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44 und unglücklich

geschrieben von bornthisway68 
44 und unglücklich
17. Juni 2013 20:03
44 und schwul -
Wo fange ich an ?
Also ich bin 44, schwul und nur im engeren Familienkreis geoutet, seit 2 Jahren.
Eltern sind nicht begeistert, ignorieren das einfach. Wusste eigentlich schon lange wie ich bin, wolllte es halt nicht wahrhaben- wie so viele andere auch.
War knapp 3 Jahre mit einer Frau zusammen, ist mittlerweile 6 Jahre her. War der Versuch normal zu sein und so wie es erwartet wird vom Umfeld. Ging natürlich schief.
Mache seit Jahren Therapie was mir auch hilft.
Aber: ich kann es für mich immer noch nicht zulassen schwul zu sein, es real werden zu lassen,
in irgendeiner Form aktiv zu werden, Schritte zu anderen zu machen, etc. Schrecklich - ich habe da eine riesige Blockade ! Kann mir das nicht eingestehen, es nicht real werden lassen.
Große Ängste!! Folge: Depressionen, kraftlos, soziale Isolation, innerer Druck, Gedankenstress, Schlafstörungen und jede Menge körperliche Symptome. Ach ja, ich arbeite in einer Bank (die Freundin damals auch)- das macht es nicht leichter, die haben meine Hetero-Beziehung mitbekommen und Schwulsein ist dort nicht an der Tagesordnung, kenne keinen schwulen Kollegen.
Wie gesagt ich kann es nicht zulassen, nicht real werden lassen , keine Schritte nach außen machen. Kann es gerade mal heimlich für mich in meiner Wohnung ertragen. Das ich damit unglücklich bin brauch ich nicht zu erwähnen, weiß aber nicht wie ich meine inneren Ängste und Blockaden überwinden soll. Grausam, so kann es nicht weitergehen, aber aktiv werden kann ich auch nicht.

Das wars erstmal - meine Geschichte.

Gruß C.
Re: 44 und unglücklich
17. Juni 2013 20:59
Hallo,

einen Schritt aktiv zu werden hast du ja jetzt schon mal unternommen indem du dich hier angemeldet und uns deine Geschichte erzählt hast.

Du sagst du befindest dich seit Jahren in der Therapie und hast immer noch solche Ängste? Von weitem kann ich mir kein Urteil bilden, aber sicher, dass diese Therapie hilft? Aber auch das du in Therapie bist zeigt ja, dass du selber merkst, es muss sich was ändern auch wenn es in deinem Fall besser kleine Schritte sein sollten. Trotzdem schwirrt mir die Aussage im Kopf, jahrelange Therapie.

Du sagt, du kannst es nicht zulassen. Woher kommen denn diese riesen Ängste? Meine Eltern waren wie nennt man das Erzkatholisch. Als ich da ankam mit, ich bin schwul, kannste dir ja vorstellen was da los war. Ich wurde auch so erzogen Mann Frau. Mir wurde eingetrichtert, Haus bauen, heiraten, Kinder bekommen, dass mein Versuch mit ner Frau schief ging wie bei dir, war da auch schon vorprogrammiert, aber ich hatte nie so Riesenängste vorm Schwul sein. Kleine schon beim Coming out, aber das hast du ja bereits 2 Jahre hinter dir und in meinem Job hab ich mich erst einmal, bei meinem vorletzten geoutet, aber auch nur deshalb weil mein bereits geouteter etwas femininer wirkende Kollege gemobt wurde und das hörte mit meinem Outing dann schlagartig auf. Aber generell trenne ich Job und privat, dass geht die nix an, find ich.

Ich bin einer, der oft sagt, was er denkt, versuche aber immer abzuwägen ob es passt oder nicht. In deinem Fall ganz offen zu sagen, was ich denke und meine ist nicht einfach. Deine Situation klingt für mich bald schon Lebensbedrohlich und für das Handling einer solchen Situation bin ich nicht ausgebildet. Ich könnte dir nur den Rat geben dir ne längere Auszeit (Urlaub oder Krankgeschrieben) zu nehmen in Absprache mit deinem Arzt / Therapeuten und dann mal weg zu fahren um abzuschalten. Ich denke in deinem Kopf herrscht ein riesen Chaos. Mir kommt bei sowas zwar auch eine schwule Selbsthilfegruppe in den Sinn, aber so wie sich deine Geschichte liest glaub ich bald schon, dass du den Schritt überhaupt dahin ohne professionelle Hilfe nicht schaffst.

Ich bin auch neu hier, habe aber schon sehr viel hier im Forum gelesen und ich denke es wird nicht lange dauern, dass sich hier andere zu Wort melden, die dir 1000 mal besser helfen können als ich.

Ich drück dir trotzdem ganz fest die Daumen, dass du zuerst einmal deine Ängste in den Griff bekommst und es dann schaffst zu sehen, dass die schwule Welt bei weitem nicht so schlimm ist, wie du es dir jetzt vorstellen magst.

Liebe Grüße

Ralf



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 17.06.13 21:04.
Re: 44 und unglücklich
17. Juni 2013 21:41
Hallo,
ich denke wie Ralf: einen ersten großen Schritt hast Du schon getan, indem Du hier geschrieben hast. Und dass Du Dir immerhin zu Hause zugestehen kannst, dass Du Männer liebst, dass ist doch auch schon mal ein erster Schritt. Und es gibt immer wieder Phasen im Leben, in denen man nicht weiterkommt (ich selbst habe gerade auch so eine Phase) und da ist es dann wichtig sich Hilfe zu holen, auch wenn das sehr schwer fällt. Vielleicht gibt es ja bei Dir in der Nähe ein schwul- lesbisches Zentrum, wo Du Dich mal beraten lassen kannst. Die Zentren in Bochum und Köln bieten auch eine Telefonberatung an.

