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Hilferuf eines Orientierungslosen

geschrieben von Tim0579 
Hilferuf eines Orientierungslosen
29. November 2019 13:43
Hallo, mein Name ist Tim. Ich bin 40 Jahre alt, seit 15 Jahren verheiratet und habe 2 Kinder (11 und 8 Jahre). Zur Zeit bin ich nach jahrelanger Therapie am Ende meiner Kräfte und weiß echt nicht mehr weiter.

Meine Geschichte ist ziemlich kompliziert, aber dass kennt ihr vermutlich. Ich bin in der ehemaligen DDR groß geworden. Ich hatte eine sehr behütete Kindheit und wurde im katholischen Glauben erzogen. Zu den Männern in der Familie (Opas und Vater) hatte ich immer ein sehr angespanntes Verhältnis. Meine Großväter waren sehr streng und der Vater fast nur beruflich unterwegs. Ich war immer schon ein eher feingeistiger Mensch und konnte mich nur wenig für "jungstypische" Dinge ineressieren. Ich habe seit ich denken kann, auch mehr Freundinnen als Freunde.
Da ich an entscheidenden Stellen auch nicht sehr üppig bestückt bin, habe ich mich schon als Teenager oft zurückgezogen.

Als ich mit 19 Jahren meine heutige Frau beim Studium kennenlernte, war ich sehr verklemmt. Mir gefiel ihr Lächeln und ihr Intellekt. Ich tat mich allerdings schwer die Beziehung einzugehen. Ich hatte irgendwie Angst vor der dann folgenden Sexualität.
Nach einem halben Jahr Anlauf, haben wir dann doch noch zueinander gefunden. Anfangs hatten wir einen großen Streit, weil ich irgendwann Kinder wollte und sie nicht. Erst nach ihrer Zusage, es nicht gänzlich auszuschließen, bin ich in die Beziehung rein. Wir hatten auch viel Spaß miteinander. Ich konnte auch durchaus romantisch sein, Probleme hatten wir von Anfang an, wenn es um Sex ging. Anfänglich habe ich immer gesagt "kein Sex vor der Ehe" , irgendwann war ihr dass dann nicht mehr genug und nach 10 Monaten haben wir das erste Mal miteinander geschlafen. Ich war damals, wie auch in den kommenden Malen dabei sehr verklemmt. Damals glaubte ich, dass ich immer die Angst hatte, dass ihr mein Penis zu klein sein könnte oder weil ich Schmerzen beim Akt hatte. Heute bin ich mir da nicht mehr so sicher.

Nach 6 Jahren Beziehung haben wir dann geheiratet. Und zwei tolle Kinder bekommen. In den Jahren seitdem hatten wir sehr schöne gemeinsame Erlebnisse. Einziges Problem war, dass ich nur selten Lust auf Sex hatte und oft schon der Gedanke daran, mich beunruhigt hat. Während des Aktes selbst empfand ich dann schon Lust, aber eben nie vorher. Meiner Frau mißfiel zunehmend meine Ideenlosigkeit und dass es ihr oft vorkam, als wenn ich nur meine Pflicht tun würde. Ich begann eine Essucht zu entwickeln und mich heimlich in Chatts zu bewegen, wo dickere Männer ihre Bäuche zeigten. Ich fand das irgendwie geil.

Ich nahm in der Zeit selbst auch 25 kg zu und fühlte mich irgendwie gut dabei. Ich genoss die Kommentare der anderen Männer, wenn ich Fotos ins Netz stellte und sie diese für gut befanden.

Als ich Angst hatte, die Kontrolle zu verlieren, machte ich 2011 eine erste Therapie. Sie half mir zwar kurzfristig und die Antidepressiva beruhigten etwas, irgendwann fand ich aber wieder den Weg zurück zu dieser Community.

In den folgenden Jahren versuchte ich stets die Ursache für dieses Verhalten herauszufinden und glaubte, es in den Griff zu bekommen, wenn ich nur hart genug an mir arbeitete. 2016 folgte dann die zweite Therapie.

Erst heute stelle ich mir die Frage, ob dies eine unter einer Essucht versteckte Homosexualität sein kann. Wichtig waren mir in der Regel die Kommentare der Männer und ihre Anerkennung.

Ich habe inzwischen einen Großteil des Gewichts verloren, verstärkt haben sich aber die Gedanken schwul oder bisexuell zu sein.

Außer meiner Frau habe ich mich nie für andere Frauen interessiert, zuletzt immer nur Männern hinterhergeschaut und geprüft, ob da Gefühle sind. Bin mir total unsicher. Ich mag das Leben mit meiner Frau und den Kids, weiß aber nicht warum ich ständig Männern hinterherschaue.

Ich habe einen großen Freundeskreis, wohne aber auf dem Land und bin im Jugendsport als Trainer engagiert. Ich habe Angst alles zu verlieren und vorallem meine Frau und die Kids zu enttäuschen. Gerade meine Frau hatte eine schwere Kindheit und ich würde ihr den Boden unter den Füssen wegziehen. Alles außer Sex klappt so gut zwischen uns. Bei einem CO müsste ich wegziehen, weil wir im Hais meiner Eltern wohnen, die sicher kein Verständnis hätten. Zudem ist meine Frau selbstständig im Ort, ich habe Angst dass es ihr und den Kindern schadet.

Ich will ihr nicht untreu sein, weiß aber nicht, wie ich Klarheit in meine Gefühlswelt bekomme.

Zwischendurch dachte ich schon einmal, dass es vielleicht leichter wäre, meinen Tod zu betrauern, als die mutmaßliche Wahrheit zu erfahren. Nach meiner psychosomatischen Reha, haben sich die Gedanken erstmal gelegt, die Verzweifelung ist geblieben.

Das wars als Kurzabriss, gerne Nachfragen .
Re: Hilferuf eines Orientierungslosen
30. November 2019 12:04
Hallo Tim,
schön das Du hier her gefunden hast.

Vorab, Du bist nicht allein.

Viele Männer und Frauen vor Dir haben eine ähnliche Geschichte, als sie merkten, das sie auf das gleiche Geschlecht stehen. Waren oder sind noch verheiratet und sind den neuen Weg gegangen. Manchmal war er steinig, manchmal ertwickelter er sich viel positiver, als sie sich vorher hätten vorstellen können.
Habe Geduld mit Dir und den anderen, wann auch immer dein coming out kommen wird.

Das dich "jungstypische" Dinge nicht so interessieren, ist auch "normal". Mein Freund war in seinem coming out Prozess auch so begeistert, als er auf einmal auf andere Männer traf, die sich - nicht für Fußball, interessierten - die gerne Kochen und Rezepte austauschten - die bei einem Kneipenbesuch alkohlfreie Getränke tranken und sich halt nicht über "jungtypische" Dinge unterhielten.

PS: Es gibt auch die Gayfußballfans.
Gemeinsam Fußball gucken und sich anstatt über Fußball, über das Ausehen der Spieler zu unterhalten, war auch eine Erfahrung die ich machen durfte. spinning smiley sticking its tongue out
Jetzt verstehe ich auch das hetero Männergehabe, wenn sie sich Frauen ansehen und darüber sprechen. cool smiley

Mit dem "zu klein","zu groß", "zu dick", "zu dünn", "zu gerade", "zu krumm", .... , ist wohl auch ein allgemeines Probelm, was man sich im Kopf aufbaut und darunter leidet. Es wird total überbewertet, belasstet aber einem trozdem. Auch hier heißt es "loslassen". So wie bist Du bist, bist Du in Ordnung.

