Kaffee in Weilburg

Hallo zusammen, besonders Kai!

Am Samstag habe ich mich kurzentschlossen mit Kai und seinem Freund (auch hier aktiv, du meldest dich selbst, wenn du magst?) in Weilburg zum Kaffee getroffen. Die Anfahrt war bei beschissenem Wetter, die Rückfahrt war noch viel mieser, aber es war ein echt schöner Nachmittag.

Ich habe mich bei den beiden schnell wohlgefühlt. Los ging's mit einem höflichen "Guten Tag" meinerseits, mit Durchschnaufen nach dem miesen Wetter und dann mit der Kuchenbestellung. Meine (klammheimliche) Angst vor dem Treffen war weg, als ich das Gefühl hatte, thematisch beim Wetter und dem Kuchen bleiben zu können. Und gerade das war's, warum wir nicht beim Wetter und Kuchen geblieben sind.

Zum Gespräch will ich nicht ins Detail gehen. Aber dabei fand ich es zum Beispiel interessant, dass es mir im Laufe des Nachmittags immer weniger unangenehm war, dass Leute im Kaffee unser Gespräch mithören könnten. Ja, das bedeutet einerseits, dass ich mit mir noch keineswegs im Reinen bin. Das bedeutet andererseits aber auch, dass ich schneller "lerne", als ich es befürchtet hatte

Das stelle ich mir für die nächste Zeit vor: Einfach Leute kennenlernen, Locations besuchen und sehen, wie es auf mich wirkt.

Es ist bei mir ja nicht nur so, dass ich an einem Coming Out arbeite, sondern dass ich im ganzen Leben noch nie eine Partnerbeziehung hatte und viele Jahre meines Lebens, auch die letzten beiden, mit dem Gedanken gelebt habe, dass ich mir "den ganzen Stress" nicht geben will und brauche und lieber in aller Ruhe alt werde und ohne großes Gedöns den Löffel abgebe.

Das funktioniert nicht und tut mir nicht gut.

Deshalb mache ich mich jetzt vorsichtig auf Erkundungstour. "Wie geht es Ihnen damit?" ist ein Satz aus der Gruppentherapie (wer mag, kann meine Vorgeschichte lesen), der mich begleitet und sehr hilfreich ist. Also mit dem Kaffeetrinken in Weilburg ist es mir gut gegangen. Jetzt geht langsam und in aller Ruhe die Erkundungstour weiter. Vielleicht erstmal Koblenz und dann, wenn das Wetter mal wieder schöner ist, Köln.

NeuerMorgenX hat in einem seiner kürzlichen Beiträgen geschrieben: "Dann habe ich noch "Hi mal wieder" ... und musste erstmal grinsen. Es ging da unter anderem um zwei Spät-CO´ler... : "... der eine ist kurz davor, einen Mann anzufassen... der andere macht erste Erfahrungen zum Thema Kuscheln..." Das klang einerseits natürlich urkomisch. Wenn das jemand ohne den Spät-Co-Zusammenhang liest, würde er vermutlich denken, es geht um zwei 14jährige Jungs, die Erfahrungen mit ihrer ersten Freundin machen."

Ja, genau so fühle ich mich auch. Victors Antwort darauf war für mich sehr hilfreich. Eine "Betreuung" oben beschriebener Art suche ich zwar nicht, definitiv nicht, weil ich auf Gedrängtwerden automatisch mit Sturheit reagiere. Aber wenn ich mein (langsames) Tempo machen kann und das Gefühl habe, jederzeit abbrechen und auf die "in Ruhe alt werden"-Schiene zurückschwenken zu können, dann schaumama.

Weitere Zwischenberichte (oder auch nicht) dann hier

Mischa



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 15.02.16 22:09.

Hallo Mischa,

vielen Dank für deinen Bericht über das Kaffeetrinken in Weilburg. Ich habe mich auch wohl gefühlt. Genau so mag ich die Treffen mit Gleichgesinnten.

Man braucht sich nicht zu erklären und kann über alles reden.
So wie du es beschreibst, erstmal Männer kennen lernen, sich treffen und quatschen. So bin ich "damals" auch losgezogen und habe über die Jahre sehr viele Männer, die ich zum Teil als Freunde nennen darf, kennen gelernt.
Wir haben viel miteinander unternommen und so nebenbei auch ab und zu über unser coming out, welche männer findet man toll, wie findet man interesante Männer, .... geredet.