[www.rubicon-koeln.de]


[www.rosastrippe.de]

LG Finn
Re: 44 und unglücklich
18. Juni 2013 07:14
Hallo lieber "C",

auch von mir erst einmal ein herzliches Willkommen hier und schön, daß Du den Schritt gewagt hast, uns "Deine Geschichte" so far zu posten.
Ich finde es auch gut, daß Du zur Therapie gehst, allerdings schade, daß sie Dir noch nicht allzu viel zu helfen scheint.
Traurig finde ich, daß Deine wenigen Outing-Versuche bislang nicht gerade auf fruchtbaren Boden fielen und Deine Familie das Thema meiden. Vielleicht sind sie aber zu nahe dran bzw. haben in Dich zu viele andere Hoffnungen gesetzt, als daß sie Dir im Augenblick, da du ja noch nicht einmal selbst zu Dir stehen kannst, helfen können.
Vielleicht findest Du ja eher im Freundeskreis jemanden, der/dem Du Dich mal anvertrauen könntest? Oft ist das etwas einfacher und dann auch konstruktiver.
Aber auf jeden Fall sieh das Coming Out nicht als EIN großer Berg, sondern gehe Schritt für Schritt. Du "musst" nicht gleich alles schaffen, lass' langsam angehen, damit Du es auch selbst verarbeiten kannst. Und mache nur das, was DU auch willst und eben verkraften kannst.
Wenn Du erste Schritte getan hast, öffnen sich vielleicht weitere Türen, die Du auch wieder durchschreiten kannst, aber reiße eben nicht gleich das ganze Haus ein.

Es ist z.B. gut, daß Du Dich hier äußerst. Vielleicht vertiefe das erst einmal, maile mit Leuten, poste über Dein Thema, beleuchte es etc. Manchmal hilft das schon, damit Du Dich zumindest erst einmal selbst akzeptieren kannst. Das ist das Erste und Wichtigste: Du musst Dich selbst akzeptieren und im besten Fall Dich dann auch noch so mögen.
Du musst Dich dabei auch nicht der Schwulen Welt anpassen, sondern nimm Dir von ihr soviel, wie sie zu Dir passt. Nochmal: es gibt kein "Muss" und das Tempo entscheidest weitgehend Du.

Das ein paar erste Gedanken von mir.

Ich wünsche Dir viel Kraft, Mut und Ausdauer,

liebe Grüße,
Mickey2 :-)
Re: 44 und unglücklich
18. Juni 2013 07:15
Hallo bornthisway68,

schön von Dir zu lesen ... es fühlt sich an, als will da ganz viel von Dir "an die Luft".

Quote
bornthisway68
Ach ja, ich arbeite in einer Bank (die Freundin damals auch)- das macht es nicht leichter, die haben meine Hetero-Beziehung mitbekommen und Schwulsein ist dort nicht an der Tagesordnung, kenne keinen schwulen Kollegen.

Offensichtlich hast Du Angst, vor Dir, vor anderen, vor (was weiß ich).

Was ist der Worst-Case ... dass Dich jemand als schwul erkennt ???
NEIN, Dein Worst-Case ist, dass Du so weiterlebst, wie bisher ...

Bei mir hat das ganze Dorf meine Hetero-Beziehung mitbekommen ... 20 Jahre.

Jetzt kennt das ganze Dorf den Freund meiner Frau ... und sicherlich haben auch alle mitbekommen, dass bei mir oft der gleiche Kerl auftaucht, der gleiche Kerl neben mir in der Kirche sitzt, der gleiche Kerl mit mir Einkaufen geht ...

Man muss es niemandem sagen, man wird niemals gefragt ... eigentlich ist es den Leuten sowas on egal (wenn sie es erstmal mitbekommen haben, interessiert es niemanden mehr).

Normalerweise würde ich schreiben, "natürlich gibt es bei Dir im Büro schwule Männer" ... aber im Banken- und Wirtschaftsprüfungsbereich bin ich da im Moment etwas vorsichtiger.

(Ich war mal auf 'ner großen Hochhaus-Office-Einweihungsparty, es war sehr nett ... aber für mich, der ich schwule Partys gewohnt war, war es komisch ... es waren KEINE schwulen Männer dort, außer einem Kollegen meiner Frau, den ich auch schon in der Szene gesehen hatte, und außer dem Thekenpersonal)

Aber von meinem Freund, der in einer Bank arbeitet, weiß ich, dass es auch dort einige wenige "hübsche" Kerle gibt, sportlich, modisch gekleidet ... ohne Freundin ... etc. und mit denen macht es wirklich Spaß, zusammenzuarbeiten.

Dort wo ich im Moment arbeite, wimmelt es von schwulen Männern und lesbischen Mädels ... ich habe wenig mit ihnen zu tun, sehe sie beim Kommen und gehen ... wenn an sie erstmal erkennen kann, wir die Welt viel schöner und bunter (mal ein Augenzwinkern, mal ein aufmunternder Blick, mal ein Hallo, mal ein "Spruch" im Aufzug ... geht doch!)

Outing hier oder da ist zweitrangig ... irgenwann bekommen es die Leute mit ... wichtiger ist, dass Du es DIR zugestehst, und DIR erlaubst, ein wenig danach zu leben :-)

lg.
Victor
Re: 44 und unglücklich
18. Juni 2013 17:17
Hallo an alle!
Danke erstmal für Eure Antworten.
Wovor ich Angst habe ? Das frage ich mich (natürlich)auch die ganze Zeit.
Verlust der Anerkennung im Umfeld (privat u. beruflich), Angst davor auf den „Schwulen“ reduziert zu werden, Angst davor die einzige Bestätigung zu verlieren – ich habe außer der Arbeit momentan nichts was mir Selbstbestätigung gibt, Angst weil ich mit 44 unerfahren in sexuellen Dingen mit Männern bin, Angst den Halt zu verlieren wenn sich mein Leben entspr. verändert, Angst enttäuscht zu werden, oder verarscht oder beleidigt zu werden, etc.
Mit meiner Therapie bin ich zufrieden, wenn ich zurückblicke hat sich dadurch auch einiges in meinem Leben verändert: früher konnte ich nicht mal den Gedanken ertragen schwul zu sein, oder drüber reden. Auch das jemanden nahestehendem zu sagen war früher unmöglich. Mache halt nur kleine Schritte….. leider….. manchmal nervt mich das, aber mich unter Druck zu setzen bringt mich nicht weiter. Meine Ängste/Blockade halten mich halt fest im Griff.
@Raphael: Genau: Heirat, Kinder, Haus – das erwarteten meine Eltern von mir. Und seit Jahren wird mir das Fehlen von Enkeln (offen und unterschwellig) vorgeworfen. Ja, ich weiß, es ist nicht meine Aufgabe deren Leben schöner zu machen, kann damit auch manchmal gut umgehen und nicht so sehr an mich ranlassen. Aber manchmal belastet es mich, lässt mich als „Enttäuschung“ fühlen.

