Hallo liebes Forum.
Ich bin männlich, 32 und schwul.
Alle anderen Foren, die ich im Internet gefunden habe, sind hauptsächlich bis 26 oder 27 Jahren. Da bin ich leider schon ein paar Jährchen drüber.
Auch, wenn ich mich noch nicht so fühle.
Dass ich schwul bin, ist eine Tatsache, die ich einige Jahre völlig ausgeblendet habe. Ich weiß bereits seit der Pubertät dass ich schwul bin.
In jungen Jahren bin ich ab und zu zum hiesigen schwulen Jugendtreff oder mit Freunden auf Gay Parties gegangen.
Damals war ich noch jung, unerfahren und unsicher, entsprechend schüchtern war ich auch. Und irgendwann bin ich auch nicht mehr zu dieser schwulen Jugendgruppe gegangen, weil ich das Gefühl hatte, nicht richtig integriert in die Gruppe zu sein. Es war eine feste Clique, in die ich als neuer, schüchterner Kerl neu dazu stieß. Doch man machte es mir nicht einfach mich dort zurechtzufinden, einzufinden.
Mittlerweile existiert diese Jugendgruppe nicht mehr. Ohnehin wäre ich zu alt dafür - die Altersgrenze war damals 27. Auch die schwule Jugendgruppe im Nachbarort hat eine ähnliche Altersbegrenzung.
Irgendwann gingen auch die Wege mit den Freunden, mit denen ich immer auf die Gay Parties gegangen bin, auseinander.
Der eine zog weg, der andere hat mich schwer enttäuscht. Der Kontakt ging auseinander. Alte Menschen gingen, neue kamen in mein Leben.
Es begann zeitgleich ein neues Kapitel in meinem Leben. Der Beruf stand im Vordergrund.
Berufsausbildung und Berufstätigkeit - viele Jahre. Jahre, in denen ich viel gearbeitet und mich auf die Arbeit konzentriert habe. Wohl auch deshalb hatte ich nicht viel Zeit für ein Privatleben, zumal ich täglich lange zur Arbeit gependelt bin. Ein Umzug war zwecks immer nur befristeter Verträge wenig rentabel, sodass ich so gut wie jeden Tag rund 2 bis 3 Stunden Fahrt mit der Bahn hatte.
So geriet auch der Gedanke daran wer ich eigentlich bin, völlig ins Hinterrücken.
Dates hatte ich fast keine.
Als ich jedoch im Job nicht weiterkam, fasste ich mit 27 den Entschluss noch einmal zu studieren.
Der Start ins Studium war etwas holprig - nach 1 Jahr stellte ich fest, dass der gewählte Studiengang nicht das erfüllte, was ich erwartet hatte. Nach einem halben Jahr Pause, in dem ich abermals gejobbt habe, startete ich schließlich mit 29 den jetzigen Studiengang, der sich als der richtige herausstellte. Ich studiere aktuell immer noch und rechne damit dass ich in etwa 1 Jahr fertig bin.
Durch private Schicksalsschläge (z.B. Tod des einzigen Elternteils, meiner Mutter) hänge ich etwas zurück im Studium.
Seit dem Tod meiner Mutter lebe ich bei meiner Großmutter und befinde mich nun in der Zielgeraden meines Studiums.
Auch der Beginn des Studiums verlangte mir viel Zeit, Mühe und Kraft ab, da es viele schwere Klausuren zu bestehen galt. Doch ich wurschtelte mich durch - mit Erfolg.
In letzter Zeit aber verstärkt sich das Bewusstsein darüber, dass ich komplett verdrängt bzw. vergessen habe, wer ich eigentlich bin. Einen Teil meiner Persönlichkeit, meiner Identität, habe ich jahrelang völlig ausgeblendet.
Ausgelebt höchstens durch gelegentliche erotische Internet-Chats. Wenn ich jemanden kennenlernte, dann war das meist nicht von langer Dauer und er kam meist von Übersee.
Bereits seit mehreren Jahren bin ich auf GayRomeo registriert - doch abgesehen von sporadischen Anfragen älterer Herren blieb mein Postfach meist leer. Im Grunde wünsche ich mir nach der schweren Vergangenheit eine feste Partnerschaft.
Da sich sowas jedoch natürlich nicht erzwingen lässt, wäre es auch nicht schlimm, wenn es nicht klappt.
Was mir im Grunde wirklich fehlt, sind ein paar gute schwule Freunde (ideralerweise ungefähr in meinem Alter) hier vor Ort, die mich so mögen und schätzen wie ich bin. Das würde vieles einfacher machen, und ich würde mich nicht so alleine fühlen. Diese schwulen Freunde fallen natürlich nicht vom Himmel.
Ich habe zwar einen schwulen Kumpel aus London, den ich auch über das Internet kennengelernt habe, aber Telefon ist eben auf Dauer dann doch nicht das wahre. Und sich ständig auf Englisch unterhalten gibt mir das Gefühl, dass ich hier ein Außenseiter bin, weil ich komischerweise hier keine schwulen Freunde finde. Er ist der einzige, mit dem ich über mein Schwulsein reden kann, der meine Probleme nachvollziehen kann. Allerdings hat er derzeit ein ähnliches Problem wie ich - er ist trotz Großstadt recht einsam und hat selbst keine schwulen Freunde, ist also daher zwar ein guter Zuhörer aber auch nur bedingt ein hilfreicher Ratgeber.
Was den Umstand nicht einfacher macht, ist die Tatsache, dass ich - obwohl meine Stadt eine Studentenhochburg ist und ich hier geboren und aufgewachsen bin - in einer Provinz lebe. Hinzu kommt, dass viele Studenten auch ein paar Jährchen jünger sind als ich.
Ich studiere zudem nicht an der Uni, sondern an der benachbarten Fachhochschule. An der Uni gibt es einige Gruppen und Möglichkeiten für Schwule, an meiner Fachhochschule (obwohl wir uns von der Studentenzahl her nicht verstecken müssen) jedoch gibt es nicht eine einzige Anlaufstelle.
Das alles führt dazu, dass ich mich ziemlich einsam fühle. Schwule Freunde fallen natürlich nicht vom Himmel, aber irgendwie scheint es für mich auch schon aufgrund der Örtlichkeiten schwer überhaupt erst mal jemanden kennenzulernen / zu treffen.
Die Gay Party von früher gibt es immer noch - ich hätte nur keine Freunde, die mich dorthin begleiten würden. Von meinen Mitstudenten weiß niemand, dass ich schwul bin. Ich habe bis heute nie die Notwendigkeit gesehen, mich zu 'outen', da ich ja auch schon so viele Jahre Single bin.
Und auch wenn ich bei dieser Gay Party so leicht auch niemanden kennenlerne - es ist schließlich 'nur' eine Art Disco wo man mit ein paar Freunden hingehen kann - so wäre ich immerhin unter Gleichgesinnten und es bestünde zumindest die Chance jemanden zu treffen bzw. kennenlernen. Der 'optimale' Ort wäre das zwar auch nicht aber immerhin etwas.
Meine Hoffnung ist, dass ich nach dem Studium einen Job in einer größeren Stadt finde und dort eher fündig werde als hier.
Vielleicht weiß ja jemand, wie dieser recht verzwickten Situation Abhilfe zu schaffen ist.
Über nette Ratschläge bin ich dankbar.
Viele Grüße!
3-mal bearbeitet. Zuletzt am 01.02.16 12:49.