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Am Scheideweg!

geschrieben von Michael1982 
Am Scheideweg!
30. Dezember 2015 12:16
Hallo zusammen,

zunächst einmal ein dickes Lob für diese tolle Seite und die guten Beiträge. Nachdem ich mich ein wenig eingelesen habe und dabei gemerkt habe, dass viele mit denselben oder noch größeren Schwierigkeiten zu kämpfen haben wie ich, wollte ich an dieser Stelle auch mal meine Geschichte loswerden.

Zu meiner momentanen Situation:

Ich bin 33 und meine Freundin und ich wollen eigentlich kommendes Jahr heiraten. Meine Freundin ist die absolut tollste Frau, die ich je kennenlernen durfte. Nachdem ich bereits einige gescheiterte Beziehungen hinter mir habe, passt diesmal eigentlich absolut alles. ABER es gibt ein großes Problem und zwar bin ich mir inzwischen sehr sicher, dass ich einfach mehr auf Männer stehe. Seit ich denken kann, ziehen mich Männer sexuell mehr an als Frauen. Das habe ich das erste Mal bei einem meiner besten Schulfreunde gemerkt. Ich finde viele Frauen zwar sehr attraktiv, natürlich auch meine Freundin, und ich habe auch immer gerne mit Frauen geflirtet, aber irgendwie war die sexuelle Anziehung immer nie so stark. Doch ich habe mich bis heute nicht getraut, meine Neigungen zuzugeben und offen auszuleben. Ich habe bisher keinerlei Erfahrungen mit Männern gehabt. Ich schaue mir jedoch regelmäßig Schwulenpornos an und habe homoerotische Fantasien, auch wenn ich mit meiner Freundin schlafe. Bisher war es immer nur ein sexuelles Verlangen, das ich in meiner Fantasie zwar ausgelebt habe, aber ansonsten ganz gut unterdrücken konnte. Ich hätte mir auch nie eine Beziehung mit einem Mann vorstellen können.

In diesem Jahr habe ich jedoch das erste Mal bei einem guten Freund gemerkt, dass mich dieser nicht nur sexuell, sondern auch emotional anzieht. Ich sehne mich danach, Zeit mit ihm zu verbringen und ich fühle mich in seiner Nähe einfach wohl. Das habe ich ihm gegenüber auch schon ein wenig angedeutet. Er weiß jedoch selber nicht so genau, ob er mehr auf Frauen oder Männer steht, ist also sozusagen in der „Findungsphase“. Deswegen mache ich mir momentan auch keine großen Hoffnungen, dass aus uns mal „mehr“ werden könnte. Dennoch haben mich die vielen tiefgründigen Gespräche mit ihm dazu gebracht, dass ich mich intensiver mit dem Thema beschäftigt habe und ich für mich inzwischen selber feststellen musste, dass ich wohl doch schwul bin.

Bisher habe ich immer versucht dagegen anzugehen, ich wollte „normal“ sein und dachte, das wird schon irgendwann weggehen. Das kennen sicher viele von euch. Ich hatte eine schwierige Kindheit und Jugend und war in dieser Zeit sehr schüchtern und hatte wenig Selbstbewusstsein. Deshalb wollte ich auch nie groß auffallen, weshalb ich mir bisher nie hätte vorstellen können, mich als schwul zu outen. Nachdem sich meine Eltern getrennt haben, habe ich mich immer danach gesehnt zu heiraten und Kinder zu haben. So sind wir wieder am Anfang meiner Geschichte. Meine Freundin und ich wollen wie bereits erwähnt nächstes Jahr heiraten, nachdem wir inzwischen knapp 3,5 Jahre zusammen sind. Ich weiß, dass meine Freundin mich über alles liebt. Sie ist einfach ein toller Mensch und wir verstehen uns hervorragend. Meine Familie mag sie auch über alles. Eigentlich könnte alles perfekt sein und ich bin mir sicher, wir könnten für immer zusammen sein, wenn es diese „eine Sache“ nicht gebe. Irgendwie liebe ich meine Freundin ja auch, aber es fehlt einfach das gewisse Etwas.