Ich verfolge die Beiträge von Benn - [www.jungsfragen.de]
So eine Informationen hätte ich früher gern gehabt. Da "durfte" ich nur die Bravo meiner Schwester lesen.winking smiley

Zum Thema - heiraten und Familie gründen. Oh man, wie verkopfter war ich damals. Habe sehr früh mit meiner damaligen Freundin und späteren Frau gesprochen, ob sie, wenn es mit uns was werden soll, zu mir , in mein elterliches Haus" ziehen würde. Hätte sie "nein" gesagt, hätte ich die Beziehung damals schon beendet.

Wie ich deiner Geschichte entnehme, suchte dein Unterbewustsein einen Ausweg.
Flucht in die virtuelle Welt. Gott sei dank hast Du dann die Kontrolle nicht ganz verloren und deine Therapie angefangen.

Die Indizien sprechen nun fürs schwul sein.

Als ich dieses damals bei mir erkannt habe, war es mir wichtig , erstmal andere Schwule Männer kennen zu lernen, ohne direkt an Sex zu denken. Ich wollte den intuektuellen Ausstausch. Die Gefühl, dazu zu gehören. Und so habe ich unter anderem hier bei co30 die Männer gefunden, mit denen ich gemeinsam durch unser coming out gegangen bin.

Es war eine lange intensive Reise, die sich gelohnt hat.

Kind, Frau und auch Freundeskreis verlieren , muss nicht sein.
Es gibt viele Bespiele wo es geklappt hat.
Ich selbst bin in der Feuerwehr, mein Mann - und auch sein Sohn(12) hilft dort mit. Im Dorf sind wir aktzeptiert.
Es hat sich im Grunde nichts geändert. Wir leben weiterhin eine spießige Familie mit Haus - Hund und Kaninchen.
Nun halt unterm Regenbogen.
Familienfeiern finden auch mit Beteiligung unseren jeweils ehemaligen Partnerinnen statt. Es ist manchmal zu schön um war zu sein. Haben wir uns vorher nicht so vorstellen können.

Habe Mut deine nächsten Schritte zu gehen. Nehme Deine Frau und die Kinder auf dem Weg mit. Auch wenn es sich um getrennte Wege handeln wird.

Ich wünsche Dir hier auf co30 gute "Gespräche".

An alle Leser. Beitligt euch bitte an diesem Austausch. Es hilft so ungemein.

GLG Maks
Re: Hilferuf eines Orientierungslosen
30. November 2019 12:27
Hallo Maks,

ganz lieben Dank für deine Antwort. Ich glaube ich stehe noch ganz am Anfang Weges. Ich habe mich lange dagegen gewehrt, überhaupt in Betracht zu ziehen heterosexuell oder bisexuell zu sein. Da meine Therapien aber nie den gewünschten Erfolg brachten, musste ich neue Wege gehen. Ich habe bei meiner zurückliegenden Reha eine Klopftechnik (sog. PEP) nach Dr. Michael Bohne kennengelernt. Etwas skuril, aber sie war der Anfang meines neuen Weges. Dabei geht es darum mittels des Klopfens an seine Gefühle zu kommen, wenn man jahrelang verkopft rumgerannt ist. Dabei nimmt man sich zunächst einen Satz den man innerlich akzeptieren kann und spricht diesen während des Klopfens aus. Dabei fühlt man in sich hinein, wie es sich anfühlt.

Ich hatte erstmal den Satz genommen: Auch wenn ich bisexuell wäre, akzeptiere ich mich so wie ich bin.

Dabeo konnte ich mir erstmals eingestehen auch für Männer etwas zu empfinden.

Der weitere Weg wird zeigen, ob es nur für Männer ist.

Habe in 2 Wochen eine Tantra-Massage bei einem Mann gebucht, will rausfinden, ob an dem Kopfkino was dran ist, ohne meiner Frau untreu zu werden. Habt ihr andere Ideen, wie ich es anstellen könnte?

Lg Tim
Re: Hilferuf eines Orientierungslosen
30. November 2019 14:50
Hallo Tim,
skuril - solange es einem nicht schadet.
Wer sich auf den Weg macht kann neues Entdecken. So habe ich mich Oster 2014 zum Waldschlösschen nach Göttingen aufgemacht.

Ein sprituelles Wocheende. Hier ein Auszug, was dich/euch erwartet:


In den Tagen zwischen Gründonnerstag und Ostermontag trifft sich in der Akademie Waldschlösschen eine große Zahl schwuler Männer, um gemeinsam den Weg zur eigenen Spiritualität (wieder-) zu entdecken. Vielfältige Begegnungen prägen unsere Gemeinschaft auf Zeit. Sie wird bereichert durch die große Bandbreite unserer persönlichen Lebenswege und geprägt durch die gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen schwule Männer heute leben. Bewusste und unbewusste, individuelle und kollektive Erfahrungen beeinflussen unser Erleben von Zugehörigkeit, Sexualität, Liebe und Spiritualität. Sie können uns stärken, aber auch schwächen in unserem Gefühl, gut aufgehoben zu sein in dieser Welt. Im Wissen darum gestalten wir unser Zusammentreffen als Übungsfeld für achtsames Handeln und erfahren so schwule Gemeinschaft auf etwas andere Weise. Dabei hilft uns eine fundierte spirituelle Praxis. Leitbild aller Angebote des Treffens ist, dass unser spiritueller Weg in der bewussten und vertieften Wahrnehmung des Hier und Jetzt beginnt und uns darin unterstützt, zum ruhigen Grund unseres Geistes zurück zu finden: "Wenn die Unruhe des Geistes sich auflöst, zeigt sich das Wesentliche" (Yoga Sutra).
Die Methoden, die die Teamer anbieten, zeigen Alternativen zu erstarrten Formen spiritueller Praxis auf und fokussieren den Körper als einzigen Zugang zur Spiritualität. Meditative Übungen, Körper-, Bewegungs- und Massageangebote stehen täglich auf dem Programm, Austauschrunden greifen die Themen der Teilnehmenden auf.
Alle Angebote unterstützen dich dabei, deine individuelle spirituelle Praxis zu finden und zu vertiefen und deinen Weg nach dem Treffen bereichert weiter zu verfolgen
Nähere Informationen zu den einzelnen Workshops können ab Mitte Januar angefordert und auf unserer Waldschlösschenwebsite abgerufen werden.


(hier der Link:[www.waldschloesschen.org]

Ich habe hier gelernt, mal etwas nur für mich zu tun. Nicht immer nur für die anderen da zu sein.
Den Kopf ausschalten und sich selber fühlen und warnehmen.

Lieber Tim, lerne bei der Tadra-Masage dich und dein Gefühl zu deinem Körper kennen.
PS: es ist nur eine Masage-Technik

LG Maks
Re: Hilferuf eines Orientierungslosen
03. Dezember 2019 20:11
Hallo Tim!

Tim0579 schrieb:
-------------------------------------------------------
> Zur Zeit bin ich nach jahrelanger
> Therapie am Ende meiner Kräfte und weiß echt
> nicht mehr weiter.

Ich war zwar nicht jahrelang in Therapie, aber das Gefühl, am Ende der Kräfte zu sein und nicht mehr weiter zu wissen, kann ich gut nachvollziehen; das ging mir bis vor etwa einem Jahr ähnlich.

Daß Du hierhergefunden hast und Dir die Frage stellst, ob hinter Deinen Problemen/ Depression eine verdrängte Sexualität steckt, ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu Dir.
[/color]

> Erst heute stelle ich mir die Frage, ob dies eine
> unter einer Essucht versteckte Homosexualität
> sein kann.