PS: Vom Kopf/Verstand her weiß ich vieles. Ich weiß das meine sexuelle Ausrichtung nur einen Teil von mir ausmacht, ich weiß es ist nicht meine Aufgabe das Leben meiner Eltern zu verschönern, ich weiß schwul sein ist heutzutage kein Drama mehr, ich weiß auch das es auf Dauer so nicht weitergehen kann und ganz viele weitere Dinge sind mir klar. Aber gefühlsmäßig bin ich blockiert, kann es irgendwie nicht verändern. Mann , bin ich kompliziert ;O)

Gruß C.
Re: 44 und unglücklich
18. Juni 2013 17:56
Hallo du,

das hört sich doch schon mal besser an. Als ich gestern deinen ersten Beitrag gelesen habe hatte ich schon Angst du springst ausm nächsten Fenster.

Bei mir kam noch was hinzu. In unserer Familie liegt es wohl, dass als erstes immer ein Mädchen geboren wird. Und was soll ich sagen, meine Brüder, meine Schwester, meine Cousins, alles Mädchen und da setzte die ganze Verwandtschaft die Hoffnungen in den Nachkömmling, nämlich mich. Auf jeder Familienfeier, haste wieder ne Freundin, wie sieht es denn bei dir aus mit Nachwuchs. Ich kann dir sagen, dass ging mir sowas von aufn Keks.

Ich geb dir den Tip, lass den Beruf erstmal außen vor, besonders in dem Bereich wo du tätig bist. Da würde ich im Moment auch überhaupt keinen Gedanken dran verschwenden oder interessiert es dich was deine Kollegen/Kolleginnen abends hinter verschlossenen Türen treiben? Vllt. sind wir ja da verschieden, aber mich hat das nie interessiert. Habe wie schon mal erwähnt Job und Privat immer getrennt.

Bei wem bist du denn jetzt genau geoutet? Bei deinen Eltern und bei ein paar Freunden? Ich hab damals alle Freunde zusammengerufen und es in einem Abwasch gemacht aus dem Grund, dass es letztendlich rum erzählt und sie es von mir und nich von anderen hören sollten.

Was Anfeindungen anbelangt, kann ich nur aus meiner Schulzeit berichten, wo halt der eine oder andere gemobbt wurde als Schwuchtel. Ob derjenige es war oder nicht interessierte nicht.

Und seit meinem Outing mit 24 habe ich nur einmal was negatives erlebt. Das war auf meiner vorletzten Arbeitsstelle. Ich habe in einem Ferienpark gearbeitet und dort war der zuständige Leiter für die Kinderbetreuung offen schwul. War auch von allen akzeptiert, da hat man nie was negatives gehört bis auf die Hausdame, aber ich glaube die hat jeder gehasst smiling smiley Die ist mittlerweile auch nicht mehr da, aber die hatte nix besseres zu tun als auf seinem schwulsein rum zu reiten bis mir halt der Kragen geplatzt ist. Aber ansonsten nichts negatives und sollte da doch was passieren, muss man drüber stehen.

Hier habe ich allerdings und das mitten aufm Land noch eine andere Beobachtung machen müssen die ich halt letztendlich auch nervig fand. Ich war der erste auch hier im Dorf geoutete Schwule. Ich war plötzlich ständig im Mittelpunkt. Ich konnte ja nirgendwo mehr hin gehen ohne das ich mit Fragen bombadiert worden bin. Wir auf dem Land feiern die s. g. Jungesellenfeste. Da kam die ganze "Jugend" angelaufen mit Sprüchen "Boah, dass ist so cool das du dich geoutet hast" waren da noch die harmlosesten. Aber das hat sich mittlerweile auch alles beruhigt, da offenes Schwulsein nicht mehr neu ist und somit uninteressant wird für die meisten.

Hier noch eine Begebenheit von letzter Woche dazu. Meine Nachbarin war grad den Flur am putzen als ich vom kaufen kam. Wir kamen so ins Gespräch. Sie hat auch einen neuen Freund und erzählte wie konservativ der sei. Da meinte ich nur oh je und wenn er dann noch erfährt das ein Schwuler neben ihm wohnt, wird der blöd gucken. Da sagte sie nur, hab ich dem gar nich erzählt, kam mir nicht wichtig vor. Dieser Satz sagt alleine schon aus, dass das Schwulsein immer mehr zur "Normalität" übergeht.

Ich weiß, habe schon wieder einen Roman rausgehauen, aber ich hoffe doch, dass ich dir damit zeigen kann, dass sogar auf dem Land ein Umschwung stattfindet. Was denkst du von wie vielen, hier aber Frauen, ich dann zu hören bekam "Och, mein Bruder ist schwul, mein Cousin ist schwul, mein bester Freund ist schwul usw...".

Vllt. konnte ich dir ja deine Ängste etwas abmildern und lass dich, falls du hier im Forum rumwuselst nicht von meinem Anfangsbeitrag verwirren wo ich schreibe "Ich will weg aus der Eifel". Das hat nix mit 0 Akzeptanz zu tun, sondern ich seh hier nicht meine Zukunft was eine Partnerschaft anbelangt, weil hier lernste kaum schwule Mitmenschen kennen.

So, genug jetzt smiling smiley

Eins noch, nie den Kopf in den Sand stecken, auch wenn du nur kleine Schritte machst, du machst aber welche und wirst dann früher oder später am Ziel ankommen.

LG

Ralf

P.S. Das wichtigste hab ich ja fast vergessen. Du redest von Selbstbestätigung. Dann lass dir von mir gesagt sein, wenn du dein Ziel erreicht hast, hast du das beste gemacht was du je für dein Leben hättest tun können. Auch du wirst irgendwann in den Genuss kommen des Gefühls "Ich bin frei" und sobald das Gefühl kommt wirste merken wird sich das Chaos in deinem Kopf auflösen.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 18.06.13 17:59.
Re: 44 und unglücklich
18. Juni 2013 18:12
Hallo lieber C,
jetzt warst du schneller mit deinem Beitrag. Meinem habe ich ausversehen aus der Vorschau heraus nicht abgeschickt winking smiley

Hat nun auch den Vorteil das ich etwas mehr von deinen Änsten erfahren haben.

Vorab. Als Bänker bist du nicht allein. Ich war selbst einer und kenne auch den ein oder anderen.

Meine etwas holprigen Gedanken zu deinen Ängsten:


Verlust der Anerkennung im Umfeld (privat und beruflich)
Besteht die Möglichkeit erstmal Kontakt außerhalb dieses Umfeldes einen neuen Bekannte und gegebenenfalls Freundeskreis aufzubauen.
Auch ruhig dafür mal ein paar KM fahren. Wochenendausflüge,.....