Deswegen weiß ich langsam nicht mehr, was ich machen soll. Soll ich es durchziehen und mein Verlangen unterdrücken oder muss ich einen Schlussstrich ziehen. Gleichzeitig weiß ich ja auch nicht, ob ich wirklich mit einem Mann glücklich werden könnte, da ich noch keinerlei Erfahrungen gesammelt habe. Außerdem habe ich natürlich Angst vor den Reaktionen meiner Familie und Freunde. Manchmal schäme ich mich richtig und es tut mir so unendlich leid, dass ich gegenüber meiner Freundin nicht ehrlich sein kann. Sie würde es auch niemals verstehen uns sie wäre totunglücklich, das weiß ich. Eigentlich bin ich mit ihr ja glücklich, aber ich weiß einfach nicht, wie ich mit diesem Verlangen umgehen soll.

Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir den einen oder anderen Tipp geben könntet.

Vielen lieben Dank schon mal und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Michael
Re: Am Scheideweg!
30. Dezember 2015 19:54
Hallo Michael,
du hast bereits einige Geschichten gelesen. Ich glaube, bei den meisten läuft es darauf hinaus, dass ein heimliches Leben gar nicht gut tut, aber ein 2-gleisiges auch nicht wirklich funktioniert. Das Gemeine daran ist, dass man die Partnerin eigentlich nur benutzt hat um seinen eigenen Vorstellungen von "Normalität" zu entsprechen. Und je später man die Notbremse tritt, desto mehr macht man kaputt und man selbst hat dann auch immer weniger den Mut es zu tun. Ich könnte jetzt sagen, du solltest es mal mit einem Mann ausprobieren (oder dem speziellen). Ob du deine Freundin einweihst, ist glaube ich egal. Wenn dir die schwule Seite gefällt, hast du einen Grund, den Schlussstrich zu ziehen. Wenn nicht, kannst du es als Erfahrung verbuchen und dich intensiver deiner Freundin widmen.
Da du, wie du es schreibst, aber schon immer schwule Phantasien beim Sex hast, glaube ich, dass du wirklich schwul bist. Der Vorsatz für's neue Jahr: Klarheit schaffen!
Gruß
Chris
Re: Am Scheideweg!
31. Dezember 2015 10:57
Hallo Michael,
ich kann Kellergeist eigentlich nur zustimmen. Je länger du wartest, umso schlimmer wird es – für dich und für deine Freundin. Mir ist völlig klar, dass der Gedanke es deiner Freundin zu sagen bei dir eine Riesenangst auslöst. Diese Angst kennt hier im Forum jeder, der sich seiner Freundin/Frau anvertraut hat. Diese Angst wird aber immer größer, je länger du damit wartest. Du wirst dir die Situation immer wieder im Kopf durchspielen und dir dabei immer wieder neue negative Reaktionen vorstellen, solange bist du dir dein Coming Out in Gedanken pechschwarz eingefärbt hast. Dass das CO am Ende gar nicht so schlimm ablaufen muss, hast du sicherlich auch schon in einigen Geschichten hier im Forum lesen können.

Du hast im Moment noch zwei Riesenvorteile:Erstens, du bist noch nicht verheiratet und damit eigentlich frei in dem was du tust. Ein Outing nach der Hochzeit wird schmerzhafter und teurer.Und zweitens bist du bisher nicht fremdgegangen und hast somit deine Freundin nicht betrogen. Was soll sie dir vorwerfen, wenn du ihr ehrlich und offen von deinen Gefühlen und Vermutungen erzählst?

Ich kann dir nur den Rat geben diese innere Last so schnell wie möglich abzuwerfen, indem du das Gespräch mit deiner Freundin suchst. Es ist meiner Meinung auch keine gute Idee diese „Geheimnis“ für dich zu behalten. Du wirst daran irgendwann zerbrechen. Schau mal wie viele hier im Forum von Depressionen berichten, da sie innerlich unglücklich waren. Ich war einer von ihnen.
Und zu guter Letzt bist du es auch deine Freundin schuldig ihr zu sagen woran sie bei dir ist. Die Wahrheit ermöglicht auch ihr einen Neustart.

