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Lass uns drüber schweigen

geschrieben von Finn76 
Lass uns drüber schweigen
22. März 2013 20:58
interessanter Artikel in jetzt.de
[jetzt.sueddeutsche.de]
LG Finn
Re: Lass uns drüber schweigen
23. März 2013 02:01
Danke für den interessanten Artikel.
Naja, ist Ansichtssache: ich würde nie eine solche Situation akzeptieren. Wenn bei mir keine Freundschaft mehr ist, dann geht sowas nicht in Neutralität sondern in Hass über. Und das bedeutet: ich mag dem anderen schaden. Schweigen ist für mich immer gleichzusetzen mit Feigheit, man weicht einer Konfrontation aus. Das finde ich sehr arm. Schweigen ist für mich die feigeste Art der Auseinandersetzung. Das es die klügeste sein soll, davon sprechen höchstens Therapeuten.

Oder sie bedeutet: es gab vorher nie eine Freundschaft, sondern einer von beiden spielte mindestens falsch und tat nur so. Dann ist es schade um jede Sekunde, die man an den anderen verschwendet hat, sie hat auch Lebenszeit geraubt. Denn wenn eine Freundschaft zu irgendeinem Zeitpunkt mal bestand, dann tut man es dem anderen nicht an zu schweigen, sondern spricht mit dem anderen.

Naja, mögen manche andere sehen, aber ich sehe es zumindest so.

Mickey2.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 23.03.13 02:13.
Re: Lass uns drüber schweigen
23. März 2013 08:08
Hallo,

ich finde den Artikel auch interessant. Er lässt mich aber ratlos zurück. Er zeigt, dass man eine enge Freundschaft durch schweigen beenden kann. Aber ist es nicht der Normalfall? Die Lebenswege führen auseinander, man hat andere Interessen, man hat sich frisch verliebt und schon wird es stiller und stiller.

Interessanter finde ich die Erfahrung, dass eine temporäre Pause hilft. Man merkt, wie einem der andere fehlt. Nach einer Weile sind die alten Missverständnisse und Kränkungen vergessen oder man hat die Distanz sie ohne aufschäumende Emotionen zu klären. Danach kann die Freundschaft in eine neue Phase gehen. So hatte bei mir ein Freund eine Freundschaft recht unschön im letzten Herbst praktisch beendet. Danach war gut zwei Monate Sendepause. Irgendwann kamen Nachrichten von ihm und jetzt schreiben wir uns schon eine Weile wieder alle 2-3Tage.

LG
Perseus
Re: Lass uns drüber schweigen
23. März 2013 09:10
Lieber Perseus,

wenn es so läuft, daß BEIDE (!) wissen, was überhaupt los ist und die Pause nicht von einem nur diktiert wird, ohne daß der andere weiß, um was es geht, dann mag das stimmen. Wie schön auch, daß das bei Dir funktioniert hat :-)

Eine Pause aber, bei der einer der beiden im Dunkeln steht und nicht weiß, weshalb es die Pause überhaupt gibt (und auch nicht darauf kommen kann), finde ich wenig sinnvoll (wenn sie nur heilend aber nicht zerstörend sein soll). Es mag sein, daß einer z.B. eine Pause braucht, sich die nimmt und sich dann besser fühlt. Er hat auch ein Stück weit logischerweise das Recht dazu und es mag o.k. sein! Aber es kann nicht sein - wenn es denn eine Freundschaft war/ist -, daß das völlig auf Kosten des anderen geht. Zumindestens muss Zweitere z.B. Infos erhalten, wo die eigenen Fehler lagen, sonst ist die Pause für sie/ihn zwecklos, da sie ihm/ihr nichts bringt - er/sie kann sie ja nicht nutzen, um irgendetwas zu ändern. In dem Fall empfinde ich eine Pause aus dem Nichts heraus als rücksichtslos für den, der im Dunkeln herumstochert.

