CSD-Wochenende Köln

Hallo allerseits,

bin schon länger stiller Mitleser dieses Forums, heute fasse ich mir endlich einmal ein Herz und schreibe meinen ersten Beitrag. Ich will gar nicht groß von mir (Anfang 30, ungeoutet, nach viel zu langem Versteckspielen mit mir selbst endlich entschieden, dass ich etwas ändern muss) erzählen, sondern falle direkt mit der Tür ins Haus:

Gibt es hier vielleicht den ein oder anderen, der Lust auf ein "Blind Date" zum CSD-Wochenende in Köln hat? Blind Date in Anführungszeichen, weil ich eigtl. nicht nach einem richtigen Date suche, sondern schlicht nach netten Leuten, die vielleicht an einem ähnlichen Punkt sind und auch einen ersten Schritt gehen wollen ... Und/oder Leute, die einfach Lust haben, entspannt ein Bier zu trinken, bei der Parade mitzugehen, im besten Fall nette Leute kennenzulernen usw. Auch wenn ich weiß, dass es sicher kein Problem wäre, ist die Hemmschwelle, dort ganz alleine aufzuschlagen, gefühlt irgendwie noch zu groß.

Lange Rede, kurzer Sinn: Freue mich, wenn jemand Interesse hat. Schreibt einfach, dann kann man weitersehen.

Hallo Lohberger,
gute Entscheidung - dein Versteckspielen geht dem Ende entgegen.
Hier öffentich eine "Einladung" zum CSD Köln posten.
Gerade die "stillen Mitleser" - die, die aus ihrer sogenanten Komfortzone nicht rauskommen. Habt Mut und meldet euch bei Lohberger. Gemeinsam im CSD-Meer mitschwimmen. Auf Grund der Größe der Veranstalltung fällt man eigentlich nicht auf. Gerade in Köln sind soviele nicht Queermenschen mit unterwegs. Hören sich die Redebeiträge an, informieren sich an den Infostände und feiern Party.
Gerade am Samstagabend finde ich dann zum Abschluss auf dem Heumarkt, das Kerzenmeer - die Stille , gegen das Vergesssen, immer sehr emotional.
Und wenn man das noch mit einigen neuen Freunden genießen kann, umso besser.
Ich habe es jahrelang genossen und denke an meine co30-Begleiter, die mich damals auf dem Weg begleitet haben , gern zurück.
Ich denke auch, das man den ein oder anderen auch wieder antreffen wird.

GLG Maks



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 08.07.18 16:56.

So. Das war er, mein erster Christopher Street Day. Ich schreibe hier einfach mal einen kurzen Erlebnisbericht, auch wenn ich nicht sicher bin, wer alles mitliest. Zwei dürften hier aber ziemlich sicher lesen, nämlich Maks und Perseus. Und den beiden möchte ich an dieser Stelle noch einmal ein großes Danke sagen: Danke



3-mal bearbeitet. Zuletzt am 09.07.18 18:04.

Für mich war es wichtig, endlich einmal irgendwas in die Wege zu leiten statt sich nur im stillen Kämmerlein unproduktive Gedanken um die eigene Sexualität, das eigene Selbst-/Körperbild und die Frage „Warum so spät endlich mal eine Einsicht?“ zu machen. Nun ist es vielleicht nicht der allergrößte Schritt, auf eine Großveranstaltung wie den CSD Köln zu fahren und dort ein bisschen das Regenbogenfähnchen (gesponsert von der FDP, nun ja …) in den Wind zu halten. Trotzdem bin ich ein klein wenig stolz und einfach froh, es gemacht zu haben.

Dass ich Maks und Perseus (nebst seinem Freund, der ebenso nett war wie Perseus selbst) an meiner Seite wusste, hat die ganze Aktion sehr angenehm gemacht. Nach einer etwas anstrengenden Bahnfahrt mit einem Abteil ohne funktionierende Klimaanlage, dafür aber mit reichlich alkoholisierten Damen in Sangeslaune (ZWEI Junggesellinnenabschiede) und Verlaufen in der Domstadt, habe ich die beiden schließlich auf dem Cologne-Pride-Straßenfest gefunden und es war eigentlich von Beginn an alles sofort sehr angenehm und unkompliziert. Alle drei haben mir das Wochenende sehr offen viel von sich erzählt: von lustigen Anekdoten bis hin zu den Problemen mit dem eigenen Coming Out und ihren Erfahrungen in der „Familie“ – gemeint ist hier auch die Community, in der ich am Samstag noch von einem anderen CO-30-User, den wir getroffen haben, willkommen geheißen wurde. Ich selbst war vielleicht an der einen oder anderen Stelle etwas maulfaul, aber es hat mir auf jeden Fall mal gutgetan, mit ein paar anderen schwulen Männern an einem Tisch zu sitzen, die z. T. auch nicht den direktesten Weg zum Outing gefunden, dann aber noch die Kurve bekommen haben.