Liebe Grüße,
Kai
Re: Am Scheideweg!
31. Dezember 2015 13:12
Hallo Michael,

ich kann den Vorpostern nur zustimmen. Vor allem, weil du schreibst, du würdest beim Sex mit deiner Freundin an Männer denken, erlaube dir, ehrlich zu dir selbst zu sein. Und so wie du das selber schon gemerkt hast (Zitat: AM SCHEIDEWEG etc..), würdest du dein Dilemma nicht dauerhaft durchstehen, ohne selbst Schaden zu nehmen. Deine Psyche lässt sich irgendwann nicht mehr austricksen.

Natürlich ist es schwer für dich, besonders, weil die vorgezeichnete "normale heile Welt" für dich und dein Umfeld zerstört werden würde. Es würde wohl alles zusammenbrechen, wenn es dann nicht mehr ist, wie es scheint. Aber welche Wahl hast du, wenn du verheiratet bist und die Sehnsucht nach Männern immer stärker wird? Das hört nicht auf, wenn du es schon immer hattest (Schulfreund...). Auch kannst du nach einem schwulen Erlebnis nicht sagen, ob das wirklich DEINS ist. Bei mir z.B. war es so, dass ich ein geiles erstes schwules Erlebnis hatte und danach (also einen Tag später oder so) ein total schlechtes Gefühl hatte. Doch das Verlangen nach Männern war dann bald wieder da. Vor allem, wenn du dir selber erst Klarheit schaffen musst, kann es - muss aber nicht - eine emotionale Achterbahn sein. Also so eine Findungsphase wie bei deinem Freund.

Heirate nicht. Sag deiner Freundin, was Sache ist, du mußt nicht gleich sagen, dass du schwul bist, wenn du das nicht kannst, weil du es noch nicht genau weißt. Eine Möglichkeit wäre eine Art Trennung auf Zeit, wo du dir dann Klarheit schaffen kannst. Dann, wenn diese Zeit um ist und du Klarheit hast, kannst du ja sagen was los ist. Probiere es in der Zwischenzeit mit einem (oder dem einen) Mann aus. Vermutlich wirst du - wenn du schwul bist - dabei Gefühle erleben, die du bei deiner Freundin nie hattest.

Natürlich kannst du deiner Freundin auch sagen, dass du glaubst, auf Männer zu stehen und daher eine Trennung haben möchtest, weil du das herausfinden willst ohne sie zu betrügen. Für sie wird eine Welt zusammenbrechen, aber sie wird dir später dankbar sein, dass du es ihr rechtzeitig gesagt hast.

Ja, es ist schwieriger, wenn man ein(e) heterosexuelle(s) Weltbild/Umfeld/Erwartung hat, seine Homosexualität auszuleben. Aber wenn du niemals so sein kannst (weil du selbst es nicht zulässt), wie du wirklich bist, endest du als Opfer, gebrochener Mann oder wirst krank.

Alles Gute für dich und deinen Weg und nimm dir die Zeit, die du zu brauchen glaubst.
Re: Am Scheideweg!
02. Januar 2016 09:30
Vielen Dank für eure ehrlichen und aufmunternden Worte. Diese haben mir wirklich gut getan.

Ihr habt natürlich vollkommen Recht. Je länger ich warte, desto schwieriger wird alles.

Ich hätte auch schon viel früher Klarheit schaffen müssen. Schon nachdem meine letzte Beziehung gescheitert ist, wollte ich mir die nötige Zeit nehmen, um herauszufinden, was eigentlich mit mir los ist. Aber dann ging alles so schnell mit meiner jetzigen Freundin. Sie war so lieb und herzlich und wie gesagt, nach außen hin hat es perfekt gepasst. Dann habe ich wieder angefangen, es zu verdrängen. Doch innerlich habe ich schon nach kurzer Zeit gemerkt, dass es mich nicht vollkommen erfüllt. Ich hatte auch psychische Probleme, die ich auf den Stress im Beruf geschoben habe. Doch insgeheim wusste ich, dass es auch mit meinen unterdrückten Gefühlen zu tun haben muss.