Klar, Du merkst, das es bei mir gerade nicht nur um Theorie geht ... Ich sehe bei einem solchen Fall auch die Gefahr, daß bei allezulanger Sprachlosigkeit der Weg zurück nicht mehr möglich ist - sofern der optional überhaupt auf der Agenda stand/steht. Er schlägt vielmehr langfristig in Wut um und in dem Willen, ein Stück weit auch "Rache" zu nehmen, was ja nicht unbedingt der Sinn der Sache sein sollte. Zumal wenn durch das Stillschweigen andere - dritte - Menschen betroffen sind.

In meinem Fall bin ich eher in dieser Phase, der Weg zurück interessiert mich schon fast gar nicht mehr, denn wer so etwas mit mit macht, kann zuvor nie auch nur ansatzweise ein Freund gewesen sein. Dann war vorher alles eher eine Täuschung und das schmerzt natürlich extrem. Dann braucht es aber auch keinen Weg zurück, denn wohin soll der denn gehen, wenn der andere einen solchen Charakter oder sonstige "Probleme" hat? Man kann jeden guten Willen und jedes Verständnis auch kaputtschweigen.

Der Artikel der SZ mag daher nur ein (!) mögliches Modell sein, es mag in bestimmten Situationen funktionieren, ist aber kein Allerheilmittel.

All' das ist natürlich alles nur so gemeint, wenn der theoretische Wille zur oder das Erkennen einer Freundschaft erkennbar ist - ich rede nicht von Bekanntschaften. Aber selbst wenn es mal eine Freundschaft war - in meiner war es wohl eher sechs Jahr traurige Illusion -, dann hat das Gegenüber zumindest das Recht auf ein Gespräch, eine Klärung oder ähnliches - so handhabe ich das zumindest. Völlige Unwissenheit und nur der Hinweis, daß es nicht an einem läge, sind unfair und kontraproduktiv. Es ist schön, daß es einem der beiden dann besser geht, aber wenn der andere dadurch noch nach über einem halben Jahr leidet und rätselt, Nachfragen zwar beantwortet werden, aber nur dahingehend, daß eben nichts wirklich sei und daß die Person selbst nicht weiß, was los sei, so ist es auch grausam und in meinem Augen nicht zu rechtfertigen. In dem Fall - wenn es etwas Postives im Sinne der Freundschaft bringen soll - fände ich reden und nach Lösungen suchen sinnvoller als schweigen und Unklarheit bewahren.

Nochmal: Jeder hat das Recht, eine Freundschaft zu beenden, völlig klar. Aber wenn es denn angeblich eine Freundschaft mal war, sollte es so geschehen, daß das Gegenüber nicht einfach ohne ersichtlichen Grund im Dunklen gelassen wird - und dadurch auch vor anderen blöd dasteht nach dem Motto: "Na, irgendwas wirst Du schon verbrochen haben!" Mit einer Person, die einem eigentlich mal wichtig war, macht man in meinen Augen so etwas nicht.

Aber - das weis ich - dies ist natürlich nur meine subjektive Meinung ;-)

Liebe Grüße,
Mickey2.



3-mal bearbeitet. Zuletzt am 24.03.13 22:03.
Re: Lass uns drüber schweigen
26. März 2013 21:51
Hi ihr da draußen unter dem eiskalten Vollmond,

Mickey2, ich stimme dir zu. Im Fall einer wirklichen Freundschaft sollte es möglich sein, dem anderen einen Hinweis für die Ursachen der Beendigung zu geben, auch wenn die Ursache bei einem selbst liegt und vielleicht unangenehm oder peinlich ist.

In dem Artikel der SZ hat mir ein Satz gefehlt. Es scheint so als hätte es zwischen der Autorin und ihrer Freundin N. den Satz gegeben: Ich will nicht mehr oder ich kann nicht mehr, ich brauche Abstand.