Ich bin zwar weder Psychologe noch Mediziner, aber das scheint mir durchaus möglich zu sein. Hast Du denn mit Deinem Therapeuten mal darüber gesprochen?

> Ich habe inzwischen einen Großteil des Gewichts
> verloren,

thumbs up

> verstärkt haben sich aber die Gedanken
> schwul oder bisexuell zu sein.
>
> Außer meiner Frau habe ich mich nie für andere
> Frauen interessiert, zuletzt immer nur Männern
> hinterhergeschaut und geprüft, ob da Gefühle
> sind.

Und? Sind da Gefühle, wenn Du an Männer denkts? Welche? Begehren?

> Bin mir total unsicher. Ich mag das Leben
> mit meiner Frau und den Kids,

> Alles außer Sex klappt so gut zwischen
> uns.

Das kann ich gut verstehen. Das ging mir ähnlich; ich habe zwar leider keine Kinder, aber die vertraute Beziehung aufzugeben, die eigentlich perfekt war, 'nur' weil der Sex nicht (mehr) funktionierte, fiel mir auch sehr lange sehr schwer.

Aber es ist eben nicht 'nur'. Sex ist sicher nicht der einzige, aber ein wichtiger Bestandteil einer Beziehung. Es heißt ja nicht umsonst homoSEXUELL oder heteroSEXUELL.


> weiß aber nicht
> warum ich ständig Männern hinterherschaue.

Weißt Du es wirklich nicht oder willst Du es Dir nicht eingestehen?

> Ich habe Angst alles zu verlieren

Ich persönlich habe zum Glück keine negativen Erfahrungen mit einem coming out gemacht; vor dem coming out waren die Sorgen groß, aber mein Partner und ich waren als Paar überall akzeptiert, in der Familie, im Freundeskreis, auch im Beruf war es nie ein Problem.

> vor allem meine Frau und die Kids zu enttäuschen.
> Gerade meine Frau hatte eine schwere Kindheit und
> ich würde ihr den Boden unter den Füssen
> wegziehen.

Ein coming out wäre für Deine Frau sicher eine große Veränderung in ihrem Leben, die bisherige Gewissheiten und Lebenspläne über den Haufen werden würde.

Aber was ist die Alternative? Deine sexuelle Orientierung - wenn sie denn so ist, wie Du vermutest - zu verleugnen oder sie nur heimlich auszuleben (aber das willst Du ja nicht, da Du Deiner Frau nicht untreu sein willst)?

Und hat Deine Frau nicht auch ein Recht auf eine eigene Entscheidung, auf ein auch sexuell erfülltes Leben?

Würde es Deiner Frau nicht erst Recht die Füße unter dem Boden wegziehen, wenn sie irgendwann erfährt, daß Du es schon lange weißt, aber ihr nichts gesagt hat, oder wenn sie es durch Zufall erfährt, weil sie irgendetwas findet (Fotos, Videos, Chatverläufe...) oder von Dritten erfährt?

Ich weiß, das sagt sich von außen alles so einfach, ich habe auch lange gebraucht, bis ich den Mut aufbrachte, mich zu offenbaren, aber ich habe die Erfahrung gemacht, daß es nicht besser wird, wenn man es aufschiebt...

Ich glaube, daß Offenheit die Grundlage dafür sein kann, auch nach einem coming out ein freundschaftliches Verhältnis zu Frau und Kindern zu bewahren.


> Bei einem CO müsste ich wegziehen, weil wir
> im Hais meiner Eltern wohnen, die sicher kein
> Verständnis hätten.

Bist Du Dir da so sicher? Ich glaube, Eltern kennen ihre Kinder und haben für Vieles Verständnis.

Sarah Connor - Vincent

Und selbst wenn es so wäre - wäre ein etwaiger Umzug wirklich ein unüberwindliches Hindernis?


> Ich will ihr nicht untreu sein, weiß aber nicht,
> wie ich Klarheit in meine Gefühlswelt bekomme.

Vielleicht sind Deine Gefühle klar, aber vielleicht willst Du nicht auf sie hören?

Wenn Du nur Männern hinterherschaust, aber keinen anderen Frauen?

Hast Du mal darauf geachtet, was Du empfindest, wenn Du Liebesszenen in Filmen siehst? Was macht Dich an?
Schwule Filme oder Heterofilme? God's Own Country z.B. oder Fifty Shades of Grey?

Ich wünsche Dir alles Gute, daß Du Deine Verzweiflung überwindest und Klarheit für Dich findest!

Viele Grüße

Klaus
Re: Hilferuf eines Orientierungslosen
04. Januar 2020 17:10
Hallo Klaus, Hallo Maks und all die anderen anonymen Leser,

ich wollte mich mal wieder melden.

Die Weihnachtsfeiertage liegen nun zum Glück hinter mir. Ich habe Sie dieses Jahr als große Belastung empfunden. Bei jedem sentimentalen Moment musste ich weinen, weil ich dachte, dass dies die letzten Weihnachten im Kreise meiner Familie sind.

Ich glaube, auch meine Frau spürt, wie ich mit mir ringe. Sie sagt mir in letzter Zeit immer öfter, dass sie mich lieb hat und hat mir zu Weihnachten ein Buch geschenkt, in welchem erotische Partnermassagen beschrieben werden. Sie hoffte sicherlich unserer Beziehung neue Impulse geben zu können, ich konnte mich aber gar nicht so richtig freuen, weil ich innerlich so zerissen bin.

Meine Gefühle sind auf ständiger Achterbahnfahrt, an manchen Tagen sehne ich mich in die Arme eines einfühlsamen Mannes und das Gefühl fühlt sich toll an. Wenn es am nächsten Tag nicht so intensiv ist, suche ich regelrecht danach.

Manchmal zweifle ich an meinen Gefühlen, weil ich mir mehr als ein intimes Kuschel, noch nicht so richtig vorstellen kann. Ich frage mich dann immer, will ich es mir nur nicht vorstellen, weil ich Angst habe, die letzte Verbindung zu meiner Frau zu kappen oder ist es nur die Angst vor dem Unbekannten.

Wenn ich mir Gay-Filme anschaue und die tollen jungen Männer sehe, wie sie offen ihre Homosexualität leben, beschleicht mich immer öfter das traurige Gefühl, eine tolle Phase meines Lebens verpasst zu haben. Nun bin ich 40, etwas übergewichtig und völlig unerfahren.

Leider merke ich immer öfter, wie ich meine innere Unzufriedenheit nicht mehr verbergen kann und manchmal auch zu den Kindern oder meiner Frau ungerecht werde. Das nervt mich total.

Ich weiß noch nicht, wie ich etwas Kontakt zu anderen Homosexuellen bekommen könnte, ich hatte überlegt mal bei den Schwulen Vätern in Dresden anzufragen. Haltet ihr das für eine gute Idee?
Re: Hilferuf eines Orientierungslosen
04. Januar 2020 17:28
Hallo Tim und erstmal noch ein frohes und gesundes neues Jahr! Auf dass 2020 ein Jahr der Klarheit wird, nicht nur für Dich, vielleicht auch für mich smiling smiley

Ich kann Deine Gefühlswelt sehr sehr gut nachvollziehen, da es mir sehr ähnlich geht zur Zeit. Teilweise vielleicht etwas weniger intensiv als Du es gerade erlebst, da das bei mir jetzt ja schon übe ein Jahr so geht.