Wenn ich mit meinem guten Freund Zeit verbringe, ist es hingegen ein ganz anderes Gefühl. Ich fühle mich frei und gleichzeitig geborgen ohne wie gesagt zu wissen, ob das auf Dauer überhaupt was mit uns werden könnte.

Ich schäme mich gegenüber meiner Freundin für diese Gedanken und Gefühle so. Und jetzt merke ich, dass sich was ändern muss, da wie gesagt die Hochzeit bevor steht und dann alles noch viel, viel schwieriger werden würde.

Ich werde mich die nächsten Wochen jetzt intensiv darum kümmern und hoffe sehr, dass alles gut wird!

Nochmals vielen Dank!!!
Re: Am Scheideweg!
03. Januar 2016 12:21
Hallo Michael,

viel Glück und Kraft wünsche ich dir!

Glaube uns - du gibt jedem von euch damit eine Chance auf selbstbestimmtes Glück smiling smiley
Ob es nun ein paar Monate oder etwas länger dauert, irgendwann merkt man, dass es gut ist, dass sich der Weg mit offenem Blick geradeaus leichter findet.
Das gilt genauso für deine Freundin - jeder Frau gebührt die Achtung, eigene Entscheidungen treffen zu können, erst recht deiner tollen Freundin.

Mein Freund hatte seiner Frau vor der Hochzeit von seinen Männergefühlen erzählt und sie waren gemeinsam der Ansicht, damit leben zu wollen bzw., dass der Wunsch nach einer traditionellen Ehe Mann und Frau stärker ist und alles aufwiegt.

... war er nicht, nach 6 Jahren musst er ihr sagen, dass er nicht mehr konnte. Nach einer schnellen Trennung und Scheidung sind sie heute sehr gute Freunde.

Ihr findet euren Weg, da bin ich sicher. Du weißt dich zu kümmern - damit geht es vorwärts.Nach jedem Tal kommt ein Berg mit toller Aussicht. smiling smiley

LG
Zeev
Re: Am Scheideweg!
03. Februar 2016 21:10
Hallo Zeev,

vielen lieben Dank für deine aufmunternden Wortesmiling smiley

Du hast natürlich Recht. Meine Freundin hat es verdient, dass ich ehrlich zu ihr bin. Ich ärgere mich auch so über mich selber, dass ich es überhaupt soweit habe kommen lassen. Ich hätte schon viel früher dazu stehen müssen. Aber leider gibt es jetzt kein Zurück.

Insgeheim weiß ich auch, dass ich es in der Ehe so nicht lange aushalten könnte. Das ist mir in den letzten Wochen noch mehr bewusst geworden. Ich möchte diese andere Welt erkunden, weil ich das Gefühl habe, dass ich dadurch erst richtig frei bin. Das habe ich meinem "Freund" zwischenzeitlich auch ganz offen gesagt. Er will mich dabei auch unterstützen.

Momentan fühlt sich das aber noch so unerreichbar an. Ich hoffe echt, dass ich diesen Berg bald erklommen habewinking smiley

LG Michael
Re: Am Scheideweg!
05. Februar 2016 09:44
Hey Michael,
deine Story liest sich wie mein Leben genau vor einem Jahr smiling smiley Im Februar habe ich mich von meiner Freundin getrennt, weil mir etwas gefehlt hat in der Beziehung und ich habe zum ersten mal im Leben Männer gedatet smiling smiley mit 29!

Naja was soll ich dir sagen, nach vielen schlaflosen Nächten mit Kopfzerbrechen und Gedanken wie : "Ach, ich habe nur sexuelles Interesse an Männern, bin also Bi", "Eine Beziehung mit Männern kann ich mir eher nicht vorstellen..." bin ich nun seit August in einer Beziehung mit meinem Freund. Und bereue es bisher keine Sekunde. So eine erfüllende Beziehung hatte ich mit einer einer Frau vorher noch nie. Aber ansonsten bin ich genauso weit wie du smiling smiley also ungeoutet und nur ich und eine Person wissen von meiner "neuen" Leidenschaft.
Mal schauen wie ich das in naher Zukunft angehe und die hetero Erwartungen und mein hetero Umfeld sanft auf meinen Freund einstimme grinning smiley
Dieses dauernde Gefrage wann ich denn nun endlich mal eine neue Freundin anschleppe nervt mich nur noch.
Re: Am Scheideweg!
15. Mai 2016 09:22
Hallo ihr,

wollte mich jetzt nochmal melden.