Ich weis von dem ein oder anderen newcomer ,dass das genau das ist was ihnen gut tut. Ganz normal Freizeitgestalltung in Männerrunden.
Kino, Theater, Wandern, Caffe, Fahrradfahren, ......oder jetzt aktuell Freizeitpark in Brühl.

Mit diesen neuen Aktivitäten neue Bestätigungsfelder zu finden.

Mit 44 unerfahren in sexuellen Dingen mit Männern.

Ich durfte letztendlich bis 47 warten. Andere hier im Forum noch länger bzw. warten heute noch darauf.

Angst, den Halt zu verlieren - hast du den nicht schon verloren, wenn sich nichts ändert ?

Kleine Schritte sind auch Schritte. Und wenn man einen kleinen Schritt nach dem anderen macht, ohne auf den langen Weg zu starren, so ist man unter umständen schneller am Ziel als man je gedacht hätte.

Unterschiedliche Warnehmung:

Ich zum Beispiel habe mich früher oft in Gruppen allein gefühlt. Es war negativ besetzt und ich war traurig und wuste nicht warum.
Heute bin schon mal in Gruppen auch allein, aber ich fühle mich wohl, einfach nur, da ich in der Gruppe bin.

Bei einem co30-usertreffen bin ich mal zwei newcomer begegnet. Der eine fühlte sich im Hetenumfeld (Freizeitpark, Restaurant) extrem unwohl. Er hatte den Eindruck , alle Welt würde erkennen das er schwul ist. Sobald wir in einen Gaybiergarten gingen oder dann am Abend zur Party, da war er wie ausgewechselt. Er fühle sich pudelwohl.
Bei dem anderen newcomer, war es genau anders herum. So unterschiedlich sind Gefühle.

Ich wünche Dir alles Gute und mach weiter mit deinen Schritten in deinem Tempo.

LG Maks
Re: 44 und unglücklich
18. Juni 2013 19:44
Hey Ralf,
Danke für Deinen Roman ;O)
Geoutet bin ich bei Eltern und Bruder+Freundin (was würde ich ohne die beiden machen,große Hilfe und einen sicheren Platz in meinem Herzen !!), bei einigen Bekannten - alle weiblich....
Negatives erlebt habe ich in der Schulzeit, ähnlich wie bei Dir. Schwuchtel und so.
Auch die ewige Frage nach der Freundin kommt mir echt bekannt vor...nervig !
Danke + Gruß C.
Re: 44 und unglücklich
18. Juni 2013 19:55
Hallo "C",

brauchst dich nicht zu bedanken. Wenn ich helfen kann helfe ich gerne. Wenn du Fragen hast, einfach fragen, entweder hier oder über die "Privat Nachrichten".

Wo du geoutet bist würde ich jetzt sagen reicht ja auch erstmal. Alles andere kommt mit der Zeit. Nimm dir jetzt die Zeit die du brauchst um besser mit deinen Ängsten umgehen zu können, vllt. kann ich dir ja auch die ein oder andere Angst "ausreden" smiling smiley

Wie gesagt, einfach melden, ich kann gut zuhören, aber auch wie du gesehen hast Romane schreiben *lach

LG

Ralf
Re: 44 und unglücklich
18. Juni 2013 20:01
Hey Maks !

Vielen Dank für Deine Worte. Momentan ist das mit dem rausgehen und sich in Gruppen treffen nicht meins. Irgendwie kann ich das nicht. Wenn über dem Treff sozusagen "schwul" steht (ich weiß das ist Quatsch ) kriege ich das nicht hin. "Gesehen" zu werden kann ich nicht ertragen. Warum ? Hatte schon Träume wo ich negative Reaktionen erntete von Kellnern und anderen Gästen "sie sind also auch so..." Tschuldigung an alle, natürlich ist schwul sein okay, aber irgendwie für mich schwierig.Meine das nicht böse, schildere nur was in meinen Träumen abging. Meine Therapeutin meint ich könne das nicht weil ich es mir dann eingestehe und es dann real für mich wird.Erlebt habe ich negative Kommentare von Heteros auf Schwule und schwule Gruppen auch schon.Vl. kann ich das desw. nicht machen.
Danke nochmal für die Antworten, helfen leider nicht direkt, aber bringen einen doch vl. irgendwie weiter. Und: Zuspruch tut sooo gut ;O)

Gruß C.
Re: 44 und unglücklich
18. Juni 2013 20:07
LIeber C,
genau das mit dem Treffen und da steht "schwul" drüber. Vielleicht gibt es ja andere Begegnungen wo das nicht drüber steht. Ein Kinobesuch, ein Restaurant und ein ganz normales Caffee. Ohne schwulen Tuch. Nur, das der , der mit dir dahin geht, auch schwul ist.

Ich denke , es wird auch bei dir schon der richtige Zeitpunkt kommen.

LG Maks
Re: 44 und unglücklich
18. Juni 2013 20:26
Hallo "C",

wie Maks schon sagt, du musst ja nicht irgendwohin wo "Schwul" drüber steht.

Hier in dem Forum z. B. lernst du auch nette Menschen kennen, die einfach mal mit
dir nen Kaffee trinken gehen würden. Solange die Begleitung schwul ist und man sich austauschen kann, was ich denke, was für dich sehr wichtig wäre, würdest du auch wieder einen Schritt weiter machen, aber dieses Mal einen großen, dass sollte dir dabei klar sein.

Wie in nem anderen Thread schon geschrieben, bestimme dein Tempo selbst und der Rest kommt dann schon von ganz alleine.

LG

Ralf
Re: 44 und unglücklich
19. Juni 2013 06:58
Hi,

auch von mir nochmal: nicht über jedem Treffen muss gedanklich "schwul" drüber stehen. Das stellst Du Dir ggf. etwas extremer vor, als das es ist. Ich glaube nicht, daß die Leute bei vieler meiner Treffen im (schwulen) Freundeskreis mitbekommen, daß wir eben schwul sind. Weder ein Großteil meiner Freunde sehen schwul aus.
Und Du kannst Dich aj auch mit Schwulen treffen, die genauso denken wie Du. Denke dran: es gibt alle "Arten" von Schwulen: Leute die schrill sind genauso wie Leute, die sich daheim verkriechen.
Und - wie Du ja selbst schon betont hast - Du würdest Leute treffen, die alles Mögliche sind - und zusätzlich (!) eben auch noch schwul. Aber Eure Themen können ja vielfältig sein.