Aber finde Deinen Plan sehr gut, einmal mehr Kontakt zu anderen Schwulen zu suchen, einfach um auch zu sehen, dass das auch ganz "normale Menschen" sind smiling smiley Ich hoffe, diese Formulierung nimmt mir hier niemand böse, aber ich selbst finde dies schon ein wichtiger Schritt, da ja doch allerlei "Blödsinn" in einem herumspukt, was Schwule betrifft, bzw man meint über sie zu "wissen" weswegen man vielleicht noch mehr Angst als nötig davor hat, möglicherweise selbst schwul zu sein.

Bleib am Ball und berichte, wie es Dir ergeht. Ich wünsch Dir vom Herzen alles Gute!

Liebe Grüße
Mathias
Re: Hilferuf eines Orientierungslosen
04. Januar 2020 17:35
Danke dir Matze fürs Feedback,

dir und allen anderen hier natürlich auch ein gesundes neues Jahr und von Herzen alles Liebe.
Re: Hilferuf eines Orientierungslosen
05. Januar 2020 17:49
Hallo Tim,

auch ich wünsche Dir alles Gute und den Mut weiter auf dich selber und deine Gefühle zu hören. Es scheint als könntest du es sowieso nicht unterdrücken ohne dabei krank zu werden. Irgendwie sucht sich die Psyche letztlich doch immer einen Weg.
Das ist er dann eben jetzt , dein ganz persönlicher Weg zu dir selbst. Wo auch immer er dich hinführen wird auf jeden Fall näher zu deiner eigenen Identität. Das ist oft nicht einfach, schon gar nicht in unserem Alter wo wir schon einen Teil unseres Lebensweges gegangen sind , Kinder in die Welt gesetzt haben und nicht nur für uns alleine verantwortlich sind.
Ich war noch ein bisschen älter als du jetzt als ich mich ganz unvorbereitet in eine Frau verliebt hatte und dadurch gesehen habe das das für mich besser passt.
Heute lebe ich wieder mit meinem Mann in einem Haus , meine Partnerin wohnt 300 km von mir entfernt. Was am Anfang völlig unmöglich schien ist heute Realität.
Vieles habe ich an Neuem dazugewonnen , etliches über Bord geworfen , einiges verloren.
Mein "altes Leben" ist Teil meiner Vergangenheit , ohne sie wäre ich nicht der selbe Mensch der ich heute bin. Das wird bei dir auch so sein, ganz egal wie dein Weg weitergeht.
Offenheit und Ehrlichkeit im Umgang mit den Menschen die ich liebe war und ist für mich oberstes Gebot, die Grundlage für Vertrauen ohne die es keine Liebe geben kann.
.Ich denke damit kann man nichts verkehrt machen. Jedenfalls nicht mehr als damit sich und andere zu belügen .

Wünsche dir weiterhin alles Gute.
Re: Hilferuf eines Orientierungslosen
12. Januar 2020 14:06
Hallo Tim.
Diese Orientierungslosigkeit und zum teil physischen Druck den man sich selbst macht kann ich gut verstehen und auch nachvollziehen,geht mir,obwohl Älter zur Zeit ebenso.
Ich hab auch noch keinen Plan wie ich diesen gordischen Knoten löse,habe aber festgestellt,je mehr man sich in solchen Foren dem Richtigen öffnet,je mehr man sich damit beschäftigt desto ruhiger werde ich.Ich stelle fest das ich nicht krank bin,sondern nur das Anderssein sich etwas breiter macht,an die Oberfläche kommt.Ich will keinen verletzen,oder lange Jahre Zusammensein wegwerfen,ich muss nur mit mir klar kommen.
Ich hoffe unser Weg findet ein gutes Ende aber hier den Anfang zu machen ist gut.
Danke Volker
Re: Hilferuf eines Orientierungslosen
13. Januar 2020 08:44
Hallo ihr Lieben, wollte mich mal wieder melden. Ich glaube, inzwischen mein sog. Inneres Coming Out vollzogen zu haben. Es fühlt sich so gut an, dieses lange verborgene Gefühl sich eingestehen zu können. Ich bin vor allem froh, eine so verständnisvolle Frau an meiner Seite zu haben. Gestern haben wir gemeinsam den Film "Love Simon" gesehen und danach war ich total aufgelöst und wir haben lange miteinander geredet. Sie hat mich aufgefordert, mir Gedanken darüber zu machen, was genau mir fehlt und ich konnte offen mit ihr reden, dass mir in meinem Leben Leidenschaft fehlt, Leidenschaft, die ich glaube, nur mit einem Mann haben zu können. Wir waren uns einig, dass uns beide etwas ganz besonderes verbindet und dass das auch so bleibt. Ich habe mich lange nicht getraut ihr das zu sagen, weil ich ihre Vergangenheit kenne und weiß, wieviel Mist sie im Leben schon durchmachen musste und das ich nicht die nächste Enttäuschung für sie sein wollte. Gestern Abend nach dem Film hatte mich aber dann doch das Gefühl übermannt, eine wichtige Phase im Leben verpasst zu haben. Sie war froh, dass ich mit ihr gesprochen habe, weil sie es schlimmer fand, als ich mich immer weiter in mich zurückgezogen hatte.

Auch wenn ich keine Ahnung habe, wie die nächsten Schritte sein werden, hilft mir die Offenheit zu meiner Frau doch sehr, sie ist ein wunderbarer Mensch und hat es verdient, auch irgendwann so begehrt zu werden. Etwas was ich ihr nicht geben kann.

Werde im Februar vielleicht mal zu dem Treffen der schwulen Väter fahren, um Kontakte zu knüpfen. Ich suche nicht das schnelle Abenteuer, ich brauche tiefe Verbundenheit und Zuneigung, um mich öffnen zu können. Ich hoffe ich werde irgendwann jemanden finden, der mich und meine Situation versteht. Ich träume jedenfalls immer häufiger davon und bin froh, diese Träume nunnehr zulassen zu können.

LG Tim
Re: Hilferuf eines Orientierungslosen
13. Januar 2020 17:50
Hallo Tim0579.
Das freut mich,das es bei dir mit dem CO so gut gelaufen ist.Ich bin am Anfang mit meinem inneren CO,da entdeckt man ja ständig neues,außer mir kennt es aber keiner in meinem Umfeld.Es ist bestimmt schwierig den richtien Zeitpunkt zu finden,sich zumindest gegenüber der Frau zu outen,ich bin aber auch der Meinung das Ehrlichkeit vielleicht ein richtiger Anfang ist.Was mich davon etwas abschreckt ist,verträgt sie es.Bisher bin ich nur in meinem Kopfkino "fremdgegangen",ich hoffe auch den Einen,den Richtigen als Freund zu treffen.Mal sehen wie sich das Leben entwickelt.
Re: Hilferuf eines Orientierungslosen
14. Januar 2020 09:44
Lieber Tim,

zunächst einmal vielen Dank für "Deine Geschichte so far", schön dass Du hier in dieses Forum gefunden hast.

Ich hoffe und denke, dass Du weißt, dass ein Selbstmord keineswegs eine Lösung ist und außerdem auch nicht weniger Kummer über alle Deine Lieben brächte! Diese Option schließe bitte sofort aus.

Insgesamt habe ich das Gefühl, dass Du mit Deinen Beobachtungen Deiner Selbst schon sehr weit bist. Ob Du nun bi, schwul oder sonstwas bist, kannst natürlich letzten Endes nur Du selbst herausfinden, aber die Anzeichen aus laienhafter Sicht von mir sprechen schon eher für schwul. Zunächst einmal ist das aber nichts Schlechtes, auch wenn es für Dich da sicher große Hürden geben mag, die Du am besten überwinden solltest. Aber ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das schwer ist ("Meine Geschichte" kannst Du in der entsprechenden Rubrik hier bei Interesse gerne nachlesen). Sicher hast Du in der Vergangenheit einige Weichen in Deinem Leben gestellt, die es ggf. gilt, zu korrigieren, damit Du wie auch Deine Lieben zukünftig möglichst gut und besser weiterleben können und Jede/r glücklich damit wird.