Leider habe ich es immer noch nicht übers Herz gebracht, es meiner Freundin zu erzählen.
Ich hab einfach auch so eine riesen Angst davor.

Ich weiß aber auch, dass ich nicht mehr allzu lange warten sollte.

Ich wollte deshalb euch nochmal fragen, ob es wirklich sinnvoll ist, ehrlich über meine Gefühle zu reden oder ob ich andere Gründe für eine Trennung nenne.

Viele hier haben ja davon gesprochen, dass ihre Freundinnen bzw. Frauen Verständnis dafür hatten, dass sie schwul sind.

Ich bin mir da bei meiner Freundin nicht ganz sicher, weil sie in der Sache doch sehr konservativ ist.
Außerdem habe ich große Angst, dass sie gleich allen davon erzählt. Wir haben einen großen gemeinsamen Freundeskreis und auch beruflich haben wir teilweise mit den gleichen Personen zu tun.

Was meint ihr? Würdet ihr trotzdem ganz ehrlich damit umgehen?

LG Michael
Re: Am Scheideweg!
18. Mai 2016 17:12
Es gibt keine Alternative zur Wahrheit.

Lügen helfen nur über eine gewisse Zeit, dann wird das Lügengebäude zum Fortsetzungsroman und verschlingt wieder Deine ganze Kraft.

Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.

Und mal ehrlich, der absolute Worstcase tritt fast nie ein.

Von einer Phase der getrübten Stimmung, Selbstfindung, schwarzem Rauch und schmutziger Wäsche abgesehen, beruhigt sich das Ganze nach 1/2 - 1 Jahr ...
... es wird um so besser, je weniger "white lies" man von sich gibt.

Ehrlich währt am längsten ...

Und für mich ist es eine sehr schlimme Art der Geringschätzung und Missachtung, wenn man einem Freund, einer Freundin oder Partnerin nicht die Wahrheit sagt ... wie tief kann man sinken, gegenüber einem Menschen, den man liebt (zumindest platonisch).

Es ist eine Gratwanderung zwischen Ehrlichkeit, Fragen wahrhaftig zu beantworten, und zuviel ungefragtes auszuplaudern (über das man sich manchmal selbst noch nicht im klaren ist ...) ... und falschen Versprechungen, Selbsteinschränkungen und Schönfärbereien, nur um jemanden "nicht weh tun" zu wollen (aber jede Lüge tut weh, dem Lügner sofort, dem Belogenen noch weher, wenn sie rauskommt ... und glaube mir ... irgendwann kommt es raus ... )

Von daher ... winking smiley

lg.
Victor
Re: Am Scheideweg!
18. Mai 2016 19:57
Hallo Michael,
gibt es denn überhaupt andere Gründe für eine Trennung?

Wichtig ist, das, was du deiner Frau sagst, die Wahrheit ist. Keine Geschichten erzählen.

Wie weit bist du mit deiner Selbstfindung?
Auch wenn die noch nicht abgeschlossen ist, kannst du das mit ruhigem Gewissen sagen.
Übermäßiges Erklären würde ich weglassen, eher auf Fragen antworten.
Denn auch deine Frau braucht ihre eigene Zeit die "Neuhigkeiten" zu verarbeiten.

Schöne wäre es, wenn sie dann auch Gesprächspartner findet, mit denen sie das besprechen kann.
Hilfreich finde ich da u.a. fraumitherz und ihrem block [liebeimschattendesregenbogens.wordpress.com]

GLG Maks
Re: Am Scheideweg!
21. Mai 2016 10:23
Hallo Victor,
Hallo Maks,

vielen Dank für eure ehrlichen Worte und die Tipps!!!