Letztendlich wichtig war und ist für mich das Wohlgefühl, allein durch die Anwesenheit der neuen Bekannten und Freunde. Ein Tag wurde zu gefühlte Tage, ein Wochenende zu gefühlten Wochen.
Urlaub vom Alltag. Die Tage nach den Treffen waren zum Teil anstrengend, da neue Eindrücke einen schon schlauchten. Das durfte aber alles sein. Es tat und tut so gut.

Ich freue mich in diesem Jahr die "alten" Freunde und Bekannte wieder zu treffen. So ist das CO30-Treffen zu Pfingsten in der Nähe von Bremen und ein Treffen im Saarland/Saarbrücken fest eingeplant. Neue Bekanntschaften sind immer willkommen.

Die Idee, bei guten Wetter nach Köln zu fahren, ist eine gute Idee.
Vieleicht können wir ja mal gemeinsam durch die Statt ziehen.

In diesem Sinne, lass es Dir gut gehen.

GLG Maks

Hallo Mischa,
ein Käffchen in Frankfurt ist immer drin.

Man kann das ausbauen ... essen gehen ... eine Szenekneipe besuchen ... oder eine Party.

Ganz nach deinem Tempo.
Gedrängelt wird im richtigen Leben nicht.

Liebe Grüße
Victor

Hallo zusammen,

und weiter gings:

Wie schon in der Cappucino-Lounge in diesem Forum zu lesen, habe ich Victor in Frankfurt besucht. Nachmittags haben wir erstmal gequatscht, Eis gegessen, dabei besprochen dass ich gerne eine Kneipentour durch Gay-Kneipen machen wollte. Dann haben wir uns die (geschlossenen) Kneipen bei Tag angesehen, dann was Gutes in Sachsenhausen gegessen, und dann haben wir zwei der Kneipen auch in der Praxis besucht.

Die besondere Atmosphäre besonders der ersten Location war toll und sehr inspirierend: So viele Paare zu sehen, die so selbstverständlich, entspannt und den Abend genießend da gesessen haben, war schon toll. So schön und relaxed kann das offenbar sein

Der Elan, den ich da mitgenommen habe, hat dann wenige Tage später einen Dämpfer gekriegt: Die neue Wirtin meiner Stammkneipe kam im Laufe eines Gesprächs auf die glorreiche Idee, mich mit einer Bekannten von ihr verkuppeln zu wollen. Meine großer Begeisterung darüber hat sie zum Anlass genommen, mich zu fragen, ob ich überhaupt Mädels mag. Zum letzten mal in meinem Leben, das habe ich mir vorgenommen, habe ich an dem Abend gelogen, dass ich mich vor langer Zeit so über Frauen geärgert habe, dass ich einfach nur meine Ruhe als Single haben will. Die Lüge, gute Vorsätze für die Zukunft hin oder her, hat mir tagelang einiges von dem schönen neuen Elan geraubt. Aber ich brauche mein langsames Tempo, und die Frage kam einfach zu früh. Trotzdem ärgerlich.

Neue Gedanken und Sichtweisen gewinnen in meinem Kopf trotzdem immer mehr an Raum. Besonders angenehm ist, dass Zwänge (die von mir auf mich ausgeübt wurden / werden) sich langsam in völlig entspannten Rauch auflösen. Selbst bei besonder hübschen Mädels genieße ich den Gedanken "Ja, die sieht verdammt gut, aber die braucht dich trotzdem überhaupt nicht mehr zu interessieren!". Das Ausnutzen neuer Freiheiten kommt dagegen langsamer, wie zum Beispiel das Hinsehen und, wenn's passt, der Gedanke "Wow, der sieht ja heiß aus." Ist Übungssache, habe ich mir sagen lassen, und so scheint es auch tatsächlich zu sein. Das Üben ist jedenfalls in keiner Weise unangenehm.

So, und jetzt mal sehen, wie ich weitermache. Erstmal auf eigene Faust ein paar Kneipen besuchen, denke ich. Tipps und Kneipennamen habe ich ja bekommen. Wo und wann allerdings, weiss ich noch nicht. Alles easy, nichts überstürzen.

Ich schreibe dann, wie's weitergegangen sein wird

Gruß

Mischa