In erster Linie musst Du Dir erst einmal selbst klar werden, was Du möchtest. Da Du hier geschrieben hast, hast Du sicher auch schon ein wenig eine Tendenz und Du möchtest was zum Positiven verändern?

Zunächst: Lese hier alle Kommentare, aber zieh immer nur das für Dich heraus, was für Dich passt. Wir können nur unsere Gedanken dazu äußern und sind natürlich keine Profis. Aber: es hilft manchmal, einen Schritt zurück zu treten und zu schauen, was bisher war und wie die Reaktionen sein könnten.
Es ging Dir - trotz sicher toller Ereignisse in Deinem Leben - nicht gut, Du sprichst selbst davon. Deine Körper und Deine Psyche kommt mit dem Versteck-Spielen nicht gut zurecht und ich fürchte, das wird mit der Zeit nicht besser werden. Zumal jeder Tag mehr mit einer Lüge zu leben es immer schwieriger macht - für Dich wie auch für andere.
Solltest Du zu Dir stehen (was ich Dir sehr empfehlen würde!), dass hat das auch Auswirkungen auf andere, vor allem auf Deine Frau. D.h. je früher sie es weiß, desto besser. Dann kann sie entscheiden, was sie mit der Info macht und noch ist sie in einem Alter, in dem sie vielleicht auch noch was Neues aufbauen kann. Aber sie muss es wissen!
Ob Du deshalb "Alles" verlierst? Das weiß natürlich niemand, aber es kommt auch darauf an, wie ehrlich Du bist. Ehrlichkeit und Offenheit hilft. Erzähle Ihr von Deinen jahrelangen Kämpfen und was Dich alles bewegt hast, wie Du dagegen angekämpft hast etc. Du hast sie nie betrogen, auch das ist sicher ein Plus.
Wenn Ihr ein so enges Band habt, dann gibt es vielleicht Lösungen, wie Ihr - auch bei einer Trennung - verbunden bleibt. Ihr habt eine Familie zusammen, die gilt es dennoch zu erhalten. Das ist Arbeit, alle Seiten müssen daran mitwirken, aber wenn Ihr Euch liebt und mögt, dann findet Ihr vielleicht einen Weg. Aber es braucht sicher auch Zeit.

Ähnlich ist das auch mit guten Freunden, nimm Dir auch für sie Zeit, wenn Du sie behalten willst. Vielleicht hast Du einen engen Freund, den Du einweihen magst und der Dir dann auch beistehen kann?
Oder nutze Angebote "von außen", vielleicht auch hier aus der Ferne im Forum? Es ist wichtig, dass Du Deine Gedanken teilen kannst, auch vielleicht die einzelnen Schritte? Das wäre sehr wichtig, höre andere Geschichten und Meinungen. Du solltest schauen, dass Du damit nicht alleine bist.

Wie Dein Umfeld reagiert, kann man auch nie sagen. Meines hat - obwohl ich riesige Angst davor hatte und es lange meine Ausrede war, mich nicht zu outen - gut reagiert. Manche Freundschaften wurden sogar noch enger, weil sie sich geehrt fühlten, dass ich so etwas "Intimes" mit ihnen teile. Hier gibt es wohl kein Rezept, nur Ehrlichkeit bei den Menschen, die Dir wichtig sind (es müssen deshalb noch lange nicht Alle erfahren, suche Dir Vertraute).

Oder versuche Vertraute von Außerhalb zu finden, schreibe, telefonieren mit ihnen oder vielleicht triffst Du auch mal jemanden und plaudere über Deine Situation. Oder gehe zu entsprechenden Stellen (meist sind die auch anonym oder man kann auch telefonieren), auch hier kannst Du Tipps und mentale Begleitung erhalten.

Vielleicht hast Du Glück und Du hast so tolle Menschen um Dich herum, dass Du gar nicht so viel verändern musst.

Denke aber auch daran: es ist auch gut für Dein Umfeld, wenn sie wissen, was los ist. Auch sie müssen ja die Chance haben, damit umzugehen und ggf. Dir sogar beizustehen. Versage ihnen nicht diese Chance.

Auf jeden Fall wird es Dir besser gehen, wenn Du mit Dir selbst im Reinen bist. Da bin ich mir ganz sicher. Du veränderst Dich ja auch nicht völlig, Du bist der "alte Tim" mit einem zusätzlichen Aspekt, der aber auch schon vorher da war. Deine ganzen anderen Werte (und Du wirkst sehr sensibel und sympathisch) bleiben.

Wenn ich Dir anderweitig helfen kann, melde Dich gerne auch über das Forum privat bei mir, ist aber nur ein Angebot. Manchmal hilft ein Austausch.

Ich drücke Dir ganz fest die Daumen und hoffe, dass Du etwas zum Positiven verändern kannst!

Liebe Grüße,
Mickey2.
Re: Hilferuf eines Orientierungslosen
15. Januar 2020 10:32
Hallo ihr Lieben,

@ Mickey2: danke für deine ausführliche und sehr einfühlsame Antwort.

Mir geht es heute sehr bescheiden. Hintergrund ist ein Gespräch mit meiner Frau von gestern Abend. Sie hatte mir am Tag eine Internetseite zu kommen lassen auf der ein österreichischer Therapeut Ausführungen zu homosexuellen Zwangsgedanken machte und hoffte, mir damit etwas an die Hand zu geben, was meine Gedanken erklären könnte.
Ich kannte die Seite natürlich schon, weil ich mich das ganze letzte Jahr mit dieser Frage beschäftigt habe und viel recherchiert hatte. Ich habe sehr verhalten reagiert und um ein persönliches Gespräch am Abend gebeten. Ich habe ihr dann am Abend davon erzählt, dass ich die Seite kenne und aufgrund dessen, dass ich mich schon sehr lange mit der Frage beschäftige, nicht mehr glaube, dass es Zwangsgedanken sind. Der Knackpunkt für mich ist, dass Zwangsgedanken per Definition nur solche sind, die sich einem aufdrängen und als nicht zu einem gehörig, als fremd, empfunden werden. Lange hatte ich mich ja selbst an diesen Strohhalm geklammert, bis ich einfach körperlich und psychisch nicht mehr konnte und im Dezember letzten Jahres erstmals mich nicht mehr gegen meine Gefühle gewehrt, sondern sie zugelassen habe. Ich empfand das zunächst entlastend, war aber auch sehr erschrocken und bekam Ängste, wie sich alles entwickelt. In den Wochen danach, verloren die Gedanken etwas an Schrecken.

Ich war bereit, mich weiter mit den Gedanken zu beschäftigen und in persönlichen Gesprächen und Kontakten Klarheit zu bekommen, was ich will. Innerlich war ich - auch durch die vormals guten Gespräche mit meiner Frau, etwas zur Ruhe gekommen.

Gestern lief dann unser Gespräch nicht so gut, insbesondere war sie schockiert, weil ich keine klare Aussage treffen wollte, ob ich mit ihr zusammenbleiben will. Da half es auch nicht, dass ich ihr versicherte, dass ich mir selbst ersteinmal Klarheit verschaffen will und in langsamen Schritten weiterkommen will.