@Victor
Du hast natürlich recht. Meine Freundin ist mir sehr wichtig und ich will sie eigentlich auch nicht anlügen. Aber ich hab nur große Angst,dass sie damit nicht umgehen kann. Außerdem habe ich in meinem Umfeld noch kaum jemand von meinen wahren Gefühlen erzählt. Mir wäre es deshalb sehr wichtig, dass meine Freundin das erstmal für dich behält. Aber es kann natürlich passieren,dass sie Anderen davon erzählt. Ich habe dann sehr große Angst vor den Reaktionen.

@Maks
Ich muss mir ja auch erst mal darüber im Klaren sein,was ich selber will. Meine Selbstfindung ist somit noch nicht abgeschlossen. Ich weiß aber, dass ich ein sehr großes Verlangen habe, meine Gefühle auszugeben.
Ich will das aber nicht heimlich machen, deswegen muss ich davor mit meiner Freundin reinen Tisch machen.

Naja, andere Gründe für eine Trennung gibt es eventuell schon. Sie sehnt sich nach einem geordneten häuslichen Leben mit Kindern. Ich bin eher der, der fortgeht und das Leben genießen will. Doch ich weiß auch, dass das mehr oder weniger mit dem Hauptgrund zusammenhängt.

LG Michael
Re: Am Scheideweg!
22. Mai 2016 00:25
Hi Michael,

Quote
Michael
@Victor
Du hast natürlich recht. Meine Freundin ist mir sehr wichtig und ich will sie eigentlich auch nicht anlügen. Aber ich hab nur große Angst,dass sie damit nicht umgehen kann. Außerdem habe ich in meinem Umfeld noch kaum jemand von meinen wahren Gefühlen erzählt. Mir wäre es deshalb sehr wichtig, dass meine Freundin das erstmal für dich behält. Aber es kann natürlich passieren,dass sie Anderen davon erzählt. Ich habe dann sehr große Angst vor den Reaktionen.

... du weißt selbst, dass es nur um Dich geht, und um DEINE Einstellung zum Schwulsein.

Die anderen kommen schon damit klar ... wahrscheinlich besser, als Du im Moment noch.
Du tust niemandem einen Gefallen, wenn Du mit ihm/ihr darüber sprichst, aber wünschst, es nicht weiterzuerzählen.

Zum einen machst Du der Person ein schlechtes Gewissen ... warum bloß????

Und, mal ehrlich, erfahrene Gerüchteköche empfehlen doppelte Würze mit "bitte nicht weitererzählen" , gesteigert mit "Ehrenwort" oder "schwöre ..." ... das beschleunigt die Gerüchteweitergabe ganz erheblich ... :-)))

Du kannst dem Ganzen vorbeugen, indem es Du DEN Leuten selbst erzählst, denen es Deine Freundin erzählen könnte ...
Gut geht zum Beispiel: "... wollte ich dir noch was sagen, bevor Du es von "ihr" erfährst ... wir haben uns ausgesprochen ... wir sind nicht mehr so zusammen, wie du denkst ... bla bla bla ... aber wir sind noch gute Freunde ..."


Werde mit Dir selbst klar ... die anderen packen das schon ... da brauchst Du keine Rücksicht nehmen ...

Liebe Grüße
Victor



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 25.05.16 15:41.
Re: Am Scheideweg!
27. Mai 2016 13:01
Hallo michael,
ich antworte dir nun mal als betroffen ehefrau...inzwischen auch geschieden...aber sehr zufrieden nun.

ja, ich bin der meinung dass du offen und ehrlich deine gründe für eine, für mich unvermeidliche trennung, sagen musst.
was dann passieren wird, kann ich nicht vorher sehen, wird aber sicher nicht ganz einfach, weil eine frau innerhalb kürzester zeit dass verarbeiten musst, was du schon lange in deinem kopf verarbeitest.

von daher gib ihr bitte zeit und wappne dich ggf auch um so manchen kampf und heulattacken.
bestenfalls heult ihr zusammen, sprecht offen, antworte ihr möglichst ehrlich.

was die angst deinerseits ist, dass sie das allen erzählt, kann ich verstehen...doch ich hoffe, dass sie weiß, dass es nicht ihre aufgabe ist dich zu outen, das liegt ganz alleine in deiner entscheidung.

allerdings wünsche ich ihr, dass sie eine sehr vertraute person hat, mit der sie reden kann und auch darf, ohne dass es so auch weitergetragen wird. sie braucht jemanden zum reden, das solltest du ihr keinesfalls verbieten.