Ich habe es erlebt, dass ein Freund, so dachte ich naiver Tölpel jedenfalls smiling smiley , einfach den Kontakt abgebrochen hat ohne zu sagen, ich will oder kann nicht mehr. Einfach ein Nichts.
Da kommt man ein bisschen ins grübeln, ein bisschen Wut und ein bisschen Verständnis für die Unzulänglichkeit des anderen bis hin zu dem Gedanken, ob er noch lebt (habe ich gecheckt).

Andererseits, wenn man selbst ein wirklicher Freund sein will, dann muss man versuchen, es dem anderen zuzugestehen, "grundlos" auf Abstand zu gehen, ihm alles Gute auf seinem Weg zu wünschen.
Tja, wenn ich das perfekt gekonnt hätte, hätte ich jetzt hier nicht mehr geschrieben smiling smiley

So, ab unter die warme Bettdecke.

LG
Zeev
Re: Lass uns drüber schweigen
26. März 2013 23:03
Lieber zeev,

brrrrr, ja, kalt isch's ,-)

Das mit dem "Zugestehen" stimmt, habe ich in meinem Fall auch lange gemacht, dann nach vier bzw. noch einmal nach fünf Monaten versucht, wieder relativ vorwurfslos Kontakt aufzunehmen bzw. zumindest zu erfragen, was "damals" geschehen sei. Bis dahin habe ich extrem gelitten und musste mir von Dritten eben anhören: "Irgendwas wirst Du wohl falsch gemacht haben" etc. Ich gestehe mir nun auch sehr viele Fehler zu, sehe mich als wenig perfekt an - streng genommen bin ich besser daran, mich selbst fertigzumachen denn andere. Fehler suche ich stets zuerst bei mir, aber gerade in diesem Fall bin ich ratlos und auch nach nunmehr sieben Monaten komme ich nicht darauf. Es wäre mir manchmal lieber, es hätte einen deutlich erkennbareb Anlass gegeben, der von MIR ausging. Aber mir fiel nur auf, daß er zuletzt mich (!) beleidigt hat und - was noch schlimmer für mich ist - einige Freunde von mir. Er lachte mich auch mal aus, aber dennoch habe ich das erduldet und es ihm nicht zum Vorwurf gemacht. Will sagen: ich würde tendentiell eher Gründe sehen, daß ich (!) mich (!) zurückziehe, nicht umgekehrt.

Und eben genau das macht mich seit sieben Monaten fertig. Neulich erzählte mir ein guter Freund von seiner Trennung von - in seinem Fall - seiner Freundin. Als es soweit war, bat die Freundin darum, ein Abschiedgespräch mit ihm führen zu dürfen. Er war selbst sehr unsicher, aber sie führten es. Es tat beiden gut, daß sie noch einmal über alles sprachen. Später kamen sie sogar wieder zusammen, aber das tut nur bedingt was zur Sache. Ich aber stehe meinerseits vor einem für mich viel zu großen Fragezeichen, habe das Gefühl, ICH dürfte eigentlich sauer sein, dabei ist es er offenbar mit mir. Ich suche nach Fehlern oder Unzulänglichkeiten und finde sie nicht.
Das kann für mich nur bedeuten, daß sechs Jahre angeblich intensivster "Freundschaft" eigentlich weg sind und ich kann rückwirkend nur noch verlorene Zeit sehen, denn durch diese Aktion ist für die die gesamte Zeit entwertet. Denn so wie es jetzt ist, kann er nur handeln, wenn ich ihm völlig egal war und bin.

Heute will ich gar nicht mehr zurück, aber dennoch eben zumindest Antworten bekommen, um meinen eigenen Seelenfrieden zu finden. Aber gut, das scheint mir verwehrt zu bleiben. Die Gründe sind mir einerseits schleierhaft, andererseits habe ich mir natürlich einige Erklärungen angedacht.

