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Meine verrückte Geschichte

geschrieben von Toni 
Meine verrückte Geschichte
27. Mai 2017 23:24
Hallo Zusammen,
ich lese schon seit einiger Zeit hier im Forum mit und habe mich jetzt dazu entschlossen mich anzumelden um mal meine Geschichte hier zu posten.
Ich bin 40 Jahre alt und soweit ich zurückdenken kann schon immer schwul. Dementsprechend habe ich in meinem Leben auch schon so Einiges in der Szene und auch außerhalb erlebt. Ich habe in den letzen ca. 25 Jahren schon so einige nette Männer kennengelernt, viele intensive Gespräche und Beziehungen gehabt, die manch Anderer mir überhaupt nicht glauben würde. Allerdings habe ich auch schon sehr viele gute Freunde verloren und hatte auch so
einige traurige Momente. Momentan lebe ich in einer offenen Fernbeziehung und bin nebenbei in eine Situation reingeraden, die mir momentan sehr zu schaffen macht.
Los ging es vor ca. 2 Jahren, daß ich beim cruisen einen Mann kennenlernte, der mir ganz gut gefiel. Allerdings lief der Sex immer sehr schüchtern und sparsam ab. Außer etwas anfassen war nicht viel. Da er aber für mich sehr attraktiv ist konnte ich gut damit leben und wir haben uns immer mal wieder alle paar Wochen zufällig gesehen. Nach langem sich Anschweigen entwickelte sich der erste Small Talk, bei dem es leider auch bisher geblieben ist. Gerne würde ich mich mal etwas intensiver mit Ihm unterhalten, soweit sind wir aber leider noch nicht. Irgendwann hat er mir natürlich auch gesagt, dass er verheiratet ist und eigentlich auch "hetero" ist. Hmm, naja OK, das habe ich halt erstmal so hingenommen. Aus einem für mich noch nicht verständlichen Grund habe ich mich dann doch irgendwann in Ihn verknallt. Und ich versuchte Ihn öfter zu sehen, indem ich sehr viel Freizeit an dem Ort verbrachte, wo wir und dann immer mal wieder sahen. Irgendwann habe mal den Mut gefasst und einfach mal etwas mehr mit Ihm gemacht. Ich hatte das Gefühl, dass er es auch sehr mochte. Danach kam dann allerdings die Ernüchterung, als er mir sehr nachdrücklich klar machte, daß er ja nur Sex möchte und auf keinen Fall mehr. Ohne, daß ich irgendwie mehr von Ihm erwartet hätte oder ihm meine Gefühle gestanden hätte. Und dann war er weg und ich habe Ihn erstmal nicht mehr gesehen.
Mein Kopf sagt mir jetzt, dass ich einfach mal etwas gelassener werden muss und nichts erzwingen
kann. Mir ist auch klar, dass er sich langfristig nicht outen wird, jedoch hoffe ich, dass sich doch sowas wie eine Freundschaft entwickeln könnte und wir eine vertrauliche Basis aufbauen könnten. Genauswo weiß ich aber auch, dass ich mich in eine Situation begebe, die mir sehr weh tun wird und auch sehr unbefriedigend sein wird. Die Alternative wäre den Kontakt ganz abzubrechen, um gedanklich endlich wieder etwas entspannter und freier zu sein. Allerdings weiß ich nicht wie ich das anstellen soll, da ich Ihn einfach immer wieder sehen will. Vielleicht sollte ich mich vorher aber auch mit Ihm ausprechen. Auch wenn es mir klar ist, dass sich nichts ändern wird. Dazu müsste ich Ihn aber erstmal wieder sehen, was ich im Moment auch noch nicht weiß, ob das passieren wird, oder er sich jetzt schon
zurückgezogen hat. Zusammengefasst weiß ich also momentan einfach nicht mehr weiter, was mich seelisch schon sehr belastet. Was würdet Ihr machen?
Liebe Grüße,
Toni
Re: Meine verrückte Geschichte
28. Mai 2017 09:08
Hallo lieber Toni,