wie einige hier auch schreiben....meistens ist das outing garnicht mal so schlimm, wie man sich das vorstellt. aber wie gesagt, dass musst du ganz alleine entscheiden, ich jedoch rate dir, dass möglichst schnell zu schaffen, damit du zu dem stehen kannst, was du bist und wer du bist. ein ewiges versteck spiel bringt dich um ganz viele freie jahre, die nicht mehr aufzuholen sind...

je mehr die aussenwelt respektiert, dass es verschiede formen der liebe gibt, desto eher nehmen sich die männer keine "alibifrau" um den schein zu wahren und stürzen diese und sich selbst in das unvermeidliche unglück....

ich weiß nicht, ob du weißt, dass es ein selbsthilfenetzwerk für partnerinnen schwuler männer gibt.schau mal bei www.tangiert.de vorbei. uns findet man vor allem auch bei facebook. da ist zur zeit....leider.....wieder reger zuwachs. du siehst, du bist nicht allein....es gibt ganz viele da draußen die das durchmachen was du grad durchmachst....

aber sei bitte ehrlich....es lässt sich nicht verbergen...es sei denn du willst deine eigene zukunft nur mit versteckspiel leben...nicht schön!!!

glg eni
Re: Am Scheideweg!
05. Juni 2016 17:17
Liebe Eni,

vielen Dank, dass du mir als betroffene Frau schreibst und das Ganze aus deiner Sicht kommentierst.

Es ist klar, dass ich meine Freundin mit der Nachricht nicht alleine lassen kann. Ich weiß, dass das egoistisch wäre. Sie hat ein sehr inniges Verhältnis zu ihrer Mutter. Ich denke, dass sie ihr auch in der Situation beistehen würde.

Wie du richtig schreibst, ist das Versteckspiel auf Dauer sehr belastend. Und ich wünsche mir, dass das Ganze bald ein Ende hat und ich so sein kann, wie ich wirklich bin!

Ich hoffe natürlich auch, dass meine Freundin das mit einem gewissen Abstand zumindest ein wenig versteht und sie auf Dauer auch wieder glücklich werden kann. Alles andere habe ich natürlich nicht in der Hand.

Vielen Dank und GLG

Michael
Re: Am Scheideweg (und noch richtig abgebogen)
05. August 2017 16:46
So, es ist nun sehr, sehr lange her, seit ich das letzte Mal geschrieben habe!

Es hat sich bei mir seit dem letzten Jahr nur unglaublich viel getan! Und ich dachte, es ist nun endlich an der Zeit zu berichten, was alles passiert ist.

Nach langem Hin und her habe ich mich heute vor einem Jahr tatsächlich von meiner Freundin getrennt! Ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten und ich wusste, dass es so nicht weiter gehen kann. Die Hochzeit war am 2.10. geplant, die Gäste waren eingeladen, alles war vorbereitet. Doch ich konnte nicht mehr...
Die Trennung war natürlich sehr, sehr hart! Ich habe ihr offen gesagt, dass ich auf Männer stehe. Sie konnte es nicht glauben und dachte erst es ist ein schlechter Scherz. Die nächsten Wochen und Monate waren heftig. Ich wurde bombadiert mit Hassanrufen und -mails von ihr bzw. ihren Eltern. Erschwerend kam hinzu, dass ihre Eltern sehr gläubig sind und mein Schwulsein als Krankheit abgetan haben. Deswegen wollten sie mich auch zu einer "Therapie" schicken. Ich habe dankend abgelehnt und versucht klar zu machen, dass ich einfach so bin wie ich bin.
Unabhängig davon weiß ich natürlich,dass die Trennung erst so kurz vor der Hochzeit scheiße war.
Noch heute kommen ab und an "nette" Mails. Seit der Trennung haben wir uns aber nicht mehr gesehen...

