Hallo zusammen,
seit langem lese ich schon anonym in diesem Forum.
Ich danke den Gründern für das schaffen dieser Plattform, denn diese hilft mir unerkannt mein innerstes einmal nach außen zu kehren, leider ist es notwendig dies einmal nieder zu schreiben, - ohne im Grunde Antworten zu erwarten, zu erhoffen – weil ich langsam das Gefühl habe, wenn ich mich nicht mitteilen kann, das ich platze. In meinem privaten Umfeld ist dies leider nicht möglich, will ich dies nicht an- bzw. aussprechen.
Vielleicht kann ich auch als mahnendes Beispiel für junge Homosexuelle dienen, die noch immer nicht den Mut gefunden haben, zu sich selbst zu stehen.
Philosophisch betrachtet, hoffe ich (aus einem ganz schrägen Blickwinkel heraus), das mein Leben, wie es ablief nicht erst deshalb so ablief, weil ich dies nun im Netz veröffentliche. Klingt schräg, ist es aber auch, denn das bin ich nun mal. Wenn m an zu viel alleine ist, fängt man an mit sich selbst zu denken.
Viel Vergnügen beim Lesen des Romans. Ich hab es schon versucht so kurz zu halten wie nur möglich und doch vieles ausgelassen, was zu all dem unten beschriebenen beigetragen hat. Seid nicht schockiert über die teilweise harte Wortwahl, da schwingt einfach nur Frustration mit drinnen.
Seit nun 45 Jahren lebe ich ein Leben, doch ich muss mir einfach eingestehen, es ist nicht das meine. 45 Jahre, eine Lüge um anderen zu gefallen und um nicht aufzufallen und an den Pranger gestellt, ausgelacht und verspottet, sowie gedemütigt zu werden, wenn nicht noch schlimmeres.
Ich wusste schon recht früh was Demütigungen sind, ich war schon immer gut beleibt und habe das in jungen Jahren so oft erfahren müssen, da behält man, der Gesellschaft sei dank, das vermeintlich noch schlimmere tief vergraben in sich, bekommt man den ersten Knacks ab, tut man immer das Gegenteil von dem, was man eigentlich selbst will, nur um nicht aufzufallen. Zumindest habe ich diese meine These für mich als wahrhaftig anerkannt.
Ich muss hier immer an den Film die Körperfresser (im speziellen die letzten Szenen aus dem Film von 1978) denken, so tun als ob man ein Teil vom Ganzen wäre, nur um nicht entdeckt zu werden, was letztlich zum scheitern verurteilt ist.
Dachte ich anfänglich in meinem bewussten Leben, ich bin auf einem guten Weg, merkte ich doch recht früh, irgendetwas läuft unrund und überhaupt nicht in den Bahnen, welche ich mir mit allen Farben der Palette für meine Zukunft ausmalte.
Ich war jung, ich war unsterblich und habe nicht mitbekommen, das die Zeit im Flug vergangen ist und ich wie Ray auf Jakku sitze und warte, das jemand kommt, der niemals kommen wird.
Ich warte bis heute auf den einen Moment, der nie wieder/niemals kommen wird, obwohl ich mir eingeredet hatte, wenn der Moment kommt, erkenne ich ihn und das er kommt, war bis vor ein paar Jahren nie die Frage. Zweifel, ja Zweifel kamen mir schon in jungen Jahren, doch wenn man jung ist kann man so herrlich Dinge ausblenden und verdrängen. Doch jetzt zerreißt es mich, es tötet den Mensch, der ich einst war und hat mich mit Gewalt in eine Form gepresst und zu dem Menschen werden lassen, der ich eigentlich nie werden wollte. Meine Angst ist, wenn das so weitergeht und sich nichts ändert, werde ich zu einem verbitterten alten Knacker.
Der Junge von damals, seine Schreie in meinem inneren sind kaum noch hörbar, ich habe es geschafft, ihn zum schweigen zu bringen, er hat es verdient, denn er ist anders, er ist von widernatürlicher Art!
Natürlich kannte und kenne ich den Grund für mein Dilemma, gestehe ihn mir nicht nur erst heute mit 45 selbst ein. Jedoch jetzt mit der Erkenntnis des Alters, erwacht in mir die Gewissheit, das dies mein Problem schlechthin darstellt. Es nagt an mir im Grunde, seit dem ich mir dessen Bewusst geworden bin. Lässt mich durch meine hart gewordene Schale und meiner angefressenen Rüstung bei anderen Menschen anecken und jedes Fettnäpfchen mitnehmen, weil ich mich schützen muss.
