Büchse der Pandora

Hallo!

ich bin 41 Jahre alt und seit drei Jahren mit meiner Ehefrau (34 Jahre alt) verheiratet.

Eigentlich standen Frauen schon immer im Mittelpunkt meines Lebens. Mein ganzer Antrieb in allen Bereichen war das weibliche Geschlecht.
So hatte ich auch oft die Partnerin gewechselt und fast schon den Ruf eines Frauenhelden erreicht.
Das änderte sich vor ca. fünf Jahren, als ich meine jetzige Ehefrau kennenlernte.
In all meinen Beziehungen lief es leider sexuell nie so, wie erwartet. Ich benötigte oft sehr lange Zeit, bis zum Orgasmus zu kommen.
In meiner jetzigen Beziehung lief es zunächst besser, bis die Lust auf Intimitäten von meiner Seite aus wieder abflaute.
Ich wollte der Sache auf den Grund gehen, da ich einen unentdeckten Fetisch bei mir vermutete. Zum Testen schaute ich mir einige Pornofilme an - mit blonden, rothaarigen, dicken, dünnen Frauen usw. verschiedene sexuelle Praktiken, doch nichts war in der Lage mich besonders zu erregen.
Dann testete ich etwas, was ich besser nicht gemacht hätte: Ich schaute mir einen Pornofilm mit zwei Männern an. Wider Erwarten erregte mich das so, dass ich es nicht mehr vergessen konnte. Seither ist nichts mehr, wie es vorher war. Selbst bei Intimitäten (auch Küssen) mit meiner Frau stelle ich mir vor, ich sei intim mit einem Mann. Ich bin mir fast sicher, dass ich keine erfüllende Sexualität mit einer Frau haben kann, seitdem ich die "Büchse der Pandora" geöffnet habe".
Verliebt habe ich mich noch nie in einen Mann, aber seit einigen Wochen empfinde ich sogar ein Knistern im Umgang mit einem offenbar schwulen Kollegen, den ich vorher nur als aufdringliche Tunte bezeichnet hatte. Ich stelle mir oft sehr intensiv vor, mit ihm Sex zu haben.
Manchmal ekelt mich aber wiederum die Vorstellung.

Wie kann ich die Büchse der Pandora wieder schließen?

Hallo Uwe,

danke für Deine sehr offene Nachricht, schön dass Du hierher gefunden hast.

Was so ein wenig als Frage bei Dir rüberkommt ist, ob Du aufgrund des Pornos ggf. jetzt plötzlich "schwul geworden" bist und das wieder ändern kannst?
Du glaubst nicht, wieviele andere Männer in ihrer CO-Phase gehofft haben, sie irren sich und ein vermeintlich "normales" Leben sei möglich mit Frau und Kind. Das ist ein ganz normaler Prozess.
Der Wunsch nach einem "normalen" Leben führt oft dazu, dass man sich auf Frauen einläßt. Einmal muss man dann nicht das "Schicksal" eines Schwulen annehmen, wird - so denkt man - gesellschaftlich geächtet, muss ein anderes Leben leben, als sein Umfeld etc.
Außerdem haben Viele natürlich den Wunsch, eine Familie, ein sicheres Umfeld etc. zu haben, oft mit Kindern und alles was dazu gehört. Das kenne ich auch von mir.

Wenn man schwul ist, kann es dennoch sein, dass man das lange bewusst oder unbewusst unterdrückt, denn nichts soll so sein, was nicht so sein darf. Das verinnerlichen viele so sehr, dass sie ganz sie sich so in das vermeintlich "normale" Leben hineinsteigern, dass sie alles andere ausblenden können. Das mag so eine Art Schutzmechanismus sein.
Aber oft macht man sich da was vor und irgendwann dringt das Unterbewusstsein und das "wahre Ich" doch hervor.

Dass Du Dir derzeit in der Fantasie "nur" Sex mit Männern vorstellen kannst oder magst, passt auch dazu, denn alles andere - tatsächliche Liebe - "darf" ja nicht sein.
Aber natürlich gehört das auch dazu, wenn man es nicht abblockt und dazu steht. Homosexuelle Männern sind ja nicht nur Sexobjekte, es zählt - wie überall im Leben - natürlich der Mensch.

Das sind natürlich nun nur ein paar Gedanken von mir zu Dir, vielleicht schreiben Dir ja noch mehr? Du kannst mir auch gerne eine Privatnachricht schreiben, wenn Du Fragen hast.
Bedenke natürlich, dass dies keine Expertenseite ist, sondern eher ein "Selbsthilfe"-Forum, d.h. Du findest hier "nur" Erfahrungsberichte. Aber gerade dies kann ja für Dich sehr spannend und wichtig sein.