Beim Straßenfest war es schön, zu sehen, dass dort einfach ganz normale Leute einen schönen Nachmittag/Abend hatten; hatte zwar auch nichts anderes erwartet, aber man hat ja irgendwie doch Bilder im Kopf von durchgestylten „Szene“-Gängern, an denen man sich nicht messen kann. Speziell der Chef dieses Forums war superbemüht, dass ich mich auch ja nicht langweile und hat mich im leisesten Verdachtsmoment weggezogen, um mir auch ja jeden Winkel des Heumarkts zu zeigen

Nach den „Kerzenlichtern gegen das Vergessen“ hatte ich sogar noch die Ehre, dass Maks mich in die Schaafenstraße begleitete. Wir waren dort nur noch auf einen Absacker, aber die zwei Erfolgsmeldungen nach diesem Ausflug: a) Ich habe beschlossen, dass man mich da nicht zum letzten Mal gesehen hat, b) ich wurde in sehr netter Absicht von einem jungen Mann angesprochen.

Der Umzug am Sonntag war dann auch super. Maks konnte leider nicht mehr dabei sein, aber Perseus und sein Freund haben mich noch ein paar anderen Leuten vorgestellt, mit denen wir uns dann das Spektakel angesehen haben. Wetter bombastisch, Parade lang (vielleicht fast ein paar Wagen zu viel), Superplätze, sogar die Eröffnungsrede mitgenommen und von Claudia Roth und Volker Beck mit Konfettikanonen beschossen worden (wobei das jetzt nicht zu meinen Lebensträumen gehört hatte …). Alles in allem: Ein gelungener Sonntag.

Nachdem das Ganze schon jetzt ein kleiner Roman geworden ist, schließe ich mit dem Fazit: Gut, dass ich hingefahren bin. Wie gesagt nur ein kleiner Schritt, aber wenigstens überhaupt einer. Falls sich durch diesen Thread mal jemand inspiriert fühlen sollte, auch einen Schritt zu tun und sich treffen will (ob CSD in einer anderen Stadt, Café, Kino, sonst was), möge er sich gerne bei mir melden. Ich selbst werde die nächste Zeit auch dazu nutzen, nach entsprechenden Gelegenheiten zu suchen und „raus“ zu kommen.

Beste Grüße

Lohberger



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 09.07.18 18:13.

Hallo Lohberger,

danke für deinen schönen Bericht. Auch mir hat es hat wirklich Spaß gemacht. Du bist ein netter, sehr angenehmer Zeitgenosse. Ich fühlte mich immer wieder an meinen ersten CSD erinnert, als ich mit großen Augen noch ganz grün hinter den Ohren eine neue Welt entdeckte. Wenn man dann beim Weg über das Straßenfest alle paar Meter Freunde und Bekannte trifft, wird einem klar wie viele Schritte man schon seit damals gegangen ist und wie weit man gekommen ist.

Aber auch für mich gab es wieder neues schönes zu erleben. So hat mich ein junger Mann von einem BDSM-Fetisch-Wagen, als der Zug stockte, angeflirtet. Erst hatte er über seine große Regenbogenflage mit mir Kontakt aufgenommen und dann als der Wagen sich wieder in Bewegung setzte, hat er mir ganz verlegen zum Abschied zu gewunken. Richtig süß und gar nicht zu dem harten Fetisch-Image passend. Kurios war auch die Situation, als einer auf dem Straßenfest in Lack und Leder mit Hundemaske auf mich zu kam um mit mir über Kameras zu fachsimpeln.

Lohberger, ich drücke dir für deine nächsten Schritte die Daumen und wünsche dir viele schöne Momente auf deinem Weg.

Liebe Grüße
Perseus

Nachtrag: Im WDR gab es eine Reportage vom diesjährigen CSD: Mediathek: Christopher Street Day 2018

Vieles davon haben wir live miterlebt. Mindestens zwei mal sind wir auch im Bild.