Zugegeben, in den Vorgesprächen hatte ich stets betont mir ihr weiter leben zu wollen und meine Phantasien anderweitig auszuleben. Ich weiß selbst nicht, warum ich das gestern nicht mehr sagen konnte und warum ich innerlich so ruhig war, obwohl es doch um uns ging. Ich denke manchmal, bist du weiter als du es dir selbst eingestehen willst? Aber kann man schon weiter sein, ohne jemals einen Mann intim berührt oder geküsst zu haben?

Heute habe ich wieder große Zweifel, ob ich alles für eine flapsige Idee sinnlos wegschmeiße?! Bin total durcheinander...
Re: Hilferuf eines Orientierungslosen
15. Januar 2020 15:26
Lieber Tim,
ich habe deine Geschichte von Anfang an mitgelesen, habe mich aber bis jetzt nicht eingebracht. Ich habe aber zunehmend das Gefühl, meine eigene Geschichte zu lesen. Ich meine nicht unbedingt die äußeren Details der Geschichte, sondern, wie du dein Inneres beschreibst. Diese innere Ruhe, die auf einmal eintritt und die Art, wie du deinen Weg gehst, mit dem Gefühl, deine Schritte nicht selbst zu planen. Es geht plötzlich ganz von alleine. Du beschreibst das sehr schön.
Bei mir war das genau so und das war mein inneres CO. Das war wie eine Erlösung.
Dort endet ein schwerer Weg und es beginnt ein neuer. Diesen neuen Weg fand ich weniger schwer, aber das bedeutet nicht, dass es keine Schwierigkeiten und auch Zweifel gab. Natürlich habe ich viel hinter mir gelassen und das schmerzt auch. Aber, wie du schreibst, diese wahrhafte Leidenschaft hat mir auch sehr gefehlt und ich wusste irgendwann, dass das nur mit einem Mann möglich ist.

Nimm dir die Zeit, die du brauchst und gehe deinen Weg.

Bis bald mal wieder im Chat
Franz
Re: Hilferuf eines Orientierungslosen
15. Januar 2020 17:26
Hallo Tim,

ich kann gut nachvollziehen wie es dir geht Tim, sicher hast du nicht viel "Luft" um dich mit dem Gefühlsleben deiner Frau auseinanderzusetzen in deiner jetzigen Situation. Sie wird sich zurück gestoßen, verletzt , betrogen und belogen fühlen nicht begehrenswert .....so etwas in der Art.
.
Du hast ihre heile Welt kaputt gemacht.
Bei allem Respekt für die schwierige Zeit die du durchmachst, möchte ich trotzdem um Verständnis auch für deine Frau werben.
Sie hat doch auch das Recht das ihr mal der Geduldsfaden reißt.

Es gibt viele Möglichkeiten eine unterschiedliche Sexualität auch in einer Ehe so auszuleben das jeder damit zufrieden und glücklich ist.
Nur weil man homosexuell ist würde ich meine Ehe nicht auf´s Spiel setzen wollen wenn man ansonsten eine harmonische Partnerschaft führt.
Was wäre wenn du z.B durch eine Krankheit impotent würdest ? Deine Frau auf einmal auf BDSM steht und dich das abstößt ? oder auf sonst etwas was ihr nicht unter einen Hut bekommen würdet ? In wie weit betrügt man seinen Partner wenn man sexuelle Wünsche ausleben will und dies mit dem eigenen Partner nicht kann weil er da nicht mitgehen will oder kann ? Würde man dann seinem Partner nicht die Freiheit zubilligen dies anderweitig auszuleben ? Die Alternative wäre gänzlich darauf zu verzichten.....wünscht man das dem Partner den man doch liebt ?
Liebe ? Sexuelles Begehren …….Liebe geht auch ohne sexuelles Begehren ( ewig lange Partnerschaften belegen das oft ) sexuelles Begehren geht auch ohne Liebe ( sonst gäbe es keine Prostitution ) ......meine Meinung. Homosexuell zu sein muss nicht unbedingt eine Trennung bedeuten. Auch kein komplettes Outing. Für wen ist es wichtig zu wissen wie man tickt ? Für den Kirchenchor ? Als BDSM Liebhaber würdest du dich da vermutlich auch nicht outen warum solltest du es als Homosexueller tun?

Das sind jetzt nur meine Gedanken dazu als homosexuelle Spätberufene .....aber bevor ich mir nicht sicher wäre ob und was ich jetzt bin......da würde ich vorsichtig sein. Es hetzt dich /euch doch nichts...…in unserem Alter hat man nicht mehr so viele Freiheiten und Möglichkeiten wie mit 20 , da fängt man einfach neu an...…..wenn du Kinder hast geht das nur noch mit Einschränkungen weil du z.B. Unterhalt zahlst im Fall einer Trennung und ….noch schlimmer …..sich die Kinder von dir entfernen...auch das kann passieren.

Möchte dir da jetzt echt keine Angst machen oder dich von deinem Weg ( den du gehen solltest ) abbringen.....möchte nur dir mitgeben es mit bedacht anzugehen damit du später nichts bereust oder denkst....ach hätte ich..... .

Lg daniela
Re: Hilferuf eines Orientierungslosen
15. Januar 2020 20:59
daniela schrieb:
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> aber bevor ich mir
> nicht sicher wäre ob und was ich jetzt
> bin......da würde ich vorsichtig sein.

Aber ich denke genau hier "liegt ja der Hund begraben", so wie ich es auch bei mir sehe. Wie erreicht man in diesem Punkt eine Sicherheit? Ich krebse da jetzt schon seit ca 1 1/2 Jahren herum, bin mir in einem Moment 100% sicher schwul zu sein, um kurze Zeit später 100% sicher zu sein nicht schwul zu sein. Habe noch keinerlei Lösung für dieses Ping-Pong gefunden und es ermüdet ungemein und belastet natürlich auch die existierende Partnerschaft, da auch hier natürlich irgendwie mal in Ergebnis "erwartet" wird.
Ich denke, die wenigsten Männer (und auch sicherlich Frauen in dieser Lage) wollen bewusst ihre Partnerin (ihren Partner) verletzen, ich denke eher ganz im Gegenteil. Nur weiß ich eben selbst auch noch nicht wie man da herauskommt, auf der einen Seite für sich selbst wirklich sicher sein zu können und sich gleichzeitig fair dem Partner gegenüber zu verhalten und nicht auf immer und ewig "hinhalten". Und wenn dann auch noch zusätzlich grundsätzliche psychische Probleme vorhanden sind, dann wird es richtig "lustig", da man mit der Zeit auch gelernt sich sich selbst zu misstrauen und gewissen Situationen (z.B. so das krasseste Beispiel in der Richtung, dass man nicht Recht damit hat, dass das Leben aussichtslos ist und man sich daher NICHT umbringen sollte). Dummerweise ist es dann aber auch extrem schwer solche grundlegenden Entscheidungen wie seine "richtige" sexuelle Orientierung richtig fällen zu können, bzw dies so richtig herauszufühlen.
So, ich wollte jetzt auch nicht Tims Thread "hijacken", aber ich habe die Vermutung, dass er es evtl auch ähnlich sieht wie ich, bzw eben dieselben Schwierigkeiten hat und sieht. Wenn nicht, mea culpa smiling smiley
Oh man, ich muss endlich mal die Zeit und den Mut dazu finden meine eigene Geschichte aufzuschreiben, wobei ich befürchte, das würde ein seitenlanger Bericht werden, den niemand mehr liest oder ihm folgen kann winking smiley
Re: Hilferuf eines Orientierungslosen
22. Januar 2020 18:51
Hallo Tim,

ich schalte mich erst jetzt ein, weil ich erst zu Weihnachten in dieses Forum zurück gefunden habe und erst einmal viel Nachholbedarf an Geschichten habe. Meine eigene Geschichte Noch eine Geschichte wirst Du vielleicht schon gelesen haben.