danke dass Du Deine Geschichte mit uns teilst und ich kenne Deine Situation nur zu gut, dass ist fast so ein Thema meines Lebens ... ;-)
Zunächst einmal glaube ich - und ich sage das nicht als "Wunschdenken", dass Dein Freund zumindest bi (wenn es das gibt) oder schwul ist. Wäre er rein hetero, gäbe es wohl gar keinen Grund, "nur Sex" mit einem anderen Mann zu haben bzw. ihn zumindest zu begehren. Ich denke, er hat sich in seine Hetero-Beziehung reingesteigert, weil sie mehr zu seinem Lebensentwurf passt und ein Leben als schwuler Mann wohl nicht für ihn in Frage kommt - dennoch sehnt er sich ggf. danach. Der Drang, ein "normales" Leben zu führen, kann sehr groß sein, dass habe ich bei guten Freunden schon oft erlebt. Ein Freund von mir war mit einer Frau verheiratet, traf sich auch fast nur im Kreise ihrer Freundinnen und fand das alles ganz o.k. und gut. Und hätte sie sich nicht irgendwann mal von ihm (!) getrennt, wäre das vielleicht so weiter gegangen.
Für mich war das nie ein Modell, aber es mag Menschen geben, die damit gut leben können - zumindest sehr lange. Wie weit ihnen das selbst bewusst ist, dass sie ihr wahres Ich verdrängen, weiß ich nicht.
Aber normalerweise haben eigentlich Heteros keinen schwulen Sex, sicher können sie aber gute Freundschaften haben. Aber es kommt mir sehr seltsam vor, dass Dein Freund "nur Sex" haben will.
Aber wenn er in seiner Hetero-Welt ist, wird er wohl auch nur schwer da rauskommen, wenn ihm dieses Leben vom Kopfe her so wichtig ist. Das mag sehr viel Zeit kosten, bis er sich da anders orientiert. Und vielleicht bist Du irgendwann auch "der Böse", wenn Du zu sehr an seiner Traumwelt rüttelst? Die Gefahr besteht, denn Du erinnerst ihn ja immer an seinen "heimlichen bösen Triebe", denen er daheim bei seiner Frau "entfliehen" kann.

Alles nur Gedanken, das muss alles nicht so sein.

Was solltest Du nun machen? Ich bin eigentlich in meinem Leben so ein "Künstler", der Menschen, in die er verliebt war oder ist zu "besten Freunde" macht. Das sind z.T. auch Heteros. Ich muss auch sagen, ich habe dadurch sehr sehr gute Freundschaften gewonnen und irgendwann ist das auch zu 70 - 80 Prozent gut bis super. Aber es ist auch eine große Leidensbereitschaft dabei, dann nämlich, wenn man den anderen auch begehrt und das völlig ausblenden muss. Oder wenn der andere sich verliebt bzw. eine Freundin oder eine Familie hat. Man ist nie das Gleiche für den anderen wie er es für einen selbst ist. Es kommt auch darauf an, wie sehr es der andere heraushängen läßt. Ein guter Hetero-Freund von mir zeigt oft sehr deutlich vor meinen Augen, wie verliebt er in seine Frau ist (mit der ich auch super befreundet bin). Das tut oft sehr weh. Es geschieht sicher auch nie als böser Absicht, aber mein Leiden ist dann schon oft groß.
Ein anderer guter Hetero-Freund dagegen stellt es nie sehr heraus, dass er ja Familie hat und vor meinen Augen passiert da nichts.
Ähnlich ist es auch bei einigen guten Freunden, die schwul sind, das Prinzip ist das gleiche.

Wie gesagt: bei mir überwiegt bei meinen besten Freunden das Positive, aber es ist schon oft ein Nachjustieren, ich muss oft emotional sehr kämpfen. Ich weiß, ich habe bei de anderen in Sache Partnerschaft keine Chance und ich will das auch nicht erzwingen, aber es ist oft mühsam und schmerzvoll, zum Glück aber bringen mir diese Freundschaften auch sehr viel mehr Gutes und Angenehmes, Sicherheit und ein Stück weit Glück.
Ich finde, es lohnt sich für mich.
Dennoch suche ich natürlich auch nach dem Partner für mich, einen Partner, wo ich halt nach einem tollen Tag nicht heim geschickt werde.
Ich versuche auch nicht, meine Freundschaften zu ersetzen, aber ich möchte sie gerne noch ergänzen.

Ich weiß aber auch, dass andere Schwule, die ich kennen, mit meinem Modell nicht klar kommen, bei ihnen funktioniert das nicht und das Negative überragt deutich das Positive, wenn sie die Freundschaften pflegen. Ich kann es für mich nicht nachvollziehen, aber muss akzeptieren, dass es eben Anderen anders ergeht. Diese Freunde leiden seit Jahren und können eine Verliebtheit nicht in eine Freundschaft umwandeln.

Du musst da ein Stück weit sehr in Dich hinein horchen, ob Du Deine Liebe zu einer superguten Freundschaft umwandeln kannst oder nicht. Und Du solltest es nicht nur tun, weil er sich vielleicht in zehn Jahren mal umentscheidet.
Vielleicht solltest Du auch tatsächlich noch einmal das Gespräch mit ihm suchen? Wenn er Dich schon - böse gesagt - als "Sexobjekt" "mißbraucht", kann er dazu auch was sagen: was will er? Warum macht er das? Und ist Eure Freundschaft dann "sexfrei" oder nicht? Wie geht das dann neben seiner Freundin/Frau? Und wenn sexfrei, wie kann er Dir dann helfen, dass Du Dich nicht blöd fühlst und darunter leidest? Was bist Du für ihn? Eine "Versuchung", der er dann letzten Endes doch entsagen will? Oder arbeitet da was in ihm? Oder sieht er Dich als engen und guten bis besten Freund? Was für Aussichten hat diese Freundschaft?
Wenn Du ihm wichtig bist, sollte er dazu auch in einem guten Gespräch was zu sagen haben.