Viel Erfolg und liebe Grüßen aus dem Süden der Republik,
Mickey2.
Re: 44 und unglücklich
19. Juni 2013 19:50
Mickey2 schrieb:
-------------------------------------------------------
> Hi,
>
> auch von mir nochmal: nicht über jedem Treffen
> muss gedanklich "schwul" drüber stehen.

So ist das. Wenn ich mit der einen schwulen Gruppe unterwegs bin, dann passiert es ganz oft, dass wir als ganz "normale" Männergruppe wahrgenommen werden. So werden wir immer mal von außenstehenden beneidet, dass wir unsere Frauen zu Hause lassen können, oder Frauen waren traurig, dass wir bei unserem tollem Freizeitprogramm eine reine Männergruppe sind. Man muss ja nicht erzählen, dass es keine Frauen gibt, die warten bzw. warum keine Frauen in die Gruppe kommen.

Du könntest auch als ersten Schritt mal mit einem Schwulen telefonieren. Das war das erste, was ich vor gut zwei Jahren gemacht habe. Z.B. mit Skype ginge das sogar völlig annonym. Dann habe ich mich mal mit jemandem in sicherer Entfernung zur Heimatstadt auf einen Kaffee getroffen. Themen waren von Spanischlernen über Beruf bis Schimmsport. Nur nebenbei kamen mal ein paar Worte übers Schwulsein. Natürlich war ich etwas nervös, aber im Endeffekt stand nur in meinem Kopf über dem Treffen "schwul", nach außen gibt es kaum was unverfänglicheres.
Re: 44 und unglücklich
19. Juni 2013 22:18
Hallo C.,

dann will ich dir auch mal ein paar Zeilen hier lassen.
Ich denke du bist auf einem guten Weg und so beim Small Talk doch auch ganz locker winking smiley
Lass dir genügend Zeit und pflege die neuen Kontakte.
Das wird schon.
LG Billy
Re: 44 und unglücklich
20. Juni 2013 09:18
bornthisway68 schrieb:
-------------------------------------------------------
Meine Therapeutin meint
> ich könne das nicht weil ich es mir dann
> eingestehe und es dann real für mich wird.

Hallo C,

das meiste ist schon gesagt worden. Ich denke, Du hast den entscheidenden Schritt jetzt aber getan, denn dadurch, dass Du Dich hier angemeldet und Deine Situation beschrieben hast, ist das Eingeständnis ja erfolgt. Die Realisierung wird jetzt eine Frage der Zeit sein.

Ich habe das bei mir selbst so erlebt. Mich hier im wohlwollenden Kreis zu outen (mit 63!) hat mir den Kopf frei gemacht, meine Veranlagung anzunehmen. Es dauert dann ein paar Tage oder Wochen, bis das auch ankommt. Dann kannst Du die nächsten Schritte machen, was immer das auch sein mag. Viel Glück dabei!

Schöne Grüße

Volker
Re: 44 und unglücklich
20. Juni 2013 22:47
Hallo,

Quote

nochmal: nicht über jedem Treffen muss gedanklich "schwul" drüber stehen

ich finde es immer wieder schade, dass es sooo viele Ängste gibt sich an Orte zu begeben, wo Schwule Männer sind.

Wieso ist man schwul, wenn man zu Hause verschimmeln will ... das mit dem Pizzaboten, den man vernascht, gibt es in Wirklichkeit nicht (...)


Ich hatte damals auch Angst an Plätze zu gehen, wo Schwule sind (huch, man könnte ja gesehen werden).

Jungs, lasst Euch sagen, es ist sowas von egal ob ihr da seid oder nicht, oder ob in China ein Sack Reis umfällt.

Ca. 4 Monate vor meinem Coming Out hatte ich späte Termine in der Stadt (wusste keiner zu Hause so genau, wann ich kommen müsste, von daher hatte ich noch ein wenig Zeit ...) .. und mich zog es magisch ins "Bermudadreieck"

... ich habe weit entfernt geparkt (hätte mich ja jemand sehen können ...) und bin dann einmal durch die Gassen bzw. Straßen gegangen ... dann zum Auto und ab nach Hause (puhhh, nix passiert, keiner hat mich gesehen)

Das habe ich noch ein paar mal gemacht ... wieder alles klar gegangen ...

Irgendwann mal ging ich wieder auf der anderen Straßenseite entlang (statt auf der mit den Kneipen und Läden), plöztlich ruft es von drüben "Heeeeyyyy Viiiiictoooooor!" ... ich bin zu Tode erschrocken, ging aber dann doch rüber . Dort stand ein Bekannter aus der Chorprobe, mit noch jemandem dabei, sie rauchten vor dem Restaurant ...
...wir haben dann geplaudert ... ich war hin und her gerissen, es war wirklich nett aber ich wollte NUR WEG ... so dass ich die freundliche Einladung, doch zusammen noch Nachtisch zu essen, glatt ausgeschlagen habe ... (Schade, es wäre ein früherer Einstieg in den Ausstieg gewesen ... )

Erst NACH meinem Coming-Out vor meiner Frau (und hier), habe ich mich getraut in ein stadtbekanntes schwules Cafe und Restaurant zu gehen ... wieder 1 km weiter weg geparkt, ca. 1/2 Stunde im Auto gesessen, und überlegt, ob ich gehen soll .... bin dann doch gegangen ... zitternd durch die Tür ... einen Platz gesucht und was gegessen ...

... ihr glaubt es nicht, ES WAR GANZ NORMAL, es hat niemanden interessiert, ob und dass ich dort war (natürlich wird jeder angeschaut der reinkommt ... und gleich wieder vergessen ... )

Dann habe ich so nach und nach gemerkt, dass das alles NUR IN MEINEM KOPF ist, diese Angst, etc. ALLES VÖLLIG UNBEGRÜNDET.

Und dann bin ich drauflos, wenn es nicht anders ging DIREKT VOR DER TÜR GEPARKT (nee, das hat noch ein paar Wochen gedauert), und dann bin ich auf schwule Partys gegangen ... einfach nur schwule Atmosphäre erleben ... es ist WUNDERBAR, auch wenn nichts passiert, und man nur da ist, und genießt (man tantzt alleine, schaut mal hier, mal da ... und das war es .. .UND ES WAR DER HIMMEL!)

Jeder der sagt, "nee, das ist nicht meins" ,... "da gehe ich nicht hin", der vergibt sich was.

Ich habe Leute (auch hier vom Forum) getroffen, die einen anderen Gesellschafts- und Musikgeschmack haben, als ich, OK, die gehen dann auf eine andere Veranstaltung ... mit anderen Leuten ... da ist für jeden was dabei.