Ich finde, Du bist schon ziemlich weit. Du hast am 13. Januar über Dein inneres CO geschrieben und darüber, wie ein Film bei Euch ein Gespräch ausgelöst hat. So wie ich das lese, war das praktisch ein Coming Out, vielleicht nicht explizit, aber doch in seinen Effekten. So ein Gespräch hinterlässt sicher Spuren und löst weitere Gedanken bei beiden Partnern aus. Schon zwei Tage später ist dann das Pendel zurück geschwungen und es ging Dir gar nicht mehr gut. Ich kenne das auch. Als ich mich geoutet habe, war erstmal der Druck weg und ich habe mich gut gefühlt. Aber die Konsequenz, eine andere Sexualität zu akzeptieren, heißt ja auch, sie auszuleben. Das hat meine Frau am ersten Abend auch gesagt. Einige Tage später hat sie aber die Idee abgelehnt, ich könnte ein Verhältnis mit anderen Männern haben. "Und was, wenn Du Dich verliebst?" Da war Trennungsangst drin, Furcht vor der Zukunft. Natürlich fürchtet Deine Frau das auch. Und Du fürchtest es ebenso, das hast Du ja geschrieben.

Der Weg, den wir gehen, ist kein gerader. Und die Stolpersteine sind für jeden andere. Was mich vorangebracht hat, waren offene Gespräche mit meiner Frau. So wie Du kannte ich zu Anfang keine anderen Schwulen. Das hat mich auf die blauen Seiten geführt, die kennst Du ja wohl. Sicher ist das ein Weg. Früher gab es hier auch Wochenenden von Forumsmitgliedern, wo mann sich getroffen hat. Ich erinnere mich an ein Pfingstwochenende 2013 in Osterholz, das mich sehr voran gebracht hat. Ich war 4 Jahre nicht hier, keine Ahnung, ob sowas noch stattfindet. Da war ich zum ersten Mal in einer schwulen Kneipe. Mit Darkroom. Den haben wir nicht benutzt, keine Bange. Aber als Anfänger ist es gut, da behutsam ran geführt zu werden.

Und es ist nicht zu spät, um damit anzufangen. Ich war 63 und werde dieses Jahr 71. Ich habe in Düsseldorf einen Freund, den ich hier auf CO30 kennen gelernt habe. Damals 54, verheiratet, 2 Töchter. Heute getrennt lebend, aber nicht geschieden, in Kontakt mit seiner Familie, und er hat einen permanenten Freund. Und da gibt es bestimmt noch mehr Beispiele, die ich nicht kenne.

Was ganz wichtig ist, ist der Faktor Zeit. An den denken wir oft nicht. Plötzlich überfällt uns das und wir sind mental überfordert. Das muss sich setzen. Als gib Dir Zeit, Deine Version der Orientierung zu finden. Es ist nicht schwarz oder weiß, linke oder rechte Schublade, schwul oder hetero. Es gibt jede denkbare Abstufung dazwischen. Das kann man nicht über Nacht herausfinden. Und gib Deiner Frau Zeit, sich damit zurecht zu finden. Sie ist selbständig, schreibst Du? Dann hat sie auch kein Problem, Situationen zu durchdenken und Entscheidungen zu treffen.

Wie gesagt, ich denke, Du bist schon ziemlich weit. Nimm Dir Zeit, sprich immer wieder mit Deiner Frau, überlege Dir, ob Du die Kinder einbeziehen kannst. Ich drück Dir die Daumen!

Schöne Grüße

Volker
Re: Hilferuf eines Orientierungslosen
24. Januar 2020 11:39
Hallo Tim,

danke für Deine Gedanken und Deinen neuen Bericht. Atme erst einmal kurz durch und sei Dir sicher: Du hast gerade einen sehr richtigen und wichtigen Schritt getan - nicht nur für Dich, auch letzten Endes für Deine Frau und Familie. Dass es dennoch jetzt erst einmal schwierig ist, dass Du Dir Vieles bewusst werden musst, dass auch Deine Frau und andere enge Menschen Zeit brauchen, das ist ganz normal. Alle brauchen Zeit, jede/r sucht nach Lösungen. Deine Frau beschäft sich natürlich auch damit, und sicher klammert sie sich auch an der Hoffnung (völlig verständlich), dass Di Dich in Wahrheit irrst.
Ich glaube aber, dass die Chancen, dass Du Dich irrst, sehr gering bis kaum spürbar sind. Zu sehr deuten Deine Berichte und Gefühle in eine andere Richtung. Und das ist - trotz allem - nicht schlimm! Dass Du so bist, wie Du bist, ist keine Krankheit und kein Fehler, wenngleich auch solche Gedanken ja manchmal in einem kreisen. Letzten Endes machst Du nichts Schlimmes, wenn Du zu Dir stehst.

Das Problem - um es einzukreisen - ist sicher, dass Du lange Zeit Dir das nicht ganz bewusst warst und Du andere Wege suchtest. Natürlich ist das nicht gut, aber Du konntest auch nicht anders. Letzten Endes hast Du nur das getan, was Dir nun auch von Deiner Frau vorschlägt: Du hast probiert, es zu ignorieren. Was sie fordert (und was ich natürlich auch verstehen kann), hast Du jahrelang praktiziert. Du hast versucht, ein vermeintlich "normales" Leben zu führen, hast viele Deiner Gefühle zurück gestellt in der Hoffnung, anderweitig Deine Erfüllung zu suchen. Nur reichte das leider nicht und nun gilt es, das Vergangene abzuhaken. Das heißt nicht, dass Dir alles egal sein soll, was bisher war, das geht nicht. Das ist ein Teil Deines Lebens und das bleibt es auch. Das sollte auch nicht verschwinden, Du brauchst Dein bisheriges Leben nicht zu ignorieren. Du liebst Deine Menschen um Dich herum, sie lieben auch Dich.
Deshalb gilt es zum einen einen guten Weg für Dich zu finden wie auch für Euch alle zusammen. Der bisherige war nicht richtig, den gilt es zu korrigieren. Wenn möglich so, dass möglicht Wenige leiden.
Das ist harte Arbeit, das ist wahr. Es wird Kraft kosten, aber am Ende gehst Du gestärkt da hervor und letzten Endes ist es auch für Deine Frau besser, dass Du nicht dauernd was verstecken musst und nach und nach kränker und labiler wirst. Wie Du so hat auch sie ein Recht darauf, zu wissen, was ist und ggf. entsprechend ihr Leben entsprechend einzurechnen.
Keiner war oder ist "böse", es ist nur eine sehr komplexe Situation, die Ihr versuchen müsst zu lösen. Und dass werdet Ihr auch schaffen. Aber natürlich nicht von heute auf morgen.
Jede/r braucht da seine/ihre Zeit: Du, Deine Frau, Deine Familie, Deine Freunde etc. Die muss man jeder/m auch lassen.

Lasse Dich aber nicht von irgendwelchen "Heilungen" oder ähnlichen Dingen irritieren, die so nicht passen. Du möchtest sicher noch viele Jahrzehnte leben und vor allem so leben, dass Du (und auch Dein Umfeld) möglichst glücklich werden oder sind. Bist Du glücklich, kannst Du auch anderen wieder helfen.

