Hallo zusammen,
ich bin zufällig bei der Suche nach Kontakt mit Gleichgesinnten auf dieses Forum gestoßen. Ich habe mir jetzt schon ´ne Menge Geschichten durchgelesen und mich auch in einigen Dingen wiedergefunden.Aber jede Geschichte ist ja irgenwie anders. Nachdem hier ja doch nicht so viel Betrieb herrscht, war ich schon drauf und dran, mich wieder abzumelden. Aber dann wurde ich von Maks persönlich begrüßt( danke dafür) und hab mir überlegt, doch mal was zu schreiben.
Ich bin Jahrgang 69, in der DDR aufgewachsen und hatte eigentlich ne tolle Kindheit. Gut in der Schule, viel Sport, musikalisch, viele Freunde. Alles gut, bis sich meine Eltern trennten. Dann ein paar Jahre Krieg, neuer Stiefvater, der ging ja mal gar nicht. Also mit 17 zu Hause raus. Wieder Kontakt zum Vater aufgenommen, Zimmer in Rostock bekommen, Abi zu Ende machen. Während der Abi-Zeit erste Freundin, soweit alles gut. Ich war halt ein ziemlicher Spätzünder, oder einfach viel zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt.
Ich habe bis dahin Schwimmen trainiert, 5 mal die Woche. Andere Jungs und Männer nackt zu sehen war also total normal, hat mich überhaupt nicht interessiert. Ich frag mich heute sowieso, ob es das Thema in der DDR überhaupt gab, offiziell jedenfalls nicht. Ich kann mich nicht erinnern, vor der Wende jemals irgendwie mit der Sache in Berührung gekommen zu sein.
Zu Hause war nackt sein auch kein Problem, Sommer am FKK-Strand selbstverständlich.
Nach dem Abi zur NVA, ich wollte Offizier werden. Ja ja, so naiv konnte man sein- hihi. Auch während der Zeit kein Hang zu Männern, allerdings auch keine Freundinnen mehr. Dann die Wende, fristlos entlassen. Ein Jahr Job bei der Post.
Ich wollte immer noch Soldat werden, also neu beworben - beim Feind!
Einstellungstest in Berlin, alles paletti. Januar 92 neu angefangen, Umzug nach Faßberg, hier sollte mein Leben neu anfangen. Durch meine relativ offene Art hatte ich schnell Kontakte, Sportverein, DLRG.... schon war ich hier heimisch. Aber immer noch allein. Das erste mal Kontakt mit einem Jungen war eher ein Zufall. Volleyballturnier mit der DLRG, ich war mittlerweile 25.
Im Verlauf des Tages freundete ich ich mit einem Spieler einer anderen Mannschaft an, er war noch deutlich jünger als ich, ich denke heute mal, er war noch keine 18. Wir haben den ganzen Tag zusammen rumgehangen, abends im Schwimmbad rumgealbert, war einfach schön. Übernachtung in der Sporthalle, abends Party - er wich mir nicht von der Seite. Zum Pennen in den Geräteraum, Hochsprungmatte - sehr bequem. Der Kleine neben mir, ich immer noch nichts gerafft. Na ja, der Alkohol zeigte Wirkung, der Junge wußte wohl genau, was er wollte und schon hatten wir ziemlich engen Körperkontakt. Total schön, ich war aber völlig verwirrt. Am nächsten Tag kein Wort darüber, wir wollten uns aber wiedersehen. Für mich war eigentlich klar, das war nur ein Ausrutscher, besoffen halt. Wir haben uns auch nach zwei Wochen noch mal wiedergesehen, gemeinsamer Stadtbummel, aber keiner hat das Thema mehr angesprochen . Mir war es peinlich und er hat sich vielleicht nicht getraut.
Aus heutiger Sicht bedaure ich es sehr. Vielleicht wär ja alles anders gekommen.
Na ja, die Jahre gingen so hin, im Freundeskreis lernte ich meine heutige Frau kennen, erst nur Freundschaft, sie war noch verheiratet. Später ließ sie sich scheiden, der Mann war auch Soldat, kam aus dem Einsatz wieder und war nicht mehr der selbe. So haben wir uns dann besser kennengelernt und auch lieben gelernt.
1997 haben wir dann geheiratet, sie hatte schon zwei Söhne, der eine blieb bei uns, der andere beim Vater. Sie konnten aber jederzeit zu jedem Elternteil, wir wohnten ja im selben Ort.
Ich habe dann nach 10 Jahren Bundeswehr beschlossen - das war´s, ich will was anderes machen.
Also über den Berufsförderungsdienst ein Studium machen zum Diplomverwaltungswirt. Ich wollte Beamter werden und bekam auch eine Stelle hier in Celle. War wie ein Sechser im Lotto. Wir hatten zwischenzeitlich in Faßberg gebaut, so mussten wir das Haus nicht verkaufen und wegziehen. Ich fing also mein Studium in Hannover an, nach einem Jahr wechselte die Schule nach Hildesheim. Zum täglich fahren war das zu weit, also Zweitwohnung in Hi gesucht. Somit war ich die Woche über in Hildesheim und hatte viel Zeit.