Ich verteidige immer die alternative Lebensweisen (und das nicht nur auf Sexuelle Ausrichtung hin bezogen) in meinem Umfeld, immer, wenn ich mitbekomme, dass dies zum Thema steht. Denn man glaubt zu wissen, dass ich hetero bin, nur halt noch nicht die richtige gefunden habe. Hab ich mich nicht gut getarnt?!
Und doch viel schlimmer, auch ich erwische mich dabei, ich nutze auch Ausdrücke in bestimmten Kreisen von Menschen, wie etwa beim Fußball schauen: Der spielt wie ne Tunte! Nur damit kein Verdacht auf mich fällt. Warum? Warum? Wieso ist das so? Schützen vor dem bösartigen Wesen des Menschen, welches jede Schwäche und jeden Makel gnadenlos für sich und gegen andere benutzt, nur um den eigenen Vorteil zu sichern.
Ein Schwuler ist immer eine Schlagzeile wert, bestes Beispiel der belgische Fußballspieler, welcher aufgrund seines Karriereendes nun Schwulenpornos dreht. Warum muss man daraus eine Schlagzeile machen? In welcher Zivilisation und welchem Jahrhundert lebe ich eigentlich, dass man sich noch immer rechtfertigen muss? All die Aufklärung, all die Kämpfe, sie haben nichts gebracht, sobald ein wenig Reibach damit gemacht werden kann. Eine Bestätigung die Wahrheit zu verstecken!
Recht früh in meinem Leben, es muss so um das neunte Lebensjahr gewesen sein (ich gehe deshalb davon aus, weil ich mich an etwas erinnere aus meiner Kindheit, - das Spielen mit Legos -, wo ich zwei männliche Figuren sich miteinander knutschen lies), merkte ich, das ich auf Jungs stehe.
Ein Homo, ein Schwanzlutscher, eine Schwuchtel bin ich, ein Arschficker und eine Tunte.
Warum so hart ins Gericht gehen? Fragt mich nicht! Ich weiß nur, in dem Moment des Lego-Erlebnisses kam mein Vater in mein Kinderzimmer. Er hat von der Situation nichts mitbekommen, ich jedoch hörte sofort auf mit meinem Spiel, ich wusste sofort, das ist etwas unnatürlich und verbotenes.
Warum weiß ich als so junger Mensch, das ich etwas tat, was allgemein hin als unnatürlich und schlecht angesehen wird? Wieso erinnere ich mich bis heute an diese Situation? Ich habe doch nur gespielt, dass sich zwei Kerle knutschen?! ...
Wie ich darauf gekommen bin, das ich ein Homo bin? Fragt mich nicht, es war mir einfach klar.
Männer/Jungs hatten schon immer für mich mehr Sexappeal als Frauen, es war das magische, das mich bei Ihnen anzog und noch anzieht. Der kernige Anblick, das Maskuline, vielleicht mit einem femininen Touch? Ich habe keine Ahnung. Bei Frauen habe und hatte ich nie dieses Gefühl, dieses kribbeln das mich, wenn ich mich selbst bei dem Gedanken erwische, erröten lässt und mich ganz wuschelig werden lässt. Fühlt es sich so an, wenn man als Hetero 'ne Frau sieht? Ich fühle das nicht, also ist es mir klar, das ich nicht hetero bin.
Und im Grunde ist das schon der Kern des/meines Problems, das Hindernis in meinem Leben, dass ich zu meinem eigentlichen ich werden konnte, zumindest nach außen hin und wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst bin, zu meinem tiefsten Bedauern, auch nach innen, in meinem Herzen, tief in meiner Seele.
So sehr ich wusste, dass ich schwul bin, so sicher wusste ich auch, normal ist das nicht und ich muss es verbergen. Natürlich, ja natürlich mag es sein (oh und ich hasse die Natur dafür!), aber es ist halt nicht normal in der menschlichen Gesellschaft.
Leider hatte ich nie den Mut zu meinem eigentlichen ich zu stehen, was mich letztlich zu dem gebrochenen Menschen gemacht hat, der ich heute bin.
Im Internet habe ich mal einen Begriff aufgeschnappt, welcher leider den Nagel auf den Kopf trifft.
Ich war und bin eine Klemmschwester und es macht mich fertig, zerstört mich, frisst mich auf. Aber ich werde verdammt nochmal meinem privaten Umfeld etc. nicht auf die Nase binden, dass ich nicht auf Frauen stehe. Warum muss ich mich erklären? Warum? Das ist meine Angelegenheit! Das geht euch 'nen feuchten Scheißdreck an! Ich frag euch Heteros auch nicht, ob ihr hetero seid. Das interessiert mich nicht!