Du musst auch wahrlich nicht viele Erfahrung haben, um zu wissen, dass Du schwul bist. Ich bin seit zwanzig Jahren nun geoutet, habe viele (auch) schwule Freunde, bewege mich in entsprechenden Freundeskreisen (nicht nur, ich habe auch viele Hetero-Freunde, die ich sehr mag und die zu meiner "Familie" gehören). Aber - nenne mich "Ladenhüter" oder sonstwas - de facto habe ich in sexueller Hinsicht wenig Erfahrung. Ich hatte de facto eine (!) Beziehung und ansonsten ein paar wenige "Erfahrungen", das ist aber erbärmlich wenig. Das ist sicher auch ein Problem für sich und das will ich hier jetzt gar nicht in den Mittelpunkt stellen. Aber man könnte dann sagen: was hat es Dir gebracht, geoutet zu sein, wenn Du gar nicht ständig irgendwelche Bettgeschichten hast?
Ich muss sagen, es hat sich dennoch gelohnt (auch wenn ich hoffe, dass sich auch dieser Teil mal ein wenig ändert). Vor dem Start meines Coming Outs, in der Zeit, da ich "es" zwar wusste, aber nie ausleben wollte, war ich oft depressiv bis hin zu Selbstmordgedanken. Das war z.T. sehr schwer, ich litt sehr, es quälte mich. Aber dennoch war für ein Coming Out lange Zeit kaum denkbar.

Nach meinem Coming Out und seitdem ich mich nicht mehr verstecken muss, geht es mir deutlichst besser, ich habe den Druck auf der Brust weg. Ich treffe völlig zwanglos (auch) schwule Freunde, habe da eine megaguten Freundeskreis, wir helfen uns, sind eine Art "Familie", das sogar obwohl die meisten um mich herum einen Partner haben und ich eher so als "bester Freund" gelte.
Ich verstecke es auch nicht nach außen, stehe dazu, aber gehe damit auch nicht hausieren. Es MUSS nicht Jede/r wissen, ich sehe nicht "schwul" aus, bewege mich nicht tuntig und bin auch in keiner "schwulen Scheinwelt". Auch meine Hetero-Freunde sind mir wichtig, ich bin z.B. Patenonkel oder auch sonst Vertrauter, oft eine Art "Familienmitglied".
Im Beruf ist es kaum ein Thema, dass ich schwul bin, aber auch da: sich hänge es nicht raus, verschweige es auch nicht, und das tut so was von gut.
Aber letzten Endes ist die Homosexualität auch nur ein Aspekt von mir. Es ist ein wichtiger, aber ich bin auch sehr viel mehr als das.

Aber dennoch: auch wenn ich wenig sexuelle Erfahrung habe, weiß ich, bei wem mir das Herz klopft, wen ich spannend, interessant, ja auch sexy finde. Und es geht nicht nur um Sex (dann vergessen viele nach dem Motto: "Dann rammel halt mal und dann ist gut"winking smiley, sondern zu wem man sich hingezogen fühlt, wem man nahe sein möchte, mit wem man schnell menschlich eine Ebene findet, mit wem man gerne Zeit verbringen möchte, Themen findet etc.
Ich finde Männer nicht nur anziehend, nein, ich "liebe" sie halt (nicht alle, sondern natürlich nur einen Teil von ihnen). Das ist eher "ganzheitlich", nicht nur "Trieberfüllung".
Und das weiß ich auch, wenn ich gerade niemandem im Bett habe.

Lass Dich also nicht davon verrückt haben, dass Du keine Erfahrungen in dem Bereich hast. Denn auch ohne dass Du sie hast, kannst Du wissen, welches Dein Weg ist.

Du hast wichtige Schritte getan: sei schon mal stolz darauf und bleib nicht stehen. Gehe aber jeden Schritt so, dass Du ihn selbst auch bewältigen kannst. Aber gehe nicht zurück.

So, jetzt waren dass viele "schlaue Wort" von mir, ohne Anspruch natürlich darauf, dass alles für Dich passt. Aber es sindf Gedanken zu Dir und vielleicht bringen sie Dir was. Wenn nicht, dann ignoriere sie.
Nach wie vor gilt: Du kannst mich gerne auch privat anschreiben, falls Du magst, musst Du aber nicht. Ist nur ein Angebot.
Und/oder teile Dich gerne weiter hier im Forum mit. Gedanken zu sortieren und auszusprechen ist immer gut und hilft. Und hier ist es ja weiter anonym, Du kannst schreiben, was Dir auf der Seele brennt.

Liebe Grüße,
sendet der Mickey2.
Re: Hilferuf eines Orientierungslosen
04. Februar 2020 19:55
Hallo Tim,

habe mal den Thread überflogen, und erkenne vieles von mir wieder.

Nein, ich wollte nicht schwul sein ... hatte ich doch Frau und Kinder.

In Wirklichkeit habe ich NUR Jungs und Männern nachgeschaut, in Hetero-Pornos haben mich nur die Männer interessiert.

Meine Frau war ein Glücksfall, wahrscheinlich die einzige Frau auf der Welt, mit der ich eine Familie gründen konnte.

Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem man in sich geht ... das innere Coming out ... "Ich bin schwul" ... ist wohl das schwierigste.

Daniela kann ich leider nicht zustimmen, so wie sie das schreibt, die eigene Homosexualität akzeptieren, aber aufgeben, parken, nur um der Beziehung willen, nein, das funktioniert nicht. "Heile Welten" haben die Eigenschaft, dass sie kaputt gehen ... letztlich kann man erst danach verstehen, dass es schon vorher Anzeichen gab ... man hat sie nur nicht oder anders gedeutet.

Und ein Leben ganz ohne Sex, Zärtlichkeit, Berührung ... nein, das schafft man nicht, und das würde ich niemandem zumuten wollen.


Wenn eine Beziehung wirklich gut war, dann verkraftet sie auch, wenn sich die "Interessen" der Partner verändern. Jetzt wechselt nicht das Kartenspiel von Rommé zu Canasta ... es wechselt halt der "sexuelle aspekt".

Was hindert ein Paar, dies zu akzeptieren und den gemeinsamen Part weiterhin gemeinsam zu bestreiten.
Wenn einer nicht mit in die Pizzeria will, kann er doch zum Chinesen gehen, danach geht man gemeinsam ins Kino.

Für mich und meine Frau kann ich sagen, dass wir diesen Schritt geschafft haben.
Bei uns hat es ein starkes Jahr gedauert, bis wir soweit waren.

Wir hatten danach gleichzeitig neue Lebensgefährten. Diese haben wir mit Kindern, Bekannten und Familienangehörigen geteilt.
Auch als wir wieder beide "Single" waren, haben wir uns gegenseitig beigestanden, denn Loslassen ist nicht einfach.

Jetzt sind es bei mir demnächst 11 Jahre, dass ich hier aufgeschlagen bin und von Allen nach Kräften unterstützt wurde, meinen Weg zu gehen. (Ich: "wenn ich ihr sage, dass ich schwul bin, wäscht sie meine Wäsche nicht mehr" ... Forum: "Wenn das dein einziges Problem ist"winking smiley

Ich wünsche dir und Deiner Frau, das ihr das hinbekommt.

Ganz liebe Grüße
Victor
Re: Hilferuf eines Orientierungslosen
06. Februar 2020 17:46
Hallo lieber Victor,

du musst mir nicht zustimmen , leid muss dir das auch nicht tun...…….die Meinung und Lebensweise seiner Mitmenschen akzeptieren und nicht kritisieren.......wie nennt man das noch gleich ? TOLERANZ ?

Im übrigen ist es sehr unhöflich namentlichen Bezug in deiner Antwort zu nehmen. Mit dem sinnerfassenden Lesen soll es bei manchen Menschen auch Probleme geben....habe ich gehört.

Viele liebe Grüße , Daniela
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