Wichtig ist aber vor allem: man "wird" nicht schwul, man ist es oder zumindest hat man starke Veranlagungen in diese Richtung. Das ist auch nichts Schlimmes und meist hilft es auch, zu sich selbst zu stehen. Du schreibst ja auch selbst, dass Du bislang noch nicht die ganz große Erfüllung mit einer Frau gefunden hast, obwohl Du es Dir gewünscht hast. Es lohnt sich für Dich sicher, auf Dich selbst zu hören. Und geht dabei nicht "nur" um Sex. Du solltest herausfinden, wer Du bist. Und Du kannst nur gewinnen.

Liebe Grüße,
sendet Mickey2.

Vielen Dank für die schnelle uns ausführliche Antwort!
Eigentlich empfinde ich mich selbst bewusst noch nicht als schwul. Könnte es sein, dass ich eine bisexuelle Neigung habe?

Hallo Uwe,
Schön, dass du hergefunden hast.
Jeder hier hat seinen eigenen Weg gemacht um hier zu landen und um Rat zu suchen. Manche, wie ich, mit längeren Phasen der Suche und des Zweifels und manche, wie du, mit einer recht plötzlichen Wende in ihrem Leben.

Ich denke aber auch, wie Mickey2, dass in beiden Fälllen keine plötzliche Verwandlung passiert ist, sondern dass sich etwas Raum verschafft, das immer schon da war aber mehr oder weniger unbemerkt oder gar unterdrückt blieb.

Dieses Etwas behutsam zu erforschen und einen Teil von dir kennenzulernen, den du vorher nicht beachtet hast ist in meinen Augen sehr wichtig, denn es wird nicht wieder weggehen, sprich, die Büchse wird sich nicht wieder schließen.

Egal, was du bei deiner Suche herausfindest und ob das dann bisexuell, schwul oder wie auch immer heißt, kann dich dir selbst nur näher bringen. Es kann natürlich auch dein ganzes Leben verändern.

Bei mir hat es dazu geführt, dass ich mich nach einer über 25-jährigen Beziehung von meiner Frau getrennt habe, und mich ein Jahr später in einen Mann verliebt habe. Das hätte ich am Anfang der Geschichte auch nicht für möglich gehalten, da ich das Ganze (also meine Männerphantasien) immer als rein sexuell abgetan hatte. Da gebe ich Mickey2 auch Recht, es geht um viel mehr.

Willkommen hier und auf deinem spannenden Weg

Franz

Ich habe einen großen Respekt vor all diesen Lebenswegen hier und will nichts bewerten oder verurteilen. Es braucht wohl viel Mut und Kraft. Was ich aber nicht verstehe wie man seinen Partner k7ssen kann und noch mehr und sich dabei das andere Geschlecht vorstellen kann. Das sind für mich Verletzungen auf tiefster Ebene. Irgendwann kommt es ja raus..

Selbst bei Intimitäten (auch Küssen) mit meiner Frau stelle ich mir vor, ich sei intim mit einem Mann.

Hallo Uwe
was ist , wenn das Unterbewustein einem hier etwas zeigen möchte, das deine Reise eine andere ist. Ich selbst hatte zum Schluss meiner Ehe eher ein "Nichtgefühl" meiner Frau gegenüber. Es war so emotionslos und ich verstand die Welt nicht. Es war doch früher ganz anders.

aber seit einigen Wochen empfinde ich sogar ein Knistern im Umgang mit einem offenbar schwulen Kollegen, den ich vorher nur als aufdringliche Tunte bezeichnet hatte

Und dann tauchte bei mir - ich war etwa so alt wie Du jetzt - ein junger Mann in meinem Leben auf. Da spürte ich auch dieses Knistern. Ich verspürte Verliebtheitsgefühle wie die ein Teenagers. "das kann doch nicht war sein - ich bin doch erwachsen und erfahren -..."
Letztendlich war er nicht schwul, hat mir aber den Weg geöffnet und als Freund mich unterstützt meinen Weg zu gehen.

"Tunte" - nun ja, das Klischee von einem Schwulen - so ist man nicht, also ist man auch nicht schwul.
Dieses ist oft die Blokade im eigenen Kopf. Ich durfte lernen, das es liebe Männer unter den Klischetunten gibt. Lass dich somit nicht von Äußerlichkeiten blenden.

Wie dein Weg sein wird, kannst nur Du erkennen, wenn Du ihn gehst. Wenn es irgendwie geht, nimm deine Frau auf diesem Weg mit. Es gibt gute Beispiele wo es geklappt hat.