Gleich nach der Trennung habe ich mich innerhalb von wenigen Tagen bei meiner Familie und meinen engen Freunden geoutet. Ich hatte natürlich richtig Schiss. Aber nachdem ich es meiner Freundin gesagt habe, wollte ich auch kein Geheimnis mehr draus machen. Es wussten ja auch alle, dass wir heiraten wollten. So hat sich die Botschaft sehr schnell weiter verbreitet.
Und was soll ich sagen? Abgesehen vom Zeitpunkt der Trennung gab es wirklich KEINERLEI negative Reaktionen! Es hat aber tatsächlich keiner damit gerechnet, nicht mal meine Mutter. Und wir haben wirklich ein sehr gutes Verhältnis.
Viele haben aber klar gesagt, dass ich es hätte viel früher machen müssen. Und tatsächlich habe ich mich ab und zu darüber geärgert, dass ich es so lange verdrängt habe. Aber die Zeit lässt sich einfach nicht mehr zurück drehen.
Gleichzeitig war ich so unglaublich dankbar, dass ich so akzeptiert werde wie ich bin. Es ist eigentlich alles wie davor.
Sogar mein bester Freund, der eigentlich sehr konservativ ist, kam nach nem ganz kurzen Schock super damit klar. Naja, ab und zu kommt halt ein blöder Spruch;-) Aber da steh ich drüber!

Nach einigen Wochen habe ich dann langsam versucht in die "neue Welt" einzusteigen. Ich habe mir entsprechende Apps geholt und mich auf Partnerbörsen angemeldet. oder war schwul feiern. Irgendwann war ich dann auch bereit für die ersten Dates. Das Ganze war am Anfang natürlich krass aufregend.
Es war auch nicht alles toll, was ich erlebt habe. Ich musste schnell lernen, dass die schwule Welt einfach anders tickt.
Teilweise war es frustrierend und es gab ehrlich gesagt auch Zeiten, in denen ich mich gefragt habe, warum ich schwul sein muss und nicht einfach ein "normales" Leben führen kann wie es ursprünglich geplant war. Doch ich wusste trotzdem, dass meine Entscheidung richtig war und ich es nicht mehr anders wollte.

Und gerade als ich es schon aufgegeben hatte, mich vorerst von Grindr und GR abgemeldet habe, habe ich vor paar Wochen auf Parship jemand richtig Tolles kennengelernt. Wir haben uns zwischenzeitlich auch schon öfter getroffen und bisher läuft es richtig gut. Letztes Wochenende waren wir auch zusammen auf dem CSD in Stuttgart und sind dort händchenhaltend und küssend rumgelaufen. Ich genieß es total und hoffe natürlich, dass es so weitergeht;-) Ich bin echt glücklich!

An der Stelle möchte ich mich noch ganz herzlich bei allen hier im Forum bedanken, die mir Mut gemacht haben, um diesen schweren Schritt zu gehen. Insbesondere Maks habe ich in der Sache viel zu verdanken!

Außerdem möchte ich allen hier Mut machen, nicht so lange zu warten wie ich. Traut euch so zu sein, wie ihr einfach seid, denn nur dann könnt ihr wirklich glücklich werden. Das gleiche gilt natürlich auch für die, die bereits verheiratet sind und/oder Kinder haben. Auch wenn das Ganze dann auf jeden Fall nochmal schwerer ist.
Wie ich werdet ihr auch größtenteils akzeptiert werden. Und es ist schön, wenn einen die Anderen das erste Mal richtig kennen:-)

Ganz liebe Grüße
Michi
Re: Am Scheideweg (und noch richtig abgebogen)
05. August 2017 18:31
Hallo Michael. ..

Wahnsinn ... Ganz großes Kompliment.

Gut gemacht. Dir Tür zu DEINEM neuen Leben hast du geöffnet und durchschritten.

Das "sauer sein" auf die kurzfristige Absage der Hochzeit ist normal und fast und zu überleben.

Die "nicht wirklich negativen" Reaktionen finde ich toll ... und dass du dich sofort getraut hast ... ist noch toller.

Dass mann ein paar Abenteuer und ein Stückchen verpasste Pubertät nachholt ist normal und toll.

Schön finde ich, dass du auf einem "Kanal" jemanden für was ersteres gefunden hast.

Wünsche dir viel Glück in der Zukunft

Liebe Grüße
Victor
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