Beziehung beenden, ('nur') weil sich die sexuelle Orientierung geändert hat?

Hallo!

Schon seit dem Studium, also seit mehr als 20 Jahren, bin ich (mittlerweile Ende 40) meinem Partner zusammen, seit einigen Jahren in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft.

Ebenfalls seit ein paar Jahren gab es daneben auch eine Beziehung mit einer Frau, die diese jetzt beendet hat. Sie will nur noch eine Freundschaft mit mir. Das verursacht gerade starken Liebeskummer.

Mir ist mittlerweile klar geworden, daß meine sexuelle Orientierung auf Frauen ausgerichtet ist.

Der Alltag in der Beziehung mit meinem Lebenspartner funktioniert, es gibt keinen Streit, ich fühle mich geborgen, wir haben viele Gemeinsamkeiten, dennoch fehlt etwas.

Ich zögere, die Beziehung zu beenden oder auch nur zu gefährden, indem ich mich meinem Partner offenbare, eine Beziehung besteht ja nicht nur aus Sexualität.

Auch im Familien- und Freundeskreis sind wir völlig akzeptiert als Paar.

Ist eine unvollkommene Beziehung nicht immer noch besser als alleine zu sein?

Aber auf der anderen Seite fürchte ich, wenn ich an der Beziehung festhalte, verbaue ich mir und auch ihm die Chance auf eine auch sexuell erfüllende Beziehung.

Welche Erfahrungen habt Ihr gemacht? Hat jemand aus Rücksicht auf eine langjährige Beziehung auf ein coming out (bei mir wäre es ein "coming in", aber die damit verbundenen Probleme werden dieselben sein) verzichtet oder trotzdem an der Beziehung festgehalten - und es später bereut oder lebt weiter gut mit der Entscheidung?

Gruß

Klaus

Eigentlich hatte ich ich auf Erfahrungen anderer, auf Antworten gehofft, leider kommen keine Reaktionen, schade.

Klaus

Hallo Klaus,

wer weiß, ob du hier noch reinschaust - ich weiß, wie gut die Reaktionen anderer und der Austausch tun.

Also - ich musste erst mal überlegen, was ich dir schreiben könnte, zumal ich länger nicht hier auf der Seite war.
Wie ich es auch drehe und wende, jeder Fall ist anders und dir kann ich nur einen Rat geben: höre auf deinen Bauch, was brauchst du, womit fühlst du dich gut und authentisch?

Ich kenne Männer, die haben sich vor ihren Frauen geoutet, eine euphorische Zeit erlebt und sind irgendwann im tiefen Loch gelandet, kommen mit ihrem neuen Leben nicht klar, Schuldgefühle gegenüber den Zurückgelassenen usw.

Genauso gibt es das Gegenteil. Mich selbst sehe ich irgendwo dazwischen. Ich weiß genau, dass ich in meinem angepassten Heteroleben nicht hätte weitermachen können, dass ich vorwärts gehen musste, immer noch muss.
Trotzdem belastet mich manchmal das Verhältnis zu meiner Exfrau, dass sie immer noch Opfer sein muss, dass ich ihr nicht helfen kann - ja, und manchmal noch ein bisschen Trauer um das alte Leben. Ich hatte alles, was ich wollte bekommen, Frau, Kinder, Familie, Haus ... und jetzt sagen mir auch alte Heterofreunde, dass ich viel ausgeglichener und besser wirke als früher .

Es war aber vorher nicht mein Leben und vor allem: die anderen sind genauso selbst für sich verantwortlich wie ich es für mich bin.

Wenn du dich soweit wohl fühlst, dein Partner auch - gut. Wusste er von deiner Beziehung zu einer Frau? Hat bzw. hatte er die Chance, sein eigenes Leben erfüllt zu gestalten?

Ihr und zwar ihr beide müsst wissen, ob ihr ein gutes Leben habt, oder ob ihr Risiken eingehen wollt, damit es besser wird.

Alles nur meine Meinung, die Antwort kommt nicht hier aus dem Netz, sie ist bei dir.

LG
Zeev

zeev schrieb:
-------------------------------------------------------
> Hallo Klaus,
>
> wer weiß, ob du hier noch reinschaust - ich
> weiß, wie gut die Reaktionen anderer und der
> Austausch tun.

Hallo Zeev,

Danke für Deine Antwort; ich hatte tatsächlich einige Zeit nicht mehr ins Forum geschaut, da keine neuen Antworten gekommen waren, daher habe ich Deinen Beitrag erst jetzt gelesen.