Ich persönlich halte keine Lust auf schwule "Problemgruppen" ... aber das ist meine Sache.

Mir geht es eher ums NORMALE ... Freizeit... hier ein Verein, da ein Chor, da eine Sportgruppe, Party ... WIR sind überall. Und überall, wo ebenfalls Schwule Männer anwesend sind, gibt es aus meiner Sicht eine irgendwie besondere Atmosphäre und die macht es so schön, dort zu sein.

Und wenn es nur die Studentenkneipe am Ort ist ... oder der REWE in der Nähe von der Uni ... es macht sooo viel aus, dort zu sein, wo schwule sind.

Ich kann nur raten, vergesst die Scheu vor "schwulen" Attributen, Veranstaltungen oder Lokalitäten ein, vergesst alles, was ihr gehört habe, und macht Eure eigenen Erfahrungen. Trauert nicht der Hetero-Welt hinterher ... Schwul sein ist auf jeden fall "ein bisschen anders" .-)

lg.
Re: 44 und unglücklich
21. Juni 2013 00:03
Lieber Victor,

mir geht es inzwischen ähnlich wie Dir und ich bewege mich ganz normal auch in schwulen Kreise. Aber ich muss auch akzeptieren, daß es manchen Leuten schwer fällt, in eindeutig schwule Einrichtungen zu gehen.

Mir ist es auch nicht so ergangen, daß ich erst nach einer Ehe mit einer Frau bemerke, daß ich schwul bin. Das fiel mir schon vorher und sehr früh auf. Anderen fällt es erst auf, wenn sie schon einen (zunächst) anderen Weg eingeschlagen sind. ICH kann mir nicht vorstellen (Null Komma Null), daß ich erst einmal den Weg mit einer Frau gegangen wäre, um diesen dann später zu korrigieren, ich akzeptiere aber, daß es anderen offenbar passieren kann.

Und genauso akzeptiere ich, daß manche Personen eben nicht so gerne in Kneipen, Club oder Discos gehen, die eindeutich schwul-lesbisch sind. Ich akzeptiere sogar, daß es Menschen gibt, die noch nicht einmal gerne in Discos etc. gehen. Daß ich schwul bin, beinhaltet nicht, daß ich deswegen gerne tanze oder cruise etc. Das kann ein Wege sein, muss es aber nicht.

Und heute kann man sich auch sehr gut z.B. übers Internet verabreden und dann in eine "ganz normale" Kneipe gehen, weil man sich dort vielleicht wohler fühlt und die Umgebung einem "entspannter" wirkt. Ich fühle mich z.B., wenn ich allzu oft und lange in rein schwul-lesbischen Kneipen, Discos etc. gehe, allzu sehr wie in einem Ghetto und finde es dann schön, eben mal wieder dort heraus zukommen.

Aber - und da geben ich Dir vollkommen recht - ebenso scheint es mir richtig, daß diese Ängste alle selbstgemacht sind. Man geht in einen schwulen Club und es interessiert vielleicht gar keinen. Man selbst hat aber das Gefühl, man habe eine Riesenhürde überschritten. Generell interessiert sich die Außenwelt (egal ob hetero oder schwul) oft sehr viel weniger für einen, als man vermutet.

Dennoch: wenn man eben das Gefühl hat, ein Betreten der "schwulen Welt" (bitte entschuldige diese Vereinfachung) übersteigt derzeit die eigenen Kräfte, so finde ich das o.k. Es mag sich später änderen - vielleicht auch nicht. Aber das muss nicht bedeuten, daß man gleich den Kopf in den Sand steckt, sondern es gibt eben auch andere Möglichkeiten. Und genau das habe ich versucht zu sagen. Daß man schwul ist, bedeutet nicht, daß man deshalb alle anderen (schwulen) Männer toll und anziehend findet. Nicht geoutet zu sein heißt nicht: eigentlich will ich ONSs haben, Tanzen, mit vielen Männern was haben etc. Es kann auch heißen: ich stehe zwar auf Männer, dennoch mag ich bestimmte (scheinbare) Eigenarten der "Szene" nicht.

Liebe Grüße,
Mickey2.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 29.06.13 07:47.
Re: 44 und unglücklich
21. Juni 2013 08:33
Hallo Victor,

ich verstehe was du sagst und auch das du gerne hättest, dass jeder deine tollen Erfahrungen erleben MUSS und das ist das Problem an deiner Aussage. Ich finde deine Geschichte toll und sicherlich kann diese den ein oder anderen ermutigen das Gleiche zu machen. Aber diese Vorgehensweise ist nicht jedermanns Sache.

Als ich mich geoutet hab bin ich auch in die große weite "Schwulenwelt" (um es mal mit Mickeys Worten auszudrücken) abgetaucht und hab da auch sehr viel erlebt, aber dass ist nicht mehr das was ich nach 15 Jahren haben möchte. Irgendwann flaut alles früher noch Interessante ab bzw. die eigenen Interessen ändern sich.

Ich geb dir recht, wenn man nicht raus geht lernt man auch keine Leute kennen. Da stimme ich dir 100% zu darum gehe ich jetzt auch wieder raus, jedoch mit anderen Vorraussetzungen als früher. Einer der gerade jedoch viel mit sich selbst zu tun hat könnte evtl. geschockt sein, wenn da zwei Welten aufeinander prallen und sich danach noch mehr zurückziehen. Lass jeden selber bestimmen wann er welche Schritte macht.

LG

Ralf



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 21.06.13 08:37.
Re: 44 und unglücklich
22. Juni 2013 03:54
Hallo bornthisway68

Beziehung mit Frau ist Stress, mit Mann bedeutet auch Stress, dass kenne ich nur zu gut. Arbeit und Familie ist die sichere Zone, Gefühle unterdrücken dann ist die Welt zu ertragen. Man hat für alle ein offenes Ohr weil man dadurch so gut von sich selbst ablenken kann. Der Blick von außen in die Seele ist tabu.

Aber wer ist eigentlich bornthisway68?
Wie sieht der Mann aus den Du scharf findest? Wer weckt dich Morgens mit einem Kuß und freut sich das du nach der Arbeit wieder bei ihm bist? Wer kennt deine Gefühle und versteht dich auch ohne Worte? Mit wem machst du schöne und verrückte Sachen? Urlaube, Hobbys, wem erzählst du wie dein Tag war?
Siehst du gut aus? Bist du ein hübscher 44jähriger? Keiner da der dir sagt das du ein süßes Lächeln hast und einen Hintern den man am liebsten gar nicht mehr loslassen möchte.