Was macht man , wenn man allein ist. Abends Filme aus der Videothek schauen, da war dann auch schon mal ein Porno dabei, irgendwann auch mal einer nur mit Männern, das Interesse war irgendwie wieder da. das passierte dann immer öfter, und irgendwann war mal der Gedanke da - wie das denn wohl möglich wäre, es noch mal live zu erleben. Die Erinnerung an mein erstes mal kam wieder hoch.
Ich hatte bis dahin keinerlei Kontakte zu Schwulen, kannte auch keinen. Entweder bin ich tatsächlich keinem begegnet oder ich war einfach zu blind, die Signale zu sehen.
Aber ich hatte im Internet gefunden, dass es in Hannover eine Gay-Sauna gibt. Das Interesse war geweckt, Sauna fand ich sowieso toll, also nix wie hin. Eine ganze Weile drum herum geschlichen, Schwanz eingezogen( also sprichwörtlich) und wieder weggefahren, nicht reingetraut - Blödmann.
Nächste Woche zweiter Versuch, diesmal bin ich dann rein gegangen. Und alles total relaxt. Na ja, erste Kontakte waren da, es war auch toll. Ich war dann in den nächsten zwei Jahren fast Stammgast. Zu Haus lief alles wie gewohnt, alles war prima.
Dann kam das Ende des Studiums, wieder Alltag zu Hause. Ich hatte für mich beschlossen, ich habe mich jetzt ausgetobt, war toll - das hat jetzt ein Ende. Soweit der Kopf, das Herz war anderer Meinung. Somit musste das Internet herhalten, immer wieder abends Männerseiten angeschaut, das musste reichen.
Irgendwann hat meine Frau das mal mitbekommen. Erst hat sie nichts gesagt, ich merkte aber schon, dass Ihr was auf der Seele brannte. Irgendwann haben wir dann unter vielen Tränen drüber gesprochen. Ich hatte Angst, dass es das jetzt war mit unserer Ehe. Sie hatte auch Angst, dass ich mich jetzt für Männer entscheide und sie verlasse. Sie liebt mich wirklich aus ganzen Herzen, auch heute noch. Und ich liebe sie auch noch sehr, aber eben ein wenig mehr mit dem Verstand, während das Herz immer wieder mal woanders hin schielt. Jedenfalls hat sie cooler reagiert, als ich dachte.
Als ich sagte, dass ich nicht genau weiß. was ich will, hat sie sogar gemeint, dass ich dann eben ausprobieren müsse, was mir besser gefällt.
Das hab ich dann auch immer wieder mal getan, aber immer dezent, ich wollte das Thema eigentlich aus unserer Beziehung heraus halten.
Natürlich hat unser gemeinsames Sexleben darunter gelitten, mir fiel es immer schwerer, die körperliche Nähe mit ihr zu erleben, er wurde immer seltener. Mittlerweile hat sich meine Frau damit abgefunden, sie weiß, dass es nicht an Ihr liegt. Sie ist jetzt 56 und meint, es geht ja auch ohne. Körperliche Nähe wie Kuscheln und ab und zu ne Massage reichen Ihr ja schon. Wir sind sonst in allen Bereichen des Lebens echt seelenverwandt, wir sind uns eigentlich immer einig, haben uns in 19 Jahren Ehe noch nie wirklich gestritten oder gezofft. Wir machen fast alles gemeinsam, bis auf meinen Sport. Wir singen zusammen im Gospelchor, haben die gleichen Freunde, fahren die Wochenenden zusammen weg, keiner macht allein Urlaub, wie man das oft von anderen hört. Eigentlich ist alles im Alltag perfekt. wenn da nicht immer dieser bohrende Gedanke wäre.
Aber genau diese Harmonie, dieser geringe persönliche Freiraum, macht es eben auch fast unmöglich oder sehr schwierig, Kontakte aufzubauen, die man ab und zu mal treffen kann, und wenn es nur zum Quatschen ist, um eben mal drüber zu reden. Deshalb wird es auch schwer, hier im Chat mal zu schreiben. Abends sitzen wir eben zusammen vorm Fernseher oder nebeneinander an den Rechnern, Ja, wir haben zwei, weil es ja doof war, wenn immer nur einer am Rechner saß, und der andere vorm Fernseher. Stimmt ja auch, aber....
Am Anfang diesen Jahres war ich dann schon fast depressiv, weil ich immer an Jungs dachte, ich habe im Netz in einem anderen Forum viele schwule Geschichten gelesen, und hab manchmal eine Sehnsucht danach gehabt, dieses Herzflattern , von dem man da liest, auch mal mit einem Jungen zu erleben. Dieses Gefühl, das nie wirklich erlebt zu haben, war fast nicht zu ertragen. Im Moment hat mich der Alltag wieder ein bißchen auf den Boden der Tatsachen geholt und ich hab mich wieder eingekriegt. Aber ich hab mich auf die Suche gemacht, nach Menschen, die das auch so erlebt haben, Vielleicht kann man sich ja ein bißchen austauschen, mal hören, wie andere damit umgehen. Und so bin ich hier gelandet und nun habt ihr den Salat und müsst euch meine Probleme anhören. Aber es tat gut, sich das mal alles von der Seele zu schreiben.
Lieben Gruß aus Faßberg
Marko