> Wenn du dich soweit wohl fühlst, dein Partner
> auch - gut. Wusste er von deiner Beziehung zu
> einer Frau? Hat bzw. hatte er die Chance, sein
> eigenes Leben erfüllt zu gestalten?

Nein, er weiß es noch nicht, ich habe noch nichts gesagt, weil ich nicht sicher bin, ob ich die Möglichkeit, daß er sich dann von mir trennt, riskieren will.

> Ihr und zwar ihr beide müsst wissen, ob ihr ein
> gutes Leben habt, oder ob ihr Risiken eingehen
> wollt, damit es besser wird.

Das Dilemma ist, daß unser Leben ja im Wesentlichen gut ist, ähnlich wie Du es von Dir geschildert hast, zwar keine Kinder, aber eine eigene Wohnung, wir sind als Paar überall akzeptiert, in der Familie, bei Freunden und Kollegen.

> Alles nur meine Meinung, die Antwort kommt nicht
> hier aus dem Netz, sie ist bei dir.

Danke für den Hinweis, dann suche ich hier an der falschen Stelle...

> LG
> Zeev

Wie sieht es bei Dir aus; Du schreibst von Trauer um Dein altes Leben- siehst Du Dein coming out dennoch als die richtige Entscheidung an?

LG

Klaus

Hallo,

habe im Netz einen interessanten Beitrag gefunden:

Beziehung ohne Sex: Trennung?

"Immer wieder werde ich mit der Gretchenfrage konfrontiert: Soll man sich deshalb trennen? Wenn alles wunderbar läuft? "Nur", weil es keinen Sex mehr gibt, weil dieses Bedürfnis, nicht mehr gestillt wird.

Ich gebe Folgendes zu bedenken: Sex ist ein fundamentales Bedürfnis, es ist schon sehr schlimm, wenn jemand mit einem Partner lebt, diesen begehrt und stets in die Röhre guckt, sexuell gesehen. Da hilft auch kein Handbetrieb.

Es gab Zeiten in meinem Leben als Liebesberaterin, in denen hätte ich mit Entschiedenheit gesagt: "Trennung! In so einem Fall muss man sich trennen. Das sind unüberwindbare Gegensätze, es geht einem in der sexlosen Beziehung viel verloren, der ganze Lebenssaft. Sex ist das Gegenteil von Tod, das hat der amerikanische Dichter Tennessee Williams einst gesagt. Sex in der Beziehung muss also sein. "

Heute bin ich milder. Ich halte Sex nach wie vor für elementar. Eine stabile und harmonische Beziehung, wo alles stimmig ist, halte ich allerdings für elementarer. Es muss sich jeder selbst fragen, wie harmonisch die Partnerschaft ist. Kann man aus vollem Herzen behaupten, dass es wunderschön ist mit dem anderen, dann würde ich eine Trennung ausschließen.

...

Und trotz der Bedeutung von Sex sollte man eine tolle Beziehung ohne Sex nicht aufgeben.

Ist das widersprüchlich? Ich finde: Nein. Ich setze einfach Prioritäten. Sex ist der Hammer, eine in allen Details perfekte Beziehung (bis auf Sex eben) ist noch ein größerer Hammer."

Hallo Klaus,

kann jetzt nur sagen wie ich das aus heutiger Erfahrung sehe.
In einer guten Beziehung sollte es keine Lügen geben.

Vor paar Jahren hätte ich das nicht gesagt, aber heute sehe ich das so.

Man sollte halt nicht aus Angst vor der Veränderung den Kopf in den Sand stecken.

Es gibt kein Patentrezept für Beziehungen, Liebe und Sexualität.

DU musst DEIN Leben leben. DU musst entscheiden was für dich wichtig ist.
Es ist schwer, aber du kannst auch schaffen. Egal wie deine Entscheidung sein wird.
Es ist DEIN Leben.

Kann dir ansonsten keinen Tip geben.

Liebe Grüße Armin

Hallo Armin,

vielen Dank für Deine Worte!

paulchen71 schrieb:
-------------------------------------------------------
...
> Man sollte halt nicht aus Angst vor der
> Veränderung den Kopf in den Sand stecken.
...
>
> Liebe Grüße Armin

Mein Kopf steckt noch im Sand, bildlich gesprochen - einerseits ist es so, wie es ist, nicht gut, andererseits habe ich Angst vor Veränderung - wird es besser, wenn es anders wird, oder schlechter?

Liebe Grüße

Klaus