Irgendwann habe ich angefangen, vielleicht auch altersbedingt durch eine Art Midlifecrisis, mein Leben zu analysieren. Keine Ahnung ob ich richtig liege oder mir das alles nur schönrede um einen entscheidenden Punkt in meinem Leben zu finden, welcher den Weg in mein persönliches Chaos, der ausschlaggebende Punkt für die Weichenstellung in mein heutiges Leben, darstellt.
Mein erster Freund aus der Grundschule, Andreas, war auch mein erster Homosexueller Partner. Ich war sicher nicht älter als 10 Jahre, er auch nicht, er war ja mein Klassenkammrad. Und obwohl wir damals weder Erektion noch Ejakulation hatten, hatte ich mit ihm mehrere male sexuellen Kontakt. Wenn ich bei Ihm übernachtete lutschten wir uns gegenseitig, na Ihr wisst schon was … und fassten uns unsittlich an.
Warum unsere Freundschaft auseinander ging, lag weder an unserem gegenseitigen Umgang, sondern vielmehr daran, dass er nach der 4. Klasse auf eine andere weiterführende Schule als ich gegangen ist.
Eine andere homosexuell prägende Begebenheit in meinem Leben war ein weiterer Schulkamerad, welcher in meiner Paralell-Klasse war und mich viel Mühe und Aufwand kostete sein Freund zu sein. Was ich mir bis heute nicht erklären kann, wieso ich derart falsch reagierte, obwohl es mein sehnlichster Wunsch war mit ihm intim zu werden.
Mit 14 hatte mein damals bester Freund Mario Geburtstag. Ich war schon seit der 6. Klasse auf ihn so scharf, total in ihn verliebt. Er war total süß und ein toller Kumpel.
Ich hatte schon lange das Gefühl, dass auch bei ihm eine gewisse sexuelle Anziehung zu mir bestand bzw. eine gewisse homosexuelle Ader vorhanden war, wir hatten immer mal Themen in diese Richtung, welche mir diese Vermutung nahe brachten.
Nun gut, wie gesagt sein Geburtstag kam und seine Eltern waren weg (ja es klingt zu schön um wahr zu sein). Er lud eine Menge Freunde ein, welche nach überstandener Party auch bei ihm schliefen. Ich hatte das Privileg und durfte mit ihm zusammen im Zimmer seiner Eltern schlafen. Nur wir zwei, halbnackt in einem Bett, Tür abgeschlossen und mein Arm unter seinem nackten Oberkörper. Wir machten unsere Späße und auf einmal ging seine Hand zu meinem Genital. Ich weiß nicht warum, vielleicht weil ich total verunsichert war und eine Erektion hatte, dies mir peinlich war, jedenfalls ich stieß seine Hand weg. … Danach machte er noch einige Bemerkungen, das er eigentlich nur nackt schlafen würde und ob wir uns nicht zusammen die Hose ausziehen wollten zum gemeinsamen nackt schlafen etc.
Ich wollte, ich wollte wirklich so sehr, aber mein Herz schlug bis zum Hals und ich ließ es nicht zu.
Irgendwie hatte ich Angst es sei eine Finte, hatte Angst davor die anderen im Nebenzimmer würden was mitbekommen.
Es kam leider nie zu mehr.
Warum? Warum habe ich das, was ich so sehnlichst wollte nicht zugelassen? Ich begreife das bis heute nicht. Natürlich verlief die Freundschaft mit ihm dann recht schnell im Sande.
Heute mit 45 frage ich mich noch immer, warum ich den entscheidenden Moment in meinem Leben nicht zugelassen habe, nie mit ihm später darüber Sprach. Ich bin so feige und es bricht mir das Herz. Wenn es eine Chance gäbe, in der Zeit zurück zu reisen, zu diesem einen besonderen Abend ... aber was träume ich, es wird niemals geschehen. Ich hatte den perfekten Dr. Sommer Bravo-Artikel zum greifen nah, ich habe versagt …
Ich hab ihn mal gegoogelt und auch ein Bild und Video von ihm gefunden. Ich würde ihn sehr gerne mal per Mail kontaktieren, doch fehlt mir bis heute der Mut dazu.
Keine Ahnung, ob er überhaupt noch weiß wer ich bin und ob er sich so intensiv daran erinnert, wie ich. Er hat mittlerweile auch eine Glatze und ich habe durch das Betrachten seines Bildes so erst einmal erkannt, wie viel Zeit in unserem Leben vergangen ist, habe so erst richtig wahrgenommen, wie alt ich selbst doch geworden bin.