GLG Maks

Weltenbummlerin schrieb
> Was ich aber nicht verstehe wie man seinen Partner
> k7ssen kann und noch mehr und sich dabei das
> andere Geschlecht vorstellen kann. Das sind für
> mich Verletzungen auf tiefster Ebene.

Du hast sicher recht. Allerdings geschieht das ja nicht vorsätzlich, sondern die Gedanken entstehen während des Küssens bzw. des sexuellen Verkehrs.
Ich bemühe mich ja dagegen anzukämpfen und war bisher immer treu.
“Scheiß“ (Entschuldigung) Kopfkino!

Deine Seele spricht da sehr deutlich und gegen dich selbst kannst du doch nicht kämpfen. Ich wünsche dir Selbstliebe dich anzunehmen und auch das Vertrauen, dich deiner Frau mitzuteilen.

Hallo Uwe und ein verspätetes Willkommen hier im Forum!

Uwe schrieb:
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> Wie kann ich die Büchse der Pandora wieder
> schließen?

Nun, so wie Du Dir das erhoffst gar nicht mehr meiner Erfahrung nach.
Es ist ja auch die Frage, ob Du es wirklich willst.

Durch diese Aktion hast Du eben erkannt, dass auch Sex mit Männern für Dich anscheinend eine große Faszination ausübt, was höchst wahrscheinlich auch schon immer irgendwo in der vergraben lag und bislang nur noch nicht den Weg nach draußen gefunden hat. Natürlich kann es auch sein, dass Du sowohl auf Frauen als auch Männer stehst, das ist etwas, was Du für Dich selbst herausfinden musst.

Mach Dich wegen der ganzen Sache erstmal nicht verrückt. Es wird sich mit der Zeit schon alles fügen und auch wenn es verständlich wäre, wenn Du am liebsten sofort Klarheit erlangst, gib Dir die nötige Zeit Deine Gefühle zu erforschen, in dem Du offen in Dich hinein hörst und Dich nicht vorab für eine mögliche homo- oder bi-sexualität verurteilst.

Ich selbst bin auch noch (lange) nicht am Ende es Weges angekommen, aber mit der Zeit gelingt es mir besser geduldig zu sein und einen Schritt nach dem anderen zu gehen und behutsam zu erforschen "wer man ist" (auch wenn das jetzt etwas esoterisch klingen mag )

Ich wünsche Dir auf Deinem Weg alles Gute
Liebe Grüße, Mathias

Hi Uwe,
kann es sein, daß dich im Kern gar nicht der Mann interessiert, sondern nur die neue sexuelle Erfahrung ?

Das war so mein Gedanke, als ich deine Geschichte gelesen habe. In die Richtung habe ich bei der Schilderung zum Frauenheld schon gedacht. Die Frauenhelden in meinem Bekanntenkreis sind stetig auf der Suche nach etwas neuem an der nächsten Frau. Und sie sind letztendlich nie zufrieden bzw werden schnell wieder unzufrieden.

Ein Mann ist ja nun komplett neu und deshalb in Pornos schon interessant, wofür nur leichte Hemmnisse überwunden werden müssen. Dafür muß man noch keine wirklich homosexuelle Neigung haben,

Bei meiner eigenen Geschichte, von der ich irgendwann vielleicht auch berichte, habe ich im Internet von nicht wenigen Männern gelesen, die meinten, sie würden auf Männer stehen. Und sich erst im Laufe des Schreibkontaktes erst darüber klar wurden, daß es nur der Reiz des Neuen, auch "Verbotenem" war, das sie angelockt hat.

Ich will deine Sichtweise nicht in Abrede stellen, nur das waren meine ersten Gedanken beim Lesen. Vielleicht ist weniger da, als man selbst befürchtet/erhofft/denkt.

Liebe Grüße
Holger

Holger_68 schrieb:
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> Hi Uwe,
> kann es sein, daß dich im Kern gar nicht der Mann
> interessiert, sondern nur die neue sexuelle
> Erfahrung ?

Hallo Holger,
vielen Dank für dein Interesse!
Deine Deutung könnte richtig sein, denn ich schaue heute immer noch lediglich Frauen hinterher. Ich durchlebe immer wieder auch Phasen, in denen ich mich mir ganz sicher bin, nicht schwul zu sein.

Dagegen spricht allerdings: Ich empfinde seit vielen Jahren Frauen nicht mehr erotisch und kann im Zusammenhang mit weiblichen Geschlechtsmerkmalen keine sexuelle Erregung mehr empfinden. Wenn ich erregt bin, bin ich sicher schwul zu sein.

Liebe Grüße
Uwe