Aber aus diesen Gründen finde ich den SZ-Artikel, so sehr er manchmal stimmen mag, auch sehr gefährlich. Es mag sein, daß eine der beiden Parteien das Recht hat, zu schweigen. Es gibt ein Recht auf Schneckenhaus etc. Das kann und muss ich ein Stück weit akzeptieren. Aber genauso finde ich, daß ich ein Recht auf Aussprache habe, da ich eben nicht der "Schneckenhaus-Typ" bin (zumindest nicht in dem Maße). Es kann in meinen Augen nicht sein, daß sein Recht auf Schneckenhaus mehr wiegt als mein Recht auf Aussprache - nach angeblich sechs Jahren "Freundschaft". Ich bin nun monatelang über sämtliche Schatten meiner Selbst gesprungen, er hätte dies auch mal tun können.

Naja, aber ich rede und rede - mich beschäftigt dieser Fall einfach sehr, und es wird auch nach sieben Monaten nicht weniger -, Wut steigt an etc. Bevor ich jetzt kein Ende mehr finde, danke ich Dir für Deinen Betrag und grüße Dich herzlich,

Mickey2 :-)



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 27.03.13 07:03.
Re: Lass uns drüber schweigen
27. März 2013 19:58
Lieber Mickey2,

es scheint dein Faden zu werden, auch wenn finn dir die Steilvorlage gegeben hat. smiling smiley

Ich kann nicht mit sechs Jahren aufwarten, aber ich dachte auch, der Freund in meinem Fall und ich, wir verstehen und so gut, dass wir uns in 40 Jahren noch kennen, egal was passiert ---- Pustekuchen!

Hier gibt es einen riesen Strauß an emotionalen Befindlichkeiten, Auswüchsen, vielleicht sogar Explosionen. Unverständnis, Unsicherheit, Wut und letztendlich Trauer, die uns die Vergangenheit ins rechte Licht rücken sollte. Das wünsche ich dir jedenfalls. Mich hat irritiert, dass du meinst, die ganze zurückliegende Zeit wäre entwertet, weil es so geendet hat.

Das sehe ich eindeutig anders. Wir leben im Hier und Jetzt. Wenn das eine gute Zeit für einen ist, dann bleibt sie auch gut. Später kommt vielleicht die schlechte Zeit - natürlich muss man dann von seinen Vorräten aus der guten Zeit zehren und der gesamte Saldo nimmt ab. Aber trotzdem war es damals gut.

Würdest du auf die große Liebe verzichten, Schmetterlinge mit allem drum und dran, wenn du wüßtest, dass es schmerzlich zu Ende gehen wird? Bleiben nicht im nachhinein (ich meine später, wenn alles verarbeitet ist) überwiegend die guten Erinnerungen?

Mickey2, ich denke ein Recht auf Schneckenhaus und ein Recht auf Aussprache lässt sich nicht aufwiegen. Es gibt immer einen mit dickerem Fell, als den anderen. Jeder muss für sich selbst sehen, dass er klar kommt und hier - vielleicht könnte es helfen dankbar zu sein (bitte nicht falsch verstehen!), dankbar für die guten Jahre und jetzt dankbar dafür, dass er dir einen Grund gibt auf ihn wütend zu sein, ihn leichter aus deinem emotionalen und sozialen Netz entfernen zu können.

Wer weiß, vielleicht hat er selbst sich gefühlsmäßig irgendetwas anderes bei dir erhofft, ist in seine eigene Falle getappt, würde mit jeglicher Aussprache sich selbst blosstellen und hätte vielleicht das Gefühl dir weh zu tun. Dann kommt bei ihm Wut auf dich hoch, weil er wegen dir jetzt Gefühlschaosprobleme hat. Oder er hat das Gefühl, sein Leben driftet in die falsche Richtung und seine Kraft reicht nur dafür, das Ruder wortlos herumzureißen. Als einfache Matrosen sind wir jetzt ratlos, was mit den Segeln passieren soll. Müßig, rechtzeitig ins Rettungsboot springen! smiling smiley

Wie dem auch sei, et hilft nix, abhaken (sobald man es kann). Wenn mir Geld geklaut wird und ich mich dann noch jahrelang darüber ärgere bin ich doppelt belastet.

Liebe Grüße nach Kontinentaleuropa
Zeev



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 28.03.13 16:58.
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