Was verändert sich beruflich wenn du dein privates Leben anfängst zu erleben? Meinst du es fällt auf wenn du am Tag vorher Sex hattest? Was hat das eine, arbeit, mit dem anderen, privat, zu tun?

Jeder hat seinen Punkt an dem der innere eigene Druck so stark wird das Gefühle raus müssen, dann öffnet sich der Tränenkanal und man leidet. Aber wofür leidet man eigentlich?

Du brauchst keine Panik vor erstem Sex mit einem Mann zu haben, es ist schön, macht Spaß und so wie du dich selbst gern hast mag das ein anderer Mann auch. Ist ein Selbstläufer wo sich der Kopf ausschaltet und die Sinne reagieren und genießen.

Die Angst verletzt zu werden gehört zum Leben, davor kannst du dich auch als "graue Maus" nicht schützen und verstecken. Aber wenn du deine innere Mitte suchst und findest macht es dich stabiler damit umzugehen falls es passieren sollte.

Gruß Barolo
Und einen Gruß in die Runde
Re: 44 und unglücklich
01. Juli 2013 12:16
Lieber bornthisway68,

ich kann Dich so gut verstehen! Trotzdem werden Dich Deine Ängste und die unterdrückten Gefühle irgendwann auffressen und auch krank machen. Du hast ja schon viel geschafft, vor den Eltern und der engeren Familie geoutet, wow, ist doch schon etwas. Zumindest in diesem Punkt bist Du mir voraus, bei mir läuft das eher so auf Raten, auch wenn das alleine schon sehr befreiend ist.
Sich nicht in die "schwule Welt" zu trauen kann ich irgendwie verstehn, geht mir ja bislang auch nicht anders, aber dazu sind wir doch hier, um Menschen zu finden denen es ähnlich geht.
Ich kann Dir nur sagen in dem Bereich in dem ich arbeite und v.a wo ich arbeite wäre ein coming out zumindestens beruflich nicht förderlich, anyway, ich binde es keinem auf die Nase, lüge aber auch nicht wenns drauf ankommt. Seit icgh mit mir selber im klaren bin, wirke ich anscheinend authentischer und stehe nicht so im Feuer der Fragen. ( Freundin, Familie usw diese furchtbar, manchmal grenzüberschreitenden Fragen kenne ich auch). Ich bin sicherlich nicht der Typ, der auf irgendwelche schrillen Partys geht und einen drauf macht, aber mit den richtigen Leuten würde ich auch das nicht ausschliessen.
Es liefen in letzter Zeit zwei schwule Filme im Kino ( Freier Fall und dieser Film aus Tel A Viv) Tja bei dem einen bin ich dann einfach mal alleine ins Kino gegangen ( kleines Kino). Ich dachte schon in der Strasse schauen mich alle an, im Kino waren dann natürlich überwiegend schwule Paare. Und was war passiert nix! war ein toller Film. Danach ging es mir besser. Und beim anderen mal bin ich dann doch mit einer lesbischen Freundin gegangen. Leider gab es keine Plätze mehr, aber in der Schlange sofort jemand aus dem Studium gesichtet, welcher im selben Bereich arbeitet, er mich auch gesehen und... nix passiert, hat sich bislang niemand gerührt.
Also ich glaube mal nen Kaffe oder nen Bier trinken wäre doch ein Anfang oder? Und da steht dann nicht über dem Tisch "schwule Diskussion"

Immer daran denken, anderen geht es genauso. Auch wenn ich selber noch am Anfang eines längeren Weges stehe, das gibt Kraft...

Gruss in die Runde und an Dich

Andreas
Re: 44 und unglücklich
01. Juli 2013 14:19
Hallo,

Quote

aber in der Schlange sofort jemand aus dem Studium gesichtet, welcher im selben Bereich arbeitet, er mich auch gesehen und... nix passiert, hat sich bislang niemand gerührt.

merkt ihr was ... es ist den Leuten sowas von EGAL ... es passiert NIE was, und man wir NIE drauf angesprochen (mich hat noch niemals jemand gefragt "ey, bist du schwul" ... nee, die sehen das sowieso ;-D )

lg.
Victor
Re: 44 und unglücklich
01. Juli 2013 16:48
Ach, ob sie es sehen, weiß ich nicht. Ich dachte schon öfters, ich hätte mich durch diese oder jene Handlung verraten, und das was? Die Leute kommen oft gar nicht drauf. Was für mich offensichtlich war/ist, das sah für andere überhaupt nicht so aus.
Liegt sicher auch daran, daß andere sich ja gar nicht soooo riesige Gedanken darüber machen.

Aber das (oft) Märchen davon, daß man "es" einem eh ansieht, stimmt nur bei wirklich offensichtlichen Personen.
Re: 44 und unglücklich
01. Juli 2013 20:46
[quoteAber das (oft) Märchen davon, daß man "es" einem eh ansieht, stimmt nur bei wirklich offensichtlichen Personen.][/quote]

nun, Heteros können das nicht sehen, viele Schwule aber schon ... aber die nehmen es wohlwollend zur Kenntnis ... und schreien es nicht durch die Gegend smiling smiley
Re: 44 und unglücklich
01. Juli 2013 23:42
Ja, das kommt vor. Aber ich habe auch schon viele Schwule erlebt, bei denen war diese Einschätzung Wunschdenken und hatte mit der Realität nichts zu tun ;-)
Re: 44 und unglücklich
02. Juli 2013 10:24
Hmm, habe es nicht verstanden (Schwule erlebt, bei denen die Einschätzung Wunschdenken war????, entweder sie sind schwul, dann stimmt es, oder es war Wunschdenken ... und damit falsch).

Ich habe zum Glück die Gelegenheit, ab und zu meine Einschätzungen mit denen von meinem Freund, meiner Frau oder sogar meiner Tochter abzugleichen ... von daher gehe ich davon aus, dass es Leute gibt (z.B. mich), die es mit einer hohen Trefferquote "Sehen" können ...

Und man kann davon ausgehen, dass MAN SELBST auch von anderen erkannt wird ... es braucht nur den etwas längeren Blick in die Augen, den musternden Blick "einmal rauf und runter" und den "Wiederholten Blick" ...