Nachdem ich mir mit 16 neue Freunde suchte - ausgerechnet in der katholischen Kirche - hatte ich mit einem von diesen, Felix, meinen ersten richtigen sexuellen Kontakt, mit allem drum und dran. Lustigerweise war er auch der erste, durch den ich zu Alkohol und Joints Zugang hatte, er ist 4 Jahre älter als ich. In diesem Zusammenhang möchte ich mal ein Hoch auf die katholische Kirche loswerden!
Eine Beziehung wurde nie daraus, was diesmal weniger an mir lag, als an der Tatsache, das er eigentlich nicht Homo sondern Bi ist.
Dies ging fast ein Jahrzehnt, bis sich auch diese Freundschaft löste, was daran lag, das er heiratete. Im Grunde wurde ich von ihm nur benutzt um seine sexuelle Gier zu befriedigen. Eine Beziehung war das nie. Wir haben zusammen, auch mit anderen Kumpels, viel unternommen, haben in einer Band gespielt. Zum Sex kam es meistens, wenn ich ihn heimgefahren habe im Auto, kurz bevor er hoch in die Wohnung zu seiner Zukünftigen ging.
Bei anderen Freunden hatte ich auch versucht eine Beziehung oder wenigstens Gleichgesinntes zu finden, bis heute suche ich noch. Und letztlich kostete dies viele Freundschaften in meinem Leben. Nein, eigentlich kostete es alle meine Freundschaften, ich habe heute nicht einen Freund mehr, noch einen Bekannten. Ich stehe völlig alleine dar, dabei war ich so ein geselliger und lebensbejahender Mensch.
Bis heute bin ich auf der Suche nach einem Menschen, der nur für mich da sein will, für den nur ich da sein kann, nach meinem Deckel der auf meinen Topf passt. Der mich liebt, der zu mir hält, das Leben mit mir meistert. Der mich akzeptiert mit allen Ecken und Kanten, wie ich ihn akzeptieren würde.
Die ganzen Jahre ohne halt, ohne Bindung zu einem Menschen haben mich gebrochen. Ich stehe jetzt mit 45 Jahren vor den Scherben meines Lebens. Beruflich bin ich am Ende, habe soviel gemacht, war angestellt, selbstständig und bin nun, nachdem ich alles verloren habe (und ich gebe auch hier dem schwul sein bzw. der Angst vor der Entdeckung die Schuld, denn fehlendes Selbstbewusstsein hindert einem bei allem), arbeitslos und mache nen 1,50€ Sklaven-Job. Ich stecke in der tiefsten Depression meines Lebens und finde keinen Ausweg mehr. Ich habe den jungen, lebenslustigen Mann, der ich einst war, irgendwann auf dem Weg verloren und habe es nicht mitbekommen, erst jetzt dämmert mir das so langsam, nein, die Erkenntnis schlägt mir jeden Tag mit der Faust ins Gesicht.
Ich habe mir einen Panzer angefressen, lasse mich gehen, rauche wie ein Schlot, scheiße auf alles (nicht wörtlich zu nehmen).
Nach all den Jahren die ich bisher durchgemacht habe, hatte ich um die 30 auch mal eine weibliche Beziehung, meine erste und einzige. Sie war 7 Jahre älter, es ging 3 Monate, auch der Sex war toll (? wtf ?), die erste Frau die sich für mich interessierte, in meinem ganzen Leben, doch etwas fehlte. Nach 3 Monaten beendete ich diese Affäre, Sie wollte unbedingt ein Kind, bevor Sie 40 ist und irgendwie hatte ich Angst, das ich auch hier nur ausgenutzt werden würde.
Ich verstehe auch nicht, warum ich niemals Kontakt zur Szene aufgenommen habe, niemals direkt dort gesucht habe, wo ich gleichgesinnte finde sondern immer versucht hatte unter meinen hetero-Freunden einen gleichgesinnten zu entdecken. Ja sicherlich ein Grund dafür ist meine Angst mich zu outen, entdeckt zu werden. Ein anderer ist sicherlich auch die Angst vor HIV, immerhin bin ich ein Kind der 80er, das Jahrzehnt in dem die Schwulenpest (ich hoffe ihr lest den Zynismus heraus) publik wurde.
Was mach ich nur nun mit mir? Alleine leben bis der Gevatter kommt? Weggehen ist aufgrund meiner beruflichen Situation keine Alternative, das kann ich mir einfach nicht leisten. Was macht 'ne abgehalfterte alternde Schwuchtel mit 'nem kleinen Schwanz aber 'nem ganzen Sack voll mit Misserfolgen?
Beste Grüße
te'oma