Wenn du dich im Kreis drehst bei einem Thema, lass es ruhen und plötzlich wirst du merken, dass es wieder ein Schritt weiter geht.

Eine Pause zu machen bedarf etwas Übung. In Phasen des Gedankenkreisens kann ich dir wärmstens die transzendentale Meditation empfehlen. In kurzer Zeit schaffst du es etwas Ruhe reinzubekommen. Probiere sie mal aus, Anleitungen gibt es bei Youtube smiling smiley

Freue mich auf dein nächstes Update

LG
Michael

Michael Kensy
Coming-out Coach
[www.michael-kensy.de]
[www.tiktok.com]
[www.instagram.com]
Re: Inneres Coming Out mit 46
08. März 2023 20:00
Hallo,

ich frage mich immer wieder Mal, wie ich es unterscheiden könnte, ob ich gerade in einem homosexuellen oder bisexuellen inneren Coming Out stecke?

Kann es sein, dass sich ein bisexuelles Coming Out ähnlich ausschließlich, überraschend, krisen- und konflikthaft und lebensverändernd anfühlt, wie ein homosexuelles Coming Out?

Kann es sein, dass man während eines bisexuellen Coming Outs die heterosexuellen Gefühle erstmal nicht fühlen kann, weil die homosexuellen Gefühle mit so viel Kraft und so unintegriert herausbrechen und so viel Raum einnehmen, dass sie alle anderen Möglichkeiten des Fühlens und Begehrens verdrängen?

Hat hier jemand im Forum es vielleicht bereits selber erlebt, dass er/sie einen Coming Out - Prozess homosexueller Gefühle/Begehrens hatte und dabei heterosexuelles Verlangen komplett "verloren" ging und erst viel später merkte, dass neben den homosexuellen durchaus auch noch heterosexuelle Gefühle und Bedürfnisse möglich und vorhanden blieben?

Ich kann ein heterosexuelles Begehren gerade nicht fühlen, obwohl es früher vor meinem inneren Coming Out vorhanden und mir möglich war. Das homosexuelle Begehren scheint bei mir eine andere Qualität als das frühere heterosexuelle Begehren anzunehmen (fühlt sich intensiver an). Aber mir fehlen (praktische) Erfahrungen, um das wirklich beurteilen zu können.

Vielleicht versuche ich gerade ein Problem, welches sich nur praktisch erfahren lässt, theoretisch zu lösen...ich weiß.

Es würde mir aber mehr Sicherheit geben, mich da einordnen zu können....und es würde vielleicht auch die Prognose für mich und meinen Mann ändern...

Vielleicht kann ich die Antwort tatsächlich nur durch das Leben selbst und dann irgendwann rückblickend herausfinden....

Aber vielleicht kann ich auch von euren Erfahrungen und Gedanken zu meinen Fragen profitieren.....
Re: Inneres Coming Out mit 46
12. Mai 2023 20:22
Hi Nora.,
ich mag deinen Beitrag sehr. Ich konnte mich sehr gut mit dir identifizieren und habe mich damit weniger allein gefühlt. Vielen Dank für dein Teilen.

Wie du habe ich gerade die gleiche Frage. Auch für mich fühlt sich die Anziehung zu Frauen, besonders sexuell, wie eine Wucht an. Sodass es mich immer sehr belastet, weil ich es nicht ausschalten kann und dann jedes Mal meine Beziehung mit meinem Freund hinterfrage. Ich bin mir unsicher ob ich so eine sexuelle Anziehung vorher für Männer empfunden habe oder nur für den Sex an sich.
Ich würde sagen, dass ich mich gerade zu 10% zu Männern hingezogen fühle.
Auch ich hadere mit der ganzen Situation schon 1 Jahr und komme auch im Gespräch mit meinem Freund zu dem Punkt dass es sich wohl nur praktisch lösen lässt.
Aber ich habe Angst, dass es eben nicht so ist. Denn nicht mit jedem Menschen ist es gleich toll. Und was ist wenn es toll ist? Hab ich dann wirklich meine Lösung? Ich bin pessimistisch..

Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft. 🙂
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