Und über andere Anzeichen wie Körperhaltung, Gang etc. brauchen wir garnicht zu reden ... :-x

lg.
Re: 44 und unglücklich
02. Juli 2013 11:49
Das ist aber jetzt sehr klischeehaft, lieber Victor. Das mag bei vielen Schwulen ja stimmen, aber doch nicht - bei jedlichem gebührenden Respekt - bei allen ... Den Blick kann man üben, o.k., aber den Gang o.ä. muss man ja nicht gerade schwulengerecht einüben. Ich will ja keine verweiblichten Männer kennenlernen, sondern ich liebe Männer, weil sie (echte) Männer sind.

Wie gesagt: Deine Beobachtungen sind ganz sicher richtig und ich weiß, was Du meinst - ganz ehrlich! Aber das ist dennoch nur ein Teil der Wahrheit. Vielen anderen sieht man es nicht an und sie müssen anderen auf andere Weise mitteilen, daß sie schwul sind.
Und nicht jeder Schwule tanzt AUTOMATISCH gerne, geht gerne in Clubs, Discos, ist bei Gayromeo oder sonstwas. Da gibt es auch gänzlich andere. Die ganze Palette halt - und das ist ja auch gut so ;-)



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 02.07.13 14:13.
Re: 44 und unglücklich
06. Januar 2014 07:50
Ich verfolge Eure Diskussion sehr interessiert und kann nur sagen, dass ich vieles von mir in Euren Schilderungen wieder finde.

Ich möchte Andreas sehr zustimmen, der sagt, dass das Unterdrücken der Gefühle zur schwulen "Orientierung" krank macht! Ich bin 48 Jahre, verheiratet und habe eine Tochter von 13 Jahren. Seit ca. 3 Jahren kämpfe ich mit meiner unterdrückten Homosexualität und bin darüber tatsächlich "krank" geworden - nicht organisch, aber psychisch. Eine intensive Psychoanalyse hat mir geholfen, doch war ich bis vor kurzem nicht bereit, den richtigen Weg zu gehen, obwohl alle Vorzeichen dafür klar waren. Das Motiv: Angst.

Kennt Ihr das auch, dass rational alles klar ist und der Moment für den Wandel gekommen zu sein scheint, und doch nagen heftige Ängste an einem? In meinem Fall ist es die Angst vor unkontrollierbaren Folgen und der Bruch mit der Vergangenheit, auch den Eltern (im Geiste, beide leben nicht mehr).

Schwule wurden in meiner Familie immer als lächerlich und harmlos dargestellt. Nie werde ich vergessen, wie mein Vater sich immer wieder mit eine tuntigen Geste (Arm hoch, Hand weiblich nach vorne gekippt) über Schwule lustig gemacht hat. Das lebt in mir weiter. Jetzt ist der Moment gekommen, an dem ich "so einer" werden will und muss - ehrlich: es schon immer unterdrückt war. Meine Frau weiß Bescheid und ich habe bei Rubicon Köln einen sehr sensiblen Berater gefunden. Ich habe immer noch tierisch Angst vor allerlei Konsequenzen, aber eines ist klar - schlimmer als jetzt KANN es nicht kommen!

Lieber C, auch für Dich scheint zu gelten, dass es nur besser werden kann. Wenn Du im Innersten spürst, dass Du schwul leben, denken, fühlen musst, dann gibt es keine Alternative - ich habe es mit allen Mitteln versucht und es hat mich vergiftet. Der Weg war und ist für jeden von uns sehr schwer. Ich hatte auch noch nie eine schwule Beziehung zu einem Mann und weiß nicht, wie ich das angehen soll. Ich fühle mich zu alt und fürchte, dass ich mich lächerlich machen werde. Die vielen offenen Berichte bei co30 machen mir allerdings Mut.

Auch habe ich gemerkt, dass ich alleine aus dieser Situation nicht hinaus finden werde. Oft bedarf es aber mehrere Anläufe. Ich wollte schon einmal zu einem Treffen der Schwulen Väter Köln gehen, bin dann aber ein paar Meter vor der Tür abgebogen, weil ich dachte, das kann doch nicht das Richtige sein für MICH. Auch hier - Angst! Angst, eine Schwelle zu übertreten (hier sogar wörtlich), zu der es keine Zurück-Funktion gibt.

Solltet Ihr eine ähnliche Geschichte erleben oder erlebt haben, würde ich mich sehr über einen Kontakt im Raum Köln freuen! Eine PM oder auch ein Treffen auf ein Café kann gerade in der Übergangsphase so viel bedeuten und helfen.

Dir C wünsche ich alles Gute und vergiss nicht, das es einen schwierigen Weg zu gehen gilt, an dessen Ende Du Dich besser und lebendiger fühlen wirst. Das sind Worte, die ich oft gehört habe und inzwischen glaube.
Re: 44 und unglücklich
06. Januar 2014 19:01
Hallo du Mutiger!

Quote
Mutiger
Ich hatte auch noch nie eine schwule Beziehung zu einem Mann und weiß nicht, wie ich das angehen soll. Ich fühle mich zu alt und fürchte, dass ich mich lächerlich machen werde. Die vielen offenen Berichte bei co30 machen mir allerdings Mut.

Das sollen Sie auch. Ich denke, Dein Hilferuf in den Kölner Raum wird nicht unbeantwortet bleiben. Triff Dich, lass Dich bei der Hand und vielleicht auch in die Arme nehmen.

Und glaube nicht, dass 48 für irgendetwas zu alt ist. Ich dachte das auch, so um diese Jahreszeit im Januar 2013. Es stimmt nicht. Ich bin jetzt 64 und in den 11 Monaten seit meinem CO habe ich eine Welt von Erfahrungen gemacht. Ich mochte meinen Körper nicht, ich hielt mich für zu alt, ich hielt mich für unattraktiv: alles Quatsch. Dein Bild von Dir ist nicht das Bild, das andere von Dir wahrnehmen.

Ich habe es lernen müssen und kann immer noch nicht richtig damit umgehen, dass andere Männer mich für attraktiv halten, mein Alter mögen, meinen Körper begehren. Es wird Dir genau so gehen, Du musst es aber zulassen. DU musst es zulassen. Niemand sonst.

Aber den Weg zu gehen, hier Anschluss und Hilfe zu suchen, halte ich für richtig und vielversprechend. Da wünsche ich Dir viel Erfolg dabei.

Noch eine Bitte: Dies ist "bornthisways" Geschichte. Damit wir Dinge nicht durcheinander werfen, würdest Du bitte einen eigenen Thread aufmachen? Dann können wir auf beide individuell eingehen und Euch gerecht werden.

In diesem Sinne wünsche ich Dir ganz besonders ein Glückliches und Erfolgreiches Neues Jahr!

Schöne Grüße

Volker
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