Ich weiß nicht, ob ich Dir mit allen diesen Gedanken was helfen konnte? Nimm Dir nur soviel heraus, wie Du benötigen kannst, was nicht passt, vergiss gleich wieder.
Du kannst mir auch gerne privat schreiben, falls Du magst.

Nun wünsche ich Dir ganz viel Erfolg und auch alles Glück der Welt, auf dass Du den richtigen Weg (auch mit Deinem Freund) findest.

Liebe Grüße
Mickey2
Re: Meine verrückte Geschichte
31. Mai 2017 22:09
Hallo lieber Mickey,
vielen Dank für Deine ausführliche Antwort und sorry, dass ich erst so spät zurückschreibe. War leider beruflich etwas eingespannt die letzten Tage. Dein Ansatz mein Sexverhältnis in eine gute Freundschaft umzuwandeln klingt sehr interessant. Ich habe viel darüber nachgedacht aber bin zu dem Entschluß gekommen, dass es in meinem Fall nicht funktionieren wird. Erstens habe ich aus unseren Gesprächen herausgehört, dass er sehr sehr unsicher ist und große Angst hat, dass seine Frau was merkt. Außerdem sei sie sehr eifersüchtig. Daher glaube ich nicht, dass er sich auf so etwas einlassen würde. Zweitens käme ich wohl nicht mit der Situation klar, dass man vielleicht zu dritt etwas unternimmt und ich dann danach heim muss und er mit seiner Frau zusammen ins Bett geht. Es ist doch noch mal ein Unterschied das zwar zu wissen oder es doch noch mal so unmittelbar mitzubekommen.
Im Moment drehen sich meine Gedanken im Kreis. Ich habe Ihn jetzt schon länger nicht gesehen und vermute, dass er mit erstmal bewusst aus dem Weg geht. Ich möchte Ihm ja die Zeit geben, die er braucht, um seinen Weg zu finden. Jedoch besteht auch die Angst, ihn eventuell nie mehr wieder zu sehen. Für mich wäre das Beste einfach gedanklich Abstand zu bekommen und nicht mehr den ganzen Tag daran zu denken. Dann kann ich wieder freier sein und die Zukunft kommt wie sie kommt. Irgendwann wird er bestimmt wieder "geil" sein und meine Nähe suchen. Hoffe ich zumindest. Aber das alles ist so dermaßen schwer. Im Moment ist es so, dass ich mich von einem ins nächste Abenteuer stürze, nur um Ihn zu vergessen. Und jedes mal ertappe ich mich dabei, dass ich alle Männer mit Ihm vergleiche. Da ich aber noch die rosarote Brille aufhabe, sehne ich mich dann immer zu Ihm zurück, da ich Ihn doch so sehr mag.
Bin mal gespannt wie es weiter geht. Am schönsten wäre es einfach so einen Abstand zu bekommen, dass es einfach nur ein Sexverhältnis ohne jegliche Gefühle wird.

Liebe Grüße
Toni

p.s. ich finde es sehr angenehm in diesem Forum, dass man nicht gleich verurteilt wird, wenn man etwas mit einem vergebenen Mann hat. Viele sehen das als absolutes no-go an, wissen aber nicht wie es sich anfühlt, wenn Gefühle im Spiel sind.
Re: Meine verrückte Geschichte
01. Juni 2017 09:19
Hallo Toni,

ich denke, eine Zeit des Trauerns und des Vermissens gehört dazu, wenn man sich unglücklich verliebt hat und sich abzeichnet, das gibt nichts. Nimm dir etwas Zeit um die Geschichte zu verdauen. Nach einer gewissen Zeit, bin ich zu der Einstellung gekommen, dass der andere selber schuld ist, wenn er keinen liebevollen, netten, fürsorglichen, intelligenten, usw. Freund haben will.

Nach der ersten Zeit der Trauer, hat mir immer sehr geholfen unter Leute zu gehen. Das heißt sich verstärkt mit Freunden treffen, den Bekanntenkreis aktiv vergrößern, einen schwulen Stammtisch besuchen oder Ausflüge mit anderen Schwulen unternehmen-also Ablenkung auf anderer Ebene als der Liebeszirkus. So muss ich nichts vergleichen. Ich fühle mich gut aufgehoben. So baue ich auch gegen Einsamkeit vor, wenn ich keinen Freund habe. Natürlich kann ich mich dabei auch in den ein oder anderen vergucken. Dann verblasst der Auslöser des Liebeskummers umso schneller.

Meinen Freund habe ich über einen gemeinsamen schwulen Freund kennengelernt, aber ohne einen schwulen Sportverein im Hintergrund, der für weiteren Kontakt zwischen uns gesorgt hat, hätte es nichts gegeben. Es war bei dem ersten Treffen bei dem gemeinsamen Freund (zumindest bei mir) alles andere als Liebe auf den ersten Blick. Das entwickelte sich erst später.

Liebe Grüße
Perseus